Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Jeder Mutterbauch ein potentionelles Vernichtungslager

susu, Saturday, 10.06.2006, 08:08 (vor 6741 Tagen) @ Thomas Lentze

Da gibt es offenbar ein Mißverständnis. Welche Persönlichkeitsrechte
möchte ich einschränken? Nichts läge mir ferner! Das möchte ich gerne
geklärt wissen.

Wie wäre es mit dem Selbstbestimmungsrecht Schwangerer?

Tut mir leid, den Schermer kenne ich nicht und will ich ihn in Anbetracht
einer Anzahl von Büchern, die noch vor mir liegen, auch nicht lesen. - Im
WS haben den Gottesbeweis von Anselm v.C. durchgearbeitet. Der ist
logisch, und überzeugt mich dennoch nicht.

Mich auch nicht, zumal es einfach ist Dinge zu Denken, die nicht existent sind. Ein Beispiel wäre die größte natürliche Zahl. Auf diesem Beispiel fußt mein kurzer Einspruch gegen Anselm: Der Begriff Gott meint jenes Wesen über das hinaus nichts Vollkommeneres gedacht werden kann. Doch jede Aufzählung von Eigenschaften dieses Wesens muß unvollständig bleiben, es fehlen immer noch weitere Eigenschaften. D.h. Gott hat unendlich viele vollkommene Eigenschaften. existiert Gott nicht, verbleiben immer noch unendlich viele vollkommene Eigenschaften. Daher ist ein nicht-existenter Gott nicht unvollkommener als ein existenter.

Wenn ich dir aber eine sehr kurze, leicht faßliche, dennoch tiefsinnige
Lektüre empfehlen darf, dann siehe:
http://www.welt.de/data/2005/03/26/615790.html?s=1
Es würde mich interessieren, was du darüber denkst.

"Angesichts der überwältigenden Allgemeinheit und Dauer des Gerüchts von Gott trägt derjenige die Begründungspflicht, der dieses Gerücht als irreführend abtut. Vor allem aber: Wenn wir Spuren eines Wesens suchen, dann ist immer derjenige wichtiger, der eine Spur gefunden hat, als der, der keine gefunden hat. Die Tatsache, daß jemand nie einen weißen Raben gesehen hat, beweist nichts gegenüber dem, der einen gefunden hat. Jener kann nicht sagen: "Es gibt keinen weißen Raben", bloß weil er noch keinen gesehen hat. Wohl kann der, der einen gesehen hat, sagen, daß es ihn gibt."

Diese Argumentation halte ich für falsch. Zum einen, weil es nicht "das Gerücht von Gott" in diesem Sinne gibt, schließlich existiert eine Vielzahl von Gottesvorstellungen, die sich gegenseitig widersprechen. Ein gläubiger Christ ist ein hinduistischer, helenistischer, keltischer etc. Atheist. Zum anderen, weil die Beweislast hier keinesfalls allein einer Seite aufgebürdet werden kann. Spaemann sieht die Beweislast bei den Atheisten (es drängt sich die Frage auf, warum er dann einen Gottesbeweis formulieren will), ein Atheist könnte mit Occams Rasiermesser kontern: Gott sei eine unnötige und daher zu verwerfende These. Weiterhin reicht es nicht aus, daß jemand einen weißen Raben gesehen hat, um deren Existenz intersubjektiv zu begründen. Jemand der glaubt, wird sich nicht durch den Unglauben anderer beirren lassen, aber es wäre falsch, dem Ungläubigen aufzuzwingen, beweisen zu müssen, daß der Gläubige Unrecht hat, um nicht vom Unglauben abfallen zu müssen.

"Es muß einen Grund dafür geben, daß es ist, wie es ist, wenn das Denken nicht kapitulieren soll. Das Sein aber, das auf Grund seiner eigenen inneren Notwendigkeit ist, nennen wir Gott."

Das Problem dieses Beweises ist, daß er auf der Annahme beruht, die Naturgesetze besäßen keine innere Notwendigkeit. Darauf antworte ich, daß es unvorstellbar ist, etwas Seiendes existiere, aber keine Naturgesetze. Jede Vorstellung vom Seienden beinhaltet eine Vorstellung eines Modells der Interaktion oder nicht Interaktion der Naturgesetze. Diese mögen nicht konstant sein, aber sie sind existent. Naturgesetze besitzen also eine innere Notwendigkeit.

