Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Johanna Kutsche (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Monday, 05.05.2014, 19:37 (vor 3647 Tagen)

F187 Johanna Kutsche – geboren 1985 – Studium der Germanistik, Psychologie und Erziehungswissenschaften in Leipzig und Cagliari (Italien) - Sprecherin der Grünen Jugend Sachsen - freie Journalistin – johannakutsche.blogspot.com - http://img.detektor.fm/images/sized/images/uploads/bilder/Johanna_Kutsche-150x97.JPG

Wie die Frauen Leben in ostdeutsche Dörfer bringen
 
In manchen ostdeutschen Dörfern leben vor allem alte Leute und perspektivlose Männer. Doch eine Studie zeigt: Es gibt Pioniererinnen, die den ländlichen Raum aufwerten.
 
Viele Kleinstädte in den neuen Bundesländern ähneln sich. Die Marktplätze sind frisch renoviert, sanierte Altbauten funkeln in der Sonne. Über die Plätze ziehen eine Katze, eine alte Frau, ein Penner. Viel mehr Leute gibt es in vielen Landstrichen der ehemaligen DDR nicht. Die Arbeitsplätze fehlen, vor allem aber die Perspektiven. Wer kann, geht weg. Vor allem die jungen, gut ausgebildeten Frauen ziehen davon. In den Westen, oder in aufstrebende Städte wie Jena, Leipzig oder Dresden. Es fehlen junge Frauen, Kinder und eine Perspektive. Zurück bleiben alte Leute und Männer, die mit ihrem Leben nichts anzufangen wissen.
Der aktuelle Demografiebericht der Bertelsmannstiftung bestätigt diesen Eindruck. Bis 2030 wird die Zahl der alten Leute im Osten rasant zunehmen, die Gesamtbevölkerung schrumpfen. Eine Entwicklung, die selbst Einwanderung oder steigende Geburtenzahlen kaum aufhalten können. Der Leipziger Wolfgang Tiefensee wollte als er für den Aufbau Ost zuständig war Frauen mit viel Geld in den Osten holen – wurde deswegen aber verlacht.
 
Uta Bauer und Susanne Dähner vom Büro für integrierte Planung Berlin führen seit drei Jahren im Auftrag des Bundesfamilienministeriums Erhebungen durch, die die Lebenswirklichkeit von Frauen in den neuen Bundesländern genauer unter die Lupe nehmen.
 
Mehr Abiturientinnen im Osten als im Westen
 
Dass die Zahl der jungen Frauen mit Abitur im Osten höher ist als die der Abiturientinnen im Westen, aber auch höher als die Zahl der Abiturienten im Osten, hatten sie schon in einer früheren Studie herausbekommen. Genau diese hohe Qualifizierung und die sogenannte hohe Erwerbsorientierung gilt als Grund dafür, warum so viele junge Frauen die neuen Bundesländer verlassen.
 
Ihre neue Studie "Mehr Raum für starke Frauen" zeigt nun, dass die Frauen, wenn sie nach den Lehr- und Wanderjahren gut ausgebildet zurückkommen, ihre Heimat auf den Kopf stellen. Denn viele von ihnen kehren als Unternehmerinnen zurück, schaffen Arbeitsplätze und sorgen damit dafür, dass ehemals verschlafene Dörfer zu neuem Leben erwachen.
 
Zurück in die Heimat nach den Lehr- und Wanderjahren
 
Beispiel Sylvia Rahm-Präger. Die Rügnerin verlässt nach dem Schulabschluss ihre Insel, um in Berlin zu studieren und eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen. 13 Jahre lebt sie in der Hauptstadt, promoviert und bekommt das Angebot, eine Dozentur in Seattle anzunehmen. Rahm-Präger möchte ihre Tochter nicht zurücklassen und lehnt ab, sucht sich neue Möglichkeiten. Die gelernte Melkerin und promovierte Agrarwissenschaftlerin kommt auf die Idee, zurück nach Rügen zu gehen. "Das war eine ganz pragmatische Entscheidung, ich habe mehrere Projekte durchgerechnet. Und am Ende blieb eben die Molkerei", bilanziert Rahm-Präger. 1998 eröffnet sie in Poseritz die neu gebaute Molkerei und schafft acht Arbeitsplätze, die sie nur mit Frauen besetzt. "Dann wird nicht so gestänkert," zwinkert sie, "nein, im Ernst, ich arbeite gerne mit Frauen zusammen."
 
Rügen hat mit 8,1 Prozent (Quelle: Agentur für Arbeit Stralsund, 2011) zwar inzwischen die niedrigste Arbeitslosenquote in Mecklenburg-Vorpommern. Als Sylvia Rahm-Präger in den 1990ern ihre Molkerei eröffnete, war die Situation allerdings ganz anders. "Ich hatte unglaublich viele Bewerbungen", sagt sie. Seit 2002 schreibt sie schwarze Zahlen und hat eine Erzeugergemeinschaft ins Leben gerufen, die Rügener Produkte auf der Insel und dem Festland vermarktet.
Zahlreiche Fälle wie diese zählt die Studie auf und dennoch stellt Susanne Dähner klar: "Es ist kein quantitatives Phänomen, diese Frauen sind Pionierinnen." Die Rolle dieser Pionierrinnen aber sollte man nicht unterschätzen.
 
Denn, das zeigt die Studie ganz deutlich, wenn sich gut ausgebildete Frauen für das Leben in entlegenen Gegenden entscheiden, bringen sie ihre Arbeit als Selbstständige entweder mit oder sie machen sich vor Ort selbstständig.
 
Und das setzt eine Kettenreaktion in Gang. Zweites Beispiel: Dörthe Thie. Die Zahntechnikerin hat ihre Ausbildung noch in der DDR absolviert und zieht mit ihrem Mann 1990 nach Blankenfelde. Für sie ergeben sich ganz neue Perspektiven: "Das war eine Goldgräberstimmung damals, ich konnte endlich mit Keramik und Gold arbeiten." In der DDR wurde Gold zugeteilt, nach der Wende freuten sich nicht nur die Zahntechniker, sondern auch die Patienten auf neue, zeitgemäße Brücken und Implantate.
 
Thie packt die Gelegenheit beim Schopf, in das neu gebaute Blankenfelder Haus wird im Keller ein Labor eingerichtet. "Wir haben auf Matratzen geschlafen und hatten keinen richtigen Herd, aber unten im Labor stand ein supermoderner Keramikofen", erinnert sie sich.
 
Erst kommt die Frau, dann die Firma und Arbeitsplätze
 
Und dann geht es los. Thie setzt vor allem auf Privatkunden, ihren Mann, ein gelernter Zimmermann, bildet sie zum Zahntechniker aus, wie viele andere der heute fünfzehn Mitarbeiter. Thies Fall ist exemplarisch für die in der Studie als Pionierinnen bezeichneten Frauen. Erst kommt die Frau, dann die Firma, dann Arbeits- und Ausbildungsplätze, schließlich die Infrastruktur.
 
Auch bei Jana Reiche ist es so gekommen. Ihr Mann bekommt eine Stelle in der Prignitz, einem Kreis in Mecklenburg-Vorpommern, der zu den am dünnsten besiedelten Landstrichen in Deutschland gehört. Die Reiches ziehen also aufs Dorf und bekommen ein Kind. Als das älter wird, machen sich Reiche und ihr Mann Gedanken um eine geeignete Schule. In Potsdam hätten sie eine Reformschule gewählt, in der Prignitz gibt es so etwas nicht.
 
Also trommelt Jana Reiche Gleichgesinnte zusammen. Denn es gibt noch andere Zugezogene; viele sind selbstständig oder pendeln nach Hamburg. Ein bunter Haufen von Ost- und Westdeutschen, Städtern und Dörflern, Frauen und Männern debattiert zwei Jahre über Bildung und über Lerninhalte. Am Ende beschließen sie, eine Schule zu eröffnen. Reiche erklärt: "Wir haben im ganzen Kreis gesucht und sind dann in Baek fündig geworden, einem 225-Seelen-Dorf." Dort steht eine Schule leer.
 
Kurzum, aus den 1998 noch sechs Schülern werden über die Jahre 36. Die Germanistin und Pädagogin Reiche wird Schulleiterin. Und der graue Betonbau verwandelt sich in eine bunte Montessorischule – mit Hort und Kindergarten und sechs Jahren gemeinsamer Grundschulzeit.
 
