Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Wehrpflicht - juristisch oder sexistisch betrachtet

Flint ⌂, Sunday, 19.10.2008, 21:03 (vor 5676 Tagen)

Hier noch ein älterer Text von Tommy. Ich denke, der hat's in sich!!


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Wehrpflicht - juristisch oder sexistisch betrachtet


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[ Krieg der Geschlechter! ]


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Geschrieben von Tommy am 12. April 2002 00:24:04:

Hallo Ihr alle,

habe die beiden jüngsten "Erkenntnisse" unseres BVerfG in Sachen Wehrpflicht der männlichen Jugend genau unter die Lupe genommen und unten kommentiert.

Merke: "allgemeine" Wehrpflicht, fehlerhaft auch vom BVerfG verwendet, ist unkorrekt, die Wehrpflicht ist schon deswegen nicht "allgemein", weil die weibliche Bevölkerung nicht betroffen ist - ich aber auch nicht.

Warnung:
Dies richtet sich an Leute, die sich für Fragen der Gleichbehandlung aller Menschen wirklich ernsthaft und nicht bloß mehr oder weniger oberflächlich (auch bloß politisch, journalistisch, feuilletonistisch) interessieren. Hier gehts ans Eingemachte, an den Kern der Sache.

In der Diskussion dieser längst existentiellen Fragen werden die RECHTLICHEN Aspekte unterschätzt, tatsächlich geht es im Endeffekt allein um Rechtsfragen.

Also legt Euch das Grundgesetz zu, setzt Euch hin, senkt den Kopf und spitzt die Lauscher!

Jeder kann, jeder sollte meinen Mist verwenden, wenn und soweit er es für richtig hält (und es IST richtig, das schwöre ich beim Barte des Propheten).

Beanspruche keinerlei "Urheberrecht". Also gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker, vor allem auch Eure eigenen Groups, Zeitungen, Politiker, Verfassungsrichter, Weiber, Männer etc....

Links vorab:
Originale Pressemitteilungen des BVerfG, dort wiederum sind die Originalentscheidungen anzuklicken:

Zum AG Düsseldorf (enthält den eigentlichen Zündstoff: Art. 3 GG)
http://www.bverfg.de/entscheidungen/lk20020327_2bvl000202

Zum LG Potsdam (war Gegenstand des Pressespektakels vom 10.04.02)
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20020220_2bvl000599

======= Auf Gehts! ==========
Richtervorlagen in Sachen Wehrpflicht (LG Potsdam, AG Düsseldorf)

------Zur Medien-Strategie des BVerfG-------------

Die am 20.02.02 und 27.03.02 gefaßten BVerfG-Beschlüsse über die Zurückweisung der Richtervorlagen wurden erst am 10.04. (Potsdam) und 11.04.02 (Düsseldorf) bekannt gegeben. Beides wäre am selben Tag möglich gewesen - wieso dies seltsame Timing?

Fakt: Die Bekanntgabe der brisantesten Vorlage (AG Düsseldorf) wurde in den Windschatten der Zurückweisung der Potsdamer Vorlage plaziert.

Hier tat sich das BVerfG öffentlich leichter, weil es (zu Unrecht) glaubte, nicht auf Art. 3 GG eingehen zu müssen....

Am "problemlosen" Potsdamer Beschluß durften medienwirksam ALLE 8 Richter des des 2. Senats mitwirken, am zweiten (viel brisanteren) Beschluß über die Vorlage aus Düsseldorf warens bloß noch DREI (Limbach, Jentsch und di Fabio).
Acht kleine Negerlein, da warens nur noch drei...

Vorsitzende in allen Fällen und damit auch für die medienmanipulative Gesamt-Inszenierung zuständig:

Jutta Limbach, zugleich (bis 10.04.02) Präsidentin des BVerfG.

Denkt man über alles nach, ist klar: das brisante Thema (wie verhält sich die allein männliche Wehrpflicht zum Grundsatz der Gleichbehandlung) wurde vom BVerfG gekonnt manipulierend in den Medien heruntergespielt. Die sind ja auch prompt drauf reingefallen.....

-----Zu den Rechtsfragen --------

Die Zurückweisung der Richtervorlagen erfolgte in beiden Fällen ohne mündliche Verhandlung und OHNE den vorlegenden Gerichten Gelegenheit zu ergänzender Stellungnahme zu geben durch Beschluß als "unzulässig" - aus rein verfahrensrechtlichen Gründen: Par. 80 Absatz 2 BVerfGG.

Diese Vorschrift lautet:

"Die Begründung (einer Richtervorlage) muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist, und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist".

Sinn und Zweck der Vorschrift:
Klarzustellen, was das BVerfG überhaupt prüfen soll und Ausschaltung einer
"abstrakten" Normenkontrolle ohne Relevanz für das konkrete Verfahren beim vorlegenden Gericht.

Die Annahme, Berufsrichter wie hier das AG oder LG stellten Anträge, die nicht einmal DIESER simplen Vorschrift entsprechen, ist per se reichlich abwegig. Trotzdem wird genau das und allein das vom BVerfG vorgeschützt, um sich mit den Anträgen gar nicht erst in der Sache zu befassen!

