Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Erziehungsdiktatur

Christine ⌂, Sunday, 22.07.2007, 14:31 (vor 6121 Tagen)

Zunächst einmal geht es um einen Artikel über Kuckuckskinder, der hier zu finden ist und auch in diesem Forum bereits eingestellt war.

Der dazugehörigen Leserbrief sagt aber das wesentliche aus, was bisher kaum ausgesprochen bzw. geschrieben wurde:

Schon das Argument der informationellen Selbstbestimmung des Kindes hat es in sich. Bei heimlichen Vaterschaftstests geht es doch darum, daß der rechtliche Vater klären läßt, ob er auch der biologische Vater seines Kindes ist. Seit wann hat ein Kind ein informationelles Selbstbestimmungsrecht gegenüber seinen Eltern?
Das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist ein Abwehrrecht des Bürgers gegenüber dem Staat, es hat nichts mit zwischenmenschlichen Beziehungen zu tun, schon gar nichts mit den Beziehungen zwischen Kindern und Eltern. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist kein Recht des Kindes gegenüber seinen Eltern. Es ist die "Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen." Die Eltern als die Rechtsvertreter des Kindes bestimmen somit über "die Preisgabe der persönlichen Daten" des Kindes - und müssen selbstverständlich freien Zugang dazu haben. Es wäre außerdem zu fragen, welche "persönlichen Daten" durch die Feststellung des Verwandtschaftsgrades denn offengelegt werden. Eltern wissen auch sonst alles über ihr Kind - Blutgruppe, Impfstatus, Krankengeschichte, Zeugnisnoten etc. Und ausgerechnet die Feststellung der biologischen Verwandtschaftsbeziehung durch einen Elternteil soll das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes verletzen? Diese Begründung für ein Verbot solcher Tests ist so offenkundig an den Haaren herbeigezogen, daß ich mich wundere, warum Juristen nicht unisono aufschreien.

Das Ganze wurde dann auf dieser Seite aufgenommen und kommentiert.

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Erziehungsdiktatur

Chato, Sunday, 22.07.2007, 15:20 (vor 6121 Tagen) @ Christine
bearbeitet von Chato, Sunday, 22.07.2007, 15:26

Guten Morgen Christine!

Der dazugehörigen Leserbrief sagt aber das wesentliche aus, was bisher
kaum ausgesprochen bzw. geschrieben wurde:

Der Gedankengang wurde im Prinzip schon hier (im alten Gelben Forum) ausgesprochen und niedergeschrieben. Zitat von dort:


"Für einen recht und frei denkenden Menschen kann die Sache aber nur so gesehen werden: Befugnis zum Klären der verwandtschaftlichen Beziehungen haben allein diejenigen, die miteinander verwandt sind, bzw. die glauben müssen, dies zu sein! Punkt. Gerade weil auch dem Vater das Sorgerecht nicht abgesprochen werden kann, ebenso wenig wie der Kindsmutter, kann er von der Sache her mit einem selbstbestimmten Test gar nicht gegen das "informationelle Selbstbestimmungsrecht" seines Kindes verstoßen, wie es der BGH einfach unterstellt. Wie kann er das unterstellen?

Der Vater verstößt gegen das Recht seines Kindes sowenig, wie es die Kindsmutter (oder er selbst) täte, wenn eines der Eltern meinetwegen eine (viel weitergehende!) Untersuchung des Kindes auf Erbkrankheiten veranlassen würde. Ist das ab jetzt auch verboten? Nach dieser "Logik" des BGH schon! Muß also ab jetzt eine staatliche Behörde den Eltern die Genehmigung dazu erteilen, wenn sie mit ihrem Kind zum Arzt gehen wollen, weil zu befürchten ist, daß dabei eventuell personenrechtliche Daten des Kindes ermittelt werden könnten? Oder dürfen Eltern die Zustimmung ihres minderjährigen Kindes in diesen Fällen ersetzen? Natürlich dürfen sie das! Folglich dürfen sie es auch im Falle der Abstammungsermittlung, zumal der Vater und um so mehr, weil nämlich hier zusätzlich sein berechtigtes Eigeninteresse empfindlich berührt ist.

Daraus folgt: die ganze Idee, der Vater dürfe die DNA seines Kindes nicht hinsichtlich der wahren Verwandtschaftsverhältnisse untersuchen lassen, von vorn bis hinten blanker Unfug und Kokolores! Selbstredend gilt das alles 'auch' für den "rechtlichen Vater"! Ein Unterschied läßt sich vor dem Testergebnis ja gar nicht machen. Einen anderen Status, als "rechtlicher Vater" zu sein hat kein Vater vor definitiver Feststellung seiner biologischen Vaterschaft. Folglich läßt sich mit diesem Unterschied auch nicht argumentieren und nichts begründen oder bestreiten."

Gruß vom
Nick

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.

Erziehungsdiktatur

Christine ⌂, Sunday, 22.07.2007, 18:04 (vor 6121 Tagen) @ Chato

Hallo Nick,

Der dazugehörigen Leserbrief sagt aber das wesentliche aus, was bisher
kaum ausgesprochen bzw. geschrieben wurde:

Der Gedankengang wurde im Prinzip schon hier (im alten Gelben Forum)
ausgesprochen und niedergeschrieben. Zitat von dort:

natürlich weiß auch ich, das sich für Väter nichts verbessert, dafür aber verschlechtert hat.
Trotzdem muss das immer wieder vorgebracht und angeprangert werden, weil es an Unverschämtheit kaum zu überbieten ist.

Gruß - Christine

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Erziehungsdiktatur - Wen's angeht ...

Ekki, Monday, 23.07.2007, 15:16 (vor 6120 Tagen) @ Christine

Hallo allerseits!

Der verlinkte Artikel beginnt mit den Worten:

Wenn Sie ein Mann sind, und Sie glauben, dieses Thema betreffe Sie nicht ? träumen Sie weiter. Mindestens jedes zehnte Kind ? nach manchen Schätzungen jedes fünfte ? stammt nicht vom Mann, der sich für den Vater hält.

Äh ... jeder Mann hat Kinder? *kopfkratz*

Ich formulier' den obigen Absatz jetzt mal ein bißchen um:

"Frau von der Leyen, wenn sie meinen, die Bevölkerung Deutschlands bestehe nur aus Vätern/Müttern bzw. solchen, die es werden wollen und/oder können, dann träumen Sie weiter."

Solange in die ganze Diskussion nicht die - höchst brisante! - Frage einbezogen wird, warum so viele Menschen sowohl kinder- als auch partnerlos bleiben, solange wird diese Diskussion keine gesellschaftliche Breitenwirkung entfalten.

Die Tragödie der ungewollt Kinder- und/oder Partnerlosen ist nicht weniger schrecklich als diejenige der durch Scheidungskrieg zerstörten Familien.

Nicht jede(r), der/die sich Partner und/oder Nachkommen wünscht, kann sich diesen Wunsch auch erfüllen.

Nun kann und soll sich jeder Staatsbürger auch für Probeleme interessieren, von denen er persönlich nicht unmittelbar betroffen ist, die jedoch ernste gesamtgesellschaftliche Probleme darstellen.

Jede andere Haltung würde von wenig verantwortungsvoller Ignoranz zeugen.

Besagte wenig verantwortungsvolle Ignoranz liegt aber auch dann vor, wenn bestimmte Gruppen mit ihren Problemen marginalisiert, ignoriert oder tabuisiert werden.

Gruß

Ekki

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Lustschreie sind mir wichtiger als Babygeplärr.

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