Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Liste Femanzen Kategorie Sonstiges4 (Liste Femanzen)

Oberkellner, Friday, 08.04.2011, 20:07 (vor 4738 Tagen)

Doris Schröter, Gleichstellungsbeauftragte Landkreis Wittenberg

Wittenberg (wg). “Mehr als 90 Jahre Frauenwahlrecht, 62 Jahre Gleichstellungsartikel im Grundgesetz, 52 Jahre Gleichberechtigungsgesetz - auf rechtlicher Ebene haben Frauen viel erreicht“, blickt Doris Schröter, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Wittenberg, aus Anlass 100 Jahre Internationaler Frauentag zurück, “das aktive und passive Wahlrecht gehörte damals zu den Hauptforderungen, deshalb lautet eine wesentliche Botschaft heute, dass Frauen von ihrem Wahlrecht auch Gebrauch machen.“ Für die Landtagswahl am 20. März hat der Landesfrauenrat Wahlprüfsteine unter frauenpolitischen Aspekten zusammengestellt, die im Internet nachzulesen sind und eine Orientierungshilfe bieten sollen.
“Aber echte Gleichstellung in Wirtschaft und Gesellschaft sieht anders aus, denn heute geht es um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im Erwerbsleben und um die Verwirklichung von Chancengleichheit“, erklärt Schröter. Besonders die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit sei nicht erfüllt. “Die überwiegend von Frauen ausgeübten Tätigkeiten im medizinisch-pflegerischen Bereich werden deutlich schlechter bezahlt als Männerberufe in der Technik“, kritisiert Schröter, “obwohl die Frauen körperlich anstrengende und seelisch belastende Arbeit leisten.“ In Deutschland verdienen Frauen im Durchschnitt 20 bis 25 Prozent weniger als Männer.
“Erst wenn die Arbeit einer Gleichstellungsbeauftragten überflüssig ist, bedarf es keines Frauentages mehr“, meint Schröter. Bis dahin sei aber noch ein weiter Weg: So sei es für viele Frauen immer noch ein Problem, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, von gleichen Aufstiegschancen wie bei den männlichen Kollegen könne auch keine Rede sein. Frauen sind zudem wesentlich stärker mit unsicheren Beschäftigungsverhältnissen sowie Niedriglöhnen konfrontiert als Männer. “Altersarmut ist deshalb in vielen Fällen weiblich“, sagt Schröter. Auch das Steuerrecht sei ungerecht gegenüber Frauen, weil es zu sehr auf die antiquierte Ernährerrolle des Mannes abgestellt ist.
“Auch in der DDR klafften beim Thema Gleichberechtigung Gesetzesanspruch und Realität auseinander“, blickt Schröter zurück. Bei der Versorgung der Familien, Hausarbeit und Kindererziehung habe die Hauptlast bei den Frauen gelegen. In der Industrie und Landwirtschaft seien keine Frauen in der oberen Leitungsebene gewesen, obwohl sie etwa 40 Prozent der Beschäftigten gestellt hätten. Noch krasser zeigte sich das Defizit in den höchsten Partei-, Wissenschafts- und Wirtschaftsgremien, die mit Machtbefugnissen ausgestattet waren: Hier blieben die Männer weitgehend unter sich - die Emanzipation der Frau in der DDR war an ihre Grenzen gestoßen.
Und heute? “Die Wende hat vor allem den ostdeutschen Frauen eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit gebracht, Mütter, Alleinerziehende und ältere Frauen haben kaum mehr Chancen auf einen Arbeitsplatz“, so Schröter. Durch die überproportionale Arbeitslosigkeit würden Frauen verstärkt aus qualifizierten Tätigkeiten gedrängt, sie erfahren in stärkerem Maße als Männer eine Entwertung ihrer beruflichen Qualifikation. Und die Zukunft? Der demografische Wandel mit dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel werde dazu führen, dass Unternehmen an gut ausgebildete, jungen Frauen nicht mehr vorbeikommen, auch für Mädchen werde es künftig im technischen Bereich mehr qualifizierte Ausbildungsstellen geben.
Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Wittenberg setzt sich für die Chancengleichheit von Frauen und Männern ein und bietet Rat und Hilfe von A wie Arbeitslosigkeit bis Z wie Zukunftsorientierung an. Schwerpunktthemen sind Frau, Familie und Beruf, Schutz und Hilfe bei Gewalt in der Familie, Stalking und Mobbing, Informationen über Fraueninitiativen, -projekte sowie gleichstellungspolitische Themen, Kooperation mit Beratungsstellen und Verwaltungen. Doris Schröter ist unter der Rufnummer 03491/479-231 erreichbar.

http://www.supersonntag-web.de/scms_show_data.php?mode=detail&category=25&entry=12748#&slider1=1

Gabriele Stahl (Odgers Berndtson Personalberatung)

Auch Personalberaterin Stahl sagt, es gebe durchaus einen Unterschied. Weibliche Chefs seien häufig konsequenter als ihre männlichen Gegenparts und würden strenger kontrollieren, ob abgesteckte Ziele tatsächlich eingehalten wurden. „Das könnte auch dazu führen, dass sich unterdurchschnittliche Performer tendenziell männliche Vorgesetzte wünschen“, so Stahl.

http://www.welt.de/wirtschaft/article12871850/Nur-jeder-zehnte-Arbeitnehmer-will-Frau-als-Chef.html

Anne Jenter (GEW)

"Das 'Frausein' verhindert die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern - auch in der Schule", sagte Anne Jenter, für Frauenpolitik verantwortliches Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am Freitag in Frankfurt a.M. mit Blick auf den "Equal Pay Day".

Frauen verdienten im Schulbereich im Durchschnitt weniger als Männer.

Der Grund: Sie arbeiteten zu 80 Prozent in den unteren Gehalts- bzw. Besoldungsgruppen, in den höheren liege der Frauenanteil dagegen lediglich bei 57 Prozent.

http://bildungsklick.de/pm/77784/gew-frausein-verhindert-gleiche-bezahlung-auch-in-der-schule/

... Die GEW fordert deshalb gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit an allen Schularten, um die auseinanderklaffende Einkommensschere von Frauen und Männern zu schließen.

http://www.zwd.info/index.php?cat=1&group_id=102&id=10202&content_id=83&action=show_news

Anna Berkovic, Doris Freer, Gabriele Bonatz

Am 03.03.2011 diskutieren auf Einladung der WAZ-Redaktion (v.l.n.r.) Anna Berkovic (Schülerin), Doris Freer (im Bild / Frauenbeauftragte der Stadt Duisburg) und Dr. Gabriele Bonatz (Chefärztin der Frauenklinik der Augusta Krankenanