Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Nochmaliger Versuch einer Erläuterung

Beelzebub, Sunday, 21.05.2006, 18:40 (vor 6542 Tagen) @ Bonaventura / Thomas Lentze
bearbeitet von Beelzebub, Sunday, 21.05.2006, 18:50

Hallo an Alle !

Das Grundgesetz Art. 3 sagt:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Also: vor dem Gesetz. Daß sie auch in ihrem Sein,
ontologisch also, gleich sein, wird ausdrücklich nicht gesagt. Im
Gegenteil, die ontologischen Differenzen werden in Art. (2) penibel
aufgezählt:

(...) seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen
oder politischen Anschauungen(...)

Ihr ausdrücklich anerkanntes unterschiedliches Sein ist also
überhaupt erst die Grundlage dafür, daß ihr Gleichsein vor dem
Gesetz
hervorgehoben werden muß.

Adam hat es weiter oben so ausgedrückt:

nur weil eben nicht alle von Natur aus und notwendig gleich sind, gibt
es Gleichberechtigung, muß es Gleichberechtigung geben, sonst hat
dergleichen keinen Sinn. Natürlich muß sich Gleichberechtigung auf ein
Gemeinsames beziehen. In einer humanen Gesellschaft ist dies das
Mensch-Sein - ohne weitere Differenzierung.

Jetzt kommst du, Beelzebub, und behauptest rhythmisch plakativ:

> Also noch mal gaaaanz langsam zum Mitdenken (so gut es eben geht)


G L E I C H B E R E C H T I G U N G H E I S S T , D A S S G L E

I C H E S G L E I C H U N D U N G L E I C H E S U N G L E I C H
B E H A N D E L T W E R D E N M U S S ![/b] Jetzt halbwegs
capito?[/i]

Genau. Und im folgenden sagst du mit deinen Worten nichts anderes. Ich habe es nur deswegen wiederholt, nachdem Klausz, anders als du, immer wieder und wieder in seinen Beiträgen zwischen Gleichberechtigung und Gleichmacherei nicht unterschieden hat.

Richtig ist vielmehr, daß unterschieden werden muß zwischen
Grundrechten (auf Leben, Unversehrtheit, Entfaltung) und - ich sage
es mal so, mangels Bildung im Rechtswesen - seinsspezifischen
Rechten
. Ein solches wäre z.B. das Recht des Kindes auf beide Eltern.
(Ein Erwachsener hat kein Recht darauf, von seinen Eltern betreut und
unterhalten zu werden.)

Das ist doch nichts anderes, als das, was ich auch immer wieder gesagt habe: zum einen gibt es (Grund)rechte für alle Menschen und darüber hinaus, will mal sagen 'Sonderrechte' die sich aus der 'Besonderheit' einiger Menschen herleiten.

Beispiel: ein Amtsgebäude hat (entgegen einer einschlägigen gesetzlichen Vorschrift) keine behindertengerechten Toiletten. Dies gibt den in diesem Gebäude als Beamte oder Angestellte tätigen Behinderten das Recht, sich den Einbau einer behindertengerechten Toilette einzuklagen. Nichtbehinderte hingegen haben dieses Recht nicht.

Übrigens, nebenbei bemerkt: Gemäß § 1601 BGB (Verwandte in gerader Linie = Menschen, die voneinander abstammen) haben Erwachsene sehr wohl das Recht, von ihren Eltern unterhalten zu werden. Umgekehrt haben übrigens auch Eltern das Recht, ggf. von ihren Kindern unterhalten zu werden. Dies kann im Extremfall zu sog. "Sandwichgenerationen" führen, also Menschen, die das Pech haben, gut zu verdienen und zugleich mit mittellosen Kindern und Eltern 'gesegnet' zu sein. Die müssen dann u.U. beide unterhalten.

Aus seinsspezifisches Rechten leitet sich ab: alle Kinder, eben
insofern sie in ihrem Kind-Sein gleich sind, haben untereinander
Anspruch auf ihr Butterbrot, Peter ebenso wie Paul. Ebenso z.B. alle
Frauen, als Gruppe, untereinander das gleiche Recht, etwa auf
Schwangerschaftsurlaub.

Letzteres ist ein schönes Beispiel, dass eine ungleiche Behandlung der Gleichberechtigung nicht zuwiderläuft. Da nur Frauen schwanger werden können, ist es gerechtfertigt, auch nur Frauen einen Schwangerschaftsurlaub zuzubilligen.

Ein Beispiel nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung sind demgegenüber Frauenquoten im öffentlichen Dienst: da Art. 33 GG vorsieht, dass alle Deutschen (also Männer und Frauen) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern haben, sind Frauenquoten m.E. verfassungswidrig.

