Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Christine ⌂, Tuesday, 03.02.2009, 15:10 (vor 5583 Tagen)

Destatis, 03. Februar 2009

Für den Erhalt und die Wiederherstellung unserer Gesundheit werden jährlich beachtliche finanzielle Mittel aufgebracht: Im Jahr 2006 entstanden in Deutschland für die Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Pflege von erkrankten Menschen Krankheitskosten von rund 236 Milliarden Euro, das sind 2 870 Euro pro Kopf.

Schnell fällt bei der Auseinandersetzung mit den Kosten im Gesundheitswesen eine Besonderheit auf: Während sich die Bevölkerung im Jahr 2006 aus rund 4% mehr Frauen als Männern zusammensetzte, überschritten die Krankheitskosten der Frauen die der Männer um 36%. Welche Erklärung gibt es für diese Geschlechterdifferenz?

[...]
Frauen - hohe Lebenserwartung, hohe Krankheitskosten?

Die demografische Situation in Deutschland ist von einer Besonderheit gekennzeichnet, die in der Literatur auch als "Feminisierung des Alters" beschrieben wird. Gemeint ist der deutlich höhere Frauenanteil unter der älteren Bevölkerung. Laut Bevölkerungsstatistik waren im Jahresdurchschnitt 2006 ab dem 65. Lebensjahr 58% und ab dem 85. Lebensjahr 75% der Bevölkerung weiblich. Das ungleiche Geschlechterverhältnis ist vor allem eine Folge der beiden Weltkriege und der höheren Lebenserwartung der Frauen.

Auch bei den Krankheitskosten verschiebt sich das Geschlechterverhältnis im Alter: Ab dem 65. Lebensjahr entstanden 62% und ab dem 85. Lebensjahr sogar 80% der Kosten bei Frauen. Der Schluss liegt nahe, die stärkere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens der Frauen könne mit ihrem höheren Anteil an der älteren Bevölkerung zusammenhängen. Anders formuliert: Wie ausgeprägt wäre die Kostendifferenz, wenn es ebenso viele ältere Frauen wie ältere Männer gäbe?

Dieser hypothetische Fall kann berechnet werden. Dazu werden die Kostenverteilungen der Geschlechter altersstandardisiert, indem die durchschnittlichen altersspezifischen Pro-Kopf- Krankheitskosten der Frauen auf die Altersstruktur der männlichen Bevölkerung angelegt werden. Mit diesem Vorgehen wird die Verteilung der Krankheitskosten abgeschätzt unter der Annahme, die Altersstruktur der männlichen und weiblichen Bevölkerung sei vollkommen identisch (bei ansonsten konstanten Bedingungen).

Das Ergebnis dieser Berechnung zeigt: Altersstandardisiert überschreiten die erwarteten Krankheitskosten der Frauen die der Männer nur noch um 11%. Gleichzeitig verringert sich die ursprüngliche Kostendifferenz auf 10,7 Milliarden Euro. Werden zusätzlich die reproduktionsbezogenen Leistungen abgezogen, überschreitet der Erwartungswert der Frauen den der Männer sogar nur noch um 6%. Die Geschlechterdifferenz beträgt in diesem Fall noch 6,1 Milliarden Euro (siehe Schaubild "Kostenmerkmale": Variante B).

Diese Angaben sind das Resultat eines hypothetischen Rechenbeispiels: Auf Basis der gegebenen realen Verhältnisse werden unter bestimmten Annahmen fiktive Kostenverteilungen errechnet. Sie zeigen aber, dass die Geschlechterdifferenz, wenn auch nicht vollständig, so doch in beträchtlichem Umfang als Altersstruktureffekt gedeutet werden kann.

Mehr dazu findet ihr hier http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/STATmagazin/Gesundheit/20...

Kommentare auch im FemokratieBlog

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Männerausbeutung!

Wolfgang A. Gogolin ⌂, Hamburg, Tuesday, 03.02.2009, 15:41 (vor 5583 Tagen) @ Christine

... Schnell fällt bei der Auseinandersetzung mit den Kosten im
Gesundheitswesen eine Besonderheit auf: Während sich die Bevölkerung im
Jahr 2006 aus rund 4% mehr Frauen als Männern zusammensetzte, überschritten
die Krankheitskosten der Frauen die der Männer um 36% ...

Da ist es doch hohe Zeit und gendermäßig korrekt, die Krankenkassenbeiträge für Frauen drastisch zu erhöhen und die für Männer entsprechend zu senken; das gilt auch für die Rentenversicherung.

Aber vermutlich läuft diese krasse Männerausbeutung seit Jahrzehnten unter dem Stichwort 'Solidarität'. Was offenkundig bedeutet, dass der Schwächere den Stärkeren zwangsweise unterstützen muß.

