Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Übersetzung, Teil 1

Der Übersetzer, Friday, 26.12.2008, 22:47 (vor 5571 Tagen) @ Christine

Original

'Du darfst deinen Sohn nicht sehen - aber kann er eines deiner Organe haben?
Wie Sozialarbeiter einen Mann in ein furchtbares ethisches Dilemma stürzten

Der Brief vom Sozialreferat des Bezirks Hampshire war ebenso kurz wie verwirrend. "Bitte rufen Sie mich unter der oben angegeben Nummer an." stand da "Ich habe Informationen, die Sie interessieren könnten." Das war eine glatte Untertreibung, wie Michael Shergold bald herausfand.

Der wortkarge Vater von drei Kindern dachte bis dahin, dass sein Leben nur selten mehr Abwechselung bietet als ein wöchentliches Golfspiel. Aber als er die Sozialarbeiter anruft, wurde er mit einer Reihe erstaunlicher Tatsachen konfrontiert.

Man teilte ihm mit, dass er der Vater eines weiteren Kindes sei - eines fünf Jahre alten Jungen aus einer früheren kurzen Beziehung. Die einstige Freundin, mit den Anforderungen der Mutterschaft überfordert, hatte den Jungen zur Pflege freigegeben.

Ein Treffen mit seinem Sohn käme nicht in Frage, wurde ihm mitgeteilt, geschweige denn irgendeine Form der Beziehung. Es wurde ihm außerdem mitgeteilt, dass eine gesetzliche Adoption in Bearbeitung sei und die Bezirksverwaltung ihn das nur wissen lassen wollte.

Michaels Schock wandelte sich zu Ärger und Entschlossenheit. Verletzt dadurch, dass er all die Jahre in Unwissenheit gehalten wurde, dachte er doch dass er für das Kind, das wir hier Andrew nennen wollen, verantwortlich sei und begann den juristischen Kampf um die Vormundschaft.

Aber es gab noch größere Überraschungen für Michel und seine Frau Alex. Die Bezirksverwaltung von Hampshire wollte mehr, als das er diese Behandlung hinnahm.

Wie sich herausstellte, litt Andrew unter einem ernsten Problem mit einem seiner Organe. Aus juristischen Gründen ist es uns nicht möglich, genauere Angabe zu machen.

Aber der Junge hat ohne eine Transplantation nur geringe Chance seine Teenager-Zeit zu überleben. Und das Spenderorgan sollte möglichst von einem Blutsverwandten stammen. Und der geeigneteste Spender sei Michael selbst, erklärten die Sozialarbeiter.

Dieser womöglich unerfreulichste Aspekt in einer befremdenden Geschichte brachte Michael zu der belastenden Einsicht, dass das Sozialreferat des Bezirks Hampshire ihn nur deswegen über Andrews Existenz informiert hatte, um dem Kind ein Spenderorgan zu verschaffen.

Michael hatte versucht seinen Sohn zu adoptieren, doch diesen Kampf letztes Jahr verloren. Ihm wurde jedes Besuchsrecht verweigert, weil dass als zu belastend für den Jungen eingestuft wurde.

Wie in den meisten Familiengerichtsfällen, wurden (allerdings) keine Einzelheiten veröffentlicht.

Michael muss sich nun entscheiden, ob er sein eigens Leben bei einer gefährlichen Operation riskieren will - für einen Sohn, den er, so wie Dinge stehen, niemals sehen wird.

"Worte können den Ärger und das Unverständnis, die ich fühle, gar nicht ausdrücken." sagt Michael, "Ich kann einfach nicht glauben das Sozialarbeiter so grausam sein können.

Mich aufzuspüren und mein Leben in ein Chaos zu verwandeln indem man mir mitteilt, dass ich einen Sohn habe von dem ich nichts wusste, und mir kann mitzuteilen, dass mir nie erlaubt sein wird, ihn zu sehen, ist nichts anderes als erbärmlich."

Die "Mail on Sunday" hat die Hampshire Bezirksverwaltung vor zwei Monaten um eine Stellungnahme zur ihrem Umgang mit diesem Fall gebeten.

Die Bezirksverwaltung hat au diese Anfrage reagiert, indem sie eine einstweilige Verfügung beantragte, die uns untersagte, über Michaels Fall zu berichten, weil das seinem Sohn schaden könne.

Überzeugt davon, dass Michael eine Gelegenheit haben sollte, seine Geschichte zu erzählen, haben wir den langwierigen Kampf gegen diese einstweilige Verfügung aufgenommen und letzte Woche gesiegt. Daher kann Michael im heutigen Exklusiv-Interview zum ersten Mal über seinen Leidensgeschichte berichten.