Ein Laden bringt nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Leben ins Dorf
 
Inzwischen ziehen Familien wegen der Schule in die gottverlassene Gegend. "Das sind natürlich viele Freiberufler und Pendler. Aber andere schaffen sich auch Arbeitsplätze." Eine Frau zum Beispiel eröffnet einen Bioladen. Das schafft nicht nur ihr Arbeit, sondern belebt das Dorf. Mit dem Verfall von Dorfläden und Gaststätten beginnt nämlich auch der Fall eines Dorfes. Mit dem Bioladen gibt es wieder einen Treffpunkt, einen Ort des Austausches.
 
Babette Scurrell, promovierte Soziologin der Bauhaus-Stiftung in Dessau, fasst das Phänomen so zusammen: "Das ist ein Kulturumbruch, der nicht durch Großstrukturen hervorgerufen wird. Man braucht viele kleine Experimente." Die großen politischen Programme zum Umbau Ost, die mit viel Geld versuchen, Beschäftigung und Perspektiven zu schaffen, sind für Scurrell also nicht der richtige Ansatz.
 
Dahinter steckt eine ganz einfache Wahrheit – Geld allein schafft keine Arbeitsplätze. Es sind einzelne Personen mit ihren Ideen und Netzwerken, die zur Wiederbelebung eines Dorfes führen.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-10/ostdeutschland-frauen-demografie/

Männer
 
Im Dickicht der Männerbewegung
 
Nicht nur die Frauen sind auf der Suche nach dem neuen Mann, der einfühlsam, kinderlieb und trotzdem männlich ist. Wie soll es gehen? Mit Holzhacken oder Metrosexualität?
 
"Männer sind Schweine. Sie wollen alle nur das eine. Weil Männer eben so sind." Das ist mal eine Ansage. Nicht so wie bei Grönemeyer, der zögerlich fragt, wann ein Mann ein Mann ist. Ob Ärzte oder Grönemeyer – in beiden Songtexten steckt ein Stück Wahrheit. Männer sind im Aufbruch und sie werden mit allerlei Unheil assoziiert. Gewalt, Gefühllosigkeit, Männer werden mit allerhand negativen Eigenschaften belegt.
Andere Bilder wie die so genannte Metrosexualität des modernen Mannes sind jedoch nicht nur Modephänomene. In den vergangenen 30 Jahren hat sich das Rollenbild der Frau gewandelt. Nun sind die Männer an der Reihe. Denn, so erklärt Sebastian Scheele, wissenschaftlicher Mitarbeiter am GenderKompetenzZentrum an der Humboldt-Universität Berlin: "Männlichkeit ist immer relational zu Weiblichkeit und wird bestimmt davon, was für Weiblichkeit gehalten wird." Und so gibt es, vor allem in urbanen Milieus, immer mehr Männer, die sich mit sich selbst und ihrem Rollenbild auseinandersetzen.
 
Sie tun es nicht nur, weil ihre Frauen es von ihnen verlangen. Scheele erklärt, dass noch immer vor allem als männlich gilt, wenn ein Mann seine Familie ernährt, bis zur Erschöpfung arbeitet, Leistung bringt. Das Ergebnis dieser Männernorm: Männer achten weniger auf die Signale ihres Körpers, powern sich aus. Und sterben früher. Das belegen auch Zeitbudgetstudien des Statistischen Bundesamtes. Grund genug, sich zu ändern.
 
Genau da setzt die Männerbewegung an. Ein Teil der Szene ist antifeministisch, fühlt sich benachteiligt und will die Familienernährernorm um jeden Preis aufrechterhalten. Die Männer, die diese Haltung einnehmen, wollen dafür auch Dankbarkeit spüren.
 
Außerdem gibt es Männergruppen, die nach sich selbst suchen, eine Art "Urmännlichkeit" propagieren, wie Sebastian Scheele augenzwinkernd bemerkt. Christian Führholz ist so einer. Er ist begeistert von seiner Gruppe, in der 25- bis 55-jährige Männer den Sinn des Lebens suchen. Wie? "Wir veranstalten Camps in der Natur, hacken Holz, zelten, versorgen uns selbst. Da dürfen wir mal wieder richtig Mann sein." Man kann sich den schmächtigen Führholz kaum als Holz hackenden Macho vorstellen. Er lacht selbst darüber: "Das ist ein Spiel, ist doch klar. Wir unterhalten uns auch sehr viel, zum Beispiel darüber, wie man beim Chef Elternzeit durchboxt. Aber Sie müssen schon zugeben, einen Mann, der nicht auch eine wilde Seite hat, finden Sie nicht attraktiv."
 