Viele Grüße
Wolfgang

Mann stärker, Frau schwächer.!

Locko, Wednesday, 04.02.2009, 00:08 (vor 5582 Tagen) @ Wolfgang A. Gogolin

... Schnell fällt bei der Auseinandersetzung mit den Kosten im
Gesundheitswesen eine Besonderheit auf: Während sich die Bevölkerung im
Jahr 2006 aus rund 4% mehr Frauen als Männern zusammensetzte,

überschritten

die Krankheitskosten der Frauen die der Männer um 36% ...


Da ist es doch hohe Zeit und gendermäßig korrekt, die
Krankenkassenbeiträge für Frauen drastisch zu erhöhen und die für Männer
entsprechend zu senken; das gilt auch für die Rentenversicherung.

Aber vermutlich läuft diese krasse Männerausbeutung seit Jahrzehnten unter
dem Stichwort 'Solidarität'. Was offenkundig bedeutet, dass der Schwächere
den Stärkeren zwangsweise unterstützen muß.

Viele Grüße
Wolfgang

Wieso? Das verstehe ich jetzt nicht. Ich dachte immer, der Mann ist der Stärkere und die Frau die Schwächere.

Locko

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Eugen, Tuesday, 03.02.2009, 18:39 (vor 5583 Tagen) @ Christine

Danke Christine, für diesen Beitrag. Selbst wenn am Schluss "nur noch" 6 % übrig bleiben, die Frauen mehr entnehmen, dann ist es eine Sauerei, denn umgekehrt wollte mir meine PKV 15 % mehr berechnen, weil ich nach dem AGG die Risiken von Schwnagerschaft und Geburt mitzutragen hätte.

Gruß, Eugen

----------------

Destatis, 03. Februar 2009

...Werden zusätzlich die reproduktionsbezogenen Leistungen

abgezogen, überschreitet der Erwartungswert der Frauen den der Männer sogar
nur noch um 6%. Die Geschlechterdifferenz beträgt in diesem Fall noch 6,1
Milliarden Euro (siehe Schaubild "Kostenmerkmale": Variante B).

Diese Angaben sind das Resultat eines hypothetischen Rechenbeispiels: Auf
Basis der gegebenen realen Verhältnisse werden unter bestimmten Annahmen
fiktive Kostenverteilungen errechnet. Sie zeigen aber, dass die
Geschlechterdifferenz, wenn auch nicht vollständig, so doch in
beträchtlichem Umfang als Altersstruktureffekt gedeutet werden kann.

Mehr dazu findet ihr hier
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/STATmagazin/Gesundheit/20...

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Holger, Tuesday, 03.02.2009, 22:08 (vor 5583 Tagen) @ Eugen

Ich mißtraue destatis aus einem ganz einfachen Grund: die Familienmitversicherung! Laufen alle auf eine Karte, egal ob Männlein oder Weiblein. Eine geschlechterdifferenzierte Betrachtung ist also nur beim Hauptversicherten möglich, womit die ganze schöne Statistik Schrott wäre.

Aufschlussreicher sind die Privaten: auch nach dem Beschiß mit Umlage von Schwangerschaften und Geburten sind die Verträge für Frauen immer noch in nahezu jedem Lebensalter teurer. Da Private strikt risikokalkuliert sind, heißt das direkt: das politisch korrekte Geschwurbel von destatis von der altersbedingten Teuerung ist Quatsch. Das deckt sich auch mit der Tatsache wesentlich längerer AU- Zeiten von Frauen sowie der Häufung besonders kostspieliger psych. Erkrankungen derselben auch in jüngerem Lebensalter.

Hatte da einen wunderschönen PKV- Link vor Jahren in ein Forum gesetzt- steht nicht mehr. Wie mir ein PKVler sagte, fürchten sie die Keule des völlig eingeebneten Unisextarifs.

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Joseph S, Wednesday, 04.02.2009, 22:23 (vor 5582 Tagen) @ Holger

Hatte da einen wunderschönen PKV- Link vor Jahren in ein Forum gesetzt-
steht nicht mehr. Wie mir ein PKVler sagte, fürchten sie die Keule des
völlig eingeebneten Unisextarifs.

Wie wäre es damit: http://www.pkv.de/zahlen/pflichtveroeffentlichungen/ Hier kann man die Ausgaben in der PKV zwischen Männern und Frauen in den Teilbereichen altersabhängig vergleichen. Pflichtveröffentlichung heißt eben, daß sie das tun müssen, um den Unisextarif zu vermeiden.