"Er geht aus von der unbezweifelbaren Existenz zielgerichteter Prozesse, wie des Wachstums von Pflanzen und Tieren - Prozessen also, die nur verstehbar sind von ihrem Ende her. [..] Es muß also, um die zielgerichteten Naturprozesse zu verstehen, einen Schützen geben, also einen Schöpfer, der den Dingen die Richtung auf das für sie Gute hin eingestiftet hat, denn nur als bewußtes kann ein Ziel sozusagen nach rückwärts wirken und Kausalprozesse in Gang setzen und koordinieren, weil das Bewußtsein des Zieles dem Prozeß vorausgeht."

Dies ist der Beweis, der auch Pailey beschäftigte. Und heute dank Behe und dem Discovery Institute wieder die Welt erschüttert. Doch die Existenz zielgerichteter, also finaler Prozesse ist keineswegs unbezweifelbar. Die Ontogenese ist durch Genetik, Biochemie und Anatomie verstehbar, d.h. durch rein kausale Prozesse. Nicht nur diese proximale Erklärung existiert, sondern auch die distale evolutionäre. Und diese Erklärung konnte Thomas von Aquin natürlich nicht kennen, doch seit Darwin kennen wir einen Prozess, der rein kausal wirkt und Ergebnisse erzielt die uns auf den ersten Blick als zielgerichtet erscheinen. Jedes Jahr veröffentlichen die Kreationisten und Intelligent Design Apostel neue Beipiele für Merkmale, die durch "unbezweifelbar zielgerichtete Prozesse" entstanden sein müssen und jedes Jahr werden ihnen kausale Erklärungen entgegengestellt, von Flagelum bis zum Flügel.

"Am kürzesten hat Michel Foucault formuliert, was Nietzsche dachte: "Wir dürfen nicht meinen, daß die Welt uns ein lesbares Gesicht zuwendet." Was Nietzsche prinzipiell in Frage stellte, war die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft und damit der Gedanke von so etwas wie Wahrheit überhaupt.
[..]
Wenn es den Blick Gottes nicht gibt, gibt es keine Wahrheit jenseits unserer subjektiven Perspektiven. Nietzsche spricht vom Glauben Platons, der auch der Glaube der Christen ist, dem Glauben, daß Gott die Wahrheit, daß die Wahrheit göttlich ist."

Nun, hier scheint Spaemann Nietzsche und Foucault nicht zu verstehen, die Aussage Foucaults sagt ja nicht, daß es die Welt nicht gäbe, nur das sie nicht lesbar sei. Und damit wendet er sich gegen die Welt 'hinter der Welt', Platons Reich der Ideen. Für Platon - und nach Nietzsche auch für die Christen - ist die Welt nicht wahr, die Wahrheit beginnt in der Abstaktion der Ideen und gipfelt in der Idee des Guten (Platon), bzw. Gott. Als Gegenentwurf bietet uns Foucault das Gegenteil an: Die Wahrheit ist die Welt, unsere Lesart der Welt verfälscht sie. Ich schrieb vor einiger Zeit unsere Erkenntnis werde durch 3 Dinge behindert: Unsere begrenzten Sinne, unser begrenzter Verstand und unsere begrenzte Sprache. Platon hätte nur das erste eingeräumt, er nahm an wir besäßen einen Verstand, der die Wahrheit erkennt und sie in Worte kleidet.

"Wer die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft, wer die Geltung des Widerspruchprinzips leugnet, der kann überhaupt nichts mehr sagen."

Ich gebe zu bedenken, daß genau dieses Prinzip in einigen mathematischen Logiken fehlt, ohne das diese problematisch würden. Und diese Logiken werden in der Quantenmechanik wichtig, der genausten Theorie für das Verhalten von Objekten in kleinem Maßstab, ich erinnere an Schrödingers Katze, die sowohl tot als auch nicht tot ist.

