Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Hier meine Erklärung dieses Satzes:

Chato, Wednesday, 16.09.2009, 03:48 (vor 5362 Tagen) @ Mus Lim

Sorry, aber dass Esther Vilar für die Gender-Ideologie steht, hätte ich gerne belegt.

Das ist nicht das, was ich behauptet hatte. Folglich brauche ich es jetzt nicht zu belegen.

Esther Vilars Feminismus sei "gewissermaßen seiner Zeit voraus gewesen", hatte ich pointierend formuliert - und nicht, daß sie die Genderideologie erfunden habe! Sondern: Ihre damaligen Gedanken paßten "viel eher in unsere heutige Zeit der Gender-Ideologie mit ihren Rollen-IngenieurInnen, die die menschliche Elementarbindung Ehe und damit die Familie gezielt dekonstruieren, auf daß ihre versingelten Abfallprodukte einer wirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden können."

Was ist damit gemeint? Damit ist gemeint, daß Vilars seinerzeitige Utopien darüber, wie "die Männer" und "die Frauen" ihrer Ansicht nach miteinander leben sollten, im Grunde von einer Situation ausgehen, wie sie heute in Umrissen real besteht, auch wenn sie das natürlich nicht wissen konnte und nicht bewußt als ein politisches Ziel entworfen hatte. Indes, die alten, auf privater Autonomie und Unabhängigkeit von staatlicher Regelungswut gründenden, religiös fundierten Institutionen (Ehe und Familie) sind nun zerschlagen, ganz so wie Esther Vilar dies seinerzeit propagiert und gewollt hat. An deren Stelle sind isolierte Monaden getreten, voneinander durch Schlünde des Hasses, des tiefen Abscheus und des gegenseitigen Mißtrauens getrennte Narzißten, die sich untereinander in fundamentaler Konkurrenz um ein und dieselben Ressourcen befinden (Ausbildung, Beruf, Einkommen, Kinder, Lobby-Macht, sozialer Rang, mediale Präsenz, Gestaltung der Politik und der Rechtsordnung usw. usf.) und die ihre kollektiven Interessen in der politischen Sphäre mittels einer eigenen Lobby durchsetzen - anstatt daß das wie früher im konkreten Zusammenleben zweier miteinander verheirateter Ehepartner geschieht.

Daraus folgt logischerweise ganz von selbst die Spaltung der Gesellschaft in Männer und Frauen als zwei einander entgegenstehende Kollektive. Aus der lebendigen Spannung zwischen den Geschlechtern, die sich einst ungestört und frei von staatlicher Einmischung in der Autonomie des Privaten entfaltete, wird eine "Gleichheit", die sich über die Gesellschaft vermittelt und natürlich keine erotische Spannung und auch kein Privatleben mehr kennt. Es geht nicht mehr wie früher darum, daß zwei Intimpartner autonom untereinander vereinbaren, wie sie ihr konkretes, gemeinsames Zusammenleben gestalten, sondern "die Gesellschaft" schreibt es nun allen in gleicher Weise als verbindliche "Rolle" vor. Darüber, wie die auszusehen habe, reden nicht mehr die zwei Personen, die allein es etwas angeht, sondern ideologische Gremien im vorpolitischen und im politischen Raum, die den Weg zum neuen Genderwesen entwerfen und ihn allen zum Gesetz machen.

Wer in dieser Schönen Neuen Geschlechterrollenwelt seine kollektivistische "Gruppen-Rolle" im politischen Gerangel besser zur Geltung bringt (das sind die Feministinnen), haut die Gegengruppe (das sind die [noch] nicht kollektivierten Männer) in die Pfanne, schreibt ihr vor, wie sie zu leben hat, optimiert den Profit, den er aus ihr zieht und dominiert sie ganz allgemein mittels der zu diesem Zweck installierten sozialen Machtstrukturen. Das einzige, was ab jetzt noch zählt, ist das Geschlechterkollektiv, dem eine Person angehört. Was hingegen überhaupt nicht mehr zählt, ist die Person selbst und ihre einstige Autonomie gegenüber Staat und Gesellschaft.

