Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Also doch. Ukraine reloaded! (Off-Topic)

Carlos, Saturday, 04.10.2014, 18:04 (vor 3493 Tagen) @ Holger

Servus, Holger!

Ja, auch mich hatten rasch derlei Vermutungen beschlichen gehabt; trotz des Massakers von 1989 auf dem Tian-An-Men in Peking, sind Chinesen weitaus weniger für Demokratien westlichen Zuschnitts zu begeistern, als man gemeinhin annehmen möchte. Auch für die Metropole „Duftender Hafen“ (=Hongkong) in Süd-China gilt dies mehr oder weniger uneingeschränkt, der langen Besetzung durch Groß-Britannien, damit einhergehend sämtliche westlicher Einflüsse, so wie auch der millionenfachen Morde während des „Großen Sprungs nach vorne“ und der „Kulturrevolution“ im Kernland China und des Quasi-Genozids in Tibet zum Trotz.
Warum ist das so? Gründe dafür gibt es viele: Fast alle Chinesen verfügen nahezu über ein Elefanten-Gedächtnis; es ist ihnen durchaus noch bewußt, unter welch verbrecherischen Umständen sich die Briten im Rahmen jener vermaledeiten Opium-Kriege die Gegend Hongkongs unter den Nagel gerissen hatten – unbeachtlich dabei all die selbst hausgemachten, selbst verschuldeten Probleme, der zum Teil abstruse Aberglaube, sowie die damals allgegenwärtige Schlamperei und Rückständigkeit.
Ein weiterer Grund ist generell kulturhistorisch und philosophisch; Stichwort: Das Konzept des Anti-Individualismus, einer ganz speziellen chinesischen Variante des Konformismus – und dies nicht nur in China: Die folgenden Schilderungen gelten nahezu identisch für sämtliche Länder des Fernen Ostens, deren Kultur über die vielen Jahrhunderte hinweg von China tief geprägt wurden.
Chinesen ist unser westlicher Individualismus fremd: Einmal volljährig, verfügt man im Westen über sämtliche Freiheiten eines Erwachsenen. Sicherlich hört man noch auf die Meinungen der Familie oder guter Freunde, letzten Endes aber entscheiden wir selbst, auch oftmals gegen den Willen der Eltern. In China ist dies völlig undenkbar. Das „Gesicht“: Eine Chinese ist niemals er selbst, er definiert sich grundsätzlich und niemals über sich selbst, sondern ausschließlich über das gesamte soziale Konstrukt, in welches er fest eingebettet ist. Er hat festen Rang und Platz in der Familie, bei Freunden, in der Nachbarschaft und bei den Arbeitskollegen. Dort drinnen hat er sein Gesicht, und dieses Gesicht muß er ausfüllen – eben, und vor allem, vor allen anderen.
Der nächstälteren Generation gebührt grundsätzlich aller Respekt, und die jüngere Genration hat sich zu fügen. Tut sie dies nicht, dann verliert nicht nur der betreffende, nicht sich fügen wollende junge Mensch sein Gesicht, sondern auch alle Menschen, die an der betreffenden Sache mitgeredet und am Ende mitentschieden haben. Gesichtsverlust: Dies ist nicht nur mal ein kleines Malheur, das nach ein paar Tagen wieder ausgestanden ist, nein – der Gesichtsverlust bedeutet die totale soziale Ächtung; niemand will mit dem betroffenen noch etwas zu tun haben, denn der Gesichtsverlust könnte ja auch auf den helfen Wollenden überspringen. Jemand, der sein Gesicht verloren hat, mag natürlich alles daran setzen und versuchen, wieder Gesicht zu erlangen, aber oftmals bleibt das vergeblich. Dann bleibt nur noch der rituelle Selbstmord – und der kommt gar nicht so selten vor, und das ohne, daß wir im Westen groß Kenntnis davon erlangten.
Ein Beispiel: Ein junger Chinese würde gerne nach Deutschland gehen und dort Deutsch studieren. Diese Angelegenheit wird lange und breit von allen diskutiert: Vor allem von den Großeltern, den Eltern, sodann den Onkels und Tanten, den Freunden, den Nachbarn, etc., und es kann durchaus Zeit dauern, bis am Ende eine Entscheidung gefällt wird. Sollte entschieden werden, daß der junge Chinese nicht nach Deutschland geht zwecks Studium, dann müßte er das akzeptieren. Sich trotzdem und einfach so davon zu machen ist nicht drin. Täte er es, brächte er über alle anderen Gesichtsverlust, und natürlich auch über sich selbst, und der spätere Weg zurück nach Hause wäre pulverisiert.
Lebt man als Westler in China, so hat man, grob gesagt, zwei Möglichkeiten. Entweder man lebt in einer dieser mehr oder weniger abgeschlossenen Ghettos, wo ausschließlich andere Westler leben, wie z.B. in Shanghai der Peking, oder man lebt mitten unter Chinesen, vor allem, wenn man der Sprache mächtig ist und über kurz oder lang den regionalen Dialekt/die lokale Sprachvariante, muß man schon fast sagen, verstehen kann – und dort hat man dann auch, ob man es will oder nicht, ein „Gesicht“. Eine chinesisches Gesicht. Etwas anderes wäre es völlig unvorstellbar.
Dieses für uns so schwer vorstellbare Konzept aus Anti-Individualismus und Gesicht behält auch für die übergroße Mehrheit der hier in Deutschland studierenden Chinesen seine absolute Gültigkeit. Will sagen, und das ist gleichzeitig Kern und Zirkelschluß zum Ausgangspunkt: Fast alle Chinesen, die in Deutschland studieren, gehen anschließend wieder zurück nach China – trotz Massaker auf dem Tian-An-Men, trotz jahrelangen Lebens im ach so „freien“ Westen, und trotz des jahrzehntelang vorherrschenden Einfluß des Westens in Hongkong befürworten die meisten der Hongkong-Chinesen die Zugehörigkeit der Stadt zu China, und kaum jemand möchte, daß die Mitglieder der Pekinger Zentral-Regierung ihr Gesicht verlieren. Diejenigen, die China definitiv und für immer den Rücken kehren, tun dies kaum jemals mit Freuden, sondern weil sie müssen; es sind fast ausnahmslos die ärmsten der armen Schweine – und bei 1,3 Milliarden sind das durchaus und immer noch sehr, sehr viele.
Andererseits mag es in Hongkong natürlich eine nennenswert erhöhte Zahl von Menschen geben, die sich von den Kaugummi-Katschern haben aufwiegeln lassen; wie in dem eingewiesenen Artikel jedoch geschrieben, höchstens ein Sechstel bis ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Per Saldo und auf Dauer fallen die nicht weiter ins Gewicht, aber es paßt natürlich wie Arsch auf Kübel, daß die Kaugummi-Katscher auch in Hongkong ihre kriegstreiberischen Dreckspfoten im Spiel haben...

carlos

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Laudetur Iesus Cristus per ómnia sǽcula saeculorum.
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