Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Gibt es Rassen ? Gibt es Geschlechter ?

Freddy, Friday, 19.05.2006, 18:32 (vor 6542 Tagen) @ Adam

Was heißt denn, daß bestimmte Erscheinungen "außen vor" bleiben?


Das heißt, daß sie, weil noch nicht ausreichend Gründe vorhanden sind, das
vorherrschende Erklärungsparadigma in Zweifel zu ziehen, zunächst
unberücksichtigt bleiben, bis eine gewisse "kritische Menge" an
unstimmigen Erscheinungen dazu nötigen, Änderungen anzubringen.

Ein Phänomen kann unerklärbar sein, so daß man keine passende Beschreibung dafür hat. Dennoch kann man es nicht "unterschlagen", weil es ja immer noch erfahrbar (d.h empirisch nachweisbar) ist. Platt gesagt: Ob wir Menschen das Phänomen erklären können, ist dem Phänomen doch sch***egal. Theorien zu schaffen ist unsere Sache, nicht die Sache der Natur. (Ich habe noch nie einen Physiker sagen hören: "Nein, dieses Phänomen sehen wir uns jetzt *nicht* an, weil wir es noch nicht erklären können." )

Nur ist die KENNTNIS gewisser Phänomene eben noch nicht die ERKENNTNIS
ihrer Ursachen. Erst das Letztere ist Wissenschaft. Und das haben gerade
die Griechen schon früh aufs deutlichste formuliert.

Wissenschaft ist zunächst Beobachtung und die Sammlung von Daten. Die Ursachen der Phänomene braucht man für die Beobachtung der Phänomene gar nicht zu kennen.

Die Lichtgeschwidigkeit ist nicht konstant, weil Einstein das gesagt

hat,

sondern weil bis jetzt nichts anderes gemessen wurde.


Falsch. Weil wir etwas bisher immer wieder so gemessen haben, IST es noch
lange nicht so. Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gehört zu den
Grundannahmen Einsteins. Messungen bestätigen diese, vermögen aber keinen
strengen Beweis zu liefern. Deswegen ist es jederzeit möglich, daß diese
Annahme fällt und mit ihr die Relativitätstheorie. Dies wäre ein präzises
Beispiel für einen wissenschaftlichen Paradigmenwechsel.

Was wir messen, IST so. Messen ist das Erfassen eines IST-Zustandes. Was sollte es auch sonst sein? Wenn ich ein Stück Holz ausmesse und die Länge desselben 1 Meter ist, dann ist das Stück Holz eben einen Meter lang. Und solange wir bei der Lichtgeschwindigkeit einen konstanten Wert messen, ist die Lichtgeschwindigkeit eben konstant. Das Argument ist natürlich induktiv, nicht deduktiv, da hast Du recht. Die Lichtgeschwindigkeit ist nicht konstant, weil wir es so wollen. Eben drum kann jede neue Messung die Relativitätstheorie widerlegen.

Nur weil etwas alt ist, muß man es ja nicht gleich wegschmeißen. Warum
wird heute noch Newton gelehrt?


Warum wird noch euklidische Geometrie gelehrt? Weil sie ein Sonderfall der
modernen (erweiterten) Geometrie darstellt. Auch Newtons Gesetze gelten
(nicht alle) weiter, sofern wir es mit weltlichen Größen im sublunaren
Bereich zu tun haben, doch zeigt sich, daß sie, je größer UND je kleiner
die Dimensionen werden, immer mehr an Genauigkeit verlieren. Die
Newtonsche Physik als grundlegendes Erklärungsparadigma für die Gesamtheit
der Naturgesetze gilt aber eben NICHT mehr.

Newton ist aber nicht dasselbe wie Euklid. Newton ist physikalisch, also induktiv und Euklid ist mathematisch, also deduktiv. Euklid kann nicht falsch sein, wenn seine Prämissen wahr sind; diese kann man als wahr annehmen, weil sie keinen Bezug zur Welt haben. Newton andererseits hat aber gerade diesen Bezug zur Welt, denn er will sie ja beschreiben. Deswegen schließt er von seinen Experimenten auf den allgemeinen Fall. Er jedoch versagt jedoch, weil seine Voraussagen bei ganz kleinen und ganz großen Abständen nicht stimmen. Also ist Newton im allgemeinen falsch. Trotzdem wird er noch gelehrt.

Experimente gibt es in der wissenschaftlichen Praxis nicht, es sei denn,
sie finden innerhalb bestimmter Bezugsrahmen statt. Diese werden
theoretisch vorgegeben. Eine physikalische Theorie wie die
Relativitätstheorie wird experimentell bestätigt, kommt aber nicht bloß
durch Experimente auf die Welt. Experimente sind nicht selbst schon
innovativ. Man experimentiert auch nicht ins Blaue hinein, sondern weiß
zuvor genau, WAS experimentell gezeigt, bzw. widerlegt werden soll. Dies
aber wird vom vorherrschenden (in Ausnahmefällen auch einem neu
formulierten) Erklärungsparadigma (Bezugsrahmen) bestimmmt.

Woher hast Du denn den Satz, daß es in der wissenschaftlichen Praxis keine Experimente gäbe? Die wissenschaftliche Praxis besteht zum größten Teil aus Experimenten, schließlich will man als Wissenschaftler die Welt erforschen.

Die RT "kam auf die Welt", weil (wie schon gesagt) Newton bei sehr großen und sehr kleinen Abständen falsch ist. Das aber ist eine empirische Tatsache und nicht etwa Einsteins Idee um Newton posthum "ein's auszuwischen".

Das Paradigma von Newton, wenn Du so willst, wurde durch seine Erfahrungen vorgegeben. Er wollte die ganz alltägliche Erfahrungswelt beschreiben und hatte keinerlei Erfahrungen mit sehr großen oder sehr kleinen Abständen, weshalb er seine Theorie dort auch nicht überprüfen konnte.

Es ist eben zunächst eine Sache der Theorie, die eben - wie Heine einmal
treffend formulierte - der Praxis vorangeht, wie der Blitz dem Donner.
Nicht umsonst unterscheidet man zwischen Theoretischer Physik und
Experimentalphysik. Und um Theoriebildung geht es auch Kuhn. Mit Personen
hat seine Theorie nichts zu tun.

Die Theorie geht mitnichten der Praxis voran. Bei solchen Sätzen schlägt meine positivistische Seite Alarm. ;-)

Gruß,
Freddy


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