Auf lange Sicht kann natürlich die extrem parasitäre Machtungleichheit zwischen den beiden Genderkollektiven, wie sie aufgrund des jahrzehntelang wütenden "jakobinischen" Feminismus entstanden ist, nicht fortgeführt werden, ohne daß es zum totalen Zusammenbruch der Gesellschaft kommt. Dauer in der Zeit ist für eine derartige, kollektivierte Menschenherde nur denkbar, wenn auch die Männerherde endlich kollektiviert und erfolgreich ins neue "zwischenmenschliche Marktgeschehen" integriert worden ist. Das ideologische Konzept für dieses Ziel heißt Gendermainstreaming. Unter der Herrschaft dieses im Dunkeln gezüchteten "Napoleon" soll es nicht mehr um radikalstmögliche Frauenförderung gehen, sondern um "Gerechtigkeit" – freilich nicht etwa als eine Rahmenbedingung für freie Personen, die diesen Rahmen dann nach ihren eigenen Vorstellungen ausfüllen, sondern als ideologisch konzipierter, für jeden verbindlicher, kollektivistischer Lebensfahrplan, den der Staat den jeweiligen Herdenmitgliedern gemäß ihrer jeweiligen Zugehörigkeit und der auf sie gerichteten Nutzerwartung gesetzlich vorschreibt.

Esther Vilar hat diese Art "soziale Gerechtigkeit" zwischen den Männern und den Frauen (die auch sie ja als antagonistische Kollektive denkt, deren Leben von der Gesellschaft bestimmt und geregelt wird) vor Jahrzehnten bereits in ihren entsprechenden utopistischen Darlegungen vorweggenommen. Allerdings geht es in der nun anbrechenden, konkreten Realisierung solcher Utopien natürlich nicht um eine einheitliche, angenehm lockere "25-Stundenwoche" für die Mitglieder der beiden Teil-Herden, die einem jeden von ihnen hübsch viel persönliche Freiheit, Freude, Muße und Vergnügen schenkt, sondern eher um eine "50-Stundenwoche" (oder gerne auch mehr) bei möglichst kargem, aber dafür total gleichen Lohn, denn die wirtschaftliche Vernutzung der ehemaligen Menschen soll sich für die, die sie zu diesem Zweck kollektiviert und ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen unterworfen haben, ökonomisch rentieren.

Wenn die dummen Kühe und die dummen Ochsen dumm genug sind (und sie SIND es!), sich im Vorfeld schon mal all die vielen handfesten "Befreiungen" und materiellen Vorteile auszumalen, die ihre Verheerdung ihnen dereinst einbringen wird, so sie denn endlich nichts mehr miteinander zu tun haben und der Staat alle ihre potentiellen Konflikte untereinander regelt, dann werden diese dummen Illusionen natürlich sehr gerne vom Leviathan genährt und mit viel öffentlichem Zuspruch und Applaus garniert, solange sie noch nicht mit der Realität konfrontiert sind. Der Grund dafür ist allerdings derselbe wie bei den japanischen Rinderzüchtern, die ihre Rindviecher täglich mit Bier massieren: Das Fleisch wird dadurch besonders zart und schmackhaft.

Natürlich ist das Fleisch der dummen Rindviecher nicht für diese Rindviecher bestimmt, aber die Rinderzüchter müßten genauso dumm wie ihre Rindviecher sein, wenn sie ihnen das vorher auf ihre Nüstern bänden. Zum Glück für die Rinderzüchter sind die Rindviecher dumm und eitel. Was spricht dagegen, ihnen zu schmeicheln und in den höchsten Tönen ihre Intelligenz und ihre Gescheitheit zu lobpreisen? Das Steak wird sich hernach gewiß nicht darüber beschweren, daß es zu Lebzeiten schnöde hereingelegt worden sei.

Wieso auch? Es wollte doch hereingelegt werden - indem es den allseits bekannten Metzgern hinterherlief.

Nick

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