Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Kategorie Journalie (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Friday, 10.05.2013, 19:54 (vor 4013 Tagen)

F1 Viola Roggenkamp – geboren am 15.04.1948 in Hamburg – stammt aus einer deutsch-jüdischen Familie – studierte Psychologie, Philosophie und Musik – Journalistin (taz, Berliner Zeitung)- bekannt wurde sie als Publizistin, schrieb lange für DIE ZEIT und EMMA – Mitglied im Kuratorium des Feministischen Instituts der Heinrich-Böll-Stiftung (später Gunda-Werner-Institut) - zahlreiche Buchveröffentlichungen u.a. "von mir soll sie das haben?" - Porträts von Müttern lesbischer Töchter (1996) und "Frau ohne Kind - Gespräche und Geschichten einer Tafelrunde (2005) - http://www.viola-roggenkamp.de - http://www.literarisches-zentrum-goettingen.de/static/photologue/photos/cache/Viola_Roggenkamp%C2%A9Christel_Becker-Rau_bigsize.jpg - http://www.glow-boell.de/de/rubrik_1/4_717.htm

„Nicht die Moderne oder die Gleichberechtigung oder der Feminismus haben im Westen die Bedeutung von Familie untergraben, sondern die narzisstische Wut des Mannes über seinen Bedeutungsverlust. Nicht die gesellschaftliche Präsenz und das Können von Mädchen und Frauen zerstören familiären Schutz, sondern die Verweigerung verantwortlicher Väterlichkeit“
http://www.taz.de/pt/2002/09/25/a0145.nf/text

„das frauenfeindlichste Land Europas“

http://www.taz.de/pt/2003/07/30/a0155.nf/text

„Das wird sich nicht wiederholen. Aber manches ist geblieben. Frauen, nicht Männern, wird der Vorwurf gemacht, es würden zu wenig Kinder geboren. Gefragt wird in Untersuchungen, ob die Emanzipation der Frau schuld sei. Hinsichtlich der Männer wird bloß erwogen, ob Umweltgifte ihre Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt haben könnten. Mehr nicht.“

