Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Gleichberechtigung in der Steuerpolitik

Garfield, Tuesday, 30.05.2006, 22:40 (vor 6550 Tagen) @ Rainer

Hallo Rainer!

Hm, ich sehe da keine richtigen Parallelen zum Feminismus. Außerdem ist das Ganze sowieso eine Milchmädchenrechnung. Tatsächlich ist es nämlich so, daß die Reichen effektiv gar keine Steuern zahlen.

Grob kann man Menschen mit extrem hohem Einkommen und Vermögen in zwei Gruppen unterteilen:

Die eine Gruppe hat Unternehmen und erzielt ihre Einkommen vor allem dadurch.

Die zweite Gruppe lebt von (oft ererbtem) Geld, also von Zinseinkünften.

Es gibt natürlich auch Leute, auf die beides zutrifft. Aber für die gilt das folgende dann quasi doppelt.

Besitzer von Unternehmen zahlen theoretisch natürlich schon Steuern, und das nicht zu knapp. Aber woher nehmen sie das Geld dafür? Geht der Chef nebenbei noch irgendwo jobben, um diese Steuern zu erarbeiten? Oder gönnt er sich selbst nur ein Einkommen auf Sozialhilfeniveau? Natürlich nicht, denn so könnte er die Steuersumme ja nie und nimmer aufbringen. Was tut er also: Er verkalkuliert die Steuern. Zum einen setzt er die Preise so an, daß sämtliche Steuern bezahlt werden können, zum anderen setzt er aber auch die Löhne seiner Mitarbeiter so an, daß nach Abzug von Steuern, Lohn- und sonstigen Kosten noch genügend Gewinn übrig bleibt. Effektiv zahlen die Steuern also die Kunden und/oder die Mitarbeiter des Unternehmens, letztere indirekt mit ihrer Arbeit, erstere direkt mit ihrem Geld. Sind die Kunden ebenfalls Unternehmen, dann verkalkulieren die diese + ihre eigenen Steuern natürlich genauso. Am Ende kommen sie bei denjenigen an, die nichts mehr verkalkulieren können - und das sind nur zum geringen Teil Reiche.

Zum Teil aber eben doch. Das sind dann diejenigen, die kein Unternehmen haben, aber von Zinseinkünften für hohe Geldvermögen leben. Dafür zahlen sie Steuern, die dann von den Zinsen abgezogen werden. Zusätzlich zahlen sie natürlich noch Steuern, wenn sie irgendetwas kaufen. Die gehen dann auch von den Zinseinkünften ab. (Sogar dann, wenn das Geld auf schwarzen Konten liegt.) Aber haben sie diese Zinsen erarbeitet? Nein - das tun andere für sie. Nämlich diejenigen, die Kredite aufgenommen haben und dafür nun Zinsen zahlen. Wenn das Unternehmen sind, verkalkulieren sie die Kosten für die Kredite natürlich ebenfalls in Preisen und Löhnen, geben sie also weiter. Auch diese Kosten landen somit am Ende bei denen, die nichts verkalkulieren können.

So kommt es, daß Reiche tatsächlich effektiv keine Steuern zahlen. Erwerbslose, Rentner usw. zahlen effektiv auch keine Steuern, weil sie ihr Geld aus öffentlichen Kassen bekommen. Die werden effektiv aber eben nicht von den Reichen gefüllt (siehe oben). Wer bleibt also als universeller Effektiv-Zahler übrig: Alle sogenannten abhängig Beschäftigten. Nur einige wenige von ihnen bekommen exorbitant hohe Gehälter und können sich so unterm Strich doch zu den Profiteuren des Systems zählen. Für die Masse ist es ein Verlustgeschäft - sie tragen sämtliche Steuern und sonstige Kosten. Und da sie immer weniger werden, bleibt folgerichtig für den Einzelnen von ihnen immer weniger Geld bzw. Besitz übrig.

Wenn die Geschlechterproblematik ähnlich aussähe, dann müßte es so sein, daß die Männer sich tatsächlich ein schönes Leben auf Kosten der Frauen machen. Alice Schwarzer hätte also völlig recht.

Freundliche Grüße
von Garfield


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