Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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August Bebel (Zentrum) bzw. Friedrich Engels (Pfarrer)

Chato, Thursday, 26.04.2007, 01:48 (vor 6182 Tagen) @ Nihilator

"Nimmt man an, daß die (...) Frauenbewegung alle ihre Forderungen für
Gleichberechtigung mit den Männern durchsetzte, so wäre damit weder die
Sklaverei, was für unzählige Frauen die heutige Ehe ist, noch die
Prostitution, noch die materielle Abhängigkeit der großen Mehrzahl der
Ehefrauen von ihren Eheherren aufgehoben. Für die große Mehrzahl der
Frauen ist es auch gleichgültig, ob einige Tausend ihrer
Geschlechtsgenossinnen, die den günstiger situierten Schichten der
Gesellschaft angehören, in das höhere Lehrfach, die ärztliche Praxis oder
in irgendeine wissenschaftliche oder Beamtenlaufbahn gelangen. Hierdurch
wird an der Gesamtlage des Geschlechts nichts geändert.
Das weibliche Geschlecht in seiner Masse leidet in doppelter Beziehung:
Einmal leidet es unter der sozialen und gesellschaftlichen Abhängigkeit
von der Männerwelt - diese wird durch formale Gleichberechtigung vor den
Gesetzen und in den Rechten zwar gemildert, aber nicht beseitigt - und
durch die ökonomische Abhängigkeit, in der sich die Frauen im allgemeinen
(...) befinden.
Daraus ergibt sich, daß alle Frauen ohne Unterschied ihrer sozialen
Stellung, als ein durch unsere Kulturentwicklung von der Männerwelt
beherrschtes und benachteiligtes Geschlecht, das Interesse haben, diesen
Zustand soweit als möglich zu beseitigen durch Änderungen in den Gesetzen
und Einrichtungen der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung. Die
enorme Mehrheit der Frauen ist aber auch aufs lebhafteste dabei
interessiert, die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung von Grund
aus umzugestalten, um (...) die Geschlechtssklaverei, die mit unseren
Eigentums- und Erwerbszuständen aufs innigste verknüpft ist, zu
beseitigen."

August Bebel: "Die Frau und der Sozialismus"

"Der Umsturz des Mutterrechts war die weltgeschichtliche Niederlage des
weiblichen Geschlechts. Der Mann ergriff das Steuer auch im Hause, die Frau
wurde entwürdigt, geknechtet, Sklavin seiner Lust und bloßes Werkzeug der
Kinderzeugung. (...)
Die erste Wirkung der nun begründeten Alleinherrschaft der Männer zeigt
sich in der jetzt auftauchenden Zwischenform der patriarchalischen
Familie."

Friedrich Engels: "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates"

"Um die Treue der Frau, also die Vaterschaft der Kinder,
sicherzustellen, wird die Frau der Gewalt des Mannes unbedingt
überliefert: Wenn er sie tötet, so übt er nur sein Recht aus."

Friedrich Engels: "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates"

"Nicht besser steht es mit der juristischen Gleichberechtigung von Mann
und Frau in der Ehe. Die rechtliche Ungleichheit beider, die uns aus
früheren Gesellschaftszuständen vererbt, ist nicht die Ursache, sondern
die Wirkung der ökonomischen Unterdrückung der Frau. In der alten (...)
Haushaltung, die viele Ehepaare und ihre Kinder umfaßte, war die den
Frauen übergebne Führung des Haushalts ebensogut eine öffentliche, eine
gesellschaftlich notwendige Industrie wie die Beschaffung der
Nahrungsmittel durch die Männer. Mit der patriarchalischen Familie und
noch mehr mit der monogamen Einzelfamilie wurde dies anders. Die Führung
des Haushalts verlor ihren öffentlichen Charakter. Sie ging die
Gesellschaft nichts mehr an. Sie wurde ein Privatdienst; die Frau wurde
erste Dienstbotin, aus der Teilnahme an der gesellschaftlichen Produktion
verdrängt. Erst die große Industrie unsrer Zeit hat ihr - und auch nur der
Proletarierin - den Weg zur gesellschaftlichen Produktion wieder eröffnet.
Aber so, daß, wenn sie ihre Pflichten im Privatdienst der Familie erfüllt,
sie von der öffentlichen Produktion ausgeschlossen bleibt und nichts
erwerben kann; und daß, wenn sie sich an der öffentlichen Industrie
beteiligen und selbständig erwerben will, sie außerstand ist,
Familienpflichten zu erfüllen. Und wie in der Fabrik, so geht es der Frau
in allen Geschäftszweigen, bis in die Medizin und Advokatur hinein. Die
moderne Einzelfamilie ist gegründet auf die offne oder verhüllte
Haussklaverei der Frau, und die moderne Gesellschaft ist eine Masse, die
aus lauter Einzelfamilien als ihren Molekülen sich zusammensetzt. Der Mann
muß heutzutage in der großen Mehrzahl der Fälle der Erwerber, der Ernährer
der Familie sein, wenigstens in den besitzenden Klassen, und das gibt ihm
eine Herrscherstellung, die keiner juristischen Extrabevorrechtung bedarf.
(...) Und ebenso wird auch der eigentümliche Charakter der Herrschaft des
Mannes über die Frau in der modernen Familie und die Notwendigkeit wie die
Art der Herstellung einer wirklichen gesellschaftlichen Gleichstellung
beider erst dann in grelles Tageslicht treten, sobald beide juristisch
vollkommen gleichberechtigt sind. Es wird sich dann zeigen, daß die
Befreiung der Frau zur ersten Vorbedingung hat die Wiedereinführung des
ganzen weiblichen Geschlechts in die öffentliche Industrie, und daß dies
wieder erfordert die Beseitigung der Eigenschaft der Einzelfamilie als
wirtschaftlicher Einheit der Gesellschaft."

Friedrich Engels: "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates"

Conclusio: Feminismus hat mit Sozialismus so wenig zu tun, wie das Einhorn mit dem Bruttosozialprodukt.

Nick


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