http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2004/01/07/a0158

HOMOEHE
Lesbenehe
In Hamburg wurden zwei lesbische Frauen kirchlich getraut. Zum erstenmal in der Bundesrepublik vollzog ein Geistlicher für ein homosexuelles Paar die Trauungszeremonie. Zum erstenmal fand eine Eheschließung zwischen zwei Frauen vor einem Millionenpublikum statt, denn Springers "Bild" ("Lesben-Hochzeit: Liebe auf den ersten Blick") und "Bild der Frau" ("Das lesbische Ehepaar: Ein Herz und eine Seele") zusammen 7,5 Millionen verkaufte Auflage - schlagzeilten die 27jährige Taxifahrerin Sabine Löschenkohl und die 28jährige Hausfrau Sylvia Hansen zum Traum-Paar des Jahres.
Was das Boulevardblatt mit dem hauseigenen Unterton ("Wie klappt die Ehe der lesbischen Frauen?" - "Oft tiefe Enttäuschung mit Männern") gegen ein mehrstelliges Exklusiv-Honorar als Realität verkaufte, davon können Homosexuelle (Frauen wie Männer) heute in Wahrheit nur träumen: Traumpaar oder ganz einfach nur Ehepaar zu sein. Vielleicht erklärt auch das die Heiratsfreudigkeit so mancher homosexueller Frauen?
Hamburg - "Camelot": An der Bar sitzen Frauen mit Frauen, in den Nischen schmusen Frauen mit Frauen, unter der Tango-Kugel tanzen Frauen mit Frauen. "Wenn das möglich wäre, würde ich sofort bei meiner zukünftigen Schwiegermutter um Susis Hand anhalten.
Die alte Dame würde ganz schön gucken. Wahnsinn! Ich kriege jetzt schon weiche Knie", strahlt Gisela, 48 Jahre alt und Buchhalterin in einer kleinen Speditionsfirma. "Wir sind schließlich seit 15 Jahren zusammen, und Susi bekäme später meine Rente." Sigried, Mathematiklehrerin und 33 Jahre alt: "Heiraten? Aber klar! Von meinen vier Schwestern sind inzwischen zwei wieder geschieden, nach vier und fünf Jahren Ehe. Aber die haben alle eine solide Aussteuer von meinen Eltern bekommen. Bloß ich bin leer ausgegangen. Dass Gabi und ich seit sieben Jahren zusammenleben, zählt eben nicht."
Berlin - "Dinelo": Eine Damenbar mit Billardtisch und Restaurant-Betrieb. "Aber sicher würde ich heiraten, sofort, schon aus steuerlichen Gründen", reagiert die 30jährige Steuerberaterin Annegret prompt. Petra, 28 Jahre alt, ist zur Zeit erwerbslos, sie wehrt entsetzt ab: "Auf keinen Fall! Dann müssten wir ja sonntags immerzu meinen Eltern, so wie mein Bruder mit seiner Frau". Simone, 22 Jahre alt, arbeitet in einem Frauenprojekt: "Kirchlich würde ich es nie machen. Das bringt ja nichts. Aber in Frack und Zylinder vorm Standesamt - geil! sag ich nur."
Wenige Tage später ist in der Hamburger Lesbenszene die Stimmung am umschlagen. Der Unmut gegen die beiden Frauen wächst. Die haben doch, so nehmen inzwischen die Frauen in den Hamburger Lesbenlokalen an, den Pastor "gelinkt".
Dass die längst fällige Diskussion um die Frage Recht auf Ehe und Recht auf die Vorrechte von Ehepaaren auch für homosexuelle Lebensgemeinschaften nun in Gang gekommen ist, finden die meisten in Ordnung. Allein, dass ausgerechnet die beiden Frauen, die ihre Hochzeit an Springers "Bild" verkauft haben, die Diskussion auslösten, empört die meisten. "Das ist doch nur eine Show gewesen", ist nahezu durchgängig die Meinung.
Und empörend auch - so die Ansicht vieler lesbischer Frauen - wie hier zwei Frauen das traditionelle und frauenfeindliche Klischee "Macker und Hausmütterchen" mitmachen und über ihre Sensations-Hochzeit durch "Bild" verkaufen und verbreiten lassen.
"Es stimmt leider", so eine Lesbe in den "Ika-Stuben", dass "unter uns immer auch noch Frauen sind, die das typische Macker-Image ausleben, die sich hier an die Bar stellen und sagen: ,Gib mal 'n Bier rüber, ich hab' heute Abend freie Bahn, meine Alte ist zuhause geblieben'." Dass nun ausgerechnet zwei Frauen, die diesem Klischeebild zu entsprechen scheinen (zumindest nach der Darstellung von "Bild") über Springers Massenblatt die "lesbische Ehe" verkaufen, passt vielen nicht.
Die Ablehnung gegenüber diesem ,,irgendwie perversen Komplott" lesbische Hochzeit in "Bild" geht sogar soweit, dass viele der Meinung sind, der ganze Rummel schade mehr als dass er nütze.
Dass zwei lesbische Frauen über die "Bild"-Zeitung als "frisch Vermählte den Rest der Welt" grüßen, die "Himmelsmacht der kirchlich abgesegneten Liebe" preisen und dazu noch "richtig spießig in herkömmlichen Trauungsklamotten" vor den Altar getreten sind, das scheinen aber vor allem heterosexuelle Feministinnen übel zu nehmen - besonders diejenigen, die selbst schon eine Scheidung hinter sich haben und von der Ehe nun wirklich nichts mehr wissen wollen.
Schließlich wissen gerade Feministinnen nur zu gut, dass die Institution Ehe Hauptschauplatz patriarchalischer Disziplinierung und Ausbeutung von Frauen ist. Als Institution bietet die Ehe allerdings auch sozialen Schutz, ökonomisch wird sie vom Staat gefördert: Witwenrente, Erbrecht, steuerliche Vergünstigungen, Erbschaftssteuerrecht, Krankenversicherung über den Partner, hinzu kommen Zeugnisverweigerungsrecht im Strafverfahren, das Recht, nach dem Tod der Ehefrau/des Ehemannes das Mietverhältnis fortzusetzen, Bevorzugung bei der Vergabe von Studienplätzen (wegen sonst drohender Versetzung an einen anderen Ort), Asylrecht, Ausländerrecht um nur einige der Vorteile von Eheleuten zu nennen.
Die Ehe einzugehen mit einem Menschen ist - egal was man/frau sonst von der Ehe hält - außerdem ein elementares Menschenrecht. Ein Menschenrecht, das im 3. Reich zum Beispiel Juden, Blinden und Prostituierten abgesprochen wurde. Ein Menschenrecht, das heute Homosexuellen nicht zugestanden wird. Was sagt also die Deutsche Liga für Menschenrechte in München dazu?
General-Sekretär, Rechtsanwalt Weyrich zu EMMA: "Man kann sagen, die Moral gebietet ein Nein. Man kann genauso sagen, es soll jeder tun, was er will. Da die Frage in keinem Artikel der Menschenrechte der Uno berührt wird, verletzt es die Menschenrechte nicht, wenn zwei Homosexuelle getraut werden." - "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Gesellschaft, in der er lebt" (Rosa von Praunheim).
Es war dem General-Sekretär nicht klarzumachen, dass die Frage umgekehrt gemeint war: nämlich, ob es ein Verstoß gegen Menschenrechte von Homosexuellen ist, dass sie als Menschen mit (Ehe)Rechten erst gar nicht vorkommen ...
"Der Gesetzgeber hat schlichtweg vergessen, die Ehe zwischen homosexuellen Menschen ausdrücklich zu verbieten. Es steht nirgendwo geschrieben, dass Gleichgeschlechtliche nicht heiraten dürfen", gibt Kurt Zinke, 57 Jahre alt und Leiter des Standesamtes in Hamburg-Altona, Auskunft. "Hin und wieder bekomme ich telefonisch Anfragen. Da wollen zwei Männer heiraten oder auch zwei Frauen. Juristisch wäre es möglich. Die Betroffenen könnten darum, nachdem sie vom Standesbeamten sozusagen wegen eines ungeschriebenen Gesetzes abgewiesen wurden, zum Amtsrichter gehen und klagen."
"Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich", heißt es in Artikel 4 des Grundgesetzes. Professor Reinhard! Hummel von der als ,,progressiv" bekannten "Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen" in Stuttgart zu EMMA: "Das ist eine innerkirchliche, sozialethische Frage. Eine persönliche Meinung, die Sie zitieren wollen? Nee. Oder doch: Warum hat der Pastor das denn überhaupt gemacht?" - emma: ,,Vielleicht aus Menschlichkeit?" - Professor Hummel: "Rein menschlich könnte man das sogar machen, wenn man die Hauskatze mit dem Haushund traut."