Und das ist der Knackpunkt. Schwache Männer? Die will keine haben. Es ist zwar ein Klischee, dass Frauen auf selbstbewusste, starke Männer stehen. Das Problem ist bloß: Ein bisschen was dran ist da schon. Umso schwieriger gestaltet sich dann die Suche nach dem neuen Mann: Gefühle soll er zeigen, weniger arbeiten, sich um die Kinder kümmern. Aber irgendwie auch stark sein. Wie soll denn das bloß funktionieren?
 
Die Lösung lautet "positive Männlichkeit". Ein weiterer Ansatz der Männerbewegung, der gegen das Familienernährermodell mit all seinen Auswirkungen gerichtet ist. Klaus Schwerma ist Sozialwissenschaftler, arbeitet als Männer- und Geschlechterforscher. Zusammen mit dem Psychologen und Männerberater Andreas Goosses setzt er sich für eine emanzipatorische Männerpolitik ein.
Schwerma dreht die Frage nach dem neuen Mann noch einmal anders: "Wenn Männer sich an starke Frauen gewöhnen, müssen sich auch Frauen an schwache Männer gewöhnen."
 
Das kann auch ein Vorteil für die Frauen werden. Man denke nur an die Studien zum Partnerwahlverhalten von Frauen. Während Männer sich gerne nach unten orientieren, was den Status und die Arbeitssituation ihrer Partnerinnen angeht, orientieren sich die Frauen nach oben. Nur: Vielen gut ausgebildeten Frauen stehen weniger gut ausgebildete Männer gegenüber.
 
Klaus Schwerma fordert deshalb: "Das verlangt von Frauen eine Veränderung, wie sie Männer wahrnehmen. Es ist einfach zu sagen: Männer haben von Emotionen keine Ahnung, die gehen sowieso nur arbeiten und können mit Kindern nichts anfangen. Frau muss sich auch selbst verändern, um andere Männer zuzulassen und diese Männer auch attraktiv zu finden." Das Klagen über die Männer ist eben auch etwas, das Sicherheit gibt, meint Schwerma.
 
Gut, Frauen müssen sich also auf neue Männer einstellen. Aber was ist es denn nun, das den neuen Mann ausmacht? Es klingt fast ein wenig spießig, wenn Schwerma sagt: "Die neuen Männer denken über ihr Leben nach, sind in der Lage, ihre Gefühle zuzulassen, arbeiten Teilzeit, achten auf ihre Gesundheit, ertragen Cheffinnen, kümmern sich um die Kinder."
 
Goosses assoziiert mit dem Begriff positive Männlichkeit noch etwas anderes, ein bestimmtes Bild. Er wertet den ohnehin schon männlich konnotierten Begriff der Standhaftigkeit auf: "Standhaftigkeit genauso wie Gefühlsnähe, Stärke geben zu können, wie auch Zärtlichkeit leben zu können. Das ist für mich das Neue, die Breite in Anspruch nehmen zu können. Beziehungsorientiert zu leben, nicht geld- oder machtorientiert."
 
All das ist aber nicht in zehn Jahren zu erreichen, warnt Klaus Schwerma. Er ist jedoch sicher, dass es in Zukunft viele verschiedene Bilder von Männlichkeit geben wird. In bestimmten Schichten bleibt es vielleicht sogar bei den traditionellen Männernormen. Oder der neue Mann ist einfach das, was Sebastian Scheele darunter versteht: "Vielleicht müsste sich der neue Mann gar nicht an Geschlechternormen abarbeiten, nicht zwanghaft Männlichkeit anstreben. Er ist ganz lässig und entspannt."
 
