Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Beschneidung, Vergewaltigung, Todesstrafe (lang)

Maesi, Thursday, 12.12.2002, 21:20 (vor 7833 Tagen) @ Markus

Als Antwort auf: Re: Beschneidung, Vergewaltigung, Todesstrafe (lang) von Markus am 03. Dezember 2002 12:30:58:

Hallo Markus

Ich bin aber ein Mensch, der sich von den Radikalfeministinnen nicht die Argumentationslinie vorschreiben lassen möchte. Ich möchte meine Ansichten gerne geschlechtsneutral verpacken und von diesem Grundsatz eigentlich nur in belegbaren Fällen abweichen

Ich frage mich, ob Dein, sicher nobles, Ansinnen, Dir die Argumentationslinie nicht vorschreiben zu lassen und nur geschlechtsneutral zu argumentieren, der Realitaet in einer Diskussion gerecht wird. Grundsaetzlich kannst Du bei der Verwirklichung dieses Ideals nur zwei Dinge tun:

1. Du kannst die Radikalfeministinnen ignorieren, Du diskutierst nicht mit ihnen. Dadurch beraubst Du Dich aber zwangslaeufig der Moeglichkeit, deren Falshcaussagen zu demaskieren. Dieser Taktik folgen uebrigens gemaessigte Feministinnen/Frauenrechtlerinnen seit Jahren. Bloss nicht kritisch Stellung beziehen, auch nicht zum abstrusesten Bloedsinn des Feminismus. Und wer es trotzdem tut, wird recht schnell ausgegrenzt und an den Rand gedraengt (vgl. Esther Vilar).

2. Du diskutierst zwar mit Radikalfeministinnen, laesst Dich durch ihre Argumente jedoch in der eigenen Argumentation nicht beeinflussen. In der Praxis bedeutet das, Du gehst gar nicht auf ihre Argumente ein, sondern haeltst vielmehr einen Monolog im luftleeren, akademischen Raum; das ist aber keine Diskussion mehr sondern einfach eine Stellungnahme Deinerseits. Auf allenfalls seitens der Radikalfeministinnen vorgetragene Gegenargumente kannst Du gar nicht eingehen, ansonsten wuerdest Du Dir, zumindest teilweise, die Argumentationslinie doch vorschreiben lassen. Ich habe den Eindruck, Du versuchst hier die Quadratur des Kreises.

Diskussion bedeutet eben wechselseitig beeinflusste Kommunikation. Eine richtige Diskussion kann nur entstehen, indem man gegenseitig auf die Argumente eingeht, vielleicht einen Teil als wahr anerkennt, etwas anderes richtigstellt oder praezisiert und wieder einen anderen Teil mittels eigener Argumente zurueckweist oder widerlegt (oder das zumindest versucht).

Du und Arne empfindet es für wichtig, hier ein gewisses Gegengewicht zu schaffen, sprich explizit darauf hinweisen, dass bei Beschneidung Frauen die Täter sind und die Täterfrage bei Vergewaltigung außen vor lassen.

Die Frage ist IMHO grundsaetzlicher Natur: naemlich, ob ich einen wesentlichen Teil der Realitaet zu ignorieren bereit bin (weshalb auch immer) oder nicht. Die absolute objektive Wahrheit gibt es nicht. Man kann sich jedoch diesem Ideal annaehern, indem man moeglichst viele Fakten beruecksichtigt. In der Praxis bedeutet das, man setzt sich mit verschiedenen Meinungen aus verschiedenen Perspektiven heraus auseinander. So gesehen ist die Gegenoeffentlichkeit, die Arne, Matussek, Prinz Eugen oder andere vermitteln nicht nur erwuenscht sondern absolut notwendig, genau so wie die 'Gegenseite' (z.B. Alice Schwarzer). Das Problem bei den obigen Themen ist, dass jahrelang eine Seite (naemlich die feministische) die Diskussion voellig beherrscht hat; eine Gegenoeffentlichkeit gab es kaum.
Der scheinbare Widerspruch zwischen der Erwaehnung des Geschlechtes der (weiblichen) Taeter beim Beschneidungsthema und der nicht-explizite Erwaehnung der (maennlichen) Taeter bei der Vergewaltigung liegt darin, das Du Arnes Argumente aus dem Zusammenhang reisst.
Bei der Beschneidung ortet die UNO (und auch andere Organisationen) den Taeter in einem obskuren Patriarchat und damit letztendlich bei den Maennern; die Frauen als die Ausfuehrenden werden entweder nicht erwaehnt oder nicht als eigenstaendig handelnde Individuen wahrgenommen sondern sozusagen als Handlanger der Maenner ohne eigenen Willen. Es wird Frauen (wieder einmal) eine Generalabsolution erteilt und nur den Maennern die Schuld zugeschoben. Deshalb hat Arne die weiblichen Taeter bei den Beschneidungen ausdruecklich genannt.
Bei der Vergewaltigungsdebatte wird aus feministischer Sicht ausschliesslich auf maennliche Taeter und weibliche Opfer Bezug genommen; die normalerweise maennliche Taeterschaft wird von Arne gar nicht in Zweifel gezogen und im uebrigen von Feministinnen ohnehin pausenlos ausgebreitet (Stichwort: jeder Mann ist ein potentieller Vergewaltiger). Es ist also gar nicht notwendig, nochmals explizit auf die Tatsache hinzuweisen, dass die meisten Vergewaltiger Maenner sind. Die maennlichen Vergewaltigunsopfer sind jedoch ebenfalls real, sie werden aber in der ganzen Debatte gar nicht erwaehnt.
Fazit: Arne hat einfach die 'vergessenenen' weiblichen Taeter bzw. maennlichen Opfer thematisiert und die offiziellen Statements von UNO und anderen Organisationen ergaenzt; die asymmetrischen Berichte dieser Organisationen hatten somit asymmetrische Ergaenzungen von Arne zur Folge, womit erst die Symmetrie der realen Gegebenheiten wiederhergestellt ist.