Am 18. April, wenige Tage vor der Kreuzigung und Auferstehung des Herrn, fand in der Friedenskirche in Hamburg-Altona die Trauung statt. Die Orgel spielte, und dann hieß Pastor Christian Arndt ("Mir haben noch nie so die Knie gezittert wie vor dieser Trauung") die beiden zu vermählenden Menschen willkommen: "Liebe Frau Hansen, liebe Frau Löschenkohl, liebe Gäste!" Unter den wenigen Gästen war auch - was der junge Pastor nicht wusste - eine Redakteurin der "Bild"-Zeitung.
"Zu diesem Gottesdienst möchte ich Sie und alle herzlich begrüßen! Wir wissen, dass es nicht oder besser gesagt noch nicht selbstverständlich ist, dass ein Paar wie Sie getraut wird, das heißt doch, Gottes Segen erhalten für den gemeinsamen Lebensweg. Ich wünsche Ihnen beiden und uns allen, dass das Fest, das Sie heute feiern, angenehme Erinnerungen hinterlässt."
Sie sangen "Lobet den Herrn", und es folgte die Lesung: "Preis der Liebe", Korinther, Kapitel 13, Vers eins bis sieben: "Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle." - "Sie vertraget alles, sie glaubet alles, sie hoffet alles, sie duldet alles." Auch die Ehe zwischen zwei Frauen? "Wollen Sie sich einander annehmen, so wie Sie sind, und in guten wie in schweren Stunden einander nicht im Stich lassen und darauf vertrauen, dass Gott Sie beide gnädig durch die Zeiten führt? - so antworten Sie bitte gemeinsam: Ja, das wollen wir!" Und Sabine und Sylvia antworteten gemeinsam: "Ja, das wollen wir!"
Pastor Arndt segnete die beiden Frauen und sprach: "Gebt Euch nun einander die Ringe als Zeichen Eurer Verbundenheit." Und Sabine und Sylvia gaben einander die Ringe. Dass er ihnen auch noch eine Urkunde mit Siegel überreichte, war rührend, wird aber möglicherweise dazu führen, den mutigen und in seiner Gemeinde überaus geschätzten wie beliebten Pastor obendrein wegen "Amtsmissbrauch" belangen zu können.
"Jetzt laufen quasi die Ermittlungen gegen ihn", war von der Nordeibischen Kirche in Hamburg zu erfahren. Es gebe vier Möglichkeiten: "Erstens - gar nix, zweitens - Verweis, oder drittens - das kirchliche Disziplinargericht verlangt die Versetzung, und viertens kann die kirchliche (Spruchkammer ohne langes förmliches Verfahren und Anhörung die Versetzung verhängen. Aber bis dahin können noch einige Wochen vergehen. Wir haben viele Disziplinarverfahren laufen." Inzwischen hat die Kirchenleitung der Nordeibischen evangelisch-lutherischen Kirche offiziell die "sogenannte ‚Trauung' zweier Frauen in der Friedenskirche Altona" für "null und nichtig" erklärt.
"Die Kirche", heißt es in der Pressemitteilung, "darf sich nicht leiten lassen von einer gesellschaftlichen Diskriminierung homophil veranlagter Menschen. Sie darf aber auch nicht das in der Homophilie deutlich zum Ausdruck kommende Zurückbleiben hinter dem Schöpfungsgebot Gottes rechtfertigen. Die Kirchenleitung bedauert es, wie der Segen Gottes zum Gegenstand fragwürdiger Bestrebungen gemacht wurde."
Mit dieser Ansicht befindet sich die Kirche in schlechter Gesellschaft. Kaum war die "Bild"-Zeitung am Tag nach Ostern erschienen, meldeten sich gegen fünf Uhr morgens die ersten anonymen Anrufer bei Pastor Arndt: "Schweinepastor" und "Hurenpfaffe" waren noch die gemäßigten Ausdrücke. Der neunjährigen Tochter verboten die besorgten Eltern vorsichtshalber, ans Telefon zu gehen. Sie tat es dann doch, weil sie einen Anruf von einer Freundin erwartete. Ein Mann war am anderen Ende der Leitung: "Sage deinem Vater, ich will meinen Schäferhund heiraten, wann er uns trauen kann?"
Es folgten Briefe, Briefe von "Bild"-Lesern und "Bild"-Leserinnen, die schlimmsten von den Frömmsten:
"Meinen Sie, dass Sie Gott damit einen Gefallen getan haben, indem Sie die zwei Weiber getraut haben? Haben Sie sich nicht selbst damit schwer versündigt, indem sie die Gräuelsünde der Weiber noch segneten! Ich glaube, ja!"
"Diese Frauen sollte man in die Wüste schicken, dann würde es ihnen schon vergehen. Es wäre genauso, wenn homosexuelle Männer heiraten würden. Die gehören alle zum Teufel gejagt. Sie gehören wie Hexen verbrannt oder verbannt in alle Ewigkeit."
"Für mich ist diese Trauung eine Verhöhnung Gottes und eine Entweihung des Gotteshauses."
"Seit wann werden Huren in der Kirche getraut?"
"Herr Arndt, an der Ludgerikirche in Münster (Westfalen) sind seinerzeit für die Wiedertäufer zwei eiserne Käfige angebracht worden. Hier wurden die damaligen Rebellen eingesperrt, hochgezogen und den Krähen zum Fraß überlassen. Man soll jetzt diese Käfige wieder einer nützlichen Verwendung zuführen, indem man sie mit dem lesbischen Ehe(!)-paar darin einsperrt, wieder hochzieht, und dann haben die Krähen wieder einen leckeren Fraß!"
"Gott wird Ihnen das nie verzeihen."
Alle diese Zuschriften waren bis auf wenige Postkarten nicht anonym, adressiert an den ,sogenannten' oder ‚gewesenen' Pastor, den "Satansbraten" oder "Lesbischen Pastor".
Immerhin - es fanden sich auch mutige Gemeindemitglieder, die schriftlich bei der Kirchenleitung ihre Hochachtung gegenüber dem so geschmähten Pastor aussprachen, dem der Kirchenvorstand nahegelegt hatte, sich erst mal krankschreiben zu lassen.
Pastor Arndt: "Ich fühle mich jetzt auch nervlich wirklich angegriffen." Er beantragte ein Untersuchungsverfahren gegen sich selbst. Es hatte eine symbolische Handlung sein sollen, über die dann "diskutiert werden kann". Kollegen-Reaktionen: "Wir teilen deine Meinung, aber wir hätten es nicht getan."
Arndt: "Ich wollte erst anschließend mit dem Probst und dem Kirchenkonvent sprechen." Ein Kollege und die "Bild"-Zeitung waren ihm zuvorgekommen. Probst Herberger war bereits informiert und - entrüstet. Kritische Freunde warfen dem Altonaer Pastor vor: "Du mit der "Bild"-Zeitung!" Christian Arndt: "Das schmerzt. Aber ich wusste davon ja nichts."
Inhaltlich war Pastor Arndt auf die Frage einer kirchlichen Trauung ohne den dafür notwendigen standesamtlichen Trauschein "irgendwie schon vorbereitet gewesen, weil es auch heterosexuelle Paare gibt, die nicht aufs Standesamt wollen, aber den kirchlichen Segen haben möchten."
Die Kirche, findet er, habe sich durch das Bismarck-Gesetz von 1874 in eine politische Abhängigkeit zum Staat gebracht, die "in der Nazi-Zeit verhängnisvoll war". Damals wurde "auch getauften Juden die standesamtliche Trauung verweigert, und die Kirche musste die Politik des Nazi-Regimes wegen dieser gesetzlichen Vorschrift mittragen."
Wenn er zwangsweise versetzt wird, muss er sich selbst um eine neue Stelle bewerben "unter diesen Umständen nicht sehr aussichtsreich. Meine Frau verliert ihren Arbeitsplatz, meine Tochter muss umgeschult werden. Jetzt sagen alle: ‚Du bist ja selbst schuld'." Vors Arbeitsgericht etwa kann Pastor Arndt nicht gehen. Der Spruch der ihm vorgesetzten Nordelbischen Glaubensbrüder ist für den Geistlichen bindend.
Was nun sagen Christinnen und Politikerinnen zu der Lesbenehe?