Lässig und entspannt. Damit könnte auch frau gut leben.

http://www.zeit.de/online/2009/26/maenner-neu/seite-1

"Sie können einen Körper haben wie ein Mann, aber das Gehirn einer Frau." Potzblitz. Was der Humanethologe Karl Grammer da von sich gibt. Wir befinden uns auf dem Düsseldorfer Männerkongress mit fast vierhundert Teilnehmern, Titel Neue Männer – muss das sein? Über den männlichen Umgang mit Gefühlen. Erstmalig sollten sich Wissenschaftler unterschiedlicher Couleur mit dem Mann, wenn es einen solchen gibt, auseinandersetzen.
Was der in schwarz gekleidete Mann auf dem Podium erzählt, hat allerdings eher Gassenhauercharakter. Die Stimmung im Auditorium ist gut, so viel Gelächter hört man bei wissenschaftlichen Kongressen selten. "Männer geben im Schnitt 15 bis 20 cm mehr an, wenn sie ihre Körpergröße benennen." Grammer selbst trägt Schuhe mit einem Absatz von mindestens sieben Zentimetern. Er scheint zu wissen, wovon er spricht.

Alte Bekannte der Männerforschung treten bei diesem Kongress auf, Gerhard Amendt etwa, der vor einiger Zeit mit der Forderung von sich reden machte, man solle Frauenhäuser abschaffen. In seinem Vortrag geht es diesmal um den verlassenen Mann. Männer leiden unter Scheidungen und Trennungen, so seine Kernaussage. Psychoanalytiker Matthias Hirsch untersucht derweil traumatische Aspekte der männlichen Sozialisation. Stichwort Penisneid und ödipales Dreieck.
Steht es wirklich so schlimm um den Mann?
Die Frauenbewegung hat ihm einige Privilegien abgenommen, sicherlich. In einem Gymnasium, zehnte Klasse, sitzen deutlich mehr Mädchen als Jungen. An den Universitäten das gleiche Bild: mehr junge Frauen als junge Männer. Zudem sterben Männer früher, sie achten einfach zu wenig auf ihren Körper. Die Selbstmordrate unter Männern ist höher als die der Frauen. Alles keine neuen Erkenntnisse.
Wenn es jedoch hart auf hart kommt, zeigt sich: Die gut bezahlten Posten, die Aufsichtsratsplätze etc. – all das ist männlich besetzt. Die vielen Absolventinnen sind in der Universität auf Doktorandenstellen oder gar Professuren kaum zu finden. Männer verdienen mehr Geld bei gleicher Qualifikation, die Familienarbeit bleibt an ihren Frauen hängen.
Und doch scheint das die Männer nicht mehr glücklich zu machen. Die Psychoanalytiker unter den Teilnehmern berichten von einer Verunsicherung, die ihre Patienten befalle. Überhaupt belegt das Tagungsprogramm den Mann mit negativen Attributen. Krank sei er, verlassen, entwertet, vaterlos. Eine Konferenz der Jammerlappen? Klagen ohne Lösungsvorschläge?
Auftritt Klaus Hurrelmann. Der Autor der letzten beiden Shell-Studien ist ganz in schwarz gekleidet. Er trägt allerdings keine hohen Absätze und tritt mit wohltuend klaren und wissenschaftlich fundierten Aussagen nach vorne. Ja, Frauen seien den Männern überlegen. Der Bildungserfolg von jungen Frauen und Mädchen sei größer, und zwar nicht, weil sie sich besser an das System anpassen könnten. Nein, die PISA-Studie zeige ganz deutlich, dass ihre Kompetenzen in fast allen Bereichen die der Jungen übersteige, auch in den Naturwissenschaften und Technik. Früher war das eine Domäne der Jungen – nun seien die Mädchen besser. Einzig in der Mathematik hätten die Jungen die Nase vorn, fraglich nur, wie lange noch.
