Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Wut

Arne Hoffmann, Thursday, 23.01.2003, 21:03 (vor 7766 Tagen) @ Jolanda

Als Antwort auf: Re: Was gibt es nur für Idioten ! von Jolanda am 22. Januar 2003 20:47:52:

Hi Jolanda,

Ja ich weiss, war sehr emotional, auch ich kann mich manchmal nicht zurückhalten, verzeih :-) Aber ich war so empört und wütend, ich habe gemerkt, wie ich ganz tief getroffen bin und habe dementsprechend reagiert.

Ich versuche das möglichst selten zu machen, ich bemühe mich echt, aber hier konnte ich einfach nicht. (...) Ich entschuldige das auf keinen Fall, aber ich gebe zu, dass ich noch lernen muss, auch in solchen Situationen gelassener zu reagieren.

Findest du? Ich will dir deine friedfertige Einstellung nicht madig machen, aber ich bin andererseits auch der Ansicht, Wut ist eine gerechtfertigte Reaktion, wenn man miterlebt, dass andere Menschen niedergemacht und unfair behandelt werden. Wut zeigt Widerstand an und dass man die Notwendigkeit dafür sieht, dass sich die Dinge ändern. Oft ist das nicht möglich, ohne dass man mit anderen Menschen in Konfrontation geht.

Wenn Valerie Solanas (nachdem dieses Thema wieder hochgekommen ist) ihrer WUT Ausdruck verliehen hätte, hätte es meiner Ansicht nach nichts zu beanstanden gegeben, im Gegenteil. Wenn Sie geschrieben hätte "Es macht mich so wütend und so verzweifelt, was mit mir und anderen Frauen passiert ist, dass ich den ganzen Tag schreien könnte!", wer hätte sich anmaßen wollen, ihr das Recht auf ihre Gefühle abzusprechen? Stattdessen fordert sie auf, die Männer massenweise zu vergasen, und zwar alle, ob Täter oder nicht. Das ist nicht mehr Wut, das ist Menschenverachtung, und darum kann das auch niemand mit einem klaren Kopf als gerechtfertigte Äußerung wahrnehmen. Selbst die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen Duisburg, die das Buch damals auf ihrer Website empfohlen hatte, hatte es bezeichnenderweise unter der Kategorie "Humor" eingeordnet. Zugegeben, vielleicht war Solanas durch ihr Schicksal so durcheinander, dass sie ihre Wut nicht mehr angemessen artikulieren konnte. Dann weiß ich aber nicht, warum Frauen dieses Buch empfehlen und verteidigen, die einen klareren Kopf haben sollten.

Etwas anderes als Wut ist Respektlosigkeit gegenüber anderen Menschen, und die sehe ich bei diesen neuen Frauenforen vorhanden. Von den Betreiberinnen unerwünschte Meinungen werden entweder beiseitegewischt oder schlichtweg gelöscht. Die Botschaft ist in beiden Fällen dieselbe: "Die Probleme und die Meinung anderer Menschen interessieren mich nicht. Ich interessiere mich nur für mich selber." (Und das, obwohl es doch laut Alice Schwarzer zur Weiblichkeit gehört, sich einfühlsam, aufmerksam und fürsorglich um den Nächsten zu kümmern - wobei sie als "Nächste" bezeichnenderweise nur Frauen, Kinder und Alte aufzählt ...)

Statt sich um männliche Opfer ebenso zu kümmern wie um weibliche, sehen diese Forenfeministinnen ihren alleinigen Anspruch auf die Opferrolle bedroht und treten in einen kuriosen Wettbewerb ein. Während du, Jolanda, mit benachteiligten und diffamierten Männern mitfühlen kannst, können diese Frauen das offenbar nicht. Die Bereitschaft und das Vermögen, sich einzufühlen, fehlt ihnen anscheinend. Wenn du eine üble Geschichte wie die von Alex oder anderen Jungen und Männern hörst, geht sie dir wirklich zu Herzen. Andere reagieren darauf nur mit Häme, Sarkasmus und dem Wunsch nach Ohrenschützern. Dahinter scheint bei ihnen die Frage zu stehen: Wie kann man diese Männer davon abhalten, sich zu ihrer Unterdrückung und dem Männerhass in unserer Gesellschaft zu äußern? Ich bin sicher, als Martin Luther King auf die Straßen gegangen ist, hätten viele weiße US-Amerikaner ebenfalls gerne Ohrenschützer gehabt, um sich dieses "Gejammer" nicht anhören zu müssen. Die Forenfeministinnen merken nicht, dass sie ihr eigenes Geschlecht armselig repräsentieren und dass die Verachtung, die sie Männern entgegenbringen, auf sie zurückschlägt: Wenn ich sagen würde, für mich seien alle Schwarzen nicht mehr als eine Bedrohung oder dass ihre Stimme nicht zählen sollte, sage ich damit weniger über die Schwarzen aus als über mich. Genauso ist es mit Frauen, die ständig Männer als schlechteren Teil der Schöpfung abqualifizieren.

Die Frage ist, ob diese neuen Foren die Erregung wert sind: Ich hab da noch kein Posting gelesen, das die Debatte weiterbringt, nur die üblichen Attacken gegen Männer. Das kann ich auch in einer Nachmittags-Talkshow haben.

Faszinierend ist allerdings, wie sich dieser ungezügelte Männerhass mit enormer Empfindlichkeit gegenüber jeder an frau selbst gerichtete Kritik verbindet. Und es ist schon witzig, wenn in Forum A verkündet wird, dass Alice Schwarzer und andere Feministinnen niemaaaaals etwas gegen Männer hätten, während in Forum B munter die von Alice Schwarzer gesammelten Beste-Männer-Witze gepostet werden. Darunter solche Perlen wie: "Was macht die Frau morgens mit ihrem Arsch? Stulle schmieren und zur Arbeit schicken!" oder "Was macht eine Frau, wenn in ihrem Garten ein Mann im Zickzack läuft? Weiterschießen." Das Männer-Bild der "Emma" und ihrer Leserinnen wird in diesen Witzen sehr klar. Man hat ja fast instinktiv das Bedürfnis, mit Frauen-Witzen zu antworten, aber das sollte nicht unser Niveau sein, finde ich. Bei Alice Schwarzer muss man sich oft so furchtbar bücken, um mit ihr auf einer Ebene zu sein.

Lieber Gruß

Arne


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