Christa Meves, 58jährige Psychagogin, katholische Parai de-Moralistin, "Mutter der Wende", Mutter von zwei Töchtern und Gattin eines Arztes - "Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass ich mit einer Zeitschrift, die so widerwärtig und so falsch e über einen berichtet, ohne mich vorher davon zu unterrichten, also nee, obwohl, ich habe eine Menge sehr netter lesbischer Freundinnen."
Uta Ranke-Heinemann, katholische Konvertitin, Theologie-Professorin und Enfant terrible, musste sich zunächst "mit Papi" besprechen, "das ist mein Mann". Dann kam ein gut sortiertes Statement:
"Ehe ist dem Begriff und der Sache nach in wohl allen Sprachen und Kulturen eine heterosexuelle Angelegenheit, bei uns in Form der Monogamie. Weil die Gemeinschaft von Mann und Frau als wichtige, soziale Institution angesehen wird, wird sie vom Gesetz normiert und gefördert. Durch die Eheschließung wird das Zusammenleben von Mann und Frau rechtmäßig.
Das Wort ‚Ehe' bedeutet etymologisch nichts anderes als ‚Recht', ‚Gesetz'. Die Lebensgemeinschaft von zwei Frauen oder zwei Männern unterliegt keiner gesetzlichen Norm und Förderung, sie ist also keine Ehe. Das mögliche Verlangen der homosexuellen Partner nach einem pastoralen Segen und die mögliche Erteilung eines solchen, ist eine rein private Angelegenheit. Man kann auf solchen Segen weder einen Rechtsanspruch erheben noch ihn zu einer kirchlichen Formvorschrift machen. Falls ein Pfarrer seinen privaten Segen ohne Ermächtigung eines Amtsrichters erteilt, handelt er kirchenrechtswidrig."
Aha.
Maja Stadler-Euler, Rechtsanwältin und FDP-Mitglied in Hamburg, dagegen findet "alles richtig, was provokativ auf die notwendige Veränderung von gesellschaftlichen Verhältnissen hinweist". Ob die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften "nur dadurch abgebaut werden kann, dass die Betreffenden heiraten können, wage ich allerdings zu bezweifeln. Aber es macht natürlich aufmerksam auf die Notwendigkeit von Veränderung."
"Bild" (ob da wohl ein Nest ist?) hatte ihr im vergangenen Jahr ein homosexuelles Männer-Paar in die Anwaltspraxis geschickt, das vor dem Amtsgericht auf das Recht auf Trauschein klagen wollte. Doch Maja Stadler-Euler "waren die beiden nicht seriös genug". Sie hatte den Eindruck "die Verbindung der beiden Männer würde den langwierigen Klageweg nicht überdauern". Sie hält auch heute eine Verfassungsbeschwerde für "ziemlich aussichtslos; die würde abgeschmettert". Aber: man müsse über andere Möglichkeiten der Absicherung "solcher Beziehungen" nachdenken.
Christa Nickels von den Grünen: "Ich finde das grundsätzlich richtig, dass der Pastor die beiden Frauen getraut hat. Ich fände es auch richtig, wenn die Standesbeamten homosexuelle Paare trauen würden. Es ist ja auch im Gesetz gar nicht verboten, aber das tun i die spießigen Beamten natürlich trotzdem nicht. Gegen die Institution Ehe gäbe es selbstverständlich viel zu sagen.
Aber wenn zwei Menschen miteinander leben wollen in Liebe und Zuneigung und auch füreinander sorgen und einstehen wollen, wie es ja in der Trauungsformel heißt, dann kann man das nicht am Geschlecht festmachen. Das ist eine allgemein menschliche Eigenschaft. Und darum begrüße ich auch den Entschluss dieser beiden Frauen. Dadurch kommt das ganze Weltbild ins Wanken.
Denn mit der Trauungsformel wird ja immer der ganze traditionelle Kram mitverkauft, die Unterdrückung der Frau durch den Mann, ihre Abhängigkeit von ihm. Das ist ja das Gute an der Ehe der beiden Frauen. Sie dokumentieren damit: Das Schöne reklamieren wir für uns, aber das Unterdrückungskonzept schmeißen wir über Bord".
In Dänemark traute Anfang Februar 1973 Pastor Harald Sctbye von der dänischen Volkskirche vor der Fernsehkamera zwei Lesbierinnen. Der entlassene Geistliche veranlaßte dadurch immerhin die Sozialistische Volkspartei, sich für "die Legalisierung der Ehe zwischen Homophilen" einzusetzen.
Bislang ist nur in Schweden die Registrierung einer homosexuellen Lebensgemeinschaft legitim. Folge: Die Sozialbehörde kassiert getreu der Beistandspflicht beim Partner oder der Partnerin, wenn einer von beiden vom Staat finanziell unterstützt wird.
Das geht in der BRD wie in Frankreich - auch ohne diese relative Anerkennung einer schwulen oder lesbischen Ehe - sobald das Sozialamt eine "eheähnliche Gemeinschaft" wittert. In Frankreich musste die 35jährige Nadia Loriaux, Mutter von drei Kindern, 1.675 Mark an die Behörde zurückzahlen, weil das Kindergeld ,,entsprechend der 1 neuen familiären Situation" neu berechnet wurde. Nadia war im Februar 1982 mit ihrer lesbischen Freundin Annie Dupas zusammengezogen.
Bei dieser Anerkennung ihrer lesbischen Lebensgemeinschaft blieb es aber auch. Das Finanzamt verweigerte die Einstufung in die entsprechend günstigere Steuerklasse der als "Haushaltsvorstand" fungierenden Annie Dupas. Die drei Kinder traten darum im Mai 1984 in den Schulstreik.
Getadelt wurde 1976 von den Bischöfen von Chelmsford und Colchester der anglikanische Vikar Peter Elers, der in Südengland zwei lesbische Paare getraut hatte. Und entlassen werden sollte aus der US-Army Unteroffizierin Marie Sode, weil sie mit einer Frau verheiratet ist. Bei der Trauung im Dezember 1976 hatte auch der Richter nicht bemerkt, dass Kristian von Hoffburg weiblichen Geschlechts war und eigentlich Linda Bowers hieß. Maries Rechtsanwalt bat um Aufschub: Linda/Kristian wollte sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen.
Im März 1983 wurden im niederländischen Groningen von einem katholischen Priester zwei Frauen getraut (emma berichtete darüber). Pater Antonius Heymans war der Auffassung, dass gegen eine Trauung "nichts einzuwenden" sei, wenn der Bund von "aufrichtiger Liebe getragen" werde. Sein Papst denkt da anders.
Liebe zwischen Frauen und der Ehe vergleichbares Zusammenleben zwischen zwei Frauen hat es immer gegeben. Die Amerikanerin Lillian Faderman, Professorin an der Universität Fresno, Kalifornien, hat in ihrem Buch "Surpassing the Love of Men" ("Die Liebe von Männern übertreffend") Beispiele dafür von der Renaissance bis zur Gegenwart zusammengetragen. In Kapitel 4 schreibt sie unter der Überschrift "Boston Marriage":
"Die Bezeichnung ‚Boston Marriage' meinte im späten 19. Jahrhundert eine über lange Zeit andauernde monogame Verbindung zwischen zwei unverheirateten Frauen. Diese Frauen waren generell finanziell unabhängig von Männern, entweder durch Familien-Vermögen oder durch eigene Erwerbstätigkeit. Sie waren im allgemeinen Feministinnen, oft Pionierinnen in der Berufswelt.
Sie waren sehr engagiert in kultureller und sozialer Arbeit. Ob diese Verbindungen manchmal oder oft Sexualität einschlössen, werden wir nie erfahren. Aber wir wissen, dass diese Frauen ihr Leben vorrangig mit anderen Frauen lebten. Sie widmeten anderen Frauen das ganze Ausmaß ihrer Energie und Achtung, und sie pflegten starke, emotionale Beziehungen zu anderen Frauen."
