Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Evolutions-Beweise:

Chato, Saturday, 28.10.2006, 20:14 (vor 6448 Tagen) @ Nihilator

Guten Tag Nihi!

Wie schrieb Schopenhauer:
"Ein unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein missbrauchtes
Wort, ein Unbegriff, eine contradictio in adjecto, ein Schiboleth für
Philosophieprofessoren, welche, nachdem sie die Sache haben aufgeben
müssen, mit dem Worte durchzuschleichen bemüht sind."

Genau das ist die Haltung der heutigen Kirchen, würde ich meinen. Eine
reine Machtfrage und keine philosophische eben. Um Erkenntnis geht es
dabei (natürlich) nicht, sondern um blinde Unterwerfung unter Dogmen.

Wenn du nicht erwartest, daß man sich deinem Dogma über die "Haltung der heutigen Kirchen" blind unterwirft, dann laß dir von mir sagen, daß du dich da gründlich irrst, jedenfalls was die Katholische Kirche anbelangt.

Schopenhauer bringt den Selbstwiderspruch eines unpersönlichen Gottes treffend auf den Punkt, denn ein solcher bewiese in der Tat in sich selbst seine Inexistenz. Aber das lehrt die Kirche ja gerade nicht. Und genau deswegen tippen sich ja die Leute an den Kopf wegen der Kirche. Du mußt dich nun entscheiden, weswegen du die Kirche für verrückt hältst: Wegen der von dir irrtümlich unterstellten "Haltung der heutigen Kirchen", oder wegen der Lehre vom und dem Glauben an den persönlichen Gott, der alles gemacht hat. Beides auf einmal geht nicht.

Ich sehe andauernd, wie sich Leute ein Bild vom Gottesbild der Kirche machen, daß mit dem tatsächlichen Gottesbild der Kirche so sehr nichts zu tun hat, daß es ersichtlich von keiner positiven Kenntnis verunreinigt worden sein kann. Mein Eindruck ist, daß die dauernd bemühte, primitive Karrikatur vom "Handwerker mit dem langen weißen Bart" ein zwingendes, polemisches Bedürfnis all derer ist, die, indem sie diese Karrikatur "widerlegen", meinen meinen zu können, den Glauben an Gott widerlegt zu haben. Wer so vorgeht, blamiert sich allerdings auf die Dauer selbst. Der Grund dafür ist ja evident, daß sie es offensichtlich nicht fertigbrächten, wenn sie in die Frage redlich einstiegen und wenigstens das zugrundelegten, was dazu bereits in 2000 gedacht und erwogen worden ist.

Gott ist kein Ding aus der Welt, sondern ist außerhalb seiner Schöpfung, deshalb keinem ihrer Gesetze unterworfen und mit dem Denken, das ja diese Gesetze zur Voraussetzung hat, nicht zu erreichen. Man kann sich also garkein Bild von Gott machen. Aber man kann halt wissen, daß man das prinzipiell nicht kann. Was a priori unerkennbar und unerforschbar ist, kann natürlich nicht erkannt und nicht erforscht werden. Daraus folgt indes nicht das Nichtsein des Nichterkennbaren, obwohl viele Leute diesen Fehlschluß ziehen ("bolschewistische Gagarin-Logik" habe ich das kürzlich mal polemisch genannt).

Von Gott kann man, wenn überhaupt, bloß wissen, was er selbst über sich offenbart. Und das bedeutet seit 3500 Jahren, daß er der "Ich bin" ist (also eine Person), daß wir ihm im Wesen ähneln (er hat uns Menschen als Gleichnis seiner selbst erschaffen) und daß er in Jesus Christus konkret Mensch wurde, damit diese von ihm gewollte Kontinuität nicht unausweichlich abreißt. Daran kann man glauben oder man läßt es bleiben. Aber man soll nicht polemisch unterstellen, was garnicht Inhalt des christlichen Glaubens ist.

Zur eigentlichen Debatte eine Anmerkung: Der Kosmos kommt aus einem begrifflich leeren Nichts, wo nicht nur alle Naturgesetze, sondern überhaupt alle Kategorien, darunter so fundamentale wie Kausalität, Raum und Zeit ungültig sind. Der Urknall ist kein "Ereignis" in Raum und Zeit, sondern der Beginn von Raum und Zeit, sowie der Materie, der Naturgesetze und der zahllosen, auf das Feinste eingestellten Fundamentalkonstanten, die die funktionierende Schönheit dieser Welt erst ermöglichen. Keine einzige von ihnen dürfte auch nur ein wenig anders sein, als sie es ist, weil das Weltall dann nicht funktionieren würde. Alles, was danach "von selbst" entsteht, entsteht unwiderlegbar aus diesem Schöpfungsakt. Das Bild vom "Handwerker mit dem langen weißen Bart" genügt diesen Einsichten freilich nicht. Aber es dient ja auch bloß der Polemik gegen die Einsicht, daß es eben zuhöchst vernünftig ist, an Gott, den Schöpfer, zu glauben, wohingegen es keinerlei vernünftige Erklärung gibt noch jemals geben kann, woher und wie "dies alles" denn sonst entstanden sein soll. Es kann sie deswegen niemals geben, weil es jenseits der Grenze der Kausalität nach den Regeln der einfachen Logik keine kausalen Erklärungen geben kann.