'Zu wissen, dass mein Sohn gegen meinen Willen von Fremden adoptiert wurde, statt bei seinen Blutsverwandten eine liebende Familie zu finden ist eigentlich schlimm genug.' sagte er.

'Aber zu wissen, dass mein Sohn ohne eine Organspende von mir vielleicht nicht lange genug lebt um mich kennenzulernen, hat mich in die schlimmste Situation gebracht, die man sich vorstellen kann. Ich befinde mich in einem absoluten Dilemma. Ich soll eine Entscheidung im luftleeren Raum treffen. Wenn ich meinen Sohn sehen und dauerhaft ein Minimum an Kontakt haben könnte, würde ich nicht einen Moment zögern.'

Michael, 55, sagt das in seinem geräumigen Haus mit drei Schlafzimmern (Vierzimmer-Haus?) in Southampton, der Stadt in der er geboren wurde und sein ganzes Leben verbracht hat. Neben ihm sitzt sein Ehefrau Alex. Ursprünglich aus Los Angeles, zog sie 2002 nach Großbritannien. Im gleichen Jahr heirate das Paar und sie wurde Pfarrerin einer Pfingstgemeinde in Portsmouth.

Dies ist nicht das erste häusliche Drama das Michael, der als Hausverwalter an einer Schule arbeitet, erleben muss. Seine erste Ehe zerbrach 1996 nach 16 Jahren an der Untreue seiner Frau. Er erhielt das Sorgerecht für die Kinder, Peter, heute 17, David 20 und Susanna, 30 und zog sie alleine auf.

Als Alex selbstgemachten Karrottenkuchen serviert und die Kuckucksuhr schlägt, scheinen die Shergolds eine glückliche Familie zu sein. Ihre Haltung zu dem Dilemma in dem sie stecken ist eher stiller Kummer als offene Wut.

"Wir sind eine wunderbare Familie, die zusammenhält." sagt Michael. Peter und David, die noch zuhause leben, lassen sich gelegentlich sehen, während das Paar mit uns spricht. Susanna lebt in der Nähe.

Besondere Ironie bekommt die Geschichte durch die Tatsache, dass Michael selbst seit 35 Jahren für die Bezirksverwaltung arbeitet. Er überwacht die Reinigung und Instandhaltung einer Grundschule und als so muss er sich jedes einer Prüfung seines Strafregisters stellen. Und weder er noch Alex, die ebenfalls überprüft wurde, haben irgendwelche Verurteilungen.

Der Brief der Michaels Leben zertrümmerte kam im Januar 2007, aber seine Wurzeln liegen fünf Jahre früher als er sich auf eine schwierige Beziehung mit einer viel jüngeren Frau einließ.

Ungeachtet des Altersunterschieds lief die Beziehung, nachdem sie einander durch Freunde vorgestellt wurden, anfangs gut. 'Sie war die erste Frau mit der ich mich nach der Trennung von meiner Frau traf' erinnert er sich.

'Anfangs dachte ich nicht daran, mit ihr eine Beziehung einzugehen, weil sie mit 29 um soviel jünger war als ich. Aber sie war fröhlich und lebendig und kam gut mit den Jungen zurecht. Aber nach ein paar Monaten erkannte ich, dass sie keine stabile Persönlichkeit und ein Alkoholproblem hatte. Sie fluchte vor den Jungen und ich beendete die Beziehung.'

Er hatte keine Ahnung, dass sie schwanger ist und dachte, die Angelegenheit sei beendet. Kurz darauf lernte er Alex über eine Bekanntschaft-Web-Seite kennen.

Wie Michael hat sie drei erwachsene Kinder und, wie Michael, hat sie sie jahrelang alleine groß gezogen. Sie hat für einen Nachrichtendienst des US-Militärs gearbeitet und hat Abschlüsse in Psychologie und Theologie.

Michael und Alex heirateten nach ein paar Monaten und haben dann ein häusliches Leben mit Golf, Bowling, Kino und Kirchenbesuchen entwickelt.

All das wurde von dem Schreiben der Hampshire Bezirksverwaltung, das wie eine Bombe einschlug, über den Haufen geworfen. 'Es war ein furchtbarer Schock,' erinnert sich Alex. 'Michael wurde von einem Mitarbeiter des Sozialreferates mitgeteilt, dass sein Kind in eine Pflegefamilie gegeben wurde.'

Mit 53 hatte Alex eigentlich mit Kindern abgeschlossen, aber sie war genau so entschlossen wie ihr Ehemann, Andrew in seiner Familie willkommen zu heißen. 'Er gehört hierher,' sagt sie. 'Nicht zu Fremden, mit denen er nicht verwandt ist.'

Das Paar, dessen Kinder den neuen Bruder ebenso willkommen geheißen hätten, besuchte die Zentrale des Sozialreferates in Winchester, wo sie ein Bild von Andrew gezeigt bekamen.