Die letzte Shell-Studie von 2006 zeigt zudem, dass die meisten jungen Frauen (80 Prozent) ein flexibles Modell im Kopf haben, sie wollen Familie und Beruf vereinbaren. Viele junge Männer dagegen halten am traditionellen Ernährerbild fest (60 Prozent). Wie sie überhaupt an die Jobs kommen wollen, die dafür nötig sind, bleibt offen: "Die Jungen gehen davon aus, dass sie schon irgendwie dahin kommen, wo ihre Geschlechtsgenossen schon sind. Dass ihnen die gut bezahlten Posten qua Geschlecht und Tradition zustehen."
Hurrelmann schaut verschmitzt. "Es ist nicht nur die Bildung. Sie können keine stabile Bindung aufbauen, haben viel flachere Wertorientierungen als die jungen Frauen und sind recht materialistisch orientiert." Mit einem Satz: "Junge Männer leiden an einer strukturellen Überschätzung des eigenen Selbst." Autsch. Die schlechte Lage der Männer, selbstverschuldet? Die Bildungsverliererdebatte obsolet?
Hurrelmann macht nicht den Fehler, den Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen den schwarzen Peter zuzuschieben und ein "Erziehungsmatriarchat" auszurufen. Er sagt nur: "Jungen und junge Männer fühlen sich im Bildungsbereich nicht angesprochen. Und die Reaktion darauf ist Trotz und Schulabbruch."
Die Lösung sei eine Bildungsoffensive für Jungen. Was in den letzten Jahrzehnten bei den Mädchen funktioniert hätte, ihre tradierten Rollenvorstellungen aufzubrechen und sie für Männerdomänen fit zu machen, müsste umgekehrt bei den Jungen auch funktionieren. "Wir brauchen also nicht mehr nur den Girls Day, sondern auch den Boys Day."
Und das bedeute, an den Geschlechterrollen anzusetzen, sie zu bearbeiten, um sie zu erweitern. Jungen und junge Männer würden ermutigt, sich mehr zuzutrauen als nur Technik. Sprachen zum Beispiel, um auch über Gefühle reden zu können. Und pädagogische Berufe, dort möchte auch Klaus Hurrelmann mehr Männer sehen.
Eine Spitze zum Schluss kann er sich nicht verkneifen: "Der neue Mann kann nur so gut sein wie die neue Frau. Wir sollten nicht den Fehler machen, das Spannungsverhältnis der Geschlechter zu zerreden." Ziel sollte es eher sein, dass beide Geschlechter mit ihren Rollen spielen können, dabei aber Mann und Frau bleiben können. Und auch der Mann solle dann am Ende frei entscheiden, was er möchte: Karriere, Kinder, oder alles zusammen?
Ganz wie die Frauen eben.
http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2010-02/maenner-kongress/seite-1
Unfreiwillige Emanzipation
Die Zahl der alleinverdienenden Frauen steigt. Doch viele Familien-Ernährerinnen sind keine Karrierefrauen, die freiwillig viel arbeiten.

