Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Nanny-Republik Deutschland: Wie Unfreiheit organisiert wird (Allgemein)

WWW, Saturday, 16.01.2016, 16:17 (vor 3050 Tagen)

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Der Sieg der Verbote über die Vernunft

Vater Staat ist zur Übermutter geworden; sie schreibt uns vor, was wir essen, wie viel wir trinken, wie wir wohnen und über die Straße gehen. Sinnlose Gesetze und Sicherheitshinweise maßregeln uns im Alltag. Statt selbst für unser Leben verantwortlich zu sein, werden wir wie Kleinkinder behandelt. Der gesunde Menschenverstand bleibt dabei auf der Strecke. So darf es nicht weitergehen, meint Alexander Neubacher, denn hinter dem vermeintlich fürsorgenden Staat steht ein Menschenbild, das uns Sorge bereiten sollte. Anhand skurriler Alltagsgeschichten aus der Nanny-Republik Deutschland zeigt Neubacher gewohnt witzig und scharfsichtig, warum es sich lohnt, wieder mit dem Selberdenken zu beginnen.

Noch ein wenig aus der Einleitung

Inhalt
Einleitung
Die Paragrafenkeule
Vorsicht Trottelbürger: Der Sicherheitsstaat
Das gute Leben und seine Feinde:
Der Enthaltsamkeitsstaat
Dinkeldeutschland: Der Sittlichkeitsstaat
Nichts zu verbergen: Der Kontrollstaat
Sanfter Paternalismus
Der gute Staat
77 irre Vorschriften
Dank
Literatur

Einleitung

Ich bin in den siebziger Jahren aufgewachsen; es war eine wilde, gefährliche Zeit. Wir kletterten auf Bäume, sprangen in Pfützen und tranken Wasser aus Gartenschläuchen. In den Sommerferien fuhren wir mit dem VW-Bus über holprige Straßen nach Italien, zwanzig Stunden in einem Rutsch. Mein Vater saß am Steuer, rauchte filterlose Zigaretten und aß Autofahrerschokolade, um wach zu bleiben. Wir Kinder lagen hinten auf einem Berg aus Strandmatten, Zeltplanen und Wechselwäsche. Natürlich nicht angeschnallt. Es gab ja keine Gurte. Im Nachhinein kommt es mir wie ein Wunder vor, dass wir überlebt haben.

Heute ist meine Welt geordnet. Wir beim SPIEGEL arbeiten in einem modernen Hamburger Bürohaus, in dem nicht geraucht wird. Es ist verboten, seine eigene Schreibtischlampe mitzubringen: Energiesparvorschrift. Private Zimmerpflanzen: auch untersagt.

Vor kurzem bekam ich überraschend Besuch von einer Betriebsärztin und drei Herren, die sich als Kontrolleure aus der Verwaltung vorstellten. Die Ärztin hatte ihre Notfalltasche dabei. Einer der Männer hielt ein Klemmbrett mit einer Checkliste vor der Brust. Es ging um einen blauen Gymnastikball, auf den ich mich während der Arbeit gelegentlich setze in der Hoffnung, ich beugte dadurch Rückenschmerzen vor. Doch meine Besucher klärten mich darüber auf, dass der Sitzball einen Verstoß gegen die Unfallschutzvorschriften im Sinne von Paragraf 4 Arbeitsschutzgesetz darstelle. Es bestehe Roll-, Rutsch-, Kipp- und Sturzgefahr. Der Ball müsse weg. Man meine es nur gut mit mir.

Ich habe bei der zuständigen Berufsgenossenschaft nachgefragt, wie viele Büromenschen im vergangenen Jahr von einem Sitzball gefallen sind und sich dabei verletzt haben. Es dauerte eine Weile, bis jemand zurückrief und mir die Zahl nannte: Null. Im ganzen Jahr hatte sich offenbar nicht ein einziger berichtenswerter Sitzball-Unfall ereignet.
Nun könnte das natürlich daran liegen, dass es in deutschen Büros, mit wenigen SPIEGEL-Ausnahmen, schon lange keine Sitzbälle mehr gibt, von denen jemand hätte herunterfallen können. Doch siehe da: Auch die Statistiken früherer Jahre verzeichnen keine nennenswerten Unfallzahlen. Selbst zu Zeiten, in denen Sitzbälle bei bandscheibengeplagten Menschen groß in Mode kamen, waren Stürze kein großes Problem. Warum also die Aufregung nach Paragraf 4 Arbeitsschutzgesetz? Meint man es wirklich gut mit mir?