Jeder, der die beiden Richtervorlagen selbst kennt (im Web verfügbar), weiß außerdem, daß diese sehr eingehend und überzeugend begründet wurden. (Den Kernpunkt - Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 3 GG - hat allerdings nur das AG Düsseldorf vorgetragen, dazu unten).

Davon abgesehen gilt rechtlich:
Zwar DÜRFEN unzulässige oder offensichtlich unbegründete Anträge, selbst wenn sie von Gerichten kommen, durch einstimmigen Beschluß verworfen werden. Sie MÜSSEN aber keineswegs, von keinem Gericht.

Wie jedes Gericht darf auch das BVerfG so verfahren, daß es seine etwaigen Bedenken gegen Zulässigkeit oder Begründetheit von Anträgen den Antragstellern mitteilt und diesen Gelegenheit zu entsprechend ergänzender Stellungnahme gibt. Das ist die jederzeit mögliche freundliche, die wohlwollende Linie...

WIE dann verfahren wird (a-limine-Abweisung oder freundlich), ist Sache nicht reiner Willkür, sondern pflichtgemäßen Ermessens.

Schon angesichts der grundsätzlichen, weit über den Einzelfall hinausreichenden Bedeutung der Verfassungsmäßigkeit der Wehrpflicht hätte das BVerfG bei pflichtgemäßer(!) Ausübung seines Ermessens den Gerichten selbst von SEINEM verfehlten Standpunkt aus UNBEDINGT Gelegenheit zur Ergänzung der Begründung geben müssen!

Die teilweise an den Haaren herbeigezogenen Begründungen des BVerfG, warum es über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Wehrpflicht angeblich nicht entscheiden "konnte", überzeugen in keiner Weise - zumal es nicht einmal nachgefragt hat...

Es kommt noch einiges hinzu:
Die Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit rechtlicher Regeln ist ALLEIN vom BVerfG von Amts wegen ganz allein vollständig zu prüfen und zu entscheiden ist. Das ist die Rechtslage - bei JEDEM Gericht seit Römerzeiten: jura novit curia. Die Meinung der vorlegenden Gerichte, was immer diese denken und schreiben, ist vielleicht hilfreich und nützlich, aber auch für das BVerfG rechtlich ohne Belang und Bindungswirkung.

Was rechtlich völlig bedeutungslos, ein Nullum ist, kann das BVerfG unmöglich "hindern", seines Amtes zu walten - behaupet es aber.

Seit Römerzeit gilt unangefochten der Grundsatz: JURA NOVIT CURIA (das Gericht kennt das Recht). Antragsteller haben bei Gericht bloß ihr Begehren zu formulieren und allenfalls (nur im Zivilrecht, sonst Amtsermittlung!) Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die es nach ihrer Meinung rechtfertigen.

Kurz: Antragsteller haben NULL Rechtsausführungen zu machen - auch nicht vor dem BVerfG ( s.o. ).

Unser "höchstes" Gericht hat die Rechtslage völlig auf den Kopf gestellt - mit der Behauptung, es "könne" mangels RECHTLICHER Argumente der Antragsteller nicht entscheiden, daher seien die Anträge "unzulässig". Das ist Perversion des Rechts.

Dies aber nur grundsätzlich. HIER wurden von den vorlegenden Gerichten ja jede Menge rechtlicher Argumente vorgetragen! Schauen wir uns die Sache einmal näher an..

-----Verfassungsbruch----------

Das BVerfG selbst referiert aus der Begründung des AG Düsseldorf wie folgt:
(Grossbuchstaben von mir, Tommy)

( ... )
Seit der Änderung des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl I S. 1755) sei der freiwillige Dienst von FRAUEN in der Bundeswehr zulässig, während Männer nach wie vor zwangsweise Wehrdienst leisten müssten. Diese veränderte gesetzliche Situation erfordere eine erneute Auseinandersetzung des Bundesverfassungsgerichts mit der Vorlagefrage. ( ... )

§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 WPflG und § 15 WStG verstießen gegen Art. 3 Abs. 2 und 3 GG, weil Männer und Frauen im Hinblick auf die Wehrpflicht ungleich behandelt würden. ( ... )

Das Grundrecht der Gleichbehandlung von Männern und Frauen weise einen Gesetzesvorbehalt NICHT auf. Die Ungleichbehandlung sei auch nicht durch Art. 12a GG als kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt. Maßgebend sei, ob im Hinblick auf den Zweck der Regelung ein RECHTFERTIGENDER GRUND für die Ungleichbehandlung vorliege.

Das sei NICHT der Fall. Bürger der Bundesrepublik Deutschland, deren Verteidigung die Wehrpflicht dienen solle, seien sowohl Frauen als auch Männer. Es seien auch keine Gründe erkennbar, die eine Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer wegen der unterschiedlichen Natur von Mann und Frau erforderlich machten. Das hergebrachte Rollenverständnis, wonach Frauen prinzipiell wehrdienstunfähig seien, habe sich grundlegend gewandelt.