"Aber diese Spur hat die Eigentümlichkeit, daß sie mit ihrem Entdecker identisch ist, also nicht unabhängig von ihm existiert. Wenn wir, als Opfer des Szientismus, uns selbst nicht mehr glauben, wer und was wir sind, wenn wir uns überreden lassen, wir seien nur Maschinen zur Verbreitung unserer Gene, und wenn wir unsere Vernunft nur für ein evolutionäres Anpassungsprodukt halten, das mit Wahrheit nichts zu tun hat, und wenn uns alle Selbstwidersprüchlichkeit dieser Behauptung nicht schreckt, dann können wir nicht erwarten, irgend etwas könne uns von der Existenz Gottes überzeugen. Denn, wie gesagt, diese Spur Gottes, die wir selbst sind, existiert nicht, ohne daß wir es wollen, wenn auch - Gott sei Dank - Gott vollkommen unabhängig davon existiert, ob wir ihn erkennen, von ihm wissen oder ihm danken. Nur wir selbst sind es, die sich durchstreichen können."

Wo liegt die Selbstwidersprüchlichkeit der These unsere Vernunft sei nicht fähig die Wahrheit zu erfassen? Spaemanns Argumentation beruht auf der Annahme unsere Vernunft sei teleologisch entstanden, eine Teleologie aber setzt Gott implizit bereits voraus. Wir können die Vernunft kausal erklären, wir können erklären, warum wir dazu fähig sind, diese Erklärung abzugeben. Wir können uns eingestehen, daß diese Erklärung der Realität nie gerecht wird, weil unser Geist zu beschränkt ist Jahrmillionen zu überblicken. Aber wir können erklären, warum er das nicht kann. Als Gegenentwurd gibt uns Spaemann einen geschaffenen Geist, der die Wahrheit erkennen kann. Eine Wahrheit, die hinter der Welt liegt. Und die Realität ist nur ein müder Abklatsch der Wahheit. Mir fällt ein Satz ein, den ein Lehrer einmal zu mir sagte: "Wenn mir jemand vorwirft nur an das zu glauben, was ich sehe, dann gebe ich zurück, daß er noch nicht einmal an das glaube was er sehe".

"Für den Naturalismus aber ist Erkenntnis nicht das, wofür sie sich hält. Erkenntnis belehrt uns nicht über das, was ist, sondern besteht in überlebensdienlichen Anpassungen an die Umwelt."

Dafür würde ich gern eine Quelle sehen. In den Interviews aus Graffins "Evolution, Monism, Atheism and the Naturalist World-View." sehe ich vielmehr Einigkeit unter denjenigen, die sich als Naturalisten bezeichnen anzunehmen, daß Erkenntnisfähigkeit eine Adaption ist.

"Dazu ist es nicht nötig, den Evolutionsprozeß, den ich lieber mit Darwin als Deszendenzprozeß bezeichne, als telelogischen Prozeß zu verstehen, das heißt, daß in ihm nicht der Zufall der Generator des Neuen ist. Was naturwissenschaftlich gesehen Zufall ist, kann ebenso göttliche Absicht sein wie das, was für uns als zielgerichteter Prozeß erkennbar ist."

Sprachspielerei. Wenn hier eine Ebene eingeführt wird, auf der der Zufall einem Plan folgt, handelt es sich um einen als teleologisch angenommenen Prozess.

"Biologen sprechen von "Fulguration" und "Emergenz", um das Unerklärbare durch Worte zu beschwören."

Von Fulguration sprach K.Lorentz und seine These es gäbe sie ist eher fragwürdig. Emergenz ist ein interessanter Punkt, wobei ich die Auffassung vertrete nur Klassen, nicht aber Individuen könnten emergente Eigenschaften aufweisen, womit der Begriff keine ontologischen Konsequenzen hat.

"Aber genau dies können wir nicht denken. Der Satz: "In ferner Zukunft wird es nicht mehr wahr sein, daß wir heute abend hier zusammen waren" ist Unsinn. Er läßt sich nicht denken."

Na, offensichtlich läßt er sich sogar niederschreiben.

"Wir müssen ein Bewußtsein denken, in dem alles, was geschieht, aufgehoben ist, ein absolutes Bewußtsein. Kein Wort wird einmal ungesprochen sein[..]"

Wieder Platon: Die Idee ist real, die Realität ist es nicht. Oder mit Genesis "Am Anfang war das Wort...". Und so würde ich hinzufügen "...und wie jedes Wort war es gelogen". Die Sprache über die Welt zu stellen, jedem Begriff eine Inhärente Realität zuzuschreiben, das ist was mit dem Glauben Platons gemeint ist. Und das widerum spricht einer Wirklichkeit, die keinen Namen hat, die Existenz ab. Spaemann bewist Gott um den Preis der Widerlegung der Welt. Einen Preis, den ich nicht zu zahlen bereit bin.

susu


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