Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Andreas Reich, Saturday, 20.05.2006, 15:16 (vor 6550 Tagen) @ Christine

Tag!

Du selber machst mMn einen entscheidenden Fehler und vergißt folgendes: Jeder Mensch hat einen anderen Wahrnehmungsfilter. usw.

Das stimmt wohl, nur ist das keine Rechtfertigung für Beliebigkeit. Die Diskussion drehte sich auch nicht um das faktenbasierte Infragestellen historischer Sachverhalte, was zu begrüßen ist und ja auch geschieht. (Zu behaupten, es sei in Deutschland generell unmöglich, sich mit diesem Thema auch kritisch zu befassen, ist polemische Behauptung, meist aus dem rechten Spektrum. Dass die Sensibilität andereseits vielleicht zu straff gespannt ist - was ja u.a. das Thema des in diesem Zusammenhang immer wieder gebrachten Verweis auf das Buch von Arne ist - ist eine andere Sache. Fakt aber ist, Arne ist nicht im Gefängnis - auch wenn er von einigen ehemaligen Kollegen scharf geschnitten wird - obwohl sein Buch ziemlich eindeutig gegen den so genannten "herrschenden Zeitgeist" verstößt!)

Das Problem ist die Leugnung von Verbrechen, die, wie ich bereits darstellte, wenn auch indirekt, ebenso Verbrechen darstellen, z.B. indem sie andere Verbrechen verschleiern, bzw. Gewalt vorbereiten helfen. Es ist absolut naiv, wenn Magnus behauptet, "nur Worte" hätten keine Auswirkungen und wären deswegen bedenkenlos als Ausdruck der Meinungsfreiheit zu akzeptieren. Der Verweis auf andere Länder, auf denen ein deutscher Sachverhalt nicht tabuisiert ist, hilft da wenig weiter: Menschen sind nicht unbeeinflussbar, und die vermeintlich scharfe Trennlinie zwischen Sprache und Tat ist nicht so deutlich, wie das hier wohl geglaubt wird. Andere Ländern pflegen nur Tabus, die ihnen näher stehen, aus den selben Gründen. (In Südostasien bewirbt man beispielsweise Fertiggerichte mit dem Konterfei Hitlers, da er im Bewusstsein der Menschen dort eben für "typisch deutsch" steht. - Klingt blödsinning, ist es auch, aber eher ein Ausdruck von Unwissenheit als von Meinungsfreiheit.)

Du erwähnst selbstreflektierendes Verhalten, aber dieses vermisse ich bei Dir ebenso.

In welchem Punkt konkret?

Magnus hinterfragt die Gesetzesmäßigkeiten, die er nicht i.O. findet und das muß das Recht eines jeden Menschen sein.

Ist es, und wird von mir auch nicht bestritten.

Über eines sind wir uns ja hoffentlich einig: Gesetze sind nicht deshalb richtig, nur weil es Gesetze sind.

Sind wir, waren wir auch. Wenn Du mir die Stelle zeigen kannst, an der ich anderes behaupte, fresse ich Schwarzers Biographie.

Ebenso ist politischer Diskurs nicht deshalb richtig, weil er in den Medien hofiert wird.

Auch das ist richtig. Andererseits wird ein Verbot nicht deswegen falsch, weil es auch medialen Machtmissbrauch damit gibt.

Das muß auch für den Nationalsozialismus gelten.

Es muss für die Zeit des Nationalsozialismus gelten. Es für nationalsozialistische Positionen gelten zu lassen, die entweder zu konkreten Straftaten aufrufen oder begangene Verbrechen ins Vergessen zu befördern helfen wollen, darf das nicht gelten! Genausowenig für andere Straftaten verschleiernde Sprache. Ich denke, auch in diesem Punkt sind wir uns einig. In diesem Punkt hat und hätte der Staat die Pflicht, dies zu unterbinden bzw. zu sanktionieren. Dass dies an anderen Stellen nicht geschieht, ändert nichts daran, das es an dieser ebenso richtig wäre.

Das, wogegen wir hier in diesem Forum angehen wollen, erfüllt ebenfalls den Sachbestand der Geschichtsverfälschung, Verharmlosung und übler Nachrede. Und es hat Folgen. Magnus würde es in diesen Fällen nicht in Abrede stellen. Die von mir gebrachten Beispiele sind Themen, die er selbst immer wieder aufgreift. Es ist scheinheilig, zu behaupten, man müsse Nazis jede Redefreiheit einräumen, da dies alles nur Meinungen seien, von denen die "Wahrheit" sich schon irgendwie durchsetzen werde, wenn er andererseits weiß, dass z.B. der jahrzehntelange Diskurs, Ungeborene zu verdinglichen und ihnen den Menschenstatus abzusprechen, um sie der willkürlichen Verfügungsgewalt der Mütter preiszugeben, zu einer politischen Lage geführt hat, wie sie gegenwärtig herrscht, und eine Änderung dieser in diesem Punkt zu fordern! Dass der Staat und die Menschlichkeit in diesem Punkt komplett versagen, ist keine Rechtfertigung, dies für andere Bereiche zu fordern. Das ist total plem-plem! Richtig wäre, z.B. in diesem Fall den Schutz Ungeborener oder behinderter Kinder nachzubessern.

Dass Magnus diesen Punkt sieht - und auch die Bedeutung, die die darüber geführten Diskurse bei der Abwertung der ungeborenen Kinder, die sich nicht selbst verteidigen können, spielen - und dagegen vehement und leidenschaftlich auftritt, gleiches Unrecht und abwertende Rede & Tat auf der anderen Seite aber ignoriert - oder seinen Wahrnehmungsfilter nicht so fein einzustellen in der Lage ist - ist Grund für meinen Vorwurf.

Gruß, Andreas


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