Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Die freie Gesellschaft und der subsidiäre Staat

Mus Lim ⌂, Wednesday, 06.10.2010, 22:51 (vor 4943 Tagen) @ Chato

"Die Familie ist als eine auf der Ehe beruhende Gemeinschaft verschiedener Geschlechter und Generationen der Anfang der Gesellschaft. Sie ist selbst die erste menschliche Gesellschaft. In ihr bildet sich das Humanvermögen, d.h. die Gesamtheit der Daseins- und Sozialkompetenzen des Menschen, die dem Erwerb von beruflichen Fachkompetenzen vorausliegen, die einerseits für das Gelingen des individuellen Lebens und andererseits für die Entwicklung der freien Gesellschaft, der Wirtschaft und der Kultur von kaum zu überschätzender Bedeutung sind. In der Familie lernt der Mensch, was lieben und geliebt werden heißt, und was es konkret besagt, Person zu sein. In ihr erfährt er sich ebenso als Individuum wie als Gemeinschaftswesen, als Subjekt der Freiheit wie der Verantwortung.

In ihr werden die Weichen gestellt für die moralischen und emotionalen Orientierungen des Heranwachsenden, für seine Lern- und Leistungsbereitschaft, für seine Kommunikations- und Bindungsfähigkeit, seine Zuverlässigkeit und seine Arbeitsmotivation, seine Konflikt- und Kompromissfähigkeit sowie seine Bereitschaft zur Gründung einer eigenen Familie, zur Weitergabe des Lebens und zur Übernahme von Verantwortung für andere. In der Familie wird über den Erfolg im schulischen und beruflichen Erziehungs- und Ausbildungssystem, auf dem Arbeitsmarkt und in der Bewältigung des Lebens mitentschieden. Nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft profitieren von den Leistungen der Familie, sondern auch der demokratische Staat, der auf interessierte, motivierte, partizipations- und solidaritätsbereite Bürger angewiesen ist, und nicht zuletzt die Kirche, die für die Weitergabe des Glaubens der Mitwirkung der Eltern bedarf.

Von den ersten Lebensjahren an leistet die Familie eine Verinnerlichung der moralischen Werte sowie eine Weitergabe des geistigen und kulturellen Erbes der Religionsgemeinschaft und der Nation. In ihr lernt man soziale Verantwortung und Solidarität. Die Familie ist deshalb die erste Schule der sozialen Tugenden, auf die alle Gesellschaften angewiesen sind. Sie hilft den Menschen, in der Freiheit und in der Verantwortung zu wachsen, was für die Übernahme aller Arten von Aufgaben in der Gesellschaft die unverzichtbare Voraussetzung ist. In ihr werden die Werte vermittelt, die für jeden freien, ehrbaren und verantwortungsbewussten Bürger grundlegend sind. In ihr empfängt der Mensch die entscheidenden Anfangsgründe über 'die Wahrheit und das Gute'. Er lernt, was lieben und geliebt werden heißt. Er wird mit Pflichten konfrontiert, die nicht vertraglich festgelegt sind, sondern sich aus dem Wesen der Familie selbst ergeben. So leistet die Familie einen einzigartigen und unersetzlichen Beitrag zum Wohl der Gesellschaft. Sie ist die Grundlage einer freien Gesellschaft, einer leistungsfähigen Ökonomie und eines subsidiären Staates.

Die Familie ist nicht nur causa efficiens der freien Gesellschaft und des subsidiären Staates, sondern auch causa finalis. Ökonomie, Gesellschaft und Staat sind um der Familie willen da, nicht umgekehrt. Nur in totalitären Herrschaftsordnungen ist die Familie ein Werkzeug des im Dienst einer Rasse, einer Klasse oder einer Herrschaftsclique bestehenden Staates. Der Familie ist der Vorrang vor der Gesellschaft und dem Staat einzuräumen. Als Trägerin unverletzlicher Rechte besitzt die Familie ihre Legitimation in der menschlichen Natur und nicht in der Anerkennung durch den Staat. Sie ist also nicht für die Gesellschaft und den Staat da, sondern die Gesellschaft und der Staat sind für die Familie da. Die Familie besitzt ihre eigene Autonomie. Dem Staat ist diese Autonomie der Familie entgegenzuhalten. Die gesellschaftliche Natur des Menschen erfüllt sich nicht im Staat, sondern verwirklicht sich in verschiedenen Zwischengruppen, angefangen von der Familie bis hin zu den wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Gruppen, die in derselben menschlichen Natur ihren Ursprung haben und daher - immer innerhalb des Gemeinwohls - ihre eigene Autonomie besitzen. Innerhalb der 'Zwischengruppen', so wäre zu ergänzen, kommt allerdings der Familie noch einmal ein Vorrang vor den anderen Gruppen zu, der sich aus der Natur des Menschen ergibt, der in die Familie hineingeboren wird, während alle anderen Gruppen freiwillige, vertragsbasierte Zusammenschlüsse sind.

Für den Staat ergeben sich aus diesem Vorrang der Familie zwei Funktionen, eine negative, zur Zurückhaltung mahnende, und eine positive, aktivierende. Die erste Funktion bedeutet, dass der Staat, der die Autonomie der Familie respektiert, sich nicht anmaßt, der Familie vorzuschreiben, wie sie zu leben hat, wie vielen Kindern sie das Leben zu schenken, wie sie die Kinder zu erziehen und welche Prioritäten sie in Ausbildung, Erwerbsleben oder Konsum zu setzen hat. Dies fällt allein in die Verantwortung der Familie. Der Staat hat die Vorrangigkeit und damit die Freiheit der Familie zu achten und im zweiten Glied zu bleiben. Er hat sich in seiner Beziehung zur Familie an das Subsidiaritätsprinzip zu halten. Aufgrund dieses Prinzips dürfen die öffentlichen Autoritäten der Familie jene Aufgaben, die sie gut allein oder im freien Verband mit anderen Familien erfüllen kann, nicht entziehen.

Andererseits hat der Staat aber auch die Pflicht, aktiv zu werden und die Familie zu unterstützen, indem er ihr alle Hilfsmittel zur Verfügung stellt, die sie benötigt, um ihre Verantwortung zu übernehmen. Er hat in seiner Sozialpolitik die Familie in den Mittelpunkt zu stellen, in seiner Familienpolitik nicht nur die einzelnen Familienmitglieder zu unterstützen, sondern die Familie als Subjekt in der Gesellschaft zu fördern, ihre unersetzbaren Leistungen für die Reproduktion der Gesellschaft und die Bildung des Humanvermögens zu honorieren. Die Honorierung dieser Leistungen ist ein Gebot der Gerechtigkeit, weil sie nicht nur den beteiligten Familien, sondern auch den übrigen Bereichen der Gesellschaft zugute kommen. Der Staat profitiert von diesen Leistungen. Sein vitales Interesse an Ehe und Familie verbietet es, gleichgeschlechtlichen Verbindungen eheähnliche Rechte oder das Recht auf Adoption von Kindern einzuräumen und die Nichtberücksichtigung derartiger Verbindungen in der Rechtsordnung als 'Diskriminierung' zu bezeichnen."

Manfred Spieker: Centesimus Annus und die Familie
http://web.tuomi-media.de/dno2/Dateien/NO406.pdf

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