Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Zeitzeugen

LatexTester, Thursday, 26.01.2012, 13:51 (vor 4446 Tagen) @ Trillian

Das ist nicht sonderlich wichtig und belegt schon gar keine Unterdrückung. In den meisten Haushalten war es notwendig, dass die Frau zuverdient. Die gesetzliche Regelung hat Frauenarbeit nicht verhindert und die meisten Frauen hätten ihrem Hotte etwas gehustet, wäre der auf die Idee gekommen, Alleinverdiener sein zu wollen. Zu der Zeit gab es ebenso eine Trennung von Arbeitern und Angestellten, die sehr spät erst aufgehoben wurde. So konnte es sein, dass ein Mann bei exakt gleichem Aufgabenprofil in Abteilung A als Arbeiter eingestuft wurde und in Abteilung B als Angestellter. In der Lohntüte hatte der Angestellte dann 20 -30 Prozent mehr Geld. Wenn man etwas recherchiert, wird man weitere Ungleichbehandlungen unabhängig vom Geschlecht finden. Dieser allgemeine Katalog von Rechtsvorschriften in den Gesetzen oder Tarifverträgen, bei dem benachteiligt wurde, dürfte größer werden als geschlechtsspezifische Benachteiligungen.

Ähnlich verhält es sich heute. Es macht einen gewaltigen finanziellen Unterschied, ob man als Beamter einen Kredit beantragt oder als Normalsterblicher. Beim Rentenvergleich vs Pension zeigt sich, dass die Beamten lebenslang vom Staat bevorzugt sind und eine erheblich bessere Versorgung erfahren. Der Unterschied ist so groß, daß der Arbeiter oder Angestellte erhebliche Aufwendung aus Gehalt erbringen muss, um vergleichbare Ruhebezüge zu erhalten.

Was das Studium angeht: Wenn die Bürgertochter studieren wollte oder sollte, war das kein Problem. Unabhängig davon, ob man eine Verheiratung und Nichtberufstätigkeit als Hausfrau (Mutter wie Vater) erwartete, war es gerade im gehobenen Bürgertum eine Vervollkommnung von Bildung, wenn die Tochter eine universitäre Ausbildung hatte. Damals machten 8 - 10 Prozent eines Jahrgangs Abitur, was etwas über die sozialen Möglichkeiten insgesamt aussagt, aber nicht über eine spezielle Frauenbenachteiligung. Der Arbeitersohn hat nicht studiert - Unterschrift der Eltern hin oder her. Die Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Man kann sogar davon ausgehen, daß es gerade die allgemeinen Rechte sind, die dazu führen, dass die speziellen Rechte huckepack genommen werden. Die Gleichberechtigung ist eine zwangsläufige Folge allgemeiner Bürgerrechte. Historisch ist die Besserstellung von Arbeitern eine hinreichende Vorbedingung, Frauen gleiche Rechte nicht versagen zu können. Es ist die Demokratie, die so etwas ermöglicht und nicht Verdient des Feminismus. Das erklärt auch, warum der westliche Feminismus so spät aufkam. In den 70er Jahren wurde ein neuer Gesellschaftsvertrag ausgehandelt. Ausgehandelt von westlichen Gesellschaften, die mit dem Sozialismus um menschenrechtliche Standards konkurrierten. Der Feminismus war da nur Ausfluss einer sich liberalisierenden Gesellschaft. Viel Geschrei, aber das Fundament für Veränderungen war längst gelegt.


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