Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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jens_, Monday, 30.07.2012, 23:45 (vor 4285 Tagen) @ Michael
bearbeitet von jens_, Monday, 30.07.2012, 23:53

Komik und Tragik
Zur Kritik der Maskulisten an der deutschen Wikipedia

"Feindliche, ideologische Übernahme: Deutsche Wikipedia droht im Desaster zu enden." So ist der offene Brief betitelt, den die bekennenden Maskulisten Michael Klein und Arne Hoffmann am 29. Juli an Jimmy Wales richteten. Demnach sei eine "Vielzahl von Personen" am Werk, durch "ideologisch verbrämte Fehlinformationen" "die deutsche Wikipedia zu einer Plattform der politischen Agitation und Propaganda" machen. Eine Vielzahl? Naja, zwei Autor_innen der Wikipedia können die beiden Männer immerhin aufzählen. Und, liebe Mitautor_innen, habt ihr das nicht auch schon bemerkt? Offenbar, so suggeriert der Brief, sei die Schieflage kaum übersehbar. "Die Analyse, die die Grundlage dieses Offenen Briefes bildet, basiert entsprechend auf einer ausreichend großen Anzahl von Beobachtungen, sie ist daher geeignet, Ihnen einen sehr guten Einblick in die Verhältnisse, wie sie derzeit bei Wikipedia Deutschland herrschen, zu geben." Es ist schön, dass die Agitatoren Jimmy Wales über die Wikipedia aufklären wollen. Noch besser wird es, wenn es heißt: "Um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, was in der deutschen Wikipedia mittlerweile normal geworden ist, genügt es, sich eines der gesellschaftspolitischen Themen vorzunehmen und entweder den Reiter “Diskussion” oder “Versionengeschichte” anzuwählen." Jimmy wird sich für diese Nachhilfestunde sicher bedanken.

In der Folge erklären die beiden Blogger die bestehenden Probleme: Da wäre zum einen, dass es derzeit "keinerlei Kriterien" gebe, "die es gewährleisten, dass das ausgewählte Material im Hinblick auf seine Korrektheit, Verlässlichkeit und Repräsentativität geprüft werden kann". Aha. Von WP:Belege oder WP:NPOV anscheinend noch nie etwas gehört. Zum anderen betrieben Ideologen "versteckt hinter Pseudonymen" "ideologische Kriegsführung". Der beste Weg, dagegen anzugehen sei es, "nur noch namentlich bekannte und mit ihrem Namen Verantwortung übernehmende Autoren Artikel für die Wikipedia schreiben und bearbeiten zu lassen." Ist das nicht eine hervorragende Idee? Sind wir doch alle dafür, oder? Aber nein, die Community soll das ja gar nicht entscheiden. Jimmy Wales soll es tun. Denn, so schließt der Brief, "Wir hoffen, Sie nehmen diesen Offenen Brief in der Weise auf, in der er gemeint ist, als eindringlicher Ruf nach einschneidenden Maßnahmen bei der deutschen Wikipedia". (Ich musste laut auflachen.)

Was steckt dahinter?

Und damit kommen wir zum tragischen Teil: Die in den letzten Monaten durch Blogs und Foren der antifeministischen Männerrechtsbewegung gehende Kampagne gegen einige Wikipediaautorinnen hat damit leider einen Höhepunkt erreicht. Der Blogeintrag von Arne Hoffmann gehört zur zivilisierteren Art der Diffamierung. Die in diesen Kreisen liebevoll Wikiprawda genannte Wikipedia sei demnach feministisch unterwandert und (dadurch) dem Untergang verurteilt.

Leute, es ist klar, dass es hier unschöne Auseinandersetzungen und Kämpfe zwischen Feminist_innen und Konservativen gibt. Aber das hier hat ein anderes Kaliber, ein gefährliches. Es werden diffamierende "Theaterstücke" geschrieben, in denen Autor_innen der Wikipedia als Figuren auftauchen, in denen ihre Identität verunglimpft wird; es wird über angebliche Sockenspielerei spekuliert. Immer wieder. Innerhalb und außerhalb der Wikipedia. Per IP oder per Einmalaccount. Zuletzt wurden sogar der vermeintliche Klarname und die vermeintliche Adresse einer Autorin veröffentlicht. [1][2][3][4][5][6][7][8]

http://sciencefiles.org/tag/fiona-baine/
http://manndat.de/forum/index.php?id=8570&PHPSESSID=7keg19p5of0ojh2vdq8nisaut3
http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=242864
http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=242475
http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=242800
http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=242597
http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=242831
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benutzer_Diskussion:Gugerell&diff=prev&oldid=106171461

Das geht eindeutig über alles hinaus, was selbst verstrittene Wikipedianer_innen einander antun könnten. Bitte sagt nicht, dass sich die verunglimpften Autor_innen selbst hätten denken können, dass es so ausgeht, wenn sie in Artikeln wie Männerrechtsbewegung aufräumen. Nein, NICHTS rechtfertigt es, solche virtuelle Gewalt zu erfahren. Die Community muss ihre Autoren und Autorinnen vor solchen Kampagnen schützen. Lasst uns geschlossen die Aggressor_innen abwehren, die von außen das Gleichgewicht in der Wikipedia stören wollen. Sollen sie verdiente Autor_innen werden, dann können sie hier mitreden. Aber so nicht.

Abspann: Und warum kümmern sich diese sogenannten Männerrechtler nicht endlich um Männerrechte? Um diskriminierungsfreie Möglichkeiten, Elternzeit zu nehmen oder Erzieher zu werden oder im Bus einen Sitzplatz zu bekommen, wenn sie mit Baby unterwegs sind? Oder darum, dass sie Künstler oder Schauspieler oder Frisör sein können, ohne dass gleich über ihre sexuelle Ausrichtung spekuliert wird? Oder um besseren Sexualkundeunterricht in Schulen oder darum, dass körperlich schwer Arbeitende früher in Rente gehen können, oder, oder, oder? Es gebe so viel zu tun. Warum müssen sie ausgerechnet die Wikipedia stören? (D. S., 30.7.)

(Der "geistige" Erguss stammt von: http://anonym.to?http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzerin:Die_Sengerin)


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