Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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An Magnus: Prinzipielles.

Thomas Lentze, Saturday, 03.06.2006, 06:31 (vor 6598 Tagen) @ Magnus

Hallo Magnus !

Es ist wohltuend, eine Antwort zu vernehmen, die ein Bemühen um Verständnis erkennen läßt. Erfreulich vor allem folgende Passage:

Deinem Sohn hingegen können diese Äußerungen auch als eine gewisse Stütze
dienen, weil ihm in Schule, Fernsehen etc. noch genügend Benachteiligungen
aufwarten und er diesbezüglich noch andereslautende Äußerungen, die ihn
benachteiligen oder demütigen werden, zu hören bekommt oder gar schon zu
hören bekommen hat.

Nicht verstanden glaube ich mich aber, wenn du sagst, daß meine Meinung

einem Gesellschaftssystem

entgegenstrebt, welches dem Jetzt-Zustand nur mit vertauschten Rollen
entspricht.

Denn wenn dem so ist, dann stimmt natürlich das Folgende ebenfalls:

es wäre nur nicht von Bestand. Bestand hat etwas, wenn etwas> freiwillig zueinander findet und nicht mit Grabenkämpfen durchsetzt ist

oder mit Unterdrückung zusammengehalten wird. Der Feminismus hat die
Gesellschaft genau aus diesem Grund mit zerstört.

"Nur mit vertauschten Rollen": Damit unterstellst du eine prinzipielle Gleichartigkeit der Parteien. Für mich sind aber Mann und Frau nicht gleich, ähnlich (!) wie Erwachsener und Kind nicht gleich, und schließlich, wie Mensch und Tier nicht gleich sind. Aber das müssen wir jetzt einmal differenziert betrachten.

Ich glaube, es war im alten Forum, wo ich das Beispiel eines Wirtschaftsbetriebes brachte und ungefähr sagte: Chef und Kloputzer genießen gleiche Grundrechte, auch gleiche Menschenrechte, von Geburt an, ohne Frage der Qualifikation. Dennoch nehmen sie in der hierachischen Ordnung, also einer Rangordnung, unterschiedliche Positionen ein. Das ist für Jedermann dermaßen einleuchtend, daß Niemand auf die Idee käme, dies auszutesten, indem er etwa den Kloputzer auf den Chefsessel heben würde. Denn das ginge ins Geld, und erlauben wir uns kaum Experimente.

Inwiefern können nun Junge und Mädchen verschiedene Ränge einnehmen, da sie, anders als Chef und Kloputzer, doch in ihren Qualifikationen oder Zeugnisnoten nicht unbedingt voneinander abweichen ? Da müssen wir den teleologischen Gesichtspunkt einführen. Jungen sind darauf angelegt, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit größere Kulturleistungen zu vollbringen. Und darum sind sie förderungswürdiger ! Das wird nur leugnen, wer behauptet, daß geschlechtliche Unterschiede, hier: auf seelischer Ebene, nur anerzogen seien. Den Standpunkt teile ich allerdings nicht.

Betrachten wir einen Embryo, ja, eine gerade befruchtete Eizelle. Ist diese genausoviel "wert" wie ein größeres Kind ? Ich sage: ja. Denn ich glaube einen Menschen vor mir zu haben, der schon viele Erdenleben hinter sich hat, und sich jetzt wiederum inkarnieren will. Reduziert man ihn auf seinen Körper, so ist er freilich äußerst jung. Reduziert man ihn darauf nicht, so ist er hingegen uralt. Den Menschenrechten zufolge sind wir alle von Geburt an gleich. Ich gehe noch weiter und sage: schon von der Zeugung an.

Die Bewertung erfolgt hier also unter teleologischem Gesichtspunkt. Ein Mensch ist auch das, was er war, und vor allem das, woraufhin er angelegt ist. - Unter der Voraussetzung, daß auch männliche Inkarnation und weibliche Inkarnation einander abwechseln (ich habe das im thread "Geschlechterdebatte anthroposophisch" erläutert), sind dann auch Mann und Frau einander gleichwertig. Mit Tieren allerdings nicht. Denn weder stammen Menschen von Tieren ab (höchstens ihre Körper), noch können sich - meiner Überzeugung nach - Menschen in Tieren dauerhaft inkarnieren. Konsequenterweise gelten Menschenrechte auch nicht für Tiere. Jedoch haben auch sie einen Platz in einer Rangordnung alles Seienden.

Zwischen-Fazit: Teleologisch sind Mann und Frau, sind Erwachsene und Kinder gleich. Insofern sind sie gleichwertig.

Dennoch sind sie nicht gleichrangig. Stellen wir uns einen Klassenlehrer vor, der seinen Schülern sagt: "Ich will nichts anderes erreichen, als daß der Lehrer/Schüler-Kampf überwunden wird und Lehrer nicht länger benachteiligt werden." Wäre das nicht eine Lachnummer ? Die Situation eines solchen Kampfes und einer Lehrer-Benachteilgung darf ja gar nicht erst eintreten ! Und wenn doch, dann wird der Lehrer durch Appelle mit Sicherheit nichts mehr erreichen. Zumindest nicht für seine Zielsetzung. Denn mit dieser Zielsetzung drückt er ja aus, daß er einen Primat für sich selbst nicht anerkennt. Indem er nun Gleichheit will, wird er zwangsläufig eine Ungleichheit herstellen, und war die falsche, die widernatürliche. Lehnt er aber Gleichheit ab, so wird er - falls das jetzt noch möglich ist - eine Ungleichheit herstellen, und zwar eine förderliche. Es gäbe dann eine natürliche Rangodnung. (Natur bezeichnet hier nicht das anorganische und organische Sein, sondern eine ontologische Norm.)

Soweit also werden mir Viele hier - nicht alle - noch zustimmen. Wenn ich nun sage, daß zwischen Mann und Frau ein ähnlicher Rangunterschied besteht, nur weniger deutlich, und aufgrund involutiver Vorgänge noch abnehmend, so stimmen mir gegenwärtig nur Manche zu. Es steht dann nämlich zur Frage: inwieweit beruhen Geschlechtsunterschiede auf Sozialisation, und inwieweit nicht ? Und: inwieweit beruhen sie auf Determination "von unten" her, d.h. genetisch ? Mit dieser zweiten Frage befasse ich mich ungern; ich überlasse sie den Biologen und messe ihr im Übrigen keine große Bedeutung zu.

Meines Erachtens lassen sich Rangunterschiede auch noch anders begründen. Richtig ist allerdings, daß sie nicht konstruiert und dann per Gesetz verordnet werden dürfen. Die Freiheit ist unser höchstes Gut. Es ist ein Fehler, der immer wieder gemacht wird, daß die Erkenntnis oder Behauptung von Rangordnung in Verbindung gebracht wird mit Zwang. Zwang ist vielmehr dort und nur dort im Spiel, wo natürliche Rangordnungen gestürzt worden sind und aufrechterhalten werden.

Einen herzlichen Gruß !

Thomas


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