In der Rüchschau betrachtet war ihr Optimismus naiv. Sofort angetan, suchten sie Spielsachen heraus, planten den Ausbau des Dachgeschosses zu einem vierten Schlafzimmer und erkundigten sich nach Schulen.

'Er sah ganz aus wie sein Vater' sagt Alex 'Wir waren entschlossen, nach seinem schlechten Start ins Leben, alles für ihn zu tun.'

Als dann nach zwei Wochen ein DNS-Test die Michaels Vaterschaft bestätigte beauftragte das Paar einen Anwalt damit, die Adoption zu stoppen und die Vormundschaft für sie zu beantragen. 'I dachte, wenn das Sozialreferat erstmal unsere glückliche Familie sieht und wie gerne wir Andrew als Teil dieser Familie hätten, dann wäre es nur noch eine Frage von Wochen bis er bei uns leben kann.' sagt Michael.

Aber dann kam die atemberaubende Wendung: 'Während unseres zweiten Treffens mit den Sozialreferat teilten die Sozialarbeiter uns mit, dass Andrew eine Organtransplantation benötigt, und das wir doch sicher wüssten, dass das Spenderorgan am besten von einem Blutsverwandten kommt.'

Das Paar wurde nicht im Zweifel darüber gelassen, das Michaels Kooperation notwendig sei, um dem Kind eine gute Überlebenschance zu geben. Sie erfuhren weiter, dass die Mutter ursprünglich der Organspende zugestimmt hatte, ihre Meinung aber änderte als sie erfuhr, dass das ihre Chance ein weiteres Kind zu haben, reduzieren würde.

Die Sozialarbeiter teilten Michael mit, dass er und seine Kinder die nächstbeste Wahl seien". Er gibt zu: "Ich war überrascht, aber natürlich sehr besorgt und wollte meinem Sohn helfen."/

In der Zwischenzeit waren zwei Sozialarbeiter unabhängig voneinander damit beauftragt worden, Micheals und Alex' Fähigkeiten als Eltern für Andrew zu bewerten. Das war nach allen Maßstäben eine strenge Prüfung. 'Ich war überrascht, von einem vollkommen Fremden verhört zu werden,' sagt Michael "aber ich hatte nichts zu verbergen". Allerdings, nach über einem Dutzend Besuche wurden die Fragen zunehmend aufdringlich.

'Die schlimmsten Fragen betrafen unser Sexualleben' sagt er 'Sie fragten mehrfach wie "gesund" es sei - wir haben so getan, als ob wir diese Fragen als Nachfrage, wie oft wir es tun verstehen würden - und ob wir uns mit 'normalem' Sex begnügen.'

Alex, die zugibt nicht besonders freundlich auf diese Aufdringlichkeit reagiert zu haben, fügt hinzu: "Ich hielt diesen Aspekt unseres Ehe für intim und konnte nicht sehen, inwieweit er in dieser Sache relevant sein sollte. Zum Schluß habe ich nur noch geantwortet: 'Das geht Sie nichts an ich werde mich dazu nicht mehr äußern.'. Vielleicht liegt es ja darin das ich Amerikanerin und Christin bin, aber ich fand das Verhalten des Sozialreferates unverständlich.

In der Zwischenzeit kam Andrews wahre Situation Stück für Stück ans Licht. So war es nicht leicht, ein dauerhaftes Zuhause für Andrew zu finden. Die Krankheit des Jungen erforderte eine spezielle Ernährung und regelmäßige Krankenhausaufenthalte.

Nachdem eine Pflegefamilie ihn zurückgewiesen hatte, musste sein Bild auf einer Adoptions-Website veröffentlicht werden bevor sich schließlich 2006 ein Paar meldete, dass ihn adoptieren wollte. 'Ich konnte nicht glauben, das meinem Sohn so etwas zustoßen konnte' sagte Michael 'Ich finde es unfassbar'.

'Das Sozialreferat teilte mir in unserem ersten Telefonat mit, dass Andrews Mutter mich als Vater genannt hatte. Allerdings kann ich keine Bemühungen des Sozialreferat erkennen um mich zu finden. Ich lebe seit 11 Jahre im selben Haus, ich stehe im Wählerverzeichnis und im Telefonbuch'.

Das Sozialreferat sagt, dass es sein bestes getan haben um Michael zu finden. 'Eine Pflegschaft wäre nicht angeordnet worden, wenn das Gericht nicht überzeugt gewesen wäre, das Alles getan worden ist, um Mr Shergold zu finden' sagt der Bezirksleiter Ken Thornber ' Wir haben uns bei Mr Shergold dafür entschuldigt, das wir ihn während des Pflegschaftsverfahrens nicht finden konnten.'


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