Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

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Zum Männergesundheitsbericht

pit b., Sunday, 02.02.2003, 17:02 (vor 7770 Tagen)

Das hab ich bei MensHealth gefunden.
Könnte interessant sein.

Das ist der Gipfel der Männergesundheit.

Männerärzte fordern dringend einen Männergesundheitsbericht. Das zuständige Ministerium lehnt ab. Men’s Health brachte beide Seiten erstmals an einen Tisch.

Mai 2001: Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stellt den deutschen Frauengesundheitsbericht vor. Er hat gezeigt, wie wichtig eine geschlechtsspezifische Sichtweise im Gesundheitsbereich ist. Das gilt nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Insbesondere, weil wir gesundheitlich deutlich hinter den Frauen herhinken.

Unsere Lebenserwartung liegt bei lediglich 74 (gegenüber 81) Jahren. Obwohl diese Differenz tendenziell noch wächst, lehnt das zuständige Bundesministerium für Gesundheit den im Rahmen des Gender Mainstreaming notwendigen, vergleichbaren Männergesundheitsbericht bisher ab. Gender Mainstreaming bedeutet, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben (also nicht nur im Bereich Gesundheit) die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Männern und Frauen zu berücksichtigen.

Im Oktober 2001 starteten führende deutsche Wissenschaftler die Initiative Männergesundheitsbericht. Sie wird von Professor Klaus Hurrelmann (Universität Bielefeld), Dr. Matthias Stiehler (Dresdner Institut für Erwachsenenbildung und Gesundheitswissenschaften) und von Dr. Theodor Klotz (Männerarzt am Klinikum Weiden und Autor des Buches "Der frühe Tod des starken Geschlechts", Cuvillier-Verlag, 13 Euro) koordiniert. Im zuständigen Ministerium fanden die Experten kein Gehör.

Erst auf Initiative von Men’s Health trafen sich Dr. Theodor Klotz und Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder im Bundesgesundheitsministerium zum Streitgespräch:

Men’s Health: Herr Staatssekretär, sind Ihnen die Männer weniger Wert als die Frauen?

Schröder: Alle Menschen sind gleich viel wert. Das gilt in der Gesundheitspolitik ebenso wie in anderen Lebensbereichen.

Klotz: Dann frage ich mich, warum nicht mit der gleichen Energie ein Männergesundheitsbericht verfolgt wird wie ein Frauengesundheitsbericht.

Schröder: Die Politik hat sich weiterentwickelt. Frauenpolitik war vor einigen Jahren geprägt von dem Ansatz, Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen. Jetzt haben wir eher den Ansatz, Stärken nach vorn zu rücken. Gender Mainstreaming befasst sich mit Frauen und Männern gleichermaßen.

Klotz: Seit mehr als 20 Jahren werden banale Daten geleugnet, zum Beispiel, dass Männer sieben Jahre kürzer leben als Frauen. Das ist eine Tatsache. Darauf findet die Bundesregierung jedoch keine Antwort.

Schröder: Davon kann wirklich keine Rede sein. Diese Daten finden Sie seit Jahren in unserer Gesundheitsberichterstattung. Und diese bauen wir kontinuierlich weiter aus.

Klotz: Weshalb dann nicht einen Männergesundheitsbericht anstoßen? Wenn Sie die Initiative ergreifen, würde das dem Gender-Mainstreaming-Ansatz nicht widersprechen.

Schröder: Die entscheidende Frage ist doch, welche Konsequenzen die Wissenschaft aus den Daten für die gesundheitliche Versorgung ableiten kann. Dann können sich daraus politische Initiativen ergeben.

Klotz: Moment mal! Das ist ein Argument für einen Männergesundheitsbericht, nicht dagegen. Wir wissen, dass männliche Jugendliche stärker suchtgefährdet und häufiger in Gewaltdelikte und Verkehrsunfälle verwickelt sind. Wir wissen, dass Männer zwischen 40 und 60 in stressigen Berufen wie Ihrem mit Herzinfarkt aus dem Bürosessel kippen – und zwar in einem Verhältnis von 3:1 gegenüber Frauen. Wir wissen, dass Prostatakrebs der Tumor der Zukunft sein wird. Das bedeutet, wir haben eine Menge an Einzeldaten vorliegen, fassen sie aber nicht zusammen. Und das verstehe ich nicht.