Schließlich könne auch der Umstand, dass deutsche Frauen im statistischen Durchschnitt 1,3 Kinder gebären und die dementsprechende Ausfallzeit den Wehrdienst übersteige, die Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer nicht rechtfertigen. Denn die Wehrpflicht sei nicht zu dem Zweck des Ausgleichs von Benachteiligungen eingeführt worden. Die Vorschrift des Art. 12a GG sei mithin als verfassungswidriges Verfassungsrecht einzustufen, da sie gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG, das auch für Männer gelte, verstoße.

(soweit also richtig das AG Düsseldorf.. )

---HIER DIE "ANTWORT" des BVerfG auf das AG Düsseldorf--------------
1. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Beschränkung der Wehrpflicht auf männliche Bürger keinen Verfassungsverstoß darstellt ( ... ) . Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ( .. ). (heute: Art. 12a Abs 1 GG) und Art. 12 Abs. 3 GG gleichen verfassungsrechtlichen Rang mit Art. 3 Abs. 2 und 3 GG hätten (vgl. BVerfGE 12, 45, 52).

Die Literatur ist ihm hierin praktisch einmütig gefolgt.
( ... ) a.A. Ekardt, Wehrpflicht nur für Männer - vereinbar mit der Geschlechteregalität aus Art. 79 Abs. 3 GG?, DVBl 2001, S. 1171).
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Kommentar Tommy:
Das ist wahrlich bekannt...
Aber genau da liegt der Wurm begraben!!
Jetzt aber weiter das BVerfG, haltet Euch fest!!
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Das Amtsgericht hat diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und den Meinungsstand in der Literatur nicht zur Kenntnis genommen.
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Kommentar Tommy:
LOL! Diese Behauptung ist
a) absurd falsch (wozu dann die Vorlage??),
b) rechtlich absolut irrelevant ( s.o. )!
c) total widersprüchlich, schon im nächsten Satz ("neuerliche")!
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Es hat lediglich ausgeführt, dass die Änderung des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG ( .. ) und die Zulassung von Frauen zum freiwilligen Dienst mit der Waffe eine neuerliche Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der allgemeinen Wehrpflicht erfordere.
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Kommentar Tommy:
a) "lediglich"? Auch falsch, sogar oben steht da jede Menge!
b) rechtlich absolut irrelevant ( s.o. )
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Es hätte jedoch darlegen müssen, inwiefern diese Änderungen die Grundlage der früheren Entscheidungen berührt haben sollten.
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Kommentar Tommy:
!!!!!!! LOL !!!!!!!!!!!!
HAT es ja!
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Das Grundgesetz eröffnet dem einfachen Gesetzgeber ( ... ) - jetzt in Art. 12a Abs. 1 ( .. ) des Grundgesetzes - nur die Befugnis, Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an der allgemeinen Wehrpflicht zu unterwerfen.
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Kommentar Tommy:
"NUR(??) die Befugnis, Männer...zu unterwerfen."?? ??
Das IST doch der Skandal!
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Auch nach der Neufassung des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG dürfen Frauen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden. Art. 12a Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 GG haben unverändert gleichen verfassungsrechtlichen Rang mit Art. 3 Abs. 2 und 3 GG.
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Kommentar Tommy:
a) Frauen also "auf keinen Fall"!? Die wahre Meinung wird sichtbar.
b) Das IST doch der Skandal.
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Das Amtsgericht setzt sich, indem es Art. 12a GG zu einer verfassungswidrigen Verfassungsnorm erklärt, weil sie gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG verstoße, über diese Ranggleichheit hinweg.

(Ende Originalton BVerfG)
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Resumee:
Der Beschluß wimmelt nur so von inneren Widersrpüchen, er entspricht bekannter sexistischer Tradition: durch und durch verlogen, von einem Satz zum nächsten - und insgesamt.

BVerfG behauptet "Ranggleichheit" von Art 3 und Art 12a GG - obwohl diese
Artikel ABSOLUT Widersprüchliches vorsehen. Das sieht jeder der keine Tomaten auf den Augen hat.

Was also gilt, bei angeblicher "Ranggleichhheit" von Widersprüchen:

Gleichbehandlung BEIDER Geschlechter
ODER
Wehrpflicht ALLEIN der männlichen Jugend?

Wie bitte, "gleichrangig", also beides??? Logisch unmöglich, völlig absurd, typisch sexistisch!

Das BVerfG vertritt keineswegs "Gleichrangigkeit", sondern verlogen den VORRANG von Art 12a GG vor einer unserer grundlegendsten Verfassungsnormen überhaupt: Art. 3 GG.

Was später in die Verfassung hereingeflickt wurde: Wehrpflicht, aber "auf keinen Fall" für Frauen soll Vorrang vor den ältesten Grund- und Menschenrechten haben.

BVerfG traut sich (noch?) nicht, beim Namen zu nennen, was es tatsächlich
praktiziert: Diskriminierung eines gewissen Geschlechts, Sexismus. Das erklärt ganz nebenbei die rechtlich unhaltbare Argumentation auf allen Ebenen, in jedem Satz - rechtfertigt sie aber nicht.
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Ein Schuft, wer bös über Rechtsbruch denkt.
Tommy

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Der Maskulist
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Familienpolitik


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