Es ist eine zentrale Forderung der Frauenbewegung. Frauen sollen arbeiten, Karriere machen, Beruf und Familie vereinbaren. Der Mann soll Abstand nehmen vom Alleinernährermodell. Das Forschungsprojekt "Familienernährerinnen" vom DGB , unterstützt vom Bundesfamilienministerium, hat nun herausgefunden, dass diese Forderungen längst Realität werden. Aber zwar ganz anders als bislang angenommen.
1991 wurden 15 Prozent aller Mehrpersonenhaushalte allein von Frauen finanziert, heute sind es schon 21 Prozent. Unter diesen 21 Prozent sind aber nur wenige Akademikerinnen, die Karriere machen möchten und mit ihrem Partner abgesprochen haben, dass er sich demzufolge mehr um die Familie kümmert. Nur in einem Viertel der Fälle haben die Alleinernährerinnen eine hohe Berufsqualifikation und eine "hoher Erwerbsneigung", wie es im Soziologendeutsch heißt.

75 Prozent der Alleinernährerinnen haben diese Rolle unfreiwillig übernommen. Gut, wiederum ein Viertel dieser Unfreiwilligen findet es nach einer kleinen Eingewöhnungszeit in Ordnung, sie bekommen die Chance, sich beruflich weiterzuentwickeln. Und auch ihre Partner sind offen für die neue Herausforderung, die Familienarbeit stemmen zu müssen.
Rund 50 Prozent der unfreiwilligen Alleinernährerinnen aber sind unglücklich mit der neuen Rolle. Kein Wunder, denn die meisten dieser Frauen arbeiten im Niedriglohnsektor und müssen mit dem kleinen Gehalt eine ganze Familie ernähren.
Die betroffenen Frauen sind entweder nicht besonders gut qualifiziert oder schon so lange aus besser qualifizierten Berufen heraus, dass sie im Niedriglohnsektor untergekommen sind. Häufig waren sie vor der Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit ihres Mannes die klassischen Zuverdienerinnen. Genauso häufig arbeiten sie als Alleinernährerinnen weiter in Teilzeit, und müssen folglich mit noch weniger Geld die Familie ernähren.
Ute Klammer, Professorin für Sozialpolitik an der Universität Duisburg-Essen sagt: "Wir hatten im Vorfeld unserer Befragungen überlegt, ob sich das traditionelle Alleinernährermodell umkehrt, also Männer die Hausmänner werden und Frauen das ganze Geld verdienen. Das ist aber in nur ganz seltenen Fällen so."
Im Gegenteil bleibt die Familien- und Hausarbeit überwiegend an den Frauen hängen und führt sie an ihre Belastungsgrenzen. Svenja Pfahl vom Institut für Sozialwissenschaftlichem Transfer in Berlin nennt einige Beispiele aus den qualitativen Interviews, die sie mit Alleinernährerinnen geführt hat. Da ist die Frau, die kaum noch die Kraft hat, sich um ihre Kinder zu kümmern, abends die Hausaufgaben zu kontrollieren zum Beispiel. Eine Mutter sagte im Interview sogar, sie würde ihr Kind auf die Realschule schicken und nicht auf das Gymnasium, da dort der Betreuungsaufwand geringer wäre.
"Häufig arbeiten sie im Schichtdienst", sagt Svenja Pfahl, "und haben umso stärker mit starren Kinderbetreuungszeiten zu kämpfen". Warum beschweren sich diese Frauen nicht beim Arbeitgeber, dass er mehr Rücksicht auf sie und ihre familiären Bedürfnisse nehmen soll und fordern ein höheres Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen?
Warum außerdem fordern sie nicht vom Partner, dass er sich mehr um Haushalt und Familie kümmern sollte? Svenja Pfahl konstatiert: "Das Protest- und Mobilisierungspotenzial der Alleinernährerinnen ist gering. Sie orientieren sich am privaten Umfeld, wo es vielen noch schlechter geht, so nehmen sie es zumindest wahr."
Es wirkt paradox, dass die Frauen über ihre hohe Belastung klagen, während der Partner doch Zeit hätte, ihnen Arbeit abzunehmen. An diesem Paradox wird deutlich wie nie, wie stark die Geschlechterrollenbilder unsere Gesellschaft noch prägen.
Auffällig viele der Alleinernährerinnen haben das traditionelle Rollenverständnis im Kopf. Nur das Viertel der Akademikerinnen sucht sich Partner, die es ihnen ermöglichen, Kind und Karriere zu haben. Die restlichen 75 Prozent möchten zwar auch nicht, dass der Mann allein arbeitet. Sie möchten allerdings Zeit haben, sich um Haushalt und Familie zu kümmern und nebenbei in Teilzeit zu arbeiten.
Ute Klammer hat in den qualitativen Interviews herausgefunden, dass viele dieser Frauen ihren Männern sogar bewusst zu Hause den Rücken freihalten, damit sie sich bewerben, qualifizieren und zurück in den Beruf können.
Es wäre zu kurz gesprungen, diesen Frauen zu unterstellen, sie wollten zurück an den Herd und ihre Männer ganztags bei der Arbeit sehen. Eine Stichelei, die man von Männerrechtlern immer wieder hört, à la "die Frauen wollen doch gar nicht Alleinernährerinnen sein, denn dann müssten sie die ganze Verantwortung tragen", scheint allerdings berechtigt.
Denn dafür Sorge zu tragen, dass genug Geld da ist, scheint für viele dieser Frauen eine wirklich große Bürde zu sein. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Bürde für die Frauen nicht viel geringer wäre, wenn man(n) mehr Verantwortung zu Hause übernehmen würde.
Denn auch wenn ein Viertel aller Alleinernährerinnen sagt, sie wurden unfreiwillig zu Alleinernährerinnen, scheinen sie mit dieser neuen Rolle doch nach einiger Zeit gut klarzukommen. Das sind aber genau die Frauen, deren Partner gut mit der neuen Rolle zurechtkommen und sie in Haus- und Familienarbeit entlasten.
Was die Frauenbewegung in langen Jahren voller Überzeugungsarbeit nicht vermocht hat, schafft nun die Prekarisierung und Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt. Ob das eine gute Entwicklung ist, sei dahingestellt. Fakt ist, es wird Zeit, dass Frauen und Männer neu über ihr Rollenverständnis nachdenken. Ganz pragmatisch. Damit weder ihre Partnerschaft noch die Familie zerbricht.

http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2010-07/ernaehrerinnen/seite-1

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