Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Argumente

Andreas Reich, Thursday, 18.05.2006, 15:32 (vor 6547 Tagen) @ Magnus

Es geht nicht um eine partielle Korrektur eines Geschichtsbildes. Das ist der Sinn von Forschung, und das ist - entgegen dem, was Du wohl zu unterstellen versuchst - auch Praxis. Wird die Quellenlage ignoriert, um ein grundsätzlich anderes Geschichtsbild darstellen zu können, liegt der Verdacht nahe, es handle sich eher um Ideologie. ("Weltverschwörungen" sind ein Beispiel.)

Die Person des Forschenden ist nachrangig: Eine Leugnung des Holocausts wird nicht deshalb glaubwürdiger, weil sie ein Jude vertritt. Feministische Argumente sind auch nicht deswegen richtig, weil Männer sie verteten.

Wie kann jemand bei diesem Thema Demagoge sein, wenn doch alles offenkundig ist? Ich gebe dir ein Beispiel: ... Warum also Strafgesetze?

Wüsstest Du ein bisschen über theoretische Grundlagen von Geschichts- und Sozialforschung, würde Dir der Fehler bewusst werden. Sozialwissenschaften funktionieren nicht nach naturwissenschaftlichen Prinzipien. Gesellschaft besteht aus Individuen, die Selbstverständigungsdiskurse abhalten, welche Wahrnehmung und Handlungsweise beeinflussen. Gesellschaft unterliegt keinen Gesetzmäßigkeiten im nat.wiss. Sinn, sind nicht experimentell reproduzierbar. Bezug zum Forenthema: Weshalb gibt es einen Feminismus? Männerbewegung = Unsinn, da nicht allg. durchgesetzt? Und: Auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse müssen keineswegs überzeugen. Homöopathie z.B. "belegt" in einer Studie nach der anderen ihre Wirksamkeit (obwohl es chemisch Schwachsinn ist), in den USA arbeiten sich die IDler gerade in die Lehrpläne.

Ich sehe nicht den Zusammenhang mit der Holocaustleugnung. ... Glaubst du nicht, dass es einen Eklatanten Unterschied zwischen der Holocaust-Verherrlichung und der Holocaust-Leugnung gibt? Im Strafgesetz wird da aber kein Unterschied gemacht, findest du das nicht bedenklich?

Bedenklich finde ich vor allem Deine intellektuelle Myopie. Falls Du tatsächlich nicht weiter als bis zur nächsten Ecke denken kannst, hier in Kurzform:

1) Es gab den Holocaust. Es gibt millionenfach dokumantarische Aufzeichnungen, Bild- und Filmdaten, Zeitzeugenberichte. Rechtfertigung des Holocausts ist rassistisch und volksverhetzend.

2) Leugnung des Holocaustes ungleich Rechtfertigung. Zusammenhang?

3) Die durch die Leugnung ausgeübte Gewalt ist indirekt. Die begangene Gewalt, für die es Zeugnisse gibt, wird nivelliert; den Überlebenden die Authentizität ihrer Erfahrung abgesprochen; die Opfer verharmlosend "wegerklärt". ("Viele sind ja auch an Krankheiten oder Unterernährung gestorben" usw., während einerseits unter den Tisch fällt, dass der Grund ihrer Internierung lediglich ethnische Abstammung, sexuelle Orientierung, intellektuelle Ausrichtung etc. war, andererseits der Tod durch unmenschliche Bedingungen dem gezielten Genozid in keiner Beziehung ethisch überlegen ist.)

"Argumente" wie die, die Du teilweise anführst ("Wen beleidigt es denn?" ), beziehen ihre "Überzeugungskraft" aus dem mangelnden Widerspruch der Opfer; bedingt durch den natürlichen Alterungsprozess können sich in wenigen Jahren keine direkten Zeitzeugen mehr äußern. Die Tatsachen werden dadurch jedoch nicht beeinflusst, dass niemand mehr Widerspruch einlegt/einlegen kann/darf?! (Und um einer Verdrehung der Aussage vorzubeugen: Die Korrektur der Auschwitz-Opferzahlen von 4 auf 1 Millionen - oder was die Forschung als letztendliche Zahl herausfinden mag - ist keine Beleidigung der Opfer. Diese Korrektur hat ja auch stattgefunden, wie Du schriebst bereits offiziell in den 60er Jahren. Das ist etwas grundsätzlich anderes, als eine generelle Leugnung im Rahmen einer Weltverschwörungstheorie.)

Ich sehe Minderheitsrechte nicht verletzt bei der sachlichen Auseinandersetzung mit vergangener und historischer Ereignisse. Du etwa?

Ich habe das bereits oben näher ausgeführt. Die Leugnung des Holocausts - trotz Quellenlage - ist nicht durch historisch-kritische Auseinandersetzung mit den Fakten geprägt, sondern ideologisch motiviert und als indirekte(!) Gewalt gegen die Überlebenden zu sehen (ein Sachverhalt, der nicht mit dem natürlichen Tod der tatsächlichen Opfer bedeutungslos wird).

2. Ich glaube eher, das es in erster Linie denen, die Verbote aussprechen und andere ins Gefängnis werfen, nicht ums Diskutieren geht. Es ist also ziemlich lächerlich von dir, so ein "Argument" aufzuführen.

Ich schrieb bereits, dass die Schutzverpflichtung des Staates auch missbräuchlich genutzt wird. Das ändert nichts an dieser Verpflichtung. Ebensowenig lässt sich wegen der Bestechlichkeit eines Polizisten die generelle Abschaffung der Polizei fordern.

Ist dir das nicht irgendwie peinlich?

Peinlich ist mir in erster Linie, durch die Beschäftigung mit dem Thema dieses Forums mit Leuten wie Dir irgendwie in Bezug gesetzt zu werden. Haltungen wie diese lassen mich zweimal nachdenken, bevor ich jemanden auf dieses Forum (bzw. das alte) aufmerksam mache.

- Andreas


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