Oft wussten lesbische Frauen keinen anderen Ausweg, als sich als Mann zu verkleiden, um so die Geliebte und damit ihre eigene Umwelt zu täuschen: "In einem Hause in der S.-Straße wurde in Berlin ein junges Mädchen in ihrem mit Leuchtgas angefüllten Zimmer besinnungslos aufgefunden. Durch die Wiederbelebungsversuche gelangte das Mädchen wieder zur Besinnung. Wie sie aussagte, haben sie recht eigenartige Beweggründe zum Selbstmord veranlasst.
Schon seit Jahren trug sie, ihrer besonderen Veranlagung wegen. Männerkleidung und war auch im entfernteren Bekanntenkreise nur als Mann bekannt. Als solcher lernte sie ein gleichaltriges junges Mädchen kennen, mit dem sie Freundschaft schloss. Aus dieser Freundschaft wurde bald ein Liebesverhältnis, das zu einer Verlobung führte. Eines Tages entdeckte die überglückliche Braut den Betrug und entlarvte ihren ‚Bräutigam' vor aller Welt als Frau in Männerkleidern. Die Verlobung wurde natürlich sofort aufgelöst." (Aus "Enzyklopädie der Kriminalistik", "Das Weib als Sexualverbrecherin", 1931).
Am 13. Oktober 1721 wurde Catharina Margaretha Lincken mit 27 Jahren zum Tode verurteilt und durch das Schwert hingerichtet. Ihr Verbrechen: Sie hatte, verkleidet als Mann, sich kurz vor Michaelis im Jahre 1717 von Oberprediger Lic Chauden in St. Pauli zu Halberstadt mit der 18 jährigen Catharina Margarethen Mühlhahn trauen lassen, und zwar unter dem Namen Anastasium La; grantinum Rosenstengel. Ändern sich die Zeiten?
"Zwei Lesbierinnen", meldete am 10. Februar dieses Jahres dpa, "sollen in der englischen Stadt Hereford als Ehepaar behandelt werden und vor allen verlobten Paaren eine Sozialwohnung erhalten. Das hat der zuständige Ausschuss des Stadtrats, in dem die Liberalen in der Mehrheit sind, entschieden. Wenn die beiden Frauen sich als Einzelpersonen registrieren ließen, müssten sie in Hereford mindestens fünf Jahre lang auf eine Sozialwohnung warten."
Das lesbische (Fast)Ehepaar Sabine Löschenkohl ("ich will Sylvias Nachnamen annehmen") und Sylvia Hansen ("Hansen ist auch viel netter") verkaufte seine Story ausgerechnet der "Bild"-Zeitung. Es ist erst zehn Jahre her, da ließ das Springer-Blatt keine Gelegenheit aus, die beiden Wörter "Mord" und "lesbische Frauen" in einen die allgemeine Gültigkeit suggerierenden Zusammenhang zu bringen: "Das Mordgeständnis der lesbischen Frauen".
Anlass waren 1972 die beiden Frauen Judy Andersen und Marion Ihns, die den Ehemann Marions, Gemüsehändler Wolfgang, umbringen ließen. "Bild": "Der Schenefelder Gemüsehändler musste sterben, weil seine Frau, nach der Geburt des zweiten Kindes. unter sexuellen Störungen litt." Was mit ,,sexuellen Störungen" gemeint war? "Bild": "Ehefrau Marion Ihns (29) verliebte sich in eine junge Dänin."
Das Wort "lesbisch" geriet damals nach "Bild"-Verständnis zum Synonym für "kriminell". Doch wenn "Bild" es erlaubt, dürfen zwei Frauen als "perfekte Kopie des kleinen Bürgerglücks" (taz) heiraten. "Das Leben der beiden wird als das geschildert, wovon die Normalverbraucherehe nur noch träumen kann" (taz). Und damit an diesem Bild von "Bild" auch nicht gerüttelt werden kann, nahm die Zeitung die beiden Frauen unter Exklusivvertrag - auf ein Jahr. "Bild"-Redakteur J Boeer zu EMMA: "Wenn Sie 13.000 Mark zahlen, können Sie die beiden Mädchen für ein Gespräch haben."
Als im Januar 1979 das ARD-Fernsehen die amerikanische Serie "Holocaust" sendete, war die Mehrheit des gerührt-erschütterten deutschen TV-Publikums der Meinung: "Diese nette jüdische Familie Weiß hätten sie wirklich leben lassen können."
So ergab denn auch die "Bild"-Blitz-Umfrage: "Frau heiratet Frau - was sagen Sie dazu?" seichte Sentimentalität, bei genauerem Lesen aber die alte Selbstgerechtigkeit salopp vorgetragen: "Nachbar Michael Bahr (30), Gerüstbauer, verheiratet, eine Tochter (5): .Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden. Aber meine Tochter dürfte keinen Kontakt mit der Familie haben."
Verleger Jörn Berlau (41) aus Hamburg-Blankenese gegenüber "Bild": "Prima, dass zwei Frauen ihr Verhältnis mit einer kirchlichen Trauung öffentlich bekennen. Wenn allerdings meine Tochter Nicole mir morgen erzählt, sie heiratet eine Freundin, wäre ich geschockt."
Geschockt, empört und "total verunsichert" - so eine "Bild"-Mitarbeiterin - sind auch die "Bild"-Männer, "sogar unsere smarten Boys, die sich sonst in ihrem männlichen Selbstverständnis nicht so leicht erschüttern lassen." Und eine andere Springerjournalistin: "Die fühlen sich von ihrem eigenen Blatt irgendwie verarscht."
Es gibt vom Oberlandesgericht Frankfurt ein Urteil, in dem eine Eheschließung zwischen zwei Frauen als "nach dem Gesetz" nicht möglich festgeschrieben wurde. Und das kam so: In einem hessischen Dorf hatte am 11. Juli 1972 ein Standesbeamter eine Ehe zwischen zwei Frauen geschlossen, allerdings in der Annahme, die eine von beiden, namens Friedl, sei ein Mann.
Immerhin war Friedl im Dorf als tüchtiger Mechaniker bekannt, kleidete sich wie ein Mann und gestand allein der Freundin Karin, dass sie eine Frau ist. Karin damals laut "Bild" (da muss wirklich ein Nest sein!): "Mir egal, ich liebe dich trotzdem!"
Noch das Amtsgericht wollte die Ehe bestehen lassen. Doch in der nächsten Instanz wurde die standesamtliche Trauung für ungültig erklärt. Die beiden Pflegekinder "durften" die beiden Frauen behalten. "Nach deutschem Recht", so auch Familienrichter Siegfried Willutzki im "Spiegel" 13/1983,gehört es zum unantastbaren Kern des Begriffs Ehe, dass nur Partner unterschiedlichen Geschlechts heiraten dürfen. Da geht kein Weg dran vorbei."
Maria Sabine Augstein, Rechtsanwältin in München, widerlegt den Familienrichter: "Interessant ist, dass das Ehegesetz nicht ausdrücklich sagt, eine Ehe könne nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden. Dies steht ebenso wenig in Artikel 6 des Grundgesetzes, der von der Ehe handelt. Die Kommentatoren sind sich allerdings einig, dass es zum Wesen der Ehe gehören soll, dass nur Mann und Frau heiraten können.
Ich meine dagegen, dass sowohl das Ehegesetz wie das Grundgesetz einer Interpretation im Lichte heutiger Vorstellungen offen sind. (...) Wer mir da mit Kindern, Fortpflanzung und so weiter kommt, dem sage ich, dass, dies konsequent zuende gedacht, dann nur solche heterosexuellen Paare heiraten dürfen, bei denen die Fortpflanzung medizinisch nicht ausgeschlossen wäre. Wenn nicht mehr nur die Fortpflanzung, sondern die personale Bindung und Selbstverwirklichung zwischen zwei Menschen ebenso Zweck der Ehe ist, wie dies für Mann und Frau längst anerkannt ist, dann gibt es keinen Grund, gleichgeschlechtliche Paare vom Wesen der Ehe auszunehmen.
Dann ist es sogar verfassungsrechtlich geboten, das Ehegesetz im Sinne der Zulässigkeit der homosexuellen/lesbischen Ehe zu interpretieren."
Anwältin Augstein allerdings macht als bewusste Feministin einen entscheidenden Zusatz. "Um die Institution Ehe nicht zu zementieren, muss im Sinne einer Doppelstrategie in gleicher Weise für die Zuerkennung von Rechten für die heterosexuelle wie lesbische/homosexuelle sogenannte nichteheliche Lebensgemeinschaft gekämpft werden. Nur dadurch, dass von der Forderung nach der lesbischen Ehe abgesehen wird, bessert sich nichts zugunsten der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, im Gegenteil!"