Nicht weil ihr Männer glorifizieren wollt - schon klar, sondern um der allgemein herrschenden Meinung in den Köpfen der Gesellschaft, Denkanstöße zu geben, diese zu hinterfragen. Ich verstehe die Gründe dafür durchaus. Nur glaube ich nicht, dass das nun mein Weg ist, den ich gehen möchte.

Es bleibt Dir selbst ueberlassen, welchen Weg Du gehen willst.

Weißt du, auf mich wirkt das dann so, als haben diese Radikalfeministinnen dann das erreicht, was sie sekundär wollen. Einen Geschlechterkrieg. Eine Aufspaltung der Welt in Mann und Frau.

Ich stelle immer wieder fest, dass mit dem Wort 'Krieg' leichtfertig umgegangen wird. Ich befinde mich nicht im Krieg, nur weil ich eine andere Meinung als Feministinnen, insbesondere Radikalfeministinnen, vertrete. Ich bekaempfe nicht Frauen sondern sexistisch-maennerfeindliche Tendenzen und Praktiken. Wenn eine Frau konkret solche sexistisch-maennerfeindliche Thesen vertritt, ist sie politisch gesehen meine Gegnerin; dann ist es mir egal, ob sie sich als Feministin bezeichnet oder nicht. Sie ist deshalb aber nicht meine (persoenliche) Feindin.

Sie provozieren, stellen Tatsachen falsch dar und "wir Männer" müssen ihnen nun um die Ohren hauen, was sie alles falsch machen bzw. wo sie überall schuldig sind?

Naja, 'wir Maenner' muessen ueberhaupt nichts tun. Wenn jemand hier postet oder auch in Massenmedien, Versammlungen, oeffentlichen Diskussionen, im Parlament Stellung nimmt, dann vertritt er nicht 'uns Maenner', 'uns Frauen', 'uns Arbeitnehmer' oder 'uns ... (irgendwas)' sondern er vertritt seine eigene Meinung, der sich andere anschliessen moegen oder nicht. Wenn jemand Tatsachen flachs darstellt, dann soll auf jeden Fall gekontert und richtiggestellt werden. Wie schnell man(n) sich provozieren laesst, das muss jeder selbst entscheiden. In der Praxis ist richtig und flasch normalerweise nicht so strikt gegeneinander abgrenzbar, sondern man kann nur aus einer bestimmten Perspektive heraus entscheiden, was einem richtig oder flacsh erscheint, und diese Meinung dann (moeglichst gut begruendet) vertreten.

Ich denke die breite Mehrheit gewinnt nur der, der durchaus selbstkritisch mit sich und seinem Geschlecht umgeht und nicht auf Schuldzuweisungen setzt.

Wenn Feministinnen etwas verzerrt darstellen, dann nehme ich (und andere) diese Gelegenheit gerne wahr, ihnen das vorzuhalten. Soll ich auch zum abgedrehtesten Unsinn einfach schweigen, nur weil (angeblich) die breite Mehrheit damit nicht gewonnen werden kann? Seltsame Logik. Die breite Mehrheit hat doch IMHO vielmehr ein Recht darauf, den vom Feminismus verschleierten Teil der Realitaet zu erfahren; leider wurde ihr dieser Teil jahrelang vorenthalten.
Selbstkritik und Kritik an der gegenerischen Meinung schliessen sich nicht gegenseitig aus. Alle Menschen sind f hlbar, dessen sollte sich jeder bewusst sein. Andererseits heisst das noch lange nicht, dass ich mir eine Kritik an etwas, das mir flshca erscheint, verkneifen muss. Sollte jemand anderer Meinung sein, kann er diese meine Kritik ja analysieren und zurueckweisen; sowas nennt man schlichtweg Diskussion. Ich habe keine Probleme damit, andere Meinungen zu hoeren oder zu lesen und daraus etwas zu lernen. Sofern die Zurueckweisung meiner Kritik jedoch nichts (oder nur wenig) Substantielles enthaelt, dann sehe ich mich nicht genoetigt, meine eigene Position zu ueberdenken. Selbstkritik nur um der Selbstkritik willen uebe ich nicht.

Gruss

Maesi


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