Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Mein Bericht

Christine ⌂, Wednesday, 14.02.2007, 10:35 (vor 6437 Tagen) @ Christine

Hallo zusammen,

als ich beim BVerG im Eingang stand, dachte ich zunächst, es läge eine terroristische Bedrohung vor. Ich musste meinen Mantel und die Handtasche in eine Kiste legen, welche durchleuchtet wurden. Danach ging ich, ähnlich beim Flughafen durch ein "Tor", welches wohl anzeigen solle, ob ich metallische Gegenstände mitführe und trotzdem wurde ich noch komplett abgetastet. Danach gab es allerdings einen kleinen Aufstand, da man beim röntgen ein Taschenmesser gefunden hatte. Da ich zu Hause alles wesentliche in eine kleine Handtasche geräumt hatte, behauptete ich, ein solches nicht dabei zu haben, was man mir nicht abnahm. Erst nach langem hin und her stellte sich heraus, das ich an meinem Schlüsselbund, der separat in der Kiste lag, ein kleines Taschenmesser hatte, was ich aber in der Aufregung vergessen hatte. Selbstverständlich musste ich dieses dann abgeben und durfte es mir nach der Sitzung wiederholen.
Im Eingangsbereich hatte ich dann ein paar kurze Gespräche u.a. mit dem RA und dem Vater des Beschwerdeführers. Letzterer erzählte mir, das sie regelmäßigen Kontakt zu dem Kind hätten, was ich natürlich toll fand und naiv annahm, das diese Mutter wohl eine Ausnahme wäre, da sie dieses zulassen würde. Es stellte sich dann aber heraus, das wohl allein das Geld ausschlaggebend für diese "Wohltat" war/ist. Der "Vater" und dessen Eltern besitzen wohl genug Geld, so das diese neben dem Unterhalt des Vaters von 316 EUR auch noch diverse Anschaffungen, Urlaubsreisen etc. finanzieren. Auch scheint ein beträchtliches Erbe anzustehen, welches das Kind auf jeden Fall nach Ableben der Erblasser erhalten wird.
Während Kameraleute, Journalisten und Verfahrensbeteiligte bereits in den Gerichtssaal durften, mussten Besucher in der Eingangshalle warten, so das weitere Gespräche nicht möglich waren und meine Ungeduld reichlich strapaziert wurde.
Die "Zeremonie" war gar nicht so beeindruckend, wie es bei mir durch das Fernsehen immer angekommen war. Die Vorlesung des Urteils dauerte ca. 45 Minuten und mir schwante Böses. Der Teil bzgl. der Verbesserung der Gesetze nahm den größten Zeitraum in Anspruch. Zwar wurde immer wieder betont, das Väter ein Recht darauf hätten, um ihre biologische Vaterschaft zu wissen, aber 100 Wenns und Abers machten das Ganze nicht besser.
Was mich auf jeden Fall sofort stutzig machte, war folgende sinngemäße Aussage: Wenn eine Mutter sich dem Test verweigert, kann diese durch ein Gericht ersetzt werden. Ja aber hallo... damit wurde dem derzeitigen Gesetzesvorhaben bzgl. Scheinvaterschaften Legitimität vermittelt. Durch diesen Einwand haben also die Richter das Vorhaben des Justizministerium bereits abgesegnet!
Nach Beendigung der Urteilsverkündung scharten sich Kamerateams um den Beschwerdeführer, dessen RA und dem Staatssekretär, der im Auftrag der Regierung dort war. Nachdem die Interviews vorbei waren, nahm ich die Gelegenheit wahr, mit dem Staatssekretär zu sprechen, um so einige Widersprüchlichkeiten zu klären. Es kam das übliche blabla rüber; was mich aber irgendwie "schockte", war die Aussage, das es im Falle des gemeinsamen Sorgerechts an den Männern läge, dieses mit der Partnerin zu klären und wenn die Männer zu feige wären, das anzusprechen, könne er ihnen auch nicht helfen. Hier kam leider meine Schwäche zum tragen, das ich bei für mich unverständlichen Argumenten nicht schlagfertig genug bin. Ich war einfach nur noch baff, wie unverblümt der Staatssekretär etwas vortrug, was mit der Realität nichts zu tun hat.
Auf Nachfrage, wie es denn bzgl. "heimlicher" Vaterschaftstest und deren angekündigter Bestrafung aussehen würde, da er ja wohl nicht annehmen würde, das diese nicht mehr genutzt würden, konnte bzw. wollte er nichts sagen.
Im Foyer des BVerG fanden dann noch etliche Interviews statt und nachdem Edith Schwab -als Verfahrensbeteiligte des VAMV neben dem VafK - von einem positiven Urteil sprach, war für mich klar, das hier nicht im Sinne der Väter geurteilt worden war. Auch der Vorstandsvorsitzende des VafK sprach von einem positiven Urteil und bei mir kam es so an, als ob man auf jeden Fall zufrieden sein sollte, das man überhaupt etwas erreicht hatte. Nur... mein Gefühl hatte mir schon während der Urteilsverkündung etwas anderes gesagt und das hat sich nach bisher oberflächlichem durchlesen der Pressemitteilung bestätigt. Das komplette Urteil werde ich mir nach diesem Beitrag durchlesen, mal sehen, was mir noch auffällt.
Zum Schluss sprach ich noch mit einem Vorstandmitglied von VALID e.V. und der für Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Vertreterin. Über das Urteil sprachen wir nur kurz, da wir alle nach den geballten Informationen durch die Urteilsverlesung und deren Unklarheiten zunächst Gewißheit haben wollten. Wir sprachen noch über Männerbenachteiligungen im allgemeinen, die auch diese beiden Frauen sahen und zum Schluss über eine evtl. Auswirkung eines Verbotes. Sie meinten, ihr Institut würde es nicht so sehr belasten, da Vaterschaftstest nur ein kleiner Teil ihrer Arbeit wäre.
Mein Fazit: Klarheit besteht keinesfalls und es liegt jetzt an uns, diese Unklarheiten öffentlich zu machen.
Christian hat ja dankenswerterweise einen Link zu Abgeordnetenwatch gelegt und ich meine, wir sollten diese Möglichkeit nutzen, Frau Zypries genau die richtigen Fragen zu stellen. Das die Antworten, wen überhaupt welche kommen, nicht in unserem Sinne ausfallen werden, dürfte klar sein. Sie sollte aber wissen, das viele Männer und auch Frauen an diesem Thema mehr als interessiert sind.

Gruß - Christine

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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