Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Wollen Frauen den neuen Mann?

Alex, Tuesday, 17.12.2002, 01:31 (vor 7818 Tagen)

Eine neue Studie (November 2002) der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Konzept der Geschlechterdemokratie. Liegt als pdf-Datei unter:

http://www.kas.de/publikationen/2002/1088_dokument.html

Eine sehr gute Zusammenfassung empirischer Umfragen zum Rollenbild Mann/Frau.
Die Autoren verdeutlichen, dass der „neue Mann" insbesondere von Frauen oftmals nicht akzeptiert wird. Viele Frauen wollen ihr Monopol über Haushalt und Familie doch nicht so gerne teilen wie immer behauptet. Der einzige Kritikpunkt an der Studie ist der Bezug auf das Konzept der „hegemonialen Männlichkeit" von Connell. Ich kenne keinen empirischen Beleg für dieses Konzept. Ansonsten aber sehr lesenswert. Hier ein paar Zitate aus der Studie:

...Frauen mit ihren traditionellen Einstellungen zur Aufrechterhaltung konservativer Partnerschaftsmodelle beitrugen, obwohl ihre Partner bereit gewesen wären, auch eine ‚nichttraditionelle‘ Arbeitsverteilung mitzutragen"...

Die Frauen selbst sind daran interessiert, nach außen einen ‚starken Mann’
vorweisen zu können, der ihr eigenes Prestige erhöht. Dabei kommt es
mitunter zu paradoxen Effekten: In manchen Situationen bestehen die
Frauen rigider als die Männer auf der Einhaltung der Konventionen, um
keinen Zweifel an der Männlichkeit des Ehemannes aufkommen zu
lassen"...

Die Scheu von Männern, sich stärker in weiblich konnotierten Haushaltstätigkeiten
oder in der ebenfalls immer noch überwiegend weiblich konnotierten
Erziehungstätigkeit zu engagieren, würde deutlich nachlassen, wenn sie
einigermaßen sicher sein könnten, bei Einbringung in Haus und Erziehung nicht
nur als „sympathisch" zu gelten, sondern auch (weiterhin) von ihren Partnerinnen
als „Männer" wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden...

...Entsprechend zeigt eine Untersuchung in Schweden, dass männliche Erzieher
überdurchschnittlich Mobbing ausgesetzt sind, ihre Kolleginnen diese Männer als
unmännlich betrachten und ihnen gleichzeitig entsprechende Kompetenzen
absprechen.....

...Hierzu bedarf es in der Bundesrepublik jedoch einer
neuen Geschlechterkultur, welche die bisherige Konfrontation der Geschlechter
überwindet. Ohne diese wird das Projekt Geschlechterdemokratie nicht zu
realisieren sein...

Re: Wollen Frauen den neuen Mann?

Jörg, Tuesday, 17.12.2002, 02:05 (vor 7818 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Wollen Frauen den neuen Mann? von Alex am 16. Dezember 2002 23:31:32:

Hallo Alex,

Feministinnen verbreiten gerne die Auffassung, daß das Geschlecht lediglich
durch Sozialisation anerzogen sei. Eine für sie sehr praktische Vorstellung,
daß Frauen und Männer eine einzige formbare Masse sind, die nach
feministischem Willen beliebig modelliert werden kann.

Mit der Realität hat das freilich nur noch recht wenig zu tun. Frauen und
Männer unterscheiden sich grundlegend durch die ihnen eigenen geschlechts-
tyischen Wesensmerkmale und die lassen sich nunmal nicht so leicht
wegerziehen.

Gruß, Jörg

Re: Wollen Frauen den neuen Mann?

Jolanda, Tuesday, 17.12.2002, 13:38 (vor 7817 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: Re: Wollen Frauen den neuen Mann? von Jörg am 17. Dezember 2002 00:05:05:

Hallo Jörg

Zumal "Umerziehung" aus dem Blickwinkel der Frau für mich so den "Touch" hat, wir sind eben gut und lieb, nehmt euch mal ein Beispiel an uns.

Daran stosse ich mich am meisten, denn ich glaube nicht an das angeborene gute in der Frau, genauso wenig, wie ich an das angeborene Schlechte im Mann glaube.

Es grüsst dich
Jolanda

Re: Wollen Frauen den neuen Mann?

Maesi, Friday, 27.12.2002, 22:07 (vor 7807 Tagen) @ Jolanda

Als Antwort auf: Re: Wollen Frauen den neuen Mann? von Jolanda am 17. Dezember 2002 11:38:24:

Hallo Jolanda

Zumal "Umerziehung" aus dem Blickwinkel der Frau für mich so den "Touch" hat, wir sind eben gut und lieb, nehmt euch mal ein Beispiel an uns.
Daran stosse ich mich am meisten, denn ich glaube nicht an das angeborene gute in der Frau, genauso wenig, wie ich an das angeborene Schlechte im Mann glaube.

