Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Karasek: "Vom Küssen der Kröten"

Narrowitsch, Berlin, Friday, 06.08.2010, 04:42 (vor 5005 Tagen) @ Mulher

Seit mehr als 100 Tagen sitzt Jörg Kachelmann jetzt in U-Haft. Als er
mit dem froh gelaunten oder auch nur trotzigen Ruf "Ich bin unschuldig!"
vorläufig weggeschlossen wurde, rutschten wir noch auf scheinbar ewig
vereisten Straßen durch unsere Winterstädte. Jetzt, da seine Haftbeschwerde
vom Mannheimer Landgericht abgewiesen wurde und Kachelmann im Gefängnis
bleibt, lasten tropische Temperaturen auf unseren vor Hitze schmelzenden
Asphalt-Chausseen.

Schadenfrohes Gesabbel, welches Bezug zum Wetter an den Haaren herbei zerrt. Auch literarisch grauenhaft.

Spätestens jetzt müssten wir wissen, dass der aus jeglichem Verkehr
gezogene Wetterfrosch die Wechsel zwischen Hoch und Tief, warm und kalt,
feucht und trocken nicht machte, sondern nur das salopp vortrug, was wir
auch ohne ihn hätten erfahren können.

So reden missgünstige Intellektuelle jene Leute klein, die anders als sie selbst sind, Intellektuelle, denen die eigene Überflüssigkeit dämmert.

Einerseits, dass es offenbar
Frauen gab, die, von seinem Talmi-Ruhm geblendet, jahrelang geduldig auf
ihn warteten, ja hofften (frei nach Kreisler: "Achtzehn Jahre warte ich
jetzt schon auf deinen Anruf!").

Talmi-Ruhm ! Da sabbert und schleicht ein Fuchs um den edelsten Weinstock des Ruhms, dem die süßen Trauben jedoch viel zu hoch hängen, weil sein Atem zu kurz, seine Beine zu dünn geraten sind und dem deshalb der Neid einem anderen seiner Gattung den Genuss nicht ganz so süßer Weinbeeren nicht ganz so edler Reben nicht gönnen kann.

Kachelmann verdankt seine Popularität dem Popoulus, welches ihn für eine kleine aber feine Revolution des Fernsehgeschäfts liebt: Kachelmann ersetzte Gestalten, die vor Wetterkarten standen, als hätten sie soeben einen Stock verschluckt, durch die (Kunst-)Figur Kachelmann, eines locker hin und her springenden Besessenen, dem man die Freude am Erkennen meteorologischer Vorgänge anmerkte; als Wetterfrosch authentisch und geschäftlich Fuchs. Diese Art Volkstümlichkeit ist gewissen Intellektuellen seit jeher ein Dorn im Auge. Das Volk liest lieber Karl May, als Marcel Proust und liebt Kachelmänner eher als Literaturkritiker, die in albernen Ratesendungen als Joker um Ruhm beim verachteten Pöbel buhlen. Und wenn eine solch traurige Gestalt zum Verriss einer Person, nicht eines Werkes, ansetzt, entfallen ihr auch jene zweifelhaften Verdienste, die der Herr Kritiker noch vor Kurzem wegen der Nähe zur eigenen Weltsicht als lobenswert empfand: Wenigstens die gegenderte Bezeichnung der Hochs und Tiefs müssten dem sauberen Herrn noch im Gedächtnis haften, die er gönnerhaft dem Delinquenten häte gutschreiben können. Aber es geht hier nicht um Kritik, es geht um Demontage einer Person, die sich auch per Gebrauch von Fremdwörten nicht kaschieren läßt. .

Dass er, andererseits, ein etwas grobknochiger und grobschlächtiger Geselle
mit priapischer Energie ist, steht fest, ist aber an sich schlimmstenfalls
degoutant, eigentlich seine Sache und an sich nicht strafbar.

Es verträgt
allerdings keine große Glocke. Die Tragödie wird wegen ihrer Wucht laut als
ausweglos beklagt. Dabei ließe sie sich leicht vermeiden und ein paar
Nummern kleiner abwickeln. Er, der mit seinen Wetter- und
Wetterstation-Eskapaden eine erfolgreiche Firma aufgebaut hat, könnte,
allerdings ohne Fernsehplatz, still und zurückgezogen, seinen Geschäften
und Gelüsten nachgehen. Sie könnten durch einen außergerichtlichen
Vergleich und ein Schuldig-Bekenntnis abgesichert und befriedigt werden.
Man würde sich auf ein Mindeststrafmaß einigen. Und auf Schmerzensgeld.

Diese Sätze sollten wir gut im Gedächtnis und in Notizen speichern. Sie lassen einen tiefen Blick in die Gedankenwelt jener akademischen Oberschlauen zu, die meinen, sie seien zum moralischen Gericht nicht nur einzelner Personen, sondern ganzer Völker berufen und müssten aller Welt ins Gewissen reden. Nach ihnen haben Deguotante mit Dauererektion Schuld auf sich zu nehmen und finanziell zu büßen, selbst wenn sie eine unterstellte Tat nicht begangen haben. Für deguotante Grobknochige gelten Menschenrechte nicht, nicht rechtstaatliche Grundsätze, sie haben sich den Bannflüchen moderner Feme - Gerichte zu unterwerfen, als deren Schöffe sich Karasek wohl sieht. Zweifellos ein aufrechter Demokrat.

Dass viele mit einem solchen Schaden fertigwerden müssen, zeigt jeder
Scheidungsprozess.

Was, oh Göttin, sind viele in jedem Scheidungsprozess? Was will uns der Meister des Wortes damit sagen? Nun , wir wissen es...

Und wissen auch um die Widerwärtigkeit von Hyänen im Pudelfell. Wir werden uns gut erinnern, wenn sie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie und Gleichstellung für Gesellschaften im Regenwald, am Rande der Wüsten oder im Hindukusch fordern.

Wie ich schon vor einiger Zeit schrieb, nicht wenige sogenannter Intellektuelle, besonders jene in Deutschland, zeigen sich abermals lernresistent. Die Lektionen, die ihnen die Geschichte aufgab, bleiben ihnen Bücher mit sieben Siegeln.

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Extemplo simul pares esse coeperint, superiores erunt-

Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein.


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