Viola Roggenkamp, EMMA Juli 1984

http://www.emma.de/hefte/ausgaben-1984/juli-1984/lesbenehe-7-84/

Schuld hat nur der Feminismus

Das SCHLAGLOCH von VIOLA ROGGENKAMP

Angesichts der vielfach hervortretenden Neigung weiblicher Lehrkräfte, frauenrechtlerische Bestrebungen zu wecken und zu übertreiben und den beruflichen Gedanken bei Mädchen zu überspannen, ist eine Verfügung zu fordern, die anordnet, dass die Mädchen auf ihre zukünftigen Aufgaben in der Familie sowie auf ihre späteren Pflichten als Gattinnen und Mütter vorzubereiten sind.
Preußischer Philologenverband in der Vor-Nazizeit
Was sie an ihrem Rivalen Roland Koch irritierend finde, ist Angela Merkel gefragt worden. Dass er so gut kochen könne, antwortete sie keck, und dazu machte sie ihren meuchlerischen Augenaufschlag; der war sogar im Radio zu hören. Diese Frau ist nicht mehr aus dem Rennen zu nehmen. Gerhard Schröder möchte sie ins Bundespräsidentenamt wegloben, wie mancher CDU/CSU-Mann auch, das wird ihm nicht gelingen. Zwei Jahre vor der Bundestagswahl können wir das Ergebnis ankündigen: Die neue Bundeskanzlerin wird Angela Merkel heißen. In Scharen werden enttäuschte SPD- und Grüne-Wählerinnen dieser Frau ihre Stimme geben und damit ungern, doch unvermeidlich der CDU/CSU.
Rot-Grün hat sein emanzipatorisches Programm sechs Jahre lang nicht ernst gemeint und verspricht am Ende wie am Anfang Ganztagsschulen. Von den Frauen verlangen SPD und Grüne so ziemlich alles, gegeben wurde fast nichts. Bloß ein erhöhtes Kindergeld. Die versprochene Ganztagsbetreuung fehlt, die Arbeitsplatzförderung für Frauen wurde nicht eingelöst. Das für Frauen schlechte Ehegattensplitting ist geblieben.
Deutsche Frauen sollen Kinder bekommen und mit diesen Kindern mittags nach dem Essen Schularbeiten machen, sie sollen ihre alten Eltern und Schwiegereltern pflegen und sie sollen im Beruf flexibel bleiben, heute Nürnberg und im nächsten Jahr Kiel, ihre Alten und ihre Kinder im Gepäck. Da kann eine Frau doch gleich CDU/CSU wählen und tut damit noch etwas für die Selbstverwirklichung wenigstens einer Frau, ausgerechnet der Frau, die den Patriotismus predigt. Zu Deutsch: Vaterlandsliebe.
Angela Merkel wird die stolze Mutter einer stolzen deutschen Nation werden, an ihrer Brust trägt sie den Orden "Opfer des DDR-Faschismus", und damit macht sie die Mehrheit im deutschen Westen glücklich, und die Mehrheit im deutschen Osten auch, denn die Mehrheit war ja immer dagegen. Sie selbst ist keine Mutter. Das macht nichts. Kinder für die Kanzlerin wird es heißen, das wird die schlimmste Strafe für den deutschen Feminismus sein. Die linken Männer werden den Feministinnen das unter die Nase reiben und heimlich die Rückkehr zu den fundamentalistischen Werten des Patriarchats begrüßen: Kinder, Kirche, Fitness-Center.
Denn Schuld hat doch eigentlich der Feminismus. Wer sonst? Weil die Frauen sich unbedingt selbst verwirklichen müssen und andauernd abtreiben, darum haben wir heute das Loch im Rententopf, die hohe Frauenarbeitslosigkeit, die Verblödung der Schulkinder, die wachsende Gewalt unter Jugendlichen und den seelisch und körperlich völlig verstörten Mann. Die ganze deutsche Gesellschaft können Frauen einem kaputtmachen. Deutsche Politiker und Statistiker sehen ihren demografischen Turm wackeln und stürzen, sie sprechen von einer "sozialstaatlichen Katastrophe", deren "Dynamik das Jahrhundertwerk des Rentensystems" zerstören wird. Das haben die Frauen schon geschafft. So mächtig sind Frauen. Ein Kind in sich wachsen lassen und in die Welt bringen kann nur die Frau. Der Mann kann das nicht. Bevor der Mann noch seinen eigenen Stammhalter hat, ist er ausgestorben. Was ist da zu tun? Ist da noch was zu tun? Können Frauen noch etwas daran ändern oder sollen wir uns aussterben lassen?
Sehen wir auf unsere Geschichte. Das ist nie verkehrt. Noch im 19. Jahrhundert galten Frauen als krank, die keine Kinder hatten. Die Nazis führten 1933 eine Sondersteuer ein für Unverheiratete. Später war diese Steuer auch von kinderlos gebliebenen Paaren zu zahlen. Beamtinnen wurde automatisch gekündigt, wenn sie heirateten. Ehestandsdarlehen waren für Frauen gebunden an ein Beschäftigungsverbot. Jede Lehrerin war bei ihrem Eintritt in den Schuldienst nicht verheiratet und eine Frau ohne Kind. Verbeamtet wurde sie erst ab ihrem 35. Lebensjahr. Hatte sie bis dahin kein Kind, würde sie keines mehr bekommen, davon ging man aus. Da sie aber nun unverheiratet und kinderlos war, hatte eine Lehrerin keinen Anspruch auf eine Lehrerdienstwohnung.
Unter der Last von Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit galt die emanzipierte Frau, die "ihre natürliche Bestimmung verraten" hatte, als entartet. Journalisten schrieben es, Politiker sprachen es aus, an den Stammtischen wurde es begossen. Und die damalige deutsche Frauenbewegung gab in dieser Vor-Nazizeit ihre besten und mutigsten Frauen auf, darunter auch Jüdinnen. Andere Frauenrechtlerinnen fanden sich, die dem neuen deutschen Ton entsprachen.
Das wird sich nicht wiederholen. Aber manches ist geblieben. Frauen, nicht Männern, wird der Vorwurf gemacht, es würden zu wenig Kinder geboren. Gefragt wird in Untersuchungen, ob die Emanzipation der Frau schuld sei. Hinsichtlich der Männer wird bloß erwogen, ob Umweltgifte ihre Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt haben könnten. Mehr nicht.
Frauen werden immer gefragt, ob sie Kinder haben. Dagegen erfährt man über Männer des öffentlichen Lebens (auch in dieser Zeitung) nur etwas über den Vater: Sohn eines westfälischen Sparkassendirektors. Und nie ein Wort über die Mutter. Sohn einer westfälischen Hausfrau. Das ist doch nichts. Neun Monate Schwangerschaft, Tag und Nacht für dieses Kind da zu sein, fünfzehn bis zwanzig Jahre Zuwendung und Arbeit. Das ist nichts. Dreieinhalb Minuten Zeugung. Das ist es. Was sind Zuwendung, Versorgung und Verlässlichkeit gegen das Sperma eines Sparkassendirektors?
Die beiden beliebtesten und mächtigsten Fernsehfrauen Deutschlands, die Talkmasterinnen Sandra Maischberger und Sabine Christiansen, haben zwar einen Mann, jede ihren eigenen, jedoch kein Kind. Das wird öffentlich regelmäßig benörgelt, damit das deutsche Mädchen lernt: Beruflicher Erfolg kann für eine Frau nie die Erfüllung sein.
Eine Frau ohne Kind ist entweder egoistisch oder eine tragische Figur. Es gab schon immer Frauen, die kein Kind bekommen konnten, und es gibt Frauen, die kein Kind haben aus individuell unterschiedlichen Gründen. Erleben wir zurzeit einen Gebärstreik? Ach wo. Es fehlen bloß Kindergärten und Ganztagsschulen. Vor allem fehlen Männer, die Väter sein wollen.
Nur wenige Männer sind bereit, mit der Frau mitzuwachsen. Es gibt zunehmend tüchtige, im Beruf erfolgreiche junge Frauen, die ein Kind wollen, aber nicht allein, wie ihre feministischen Mütter, sondern mit Mann und zu gleichen Teilen. Bloß finden sie keinen, der das auch so will, der mehr will als Spaß, Sex, Spaß.
Die Frau ohne Kind bestätigt im Grunde nur, was ihr nahezu jeder Vater vorlebt: die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf in der deutschen Gesellschaft.
Von den Frauen verlangen SPD und Grüne so ziemlich alles, gegeben wurde fast nichts. Was sind Zuwendung, Versorgung und Verlässlichkeit gegen das Sperma des Sparkassendirektors?

http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2004/01/07/a0158

Kritik an der Politik

Feminismus

Eine Kommunistin stellt Fragen / Von Viola Roggenkamp

Ihr sehr schöner Name wird hierzulande den wenigsten etwas sagen: Rossana Rossanda ist Italienerin, ist Kommunistin, ist für den Kommunismus/Sozialismus in Europa eine Persönlichkeit von unbestrittener Inspiration und Kraft. Ihr Kopf war einer der gescheitesten im Zentralkomitee der KP Italiehs, der größten kommunistischen Partei des Westens. 1969 wurde Rossana Rossanda ausgeschlossen. Sie war zuwenig linientreu, weil zu kritisch.
Gewiß reiht der Zufall die Geschehnisse aneinander und doch ist es auch folgerichtig, daß die von der KPI geschmähte Genossin nun auf Italiens Feministinnen trifft. Schließlich ist sie eine Frau. Es geht sie also etwas an. Aber sie ist keine Feministin. Sie ist eine lebenskluge Frau, eine politische Journalistin und fünfundfünfzig Jahre alt.