Schröder: Wir müssen Konzepte entwickeln, um beim Verhalten des Einzelnen anzusetzen – Alkohol, Nikotin, Stress, Vorsorge sind da die Stichworte. Wir wissen, dass Männer die vorhandenen Vorsorgemöglichkeiten nicht so sehr in Anspruch nehmen wie Frauen.

Men’s Health: Ist denn die Gesundheitsaufklärung der letzten Jahrzehnte an den Männern vorbeigegangen?

Schröder: Man hat immer angenommen, Kommunikation mit Männern funktioniert gut, wenn sie rein rational verläuft. Dass Männer genau wie Frauen auch eine emotionale Komponente haben, hat man völlig unterschätzt. Außerdem haben wir den Macho im Mann unterschätzt. Der sagt: "Ich bin so stark, bei mir hat Krebs keine Chance." Ich selbst habe 30 Jahre lang geraucht. Nach einer Phase, in der ich in Familie und Freundeskreis unterstützt wurde, habe ich gesagt, ich höre auf – und ich habe aufgehört. Vor einem Jahr fing ich an zu joggen. Die emotionale Komponente kam durch meine Kinder. Sie sagten: Weil wir dich lieben, wollen wir dich noch eine Weile bei uns haben!

Klotz: Da haben Sie offenbar null Unterstützung von politischer Seite bekommen. Wenn Sie Ihre Familie nicht gehabt hätten, dann wären Sie ja ein ganz armer Kerl gewesen.

Men’s Health: Heißt das, jeder Euro für Männergesundheit ist rausgeworfenes Geld, weil die Männer eh nur auf Druck ihrer Familien zur Vorsorge gehen?

Klotz: Nein, wir haben schon ziemlich gute Zahlen. Wir wissen, dass bis vor einigen Jahren 15 Prozent der Männer zur Vorsorge gegangen sind. Heute sind’s deutlich mehr. Doch die Wertigkeit der Vorsorge ist auch wichtig. Beispielsweise übernehmen die Kassen die Messung des PSA-Wertes, des entscheidenden Tumormarkers für Prostatakrebs, nicht. Die Vorsorge beschränkt sich hier auf eine wenig sensitive Abtastuntersuchung, während man bei Frauen über die aufwändige Mammographie redet.

Schröder: Das stimmt ja nicht. Die Krebsfrüherkennung bei Frauen beruht in der ersten Stufe ebenfalls auf einer Tastuntersuchung. Die Mammographie soll hier der Abklärung eines konkreten Verdachts vorbehalten sein. Im Unterschied zur Mammographie gibt es bei PSA aber noch keine abschließende Qualitätssicherung.

Klotz: Da muss ich widersprechen. International weiß man seit 5 Jahren, dass die prostatabedingte Sterberate in Regionen mit PSA-Screening sinkt.

Men’s Health: Ist denn der Frauengesundheitsbericht eigentlich ein Erfolg gewesen?

Schröder: Wir haben dadurch Symbolthemen vorgelegt. Sie sind wichtig, um die ganze Angelegenheit voranzutreiben. Ohne Frauengesundheitsbericht hätten wir keine Vorbeugediskussion beim Brustkrebs.

Klotz: Das könnten Sie auch für die Gesundheit der Männer erreichen, und zwar mit einem minimalen Kostenaufwand. Jede Universität würde sich um diese Arbeit reißen.

Men’s Health: Was kostet denn so ein Männergesundheitsbericht?

Schröder: Da müsste man schon einige Millionen Euro bereitstellen, um wirklich gutes Datenmaterial zu erhalten.