Ich rede jetzt nicht über die "Entstehung der Arten", denn das ist "bloß" eine partikulare, lokale Geschichte, deren rational faßbare Wirkkräfte Darwin genial und zutreffend durchschaut hat (ob vollständig, ist nochmal eine andere Frage, die mich jetzt aber nicht interessiert). Aber diese lokale Geschichte kann zum Verständnis des Urgrunds der Welt natürlich nichts beitragen. Deshalb ist die Idee, die Evolutionstheorie würde die Schöpfung widerlegen, verblüffend primitiv und einfach absurd. Schöpfung ist unendlich viel mehr, als die Entstehung der Arten, die ja erst am Ende einer 13,7 Mrd. Jahre langen Entwicklung stehen. Daß dies freilich im Beginn bereits angelegt ist, ist für mich so schlüssig wie beispielsweise die Tatsache, daß die spätere Erbrütung von chemischen Elementen im Inneren der Sonnen, darunter durch unwahrscheinlichste Fusions-Resonanzen ganz außerordentlich bevorzugt komischerweise Kohlenstoff und Sauerstoff, bereits naturgesetzlich im Ausfrieren von Wasserstoff aus dem Plasma des 400.000 Jahre alten Universum gesetzmäßig angelegt war.

Man kann nun beispielsweise nicht vernünftig dagegen argumentieren, daß die massenhafte Produktion von Kohlenstoff und Sauerstoff etwas mit der späteren Entstehung des Lebens zu tun hat, weil ersteres natürlich die notwendige Voraussetzung des letzteren ist. Mit dem Zufall kann man nicht argumentieren, weil die Stichprobengröße beim Universum genau 1 ist. Und das ist nur ein einziges Beispiel unter Myriaden anderer, die alle genau passen... und genau passen müssen, weil es uns sonst nicht gäbe.

Wie gesagt, es ist offenkundig keineswegs unvernünftig, sondern ganz im Gegenteil zuhöchst vernünftig, Gott, den Schöpfer, vorauszusetzen. Man muß es nicht, aber man hat dann eben überhaupt keine vernünftige Erklärung dafür, daß überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts... und wieso dieses Sein dermaßen gesetzmäßig, vernünftig, wunderschön und unendlich komplex ist. Immerhin gibt es uns! Wieso eigentlich?

Mich befriedigt die Auskunft: "Weil dein Urahn ein Affe war!" nicht - nicht deshalb, weil ich dies in Zweifel zöge, sondern weil es nicht erklärt, warum es Affen gibt. Die neodarwinistische Ideologie befindet sich ironischerweise in exakt der Lage, in der sie den Glauben immer fälschlich vermutet. Indes, das Gegenteil ist wahr. Noch hält man sich die Wahrheit polemisch vom Hals, indem man bitte, bitte möchte, daß Christen bitte, bitte an den "Handwerker mit dem langen weißen Bart" glauben mögen. Bloß tun sie das halt nicht. Freilich hat die Wirklichkeit Ideologen bekanntlich noch nie so besonders gestört...

Gruß vom
Nick

P.S.: Begrifflich zu unterscheiden sind Kreationismus (Extremform: "Gott hat die Welt vor 6010 Jahren, genauer gesagt an einem 23. Oktober, erschaffen, und zwar in 6 Tagen a 24 Stunden, und war damit am 29. Oktober fertig") und andere Theorien, die die Evolutionstheorie akzeptieren und nur deswegen von ihren Gegnern polemisch kreationistisch genannt werden, weil sie eben nicht atheistisch sind. Ich selbst lehne es ab, irgendeiner dieser Gruppierungen, welche es auch sei, von außen zugerechnet zu werden. Ich lasse mir halt nicht gerne von arroganten Dummköpfen irgendein Ettikett verpassen, bloß weil ihnen danach ist. Die Anmaßung, man dürfe nicht an Gott glauben, sonst sei man ein "XY", ist im Ansatz totalitär - und in praxi lächerlich.


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