Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Gibt es Rassen ? Gibt es Geschlechter ?

Altschneider1, Friday, 19.05.2006, 00:46 (vor 6544 Tagen) @ Bonaventura / Thomas Lentze

Ist zwar etwas spät, aber dazu möcht ich ja doch noch meinen Senf dazugeben:

Es gibt keinen wissenschaftlichen Grund, den Begriff >Rasse« weiterhin
zu verwenden.

Das durfte ich nämlich miterleben, wenn auch nicht als aktiver Teilnehmer. Ein dutzend Wissenschaftler trafen sich, um den Wunsch mehrerer Organisationen, darunter auch der Unesco, stattzugeben: Die Rasse abzuschaffen. Es war so ziemlich das jämmerlichste, was ich je von Wissenschaftlern erlebt habe, eine Übung in politischer Korrektheit. Sie verfassten dann ein Manifest, dass später noch in der Szene umging und von ca. 100 Leuten unterschrieben wurde. Inhalt: Die Rasse wird abgeschafft, damit es keinen Rassismus mehr gibt.

Ist Blödsinn, Rasse ist ein andere Begriff für Unterarten, also Populationen einer Art, die sich durch bestimmte Merkmalscluster von anderen Populationen derselben Art unterscheiden. Ursache: eingeschränkter Genfluss. Die Übergänge allerdings sind fließend, durch Mischformen mit anderen Populationen, das macht eben die genaue Abgrenzung schwierig. Das ist auch beim Menschen so.

Die Einteilung von Menschen in verschiedene Rassen ist seit eh und je
ein Konstrukt zu rassistischen Zwecken. [...] Jedoch sind
Menschenrassen-Konzepte deswegen heute in den Biowissenschaften
keinesfalls obsolet.

Das Problem der nicht scharf abgrenzbaren Unterarten führt natürlich dazu, dass eine genaue Rassendefinition immer auch etwas von einer künstlichen Kategorienbildung hat - ungeachtet dessen, dass Rassen real existieren. Es war mitnichten immer ein Konstrukt zu rassistischen Zwecken, auch wenn es oft dafür verwendet wurde (was allerdings auch bei politischen und religiösen Systemen der Fall war - die Anderen sind immer die Schlechten), sondern Beobachtungen, die das Verständnis von evolutiven Vorgängen ermöglichen sollten, sei es Artbildung, sei es Artvariation oder eben Migrationsbewegungen über lange Zeiträume.

Rassismus ist hingegen ein ganz anderes Problem, nämlich die normative Wertung von Unterschieden, die zudem auf keiner objektiven Grundlage stattfinden. Das etwas unterschiedlich ist, heißt ja nicht zwangsläufig, dass es allgemein über- oder unterlegen ist oder gut oder böse.


Genetiker haben allerdings herausgefunden, dass unter der Haut alle
Menschen praktisch gleich sind. Zwei beliebige Menschen auf der Welt sind
zu 99,9 % identisch in ihrer Erbinformation.

Das ist nicht aussagekräftig, da ein quantitativer Vergleich des Genoms nichts über die qualitativen Merkmale aussagt. Die Veränderung eines einzigen Gens kann den Phänotyp völlig verändern, z. B. bei den unterschiedlichen Albinismusformen, bei denen (soweit ich das in Erinnerung habe), jeweils nur eine einzige Basensequenz anders ist als beim Normalbürger.

die genetischen Unterschiede zwischen zwei

Mitteleuropäern können größer sein als zwischen einem der beiden und einem
beliebigen Menschen aus Afrika.[/i]

Das muss heißen, .... zwischen den Durchschnitt der Menschen aus Afrika. würde man eine beliebige Vergleichsperson heranziehen, könnte man einen vom äußeren Rand der Verteilungskurve erwischen.
Das Argument geht aber auch deswegen vorbei, weil es ja nicht um beliebige Unterschiede geht, sondern um eine bestimmtes Muster von Merkmalen.

Anders als Rassen sind die Geschlechter im allgemeinen Recht gut voneinander unterschiedern (auch wenn es hier in der Form von Transsexualität und Zwittern zu Überlappungen kommen kann, die aber nicht die Regel darstellen).
Es ist auch hier so, dass die Unterschiede zwischen Männern größer sein können als die zwischen dem Durchschnitt der Männer und der Frauen, wenn man die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale nicht betrachtet, aber dennoch unterscheiden sich die Geschlechter in der Gesamtheit ihrer Merkmale.
Auf individueller Ebenen kann man durch die Variation keine einzelnen Eigenschaften am Kriterium des Geschlechts festlegen - natürlich gibt es Frauen, die stärker sind als ich - aber dennoch ist die stärkste Frau schwächer als der stärkste Mann (wie man an der Trennung der Sportarten sehen kann). Und man kann auch meist ziemlich gut erkennnen, ob die Person, die vor einem geht, ein Mann oder eine Frau ist (bei gleicher Haarlänge und Unisexkleidung).