Klotz: Keineswegs. Es gibt in Deutschland ein Netzwerk von unabhängigen Wissenschaftlern, die würden diesen Bericht für nicht mehr als die Bearbeitungskosten, Sekretärin und Papieraufwand machen. Ich denke, das würde sich in einem Raum von 100 000 bis 200 000 Euro bewegen. Wobei Sie auch damit wirklich die vorgegebene Tiefe erreichen.

Men’s Health: Gut, dass wir mal über die Kosten gesprochen haben. Wenn Sie sehr viel Geld hätten für eine einzige Maßnahme zur Verbesserung der Männergesundheit, welche würden Sie ergreifen?

Schröder: Ich würde mich stark machen für ein wirklich wirksames Anti-Tabak-Programm. Das fördern wir dann mit dem neu gegründeten Deutschen Forum Prävention und Gesundheitsförderung.

Klotz: Im Bereich Nikotin hat sich bei den Männern sehr viel getan. Inzwischen rauchen von den unter 20-Jährigen mehr Frauen als Männer. Auch in Krankenhäusern rauchen mehr Frauen als Männer. Der erste Killer für Männer ist falsches Ernährungsverhalten, gepaart mit zu wenig Bewegung. Und das führt schließlich zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Tumoren. Da könnte man mit sehr wenig Öffentlichkeitsarbeit – etwa in den Betrieben – vieles bewegen.

Nachtrag: Wissenschaftler der Uni Bielefeld erstellen zurzeit ein Angebot über 200.000 Euro für die Anfertigung eines Männergesundheitsberichtes.

menshealth

Re: Zum Männergesundheitsbericht

Stefan G., Sunday, 02.02.2003, 21:20 (vor 7770 Tagen) @ pit b.

Als Antwort auf: Zum Männergesundheitsbericht von pit b. am 02. Februar 2003 15:02:02:

Hallo,

ich habe vor einiger Zeit einen Beitrag gepostet über dieses Thema. Das Bundesgesundheitsministerium hat bislang tatsächlich noch keinen plausiblen Grund geliefert, weshalb noch kein Männergesundheitsbericht herausgegeben wurde. Ich vermute, daß ideologische Gründe dahinterstecken. Wenn schon von einem hohen Symbolwert des Frauengesundheitsberichtes gesprochen wird, dann ist mir erst recht nicht klar, warum noch kein entsprechender Männergesundheitsbericht veröffentlicht wurde. Auf der einen Seite wird bemängelt, daß Männer weniger gesund leben als Frauen, auf der anderen Seite wird auf seiten der Behörden nichts getan, um dies zu ändern. Es wird keine männerspezifische Vorsorge oder Aufklärung betrieben. Jedenfalls nicht in dem Maße wie dies in dem Bereich der Frauengesundheit der Fall ist.

Ich habe selbst vor kurzem einen entsprechenden Brief an das Bundesgesundheitsministerium geschrieben. AUf eine Antwort warte ich noch. An dieser Stelle kann ich nur jeden dazu aufrufen, ebenfalls einen Brief an das Ministerium zu schreiben - wenn etwas Zeit vorhanden ist! Ich denke, je mehr Männer merken, was hier gespielt wird und sich bemerkbar machen, desto mehr wird das Ministerium in einen Erklärungsnotstand geraten.

Untenstehend ein Link auf den Initiativkreis "Männergesundheitsbericht", bestehend aus einer Vielzahl von Wissenschaftlern, die bereits mit dem Gesundheitsministerium korrespondiert haben - bisher vergeblich!

Gruß
Stefan

http://www.maennergesundheit.dieg.org/

Re: Zum Männergesundheitsbericht

Peter, Monday, 03.02.2003, 20:44 (vor 7769 Tagen) @ Stefan G.

Als Antwort auf: Re: Zum Männergesundheitsbericht von Stefan G. am 02. Februar 2003 19:20:36:

Der Männergesundheitsbericht sollte eine Hauptforderung maskulistischer Politik werden - er wird gebraucht, er kostet keine Unsummen, und er kann ein Stück Erfolgsgeschichte von uns Männern werden. Ich werde auch ans Ministerium schreiben: jetzt, nach der Wahlschlappe, sind sie vielleicht beweglicher.

Gruß,

Peter

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