Ich bin der Meinung, dass der Mensch mittels Erziehung charakterlich nicht verbessert werden kann. Es geistern immer wieder Mythen umher von einem neuen, solidarischen Menschen. Alles Humbug. Die Menschen von vor tausend Jahren waren charakterlich nicht wesentlich besser oder schlechter als die heutigen Menschen; sie waren lediglich schlechter gebildet und voll Aberglauben. Die Erziehung dient dazu, dass der Mensch ein gewisses Niveau der Anpassung erreicht, damit er in der Gesellschaft mit anderen Menschen leben kann; ein Quantensprung in Richtung auf den gewaltlosen, altruistischen und guten Menschen gab es nie und wird es IMHO auch in Zukunft nicht geben. Das bedeutet natuerlich nicht, dass Erziehung keine Rolle spielt; sie ist vielmehr Voraussetzung fuer das Funktionieren unserer Gesellschaft. Aber der (gut gemeinte) Zwang zum solidarischen Gutmenschen mit Hilfe der Erziehung ist realitaetsfremd. IMHO ist heute eher das Problem, dass von staatlicher Seite aber auch seitens bestimmter Anspruchsgruppen zuviel in die Kindererziehung hineingeredet wird; Eltern werden zu sehr verunsichert, weil ihnen immer wieder vorgeworfen wird, das Falsche zu tun und die moeglichen Konsequenzen in sehr schrillen Farben geschildert werden. Die meisten Eltern erziehen IMHO verantwortungsvoll; der Staat soll dort eingreifen, wo objektiv gesehen Kindern Schaden zugefuegt wird (z.B. bei Misshandlungen, Verwahrlosung, Ausbeutung von Kindern).

Gruss

Maesi

Genau das, was ich immer sage! (n/t)

Arne Hoffmann, Tuesday, 17.12.2002, 11:44 (vor 7818 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Wollen Frauen den neuen Mann? von Alex am 16. Dezember 2002 23:31:32:

-

Re: Wollen Frauen den neuen Mann?

Joseph S, Tuesday, 17.12.2002, 21:44 (vor 7817 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Wollen Frauen den neuen Mann? von Alex am 16. Dezember 2002 23:31:32:

Hallo,

Die Autoren verdeutlichen, dass der "neue Mann" insbesondere von Frauen oftmals nicht akzeptiert wird. Viele Frauen wollen ihr Monopol über Haushalt und Familie doch nicht so gerne teilen wie immer behauptet.

ich denke, daß das ein zentraler Grund ist, weshalb Männer in der traditionellen Rolle bleiben.

Wenn ein Mann mit der weiblichen Rolle sympathisiert, wird er von den Frauen gemieden. Als
Single kann er aber nicht als Hausmann leben und sich um die Kinder kümmern. Also nimmt er
gezwungenermaßen einen Beruf an, und lebt als Erwerbstätiger mit kleinem Haushalt praktisch
in der traditionellen Rolle.

Das erschwert auch die Gleichverteilung im Berufsleben. Wenn Männer merken, daß sie nur mit
Karriere Beziehungen zu Frauen bekommen, werden sie mehr dran setzten, diese zu erreichen, als
Frauen, die das zur Beziehungsfindung gar nicht nötig haben.

Wenn Frauen bei der Partnerwahl auf Gleichberechtigung achten würden, würden die meisten von uns
auch ohne Frauenquoten etc. noch eine Gesellschaft mit gleicher Arbeitsteilung zwischen Männern und
Frauen erleben.

So erhöhen die ganzen Frauenförderungen nicht die Zahl der Partnerschaften mit Männern, die sich
um Haushalt und Kinder kümmern, sondern die Anzahl der Alleinlebenden und der Hausfrauen mit
guter Berufsausbildung.

In der Studie ist aber auch ein klarer Hinweis auf Männer diskriminierende Beurteilung vorhanden.
In den Zuordnungen der Eigenschaften werden Frauen überwiegend sympathische und Männern unsympatische
Eigenschaften zugewiesen. Zusätzlich beurteilen die Frauen die Männer allgemein in den meisten
Eigenschaften schlechter als die von ihnen konkret erlebten Männer. Bei der Beurteilung der
Frauen im allgemeinen und der konkret erlebten Frauen durch Männer sind die Unterschiede zwar
auch beachtlich, aber sie sind mal schlechter mal besser. anscheinend will man das Gute an Männern
nicht wahrnehmen.

Gruß
Joseph

Re: Wollen Frauen den neuen Mann?

Alex, Tuesday, 17.12.2002, 23:46 (vor 7817 Tagen) @ Joseph S

Als Antwort auf: Re: Wollen Frauen den neuen Mann? von Joseph S am 17. Dezember 2002 19:44:01:

Hallo Joseph

"Das erschwert auch die Gleichverteilung im Berufsleben. Wenn Männer merken, daß sie nur mit
Karriere Beziehungen zu Frauen bekommen, werden sie mehr dran setzten, diese zu erreichen, als
Frauen, die das zur Beziehungsfindung gar nicht nötig haben."