Das Sitzballverbot ist mehr als eine Büroposse. Es steht beispielhaft für ein Zeitgeistphänomen, das weit über meinen Arbeitsplatz beim SPIEGELhinausreicht. Der Staat und seine bürokratischen Helfer glauben zu wissen, was gut für uns ist. Sie sagen uns, was wir essen und trinken sollten, wie wir unsere Arbeit machen, wie wir unseren Feierabend verbringen. Sie leiten uns beim Einkaufen und im Straßenverkehr, zu Hause und in der Freizeit, sie behüten, schubsen, motivieren und moralisieren, sie verwandeln unsere Welt in eine Mischung aus Kindergarten und Pflegeheim. Die Verbote und Vorschriften dringen in jeden Bereich unseres Lebens. Sie kosten uns Zeit, Nerven und Geld und vergällen uns den Alltag. Der Supernannystaat beschränkt die Bürger, der Bundesadler wird zur Glucke: Deutschland, die gemaßregelte Republik.

Im 18. Jahrhundert war es in gebildeten Kreisen üblich, Kindern ein Gängelband anzulegen, eine Mischung aus Zwangsjacke und Pferdegeschirr, um ihnen das Laufen beizubringen. Erst die Aufklärung brachte Pädagogen hervor, die den Eltern erklärten, sie sollten ihre Kinder einfach machen lassen. Der aufrechte Gang komme dann von ganz allein. Im Jahr 1784 forderte der Philosoph Immanuel Kant den Aufbruch des Menschen aus dessen selbstverschuldeter Unmündigkeit. Er schrieb: »Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.«

Heute, 230 Jahre später, schlägt das Pendel zurück. Ausgerechnet die Vertreter jener Generation, die sich in ihrer Jugend mit langen Haaren und bunten Kleidern besonders rebellisch vorkamen, haben sich zu Hausmeistern der korrekten Gesinnung entwickelt. Auf Mut und Verstand, jedenfalls des gemeinen Bürgers, wollen sie sich nicht verlassen. Es herrscht ein anti-aufklärerischer Geist, das Gängelband kommt wieder in Mode. Der Mensch gilt als betreuungsbedürftiges Mängelwesen. An die Stelle von Homo sapiens tritt Homo demenz, der Trottelbürger.

Diese Haltung prägt auch die Politik. »Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen«, verkündete Angela Merkel noch in ihrer ersten Regierungserklärung als Bundeskanzlerin im November 2005. Doch irgendetwas kam immer dazwischen. Seit dieser Legislaturperiode setzt die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD den Bürger gleich von zwei Seiten pädagogisch unter Druck: Moralapostel verbünden sich mit Sozialingenieuren. Die Opposition neigt ebenfalls dazu, den Bürgern Vorschriften für eine korrekte Lebensführung zu machen, insbesondere die Grünen, die Partei der zänkischen Übertugend. Und bevor sich ein FDP-Mitglied auf die Schulter klopft: Ein Liberalismus, der solche Freunde hat wie die FDP-Bundestagsfraktion der vergangenen Legislaturperiode, braucht keine Feinde mehr.

Die Entmündigung kommt nicht über Nacht. Es ist ein schleichender Prozess. Der Staat stiehlt sich mit kleinen, leisen Schritten in unser Leben. (...)

[...]

Es gilt aber natürlich auch: Damit keine Missverständnisse aufkommen: Regulierung ist notwendig. Eine totale, schrankenlose Freiheit des Individuums würde jede Gesellschaft zerstören. Wo es keine Regeln gibt, tyrannisiert der Stärkere den Schwächeren. Laissez-faire schafft keine Freiheit, sondern die Diktatur des Stärkeren. »Die Freiheit der Wölfe ist der Tod der Lämmer«, wie der britische Philosoph Isaiah Berlin schrieb.

Wer durch den allgegenwärtigen linksgrün Journalismus [Die „Generation G“ unterhöhlt die Innere Pressefreiheit] die spezifischen Aufgaben eines Journalisten vermisst, dem sei dieses Buch nahegelegt. -> Total beschränkt: Wie uns der Staat mit immer neuen Vorschriften das Denken abgewöhnt


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