Dies sind, mit ihren Worten gesprochen, ihre biographischen Daten: „Mit fünfzehn der Weltkrieg, mit fünfundzwanzig der Kalte Krieg, mit fünfunddreißig die Aufnahme ins Zentralkomitee, mit fünfundvierzig der Ausschluß. Und mit fünfundfünfzig stehe ich nun hier, mitten im Rückfluß einer Flutwelle, deren Auf und Ab ich zwar seit langem kenne, die mich aber gleichwohl immer wieder umreißt. Die Geschichte meiner Person wird skandiert von den Fakten anderer. Stalin habe ich nicht gewählt; und die Massen sind kein Umgang, den man sich aussuchen kann, sie kamen und gingen und bestimmten damit mein Leben als Frau. Als Frau? Und die anderen Frauen? Der Lärm dieser Zeiten war derart mächtig, daß ich ihre Stimme nicht vernahm. Was ich heute bei meinen feministischen Freundinnen höre, habe ich niemals zuvor vernommen. Frau zu sein war ein zusätzlicher Schmerz, eine besondere Art zu leiden oder sich zu entziehen.“
Sie ist eine Frau zwischen den Frauenbewegungen, denen des 19. und des 20. Jahrhunderts, eine von den wenigen Frauen, die dank ihrer Persönlichkeit, ihrer Intelligenz, ihrer Stärke in der Zeit des Faschismus ihre politische Verantwortlichkeit empfanden und in den Jahren des Neubeginns nicht zu verschwinden gedachten. Der Titel ihres Buches:
Rossana Rossanda: „Einmischung – Gespräche mit Frauen über ihr Verhältnis zu Politik, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Demokratie, Faschismus, Widerstand, Staat, Partei, Revolution, Feminismus“; aus dem Italienischen von Maja Pflug, Andrea Springler und Burkhart Kroeber; Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1980; 253 S., 19,80 DM
ist ein Wort, das zu ihrem Leben gehört. Einmischung heißt für sie auch Emanzipation, und Emanzipation ist für Rossana Rossanda ein „politisches Projekt“.
Mit ihrem analytischen Verstand, ihrer Lust an der Logik, ihrem liebevollen Ernst, auch ihrer Scheu dem feministischen Engagement gegenüber begegnet sie den Frauen, die auch ohne Manifest in Bewegung sind, die das Denken nicht mehr vom Empfinden, die Freiheit nicht mehr vom Glück trennen wollen, die der Logik die Vielfalt der Unlogik entgegensetzen.
Ihr macht das, was sich in Argentinien, in Südafrika und China tut, den Kopf immer noch heißer als das Nachdenken über die legale Abtreibung oder die Klitorisbeschneidung. Doch in der Begegnung mit den Feministinnen kann sie sich nicht mehr entziehen, am allerwenigsten dem Argument von der Ausbeutung der Frau durch den Mann.
„Wie wenn das Aufbegehren der Frauen nicht nur das Symptom einer allgemeinen Krise der Politik wäre, sondern vor allem der noch unklare Impuls einer praktischen Kritik der Art und Weise, wie wir Politik betreiben?“ Und an anderer Stelle schreibt sie: „Bis heute haben sich die Männer nicht als Assoziation von Personen organisiert, sondern immer. nur in Interessenverbänden, die addieren, was die Personen gemeinsam haben, statt ihre Verschiedenheiten zu verbinden. Daher rühren die Verflachungen, der Formalismus, die professionalistische Verselbständigung der Politik, ihre Entfremdung von den Individuen.“
Die Frage, die Rossana Rossanda als Kommunistin, als Politikerin bewegen muß: warum sich keine der Parteien, auch ihre nicht, substantiell geändert hat, damit ein jahrhundertelang ausgeschlossener Teil der Gesellschaft unter Bedingungen in ihnen denken und handeln kann, die Gleichheit garantieren, die Frage nach den Frauen als, die auch sie ehemals als KP-Mitglied immer nur als Frauenfrage begriffen und gerade weil sie eine Frau unter vielen Männern war als unpolitisch gemieden hat – diese Frage, das erkennt sie nun als politisch denkender Mensch nicht ohne Schreck, kommt zu spät. Von der Politik, die sich ihnen versagt, sie ablehnt, nie gewollt hat, haben sich die Frauen, die Feministinnen abgewandt.
Ihre Verweigerung, ihre politische, gesellschaftspolitische, soziale Verweigerung gegenüber dem männlichen Systen einerseits und die Bewegung der Feministinnen andererseits ist ein Politikum, vor dem Frauen wie Rossana Rossanda mit vielen Fragen stehen. Denn auch die sich Verweigernden mußten sich doch als Teil einer Welt begreifen – der Atommächte, der Rassendiskriminierung, der ungerechten Besitzverhältnisse. Es sind die Fragen nach dem Verhältnis der Feministinnen zu Politik, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Demokratie, Faschismus, Widerstand, Staat, Partei, Revolution und Feminismus.
Über jede dieser Fragen führte Rossana Rossanda im Dritten Programm der Radiotelevisione Italiana (RAI) ein dreiviertelstündiges Gespräch mit italienischen Feministinnen, wöchentlich ausgestrahlt vom 14. November 1978 bis 16. Februar 1979. Die Manuskripte und Gesprächsprotokolle dieser Sendungen sind neben einer 53seitigen Auskunft über Rossana Rossanda von Rossana Rossanda Inhalt ihres Buches.
Und weil sie sich einmischt, macht sie auch nicht halt vor dem Wunden Punkt: „Warum ebben denn die Bewegungen ab? Warum spalten sich die Frauengruppen? Warum nimmt die Bewegung nicht zu, wo immer mehr Frauen die Partei verlassen?“ Und sie wird gerade bei dieser Frage am Ende ihres Buches zur Fast-Feministin. Sie gibt der Gesellschaft insgesamt die Schuld, „indem sie sich weigert, sich als ‚männlich‘ zu begreifen, weiterhin ihrem Destruktionsgeschäft nachgeht, sich taub stellt vor den Warngeräuschen der Zeitbombe, die im Innern des gigantischen historischen Machtgefüges tickt, von dem der Kapitalismus lediglich die letzte, kompakte, hemmungslos gewordene Version ist.“ Die Frauenbewegung als eine mögliche Antwort auf die vielen Fragen nach der Menschlichkeit?

Rossana Rossanda: „Wie viele Frauen entdecken in diesen Jahren den Feminismus? Zehntausende. Und auch die, die diese Erfahrung nicht selber machen, ‚fühlen‘ sie – sie fließt weiter, teilt sich mit, wird Kultur, erreicht sogar die Nischen und Peripherien, wo sie schweigend aufgenommen wird und wo sie lautlos verändert. Vielleicht ist keine kulturelle Umwandlung in diesen Jahren ähnlich tiefgreifend gewesen; ihre Tragweite ist schwer zu ermessen.“
Noch rasch ein Wort zur Übersetzung: Sie ist ganz ausgezeichnet. Das Buch ist so gut geschrieben, so persönlich in seinen Betrachtungen und Formulierungen und darum so informativ wie seit langem keines mehr über die Frauenbewegung.

http://www.zeit.de/1981/08/kritik-an-der-politik

Die Frau in Zeit und Raum

Neue Zeitschrift

Von der rationellen Haushaltsführung zur feministischen Forschung / Von Viola Roggenkamp

Am einfachsten und glücklichsten ist die Abwaschfrage zu lösen, wenn die Abtropfvorrichtung auf der linken Seite des Abwaschtisches angebracht werden kann. Die linke Hand greift dann nach dem Teller, hält ihn, während die rechte ihn abwäscht, fest und legt ihn ohne jeden Umweg auf die Abtropfvorrichtung. Es ist einleuchtend, daß das Abwaschen auf diese Weise sehr rasch vonstatten gehen kann. Ein praktischer Versuch wird hier am überzeugendsten wirken!“