Klausz sieht das richtig und sagt es in seinen Worten:

Das geht schon im Beruf los: Der Maurer kann eben nicht die gleichen
Rechte und Pflichten im Beruf haben wie der Bauingenieur oder der
Finanzier des Bauwerkes.[/i]

Seh ich anders. Klausz hat hier bewiesen, dass er eben nicht zwischen Gleichberechtigung und Gleichschaltung unterscheiden kann.

Der Unterschied zwischen Mann und Frau ist eben nicht der Unterscheid zwischen Maurer und Ingenieur sondern der zwischen Maurer und Maurerin bzw. Ingenieur und Ingenieurin.

Für falsch halte ich jedoch Beelzebubs Meinung:

Was haben denn unterschiedliche Begabungen mit dem Geschlecht zu tun?
Dummheit und Genialität sind ziemlich gleich auf die Geschlechter

verteilt

An dieser Frage scheiden sich hier die Geister.

Mag sein. Aber ich betone nochmals, dass man den Frauen Unrecht tut, wenn man sie alle mit Radabfems über einen Kamm schert. Femis, insbesondere Radabfems sind eine winzige wenn auch lautstarke Minderheit unter den Frauen.

Wenn wir alle Frauen mit denen gleichsetzen, laufen wir Gefahr, uns auf das Niveau femifaschistischen Gesindels herabzubegeben, das alle Männer mit einer Handvoll Sexualverbrecher gleichsetzt.

Und darum tritt der Grenzfall ein, daß auch das Grundrecht auf
freie Persönlichkeitsentfaltung u.U. eingeschränkt werden muß. Z.B.
sollten und dürfen Kinder nicht durch Autofahren ihre Persönlichkeit
entfalten. Frauen dürfen es zwar, aber ob sie es sollten - nun ja.

Denk an die Arbeitsplätze in der Autoindustrie und in Reparaturwerkstätten ;-)

Weiter Klausz:

Damals wußten die Leute (Männer wie

Frauen) noch von den fundamentalen Unterschieden zwischen den
Geschlechtern und respektierten das auch. Erst durch die Frankfurter
Schule und deren Neomarxisten, verbunden mit massiver Propaganda,

wurde

"Gleichberechtigung" zu einem positiv besetzen Begriff, dem heute

alle

(egal ob Feministinnen oder Feminismuskritiker) nachzueifern

versuchen.

Das stimmt m.E. - Wenn dann aber Beelzebub dagegen polemisiert:

> Gute Güte, hast du in der Schule in Geschichte und Sozialkunde
eigentlich

nur geschlafen?
Und dass das
Grundgesetz von "Neomarxisten der Frankfurter Schule" (was auch immer

das

sein soll) erdacht worden ist, höre ich heute zum ersten Mal.[/i]


so sieht er nicht oder will nicht sehen, daß Klausz mit
"Gleichberechtung" etwas Bestimmtes meint, nämlich die fälschliche
Ausweitung von Grundrechte in die Sphäre hinein, da Seins-Rechte zu gelten
haben. Er sagt auch richtig:


> > Nur weil einige Begriffe seit einigen Jahrzehnten von allen
Seiten

propagiert und immer wiederholt werden, heißt das keineswegs, daß

dies

richtig ist und es sich nicht um eine Ideologie handelt.[/i]


Dagegen Beelzebub in Verkennung dessen, was gemeint war:

> Der dümmste und untauglichste Versuch, gegenwärtige Probleme zu
lösen,

ist, längst vergangene vermeintlich bessere Zeiten wiederholen zu

wollen.[/i]

Das ist beinahe schon Nazi-Keule.

Unsinn. Und zwar schon deswegen, weil die Nazis gerade nicht reaktionär waren - deren Verbrechen waren etwas ziemlich einmaliges und zuvor nie dagewesenes.

An Klausz' Beiträgen ist allerdings unübersehbar, dass er am liebsten die gesellschaftlichen Zustände der 50er Jahre wieder hätte. Unabhängig davon ob so was wünschenswert ist (ich finde: NEIN), ist es jedenfalls nicht möglich.

Das Rad der Geschichte läßt sich nun mal nicht zurückdrehen, und die, die es versucht haben, sind alle kläglich gescheitert.

In der Hoffnung, jetzt alle Klarheit beseitigt zu haben :-D

Greets

Beelzebub

--
"Ihre Meinung ist widerlich. Aber ich werde, wenn es sein muß, bis zum letzten Atemzug dafür kämpfen, dass Sie sie frei und offen sagen dürfen." (Voltaire)

Ich denke, also bin ich kein Christ. (K. Deschner)


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