Absolute Zustimmung!
So läßt sich z.B. belegen, dass arbeitslose Männer deutlich häufiger keine Ehe oder keine feste Partnerschaft haben als arbeitslose Frauen.
Bemerkenswert fand ich auch in dieser Studie, dass sowohl die "neuen Männer" als auch die "traditionellen Männer" der Aussage zustimmten: "Frauen müsse man(n) auf Händen tragen".
Dies ist meiner Meinung nach ein weiterer Stressfaktor, von welchem Männer sich befreien sollten. Interessant ist aber auch, dass der Anspruch der "neuen Männer" an die Frau ebenso gewachsen ist. Die neue Frau soll gefühlvoll, attraktiv, intelligent und autonom sein. Somit scheinen sich die Rollenanforderungen auch für Frauen erhöht zu haben.

Gruß
Alex

Was haltet ihr davon?

Arne Hoffmann, Wednesday, 18.12.2002, 21:15 (vor 7816 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Re: Wollen Frauen den neuen Mann? von Alex am 17. Dezember 2002 21:46:55:

Dies ist meiner Meinung nach ein weiterer Stressfaktor, von welchem Männer sich befreien sollten. Interessant ist aber auch, dass der Anspruch der "neuen Männer" an die Frau ebenso gewachsen ist. Die neue Frau soll gefühlvoll, attraktiv, intelligent und autonom sein. Somit scheinen sich die Rollenanforderungen auch für Frauen erhöht zu haben.

Findet ihr das jetzt eigentlich gut oder schlecht?

Man könnte ja z. B. sagen: "Toll, dann wachsen die Geschlechter durch gestiegene gegenseitige Ansprüche aneinander und gelangen so beide auf ein höheres Niveau." Ich hab mich mal mit einer Krypto-Feministin unterhalten, die in der ihr eigenen ... öh ... Selbstgewissheit meinte, die Frauen hätten sich in den letzten 30 Jahren deutlich verbessert, jetzt sei es an der Aufgabe der Männer nachzuziehen. Gut, kürzen wir diese etwas herablassende Selbstgefälligkeit mal raus: Wie schätzt ihr das ein, dass die Ansprüche der Geschlechter aneinander steigen?

(Oder soll ich erst mal sagen, was ich dazu denke? :-)

Arne

Re: Was haltet ihr davon?

Jolanda, Wednesday, 18.12.2002, 22:48 (vor 7816 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Was haltet ihr davon? von Arne Hoffmann am 18. Dezember 2002 19:15:51:

Lieber Arne

Kürzlich kam im TV eine Doku über 4 junge Menschen, zwei Frauen, zwei Männer, nicht verheiratet, aber gemeinsames Kind.

Jeder erzählte, was er erwarter, was er sich wünscht, wie das mit dem Kind läuft, etc.

Diese Frauen wollten, dass die Väter sich auch um die Kinder kümmern, sie auch mal für ein paar Tage nehmen und betreuen, der eine hat das recht oft getan, der andere nahm sein Kind nur einmal die Woche für zwei Stunden, was ihm die Kindsmutter schon vorwarf, sie meinte, der Junge brauche seinen Vater, er solle sich mehr um ihn kümmern.

Wohlgemerkt das waren junge Frauen, unverheiratet aber mit Kind und dem jeweiligen Kindsvater schon noch befreundet.

Ich gebe hier einen Dialog zwischen den beiden Frauen wieder, der mich schon beeindruckt hat:

Ich nenne sie hier mal Silvia und Karin :-)

Also Karin meinte:"Es ist echt schwer heute, man erwartet, dass wir gut aussehen, immer gut drauf sind, intelligent sind und Humor haben und natürlich gute Mütter sind"
Silvia entgegnete:"Ja wir Frauen haben es schwer"
Karin:"Nicht nur wir Frauen, das geht den Männern kein bisschen besser"
Silvia: Denkst du, das finde ich nicht unbedingt"
Karin: Doch glaube mir, das bemerken wir Frauen nur nicht, die stehen genauso unter Druck, die müssen genauso in ihren Rollen funktioneren wie wir"
Silvia:"Wie kommst du darauf?"
Karin: "Nun ja, ich rede eben mit Männern und die erzählen genau das selbe, die haben genau die selben Probleme wie wir, die haben es nicht leichter, im Gegenteil"
Silvia:" Darüber habe ich wirklich noch nie nachgedacht"
Karin: "Ist aber so, glaube mir, wir wollen das oftmals nur nicht sehen"

Es waren wirklich noch junge Frauen und es hat mich gefreut, dass anscheinend doch noch Dialoge statt finden zwischen den Geschlechtern und junge Menschen schon erkennen, dass die meisten Probleme uns alle betreffen und nicht geschlechterspezifisch sind.

Also sie meinten schon, dass es heute schwer ist, dass man die perfekte Frau erwartet, schön, intelligent, gute Mutter, erfolgreich!

Ich kann dir hier nur aber wiedergeben, was diese jungen Menschen erzählt haben :-)

Es grüsst dich
Jolanda

powered by my little forum