Es ging auch damals um Rationalisierung, um Zeitgewinn in der von Christine Frederik verfaßten Schrift „Die rationelle Haushaltsführung“, 1921 verlegt bei Julius Springer, Berlin. Allerdings zum Wohle der Hausfrau. Heute bedeutet Rationalisierung für viele Frauen das Ende der Erwerbstätigkeit.
Die Zeit, die Teilzeit der Lohnarbeit, der Alltag, Zeit und Raum und das Ende („Was sollen wir denn machen ohne den Tod?“) waren das Thema der ersten Ausgabe der Zeitschrift Feministische Studien, von der inzwischen drei Nummern vorliegen. Sie erscheint halbjährlich im Beltz Verlag, Weinheim und Basel, und will ein offenes Forum für die Frauenforschung sein.
Frauen geben die Broschüre heraus, Frauen veröffentlichen Texte zu wechselnden thematischen Schwerpunkten. „Feministische Forschung meint neben einer Aufarbeitung der Geschichte der Frauen, ihres Alltags, ihrer Handlungsformen und sozialen Bewegungen auch eine Fokussierung des Blicks auf jene systematischen Verzerrungen, Lücken und Leerstellen, die in allen scheinbar geschlechtsneutralen Theorien enthalten sind“, heißt es etwas umständlich im Editorial.
Worauf die Herausgeberinnen als feministische Forscherinnen Wert legen, wird deutlicher in ihrer Kritik am Konkurrenten „Frau und Gesellschaft“, dem CDU-Institut in Hannover, in dem Männer um der braven Objektivität willen mitforschen dürfen: Betroffenheit und Parteilichkeit
„Betroffenheit bedeutet, daß nur wir Frauen aus unseren spezifischen Unterdrückungserfahrungen die Unterdrückungsformen und -gründe adäquat erforschen können. Parteilichkeit heißt, daß wir von unseren Interessenlagen als unterdrückte Frauen ausgehen und theoretisch und praktisch an der Aufhebung dieser Unterdrückung arbeiten.“ Die Ausschließlichkeit ist nicht mehr Schonraum für Frauen sondern Prinzip; seit 15 Jahren in der neuen Frauenbewegung bewährt.
Tochter werden lesbisch
„Wenn ich mein Kind stille, so sagt meine Mutter häufig: ‚Ob ihm das wohl schmeckt?‘ Sie kritisiert meinen Busen und meint, das Baby esse doch wohl lieber feste Nahrung.“ – „Sie stand zunächst in einem Bettchen neben unserem Bett. Mein Mann bestand aber auf seiner Nachtruhe und setzte durch, daß sie weit entfernt in ein anderes Zimmer gestellt wurde, von wo aus wir ihr Schreien nicht mehr hören konnten. Am Anfang habe ich trotzdem manchmal etwas gehört, und mir wurde jedesmal übel, und ich wollte aufstehen. Aber mein Mann sagte, das sei falsch, und dann habe ich mich daran gewöhnt.“
Zwei Zitate aus dem zweiten Band, in dem es um „Liebe aus der Sicht von Frauen“ geht. „Wenn wir an Frauen und ‚Liebe‘ denken, so fallen uns schnell lauter Pflichten ein, die nie enden wollende, immer verständnisvolle, selbst-lose, aufopfernde Mutter-, Gatten- und Nächsten-Liebe, die tätige Liebe im Kreise der Familie. Erst später denken wir an die Liebe, die mit Lust, Sinnlichen, Körperlichkeit zu tun hat.“
In diesen zweiten Feministischen Studien unter dem Titel „Entwirrungen“ heißen die Schwerpunkte „Sinnlichkeit in der frühen Mutter-Tochter-Beziehung“ und „Wiederentdeckung der Normalität von Frauen-Beziehungen“: Töchter werden lesbisch, weil sie den Auftrag ihrer Mütter erfüllen, den Auftrag, sich zu emanzipieren, lautet die These; eine doppelzüngige Botschaft, beladen mit Konfliktstoff zwischen Mutter und Tochter.
Um „Barrieren/Maskeraden“ geht es im neuesten, im dritten Band, um Verkleidung also, die von der eigenen Persönlichkeit weg an die Seite eines Mannes führt oder aber notwendiger Betrug sein kann, um in der Gesellschaft unter Männern als Frau unbelästigt zu bleiben und bestehen zu können.
„Ich bitte Sie um eines: Machen Sie mich nicht durch ein Lob erröten, das ich in keiner Hinsicht verdiene. Wären es nicht Sie, meine Freundin, könnte ich ihre Worte nur als Satire auffassen; aber ich weiß, es ist die Güte Ihres Herzens, die von Ihnen verlangt, mich so zu sehen. Aber mein Spiegel täuscht mich nicht, wenn er mir sagt, daß ich zusehends häßlicher werde. Das sind keine Redensarten, meine Liebe. Ich spreche aufrichtig zu Ihnen, und ich sage Ihnen auch, daß ich manchmal ganz schmerzerfüllt bin, und daß ich alles darum geben würde, schön zu sein.“
Im guten Sinne polemisch
So schrieb Cornelia Goethe an ihre Freundin Katharina Fabricius. Und so beschrieb Bruder Johann Wolfgang seine Schwester in „Dichtung und Wahrheit“: „Ein schöner Körperbau begünstigte sie; nicht so die Gesichtszüge, welche, obgleich Güte, Verstand, Theilnahme deutlich genug ausdrückend, doch einer gewissen Regelmäßigkeit und Anmuth ermangelten. Dazu kam noch, daß eine besonders hohe, stark gewölbte Stirn durch die leidige Mode, die Haare aus dem Gesicht zu streichen und zu zwängen, einen gewissen unangenehmen Eindruck machte, wenn sie gleich für die sittlichen und geistigen Eigenschaften das beste Zeugnis gab.“
Mode, Maskerade, Schleier, Chador – Weiblichkeit als Maske und als Lebensaufgabe, Aufgabe des eigenen Lebens über die Verfälschung und Verschleierung von Sprache, Gestik, Wollen, Denken.
Die Feministischen Studien haben in allen drei bisher vorliegenden Ausgaben Themen in einen Diskussionszusammenhang gestellt, der im guten Sinne polemische wie wissenschaftliche Spurensicherung ist. Konzept der Schriften ist es, „das Wissen von und über Frauen in Geschichte, Kultur und Gesellschaft zu vertiefen und zu verbreiten“. Dazu gehört ganz wesentlich der „Archiv-Teil“, in dem historische Texte von Frauen publiziert werden – Frauen, deren Namen viele Frauen noch nicht einmal kennen können, weil die herkömmliche Geschichtsschreibung sie bislang verschwieg. Schon im zweiten Band fehlt leider das „Archiv“.
Zwar ist die Ausführlichkeit einer jeden Ausgabe – zwischen 150 und 200 Seiten – wohltuend, doch wird viel Platz verschenkt, etwa für Rezensionen, die sich anderswo finden lassen, oder Kongreßbesprechungen. Da wäre es sinnvoller, gute Referate ganz einfach abzudrucken. Es ist auch nicht einzusehen, warum ein Thema mit einem Heft abgeschlossen sein soll.
Die Herausgeberinnen sind Barbara Brick, Christel Eckart, Karola Gramann, Claudia Honegger, Sylvia Kade, Helgard Kramer, Heide Schlüpmann (alle Frankfurt), Ute Gerhard-Teuscher, Bremen, Sigrid Metz-Göckel, Dortmund, Lising Pagenstecher, München, Annemarie Tröger, Berlin, und Christine Woesler de Panafieu, Oldenburg/Paris. Kontaktadresse: Sylvia Kade, Schweizerstraße 75, 6000 Frankfurt/Main 70. Das Einzelheft kostet 20 Mark.

http://www.zeit.de/1984/14/die-frau-in-zeit-und-raum

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