Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Wie "Gender Mainstreaming" weitverzweigtes Programm wurde

susu, Thursday, 06.07.2006, 23:00 (vor 6659 Tagen) @ Scipio Africanus

Huhu Scipio.

Sorry für die Späte Antwort, ich war für eine Weile verhindert.

Susu, ich versteh wirklich nicht, was für DICH Gender Mainstreaming
bedeutet. Könntest du das mal darlegen ?

Wenn du nach GM googelst, dann erhälst du als eine der ersten Treffer die
GM-Website des Ministeriums für alle ausser Männer. Bemerkenswert ist,
dass du dort 20 Seiten lesen kannst, ohne dass sich dir der Sinn von GM
erschliesst, mit Ausnahme des Grundsatzes;

"Gender Mainstreaming bedeutet, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die
unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern
von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine
geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt."

Fällt dir hier etwas auf ? Der Koordinatenursprung der GM-Ideologie ist
das biologische Geschlecht. Dass eine Frau in der Gesellschaft eine
"traditionell männliche Rolle", und ein Mann eine "traditionell weibliche
Rolle" uneingeschränkt wahrnimmt, ist offenbar nicht vorgesehen, denn wie
anders kann der Teilsatz "da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit
gibt" anders gedeutet werden ? Dieser breitgetretene Quark ist in sich
widersprüchlich.

Gerne erwarte ich deine Erklärung, was GM ist oder meinetwegen sein
sollte.

Mir ist durchaus aufgefallen, daß GM auf dem juristischen Geschlecht aufbaut. Und genau deswegen ist es eben nicht mit der Queer Theory zu vereinbaren. Wenn da der Knackpunkt liegt und ich da nicht deutlich genug war, tut es mir Leid, aber mein Anliegen ist es keineswegs GM zu rechtfertigen, sondern die Queer Theory da rauszuhalten.

Im Grunde sagt GM ja nur, das Geschlechtspolitik eine Querschnittsaufgabe ist, soweit würde ich das noch unterschreiben. Aber dann wäre immer noch zu fragen "Was für eine Geschlechterpolitik?" und da sehe ich dann Probleme, denn die Politik der Bundesregierungen, die GM zu einem Schlagwort gemacht haben, ist wie du schon beschrieben hast auf die "unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern" fokussiert. Im Ergebnis kommt dabei eine Politik heraus, die eben genau das tut, was zu vermeiden sie vorgibt: Sie diskriminiert. Und das jetzt eben im Querschnitt, da kommt dann in der Bildungspolitik die Forderung nach Aufgabe der Koedukation, um Mädchen in den Naturwissenscahften und Jungen in den Sprachen qua Geschlecht "Nachhilfe" (auch wenn es nicht so genannt wird) zu geben. Was vermutlich dazu führen wird, daß sprachbegabte Jungen und technisch-naturwissenschaftlich begabte Mädchen, aus Langeweile die Lust an ihren Stärken verlieren (nach meinem Deutsch GK habe ich 3 Jahre gebraucht, bevor ich wieder zu Schreiben begonnen habe und wäre ein Biologie LK zustande gekommen, hätte ich wohl früher "mein Fach" gefunden). Mit dem Ergebnis: Gerade die, die sich nicht nach dem richten, was bei Klaus "Leitschnur" heißt, werden ausgebremst.
In anderen Bereichen gilt ähnliches: Wer ein Leben führt, das eng am Durchnitt (für das jeweilige juristische Geschlecht) liegt, wird von der aktuellen Politik bevorzugt.

Der Paradigmenwechsel von Geschlechterpolitik als Appendix hin zur Querschnittsaufgabe ist sicher sinnvoll (Versuch mal über Wehrpflichtabschaffung zu reden, ohne dabei auf die Struktur der Bundeswehr oder die Änderungen im sozialen Bereich durch den Wegfall des Zivildienstes einzugehen). Aber in welchem Kontext etwas gemacht wird ist nicht wichtiger als was gemacht wird und es ist nicht besser überall etwas zu machen, wenn überall das falsche gemacht wird. Und deshalb warte ich weiter auf einen Inhaltlichen Paradigmenwechsel. GM ist kein Programm, sondern nur eine Form der Umsetzung. Und das was jetzt damit umgesetzt wird, ist ein Geschlechtsverständnis, daß Klaus' näher steht als meinem.

Und gerade deshalb regt es mich auf, wenn "meine Leute" für diesem Kram verantwortlich gemacht werden, immerhin werden wir deutlich häufiger von dieser Politik getroffen als andere. Wenn Konformität mit geschlechtlich umrissenen Lebensentwürfen Kriterium für eine bevorzugte Bahndlung darstellt, war das sicher nicht die Idee von Leuten, die sich gerade Aufgrund ihrer Nonkonformität zusammengefunden haben. Wenn per Gesetz auf jeder Baustelle zwei Dixie-Klos stehen müssen, eins für Männer (Pissoir, kein Papier) und eins für Frauen (kein Pissoir, aber Papier) ist das nicht die Idee von Leuten, die dankbar über jede nicht geschlechtssegregierte Notdurftanstalt sind.

susu


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