Gruß
Joseph

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Goofos @, Tuesday, 03.02.2009, 23:05 (vor 5583 Tagen) @ Christine

Irgendwo sagt die Rechnung nicht das aus, was sie sollte. In der ganzen Rechnung wurden nur Boni für Frauen beachtet, für Männer nicht. Wenn man schon hingeht und Ursachen für hohe Kosten bei den Frauen sucht um diese heraus zu rechnen, wieso werden nicht die Ursachen hoher Kosten von Männer belichtet?

Fragt bei Destatis nach

Christine ⌂, Wednesday, 04.02.2009, 10:49 (vor 5582 Tagen) @ Goofos

Irgendwo sagt die Rechnung nicht das aus, was sie sollte. In der ganzen
Rechnung wurden nur Boni für Frauen beachtet, für Männer nicht. Wenn man
schon hingeht und Ursachen für hohe Kosten bei den Frauen sucht um diese
heraus zu rechnen, wieso werden nicht die Ursachen hoher Kosten von Männer
belichtet?

Hier die Daten:

Weitere Auskünfte gibt:
Manuela Nöthen,
Telefon: (0611) 75-8231,

E-Mail: gesundheitsrechensysteme@destatis.de

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Hypothetische Männer

Christine ⌂, Wednesday, 04.02.2009, 11:37 (vor 5582 Tagen) @ Goofos

Rainer hat den Beitrag im FemokratieBlog bearbeitet, es lohnt sich, diesen zu lesen.

http://femokratieblog.wgvdl.com/maenner-frauen-gesundheit-kosten/02-2009/

Hypothetische Krankheitskosten

[image]

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Joseph S, Wednesday, 04.02.2009, 22:38 (vor 5582 Tagen) @ Christine

Hallo Christine,

es ist schon auffällig, worauf die hinaus wollen. Die wollen abstreiten, daß Frauen in der (gesetzlichen) Krankenversicherungen die großen Gewinner sind. Daß entgegen der früheren Propaganda das Herausrechnen der Schwangerschaftskosten nicht reicht, können sie wohl nicht mehr abstreiten.

Dann rechnen sie die Kosten der Pflegeversicherung heraus. Warum eigentlich? Weil das der Teil ist, bei dem die Frauen besonders stark profitieren. Da hilft noch nicht einmal der Vergleich bei gleichem Alter. Etwa ab Alter 75 steigen die Pflegekosten pro Frau deutlich über die Pflegekosten pro Mann, und da fangen diese erst an, deutliche Größen anzunehmen. Erschwerend kommt noch die höhere Lebenserwartung der Frauen dazu.

Die nächste Frage ist, wie diese die übrigen Kosten altersbereinigt haben. Wenn man nämlich die vom PKV-Verband veröffentlichten Alters- und Geschlechtsabhängigkeiten vergleicht, sieht man daß das nicht trivial ist, und Raum für Gestaltungsspielraum bietet, auch wenn die Zahlen des PKV-Verbands natürlich nur die privat Versicherten enthalten.

Und selbst mit diesen ganzen Tricks bleiben immer noch mehr Leistungen für Frauen stehen.

Gruß,
Joseph

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Christine ⌂, Thursday, 05.02.2009, 00:54 (vor 5581 Tagen) @ Joseph S

Hallo Josef,

es ist schon auffällig, worauf die hinaus wollen. Die wollen abstreiten,
daß Frauen in der (gesetzlichen) Krankenversicherungen die großen Gewinner
sind. Daß entgegen der früheren Propaganda das Herausrechnen der
Schwangerschaftskosten nicht reicht, können sie wohl nicht mehr abstreiten.


was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde, wie Destatis die Mehreinnahmen der Betriebe für Schwangerschaftskosten verrechnet. Immerhin muß jeder Arbeitgeber 0,2% zusätzlich zu den gesetzlichen Pflichtbeiträgen zahlen.

Hat jemand da Erkenntnisse, ansonsten schreibe ich Destatis mal an.

Gruß - Christine

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Männer und Frauen im Gesundheitswesen: Ein Kostenvergleich

Joseph S, Friday, 06.02.2009, 00:04 (vor 5580 Tagen) @ Christine

hallo Christine,

wie destatis Schwangerschaftskosten bestimmt, weiß ich nicht. Vielleicht liegen da Auswertungen der Krankenkassen über Auszahlungsarten zugrunde. Bei den privaten sind die Kosten acht Monate vor der Geburt bis einen Monat nach der Geburt als Schwangerschaftskosten zu erfassen. So genau kommt es denen nicht darauf an. Haupsache, es ist einfach bestimmbar und es gibt keinen Ärger mit dem AGG, auch schon mal als Anti-Gleichbehandlungsgesetz bezeichnet. Wenn man genau definieren soll, welche Kosten Schwangerschaftskosten sind, ist das gar nicht so einfach.

Gruß,
Joseph

powered by my little forum