Wenn man aktzeptiert, dass es einen äußeren Geschlechtsdimorphismus gibt, dann liegt es nahe, auch einen Inneren anzunehmen. In der Tat unterscheidet sich ja nicht nur der Phänotyp, sondern auch die Physiologie, die Hormonausstattung und damit wohl auch das emotionale Erleben und Ich-Empfinden. Falsch wird es nur dann, wenn man wie der Feminismus vom Allgemeinen auf den Einzelfall schließt (weil Frauen im Durchschnitt die Eigenschaft X gegenüber den Männern stärker ausgeprägt haben, ist jede Frau in der Eigenschaft X stärker als ein Mann) oder wenn Eigenschaften unzulässig verallgemeinert werden (es gibt durchaus quantitative Analysen zum geschlechtspezifischen Sprachverständnis: Frauen sollen eher bei der Wortfindung, Männer bei der Bildung von Metaphern schneller sein - falsch ist es, daraus zu schließen, Frauen könnten besser mit Sprache umgehen als Männer). Zudem hast du ja immer das Problem, das gesellschaftlich Vorgaben in die Untersuchung einfließen, der Wunsch, einen Unterschied zwischen den Geschlechtern festzustellen, kann durchaus den Blick verstellen auf die Möglichkeit, dass solche Unterschiede ja auch vom Bildungsstand oder meinetwegen von der Schuhgröße abhängen (die dann aber auch wieder Geschlechtsspezifisch unterschiedlich verteilt sein kann).

Gewisse (wissenschaftlich orientierte) Kreise, vor allem aus dem
Genderbereich, darunter viele Feministinnen, behaupten genau das.

Im Feminismus (auch im wissenschaftlichen (sic)) wird im allgemeinen beides behauptet: Frauen sind genauso wie Männer, können das gleiche leisten, haben die gleichen Eigenschaften (Quotierung) und Frauen sind Männern überlegen (Y-Chromosom). Das Problem ist, das die feministische Theorie in sich nicht konsistent ist, da sie rein nutzenorientiert argumentiert.

was führt denn die Leugner zu ihrer Leugnung ?

Das Problem ist doch, dass sowohl soziale wie auch biologische Systeme emergent sind, sowohl die einzelnen Systeme unter sich als auch die beiden Systeme untereinander. Soziale System beeinflussen die biologischen, die biologischen die Sozialen. Und so ist es doch ganz verständlich, dass die einen den eine Blickpunkt in den Vordergrund rücken, die anderen den anderen.
Von daher ist diese ganze Diskussion ein Streit um des Kaisers Bart. Frauen können potentiell das gleiche leisten wie Männer, als Individuen (nicht im Extrembereich), also genauso im Bergbau oder in der Gießerei arbeiten. Nur werden es wohl weniger Frauen sein, die das leisten können als Männer. Zudem neigen Frauen dazu, unter hohen körperlichen Belastungen unfruchtbar zu werden, was bei Männern wohl nicht der Fall ist. Daher ist es durchaus gerechtfertigt, zu fordern, dass Frauen auch in diesen Bereichen schaffen sollen, bloß eine 50ger Quote ist unrealistisch. Eine Gesellschaft, die das will, muss natürlich auch die Folgen in Kauf nehmen.

Frauen können ebenso in Kriegen an vorderster Front kämpfen wie Männer, nur , da die Populationsgröße der Folgegeneration maßgeblich von der Zahl der gebährfähigen Frauen abhängt, führen natürlich dann hohe Verluste zu einem Bevölkerungsrückgang auch in der Nachkriegsgeneration. Dennoch kann man durchaus fordern, dass Frauen auch dieses in einer modernen Gesellschaft zu leisten haben, wenn man keinen Wert auf ein starkes Bevölkerungswachstum legt.

Genauso kann eine Frau die Versorgerrolle übernehmen usw. Frauen insgesamt werden sich, geschlechtsspezifisch, dabei unwohler fühlen als Männer, aber das ist das geringste Problem.

Es gibt in der Evolutionsforschung die alte Faustregel, dass eine Verhaltensänderung einer genetischen Änderung vorausgeht. Frauen, denen es leichter fällt, Familienversorger zu sein, könnten in Zukunft durchaus begehrte Partnerinnen für Männer sein. Es werden halt nur weniger Frauen sein, die diese Merkmale haben, als es Männer waren und damit werden sich dann neue Probleme auftun.

Dennoch werden Frauen frauenspezifisch bleiben, nicht unbedingt in der sozialen Rolle oder in den Tätigkeiten, sondern in der Verteilung der Fähigkeiten und im Empfinden (gilt natürlich auch für Männer).

Klausz hat allerdings etwas ganz anderes gemacht - er hat aus den Geschlechtsunterschieden geschlossen, dass die anderen Eigenschaftsverteilungen bei Männern diesen nur die Versorgerrolle offen lassen (seine natürlich Rolle) und er hat gewertet, das Frauen dem Mann grundsätzlich unterlegen seien. Da sich die Anforderungen an den Einzelnen sowie sozialen, ökologischen und politischen Parameter permanent ändern, kann natürlich aus Unterschieden nicht auf Über- oder Unterlegenheit geschlossen werden.

Deswegen kann ich bei diesem ganzen Argumentationsstrang keine zwanghafte Gleichmacherei erkennen, wenn auch sicher bei einigen Probleme dabei bestehen, dass, was für Tiere gilt, auch für Menschen anzuwenden. Aber das ist eine Frage des Standpunkts.

Ich glaube nicht, dass soziale Rollen ein unabänderliches Schicksal sind noch glaube ich, dass man diese auf dem Reißbrett einwerfen und den Menschen überstülpen kann. Rollen entwickeln sich aus dem Umfeld heraus und passen sich den Gegebenheiten an. Und daher gibt auch, je nach individuellem Unterschied, nicht eine, sondern tausende von Rollen, die sich vielleicht nur im Detail unterscheiden. Die Möglichkeiten zu schaffen, das sich Rollen entwickeln können, die dem Einzelnen gerecht werden, ist nicht nur wichtig für das eigene Wohlbefinden, sondern ein essenzieller Ausdruck von Freiheit.

Das reicht dann aber auch
Grüße
Altschneider

PS: Hatte mich nicht eingeloggt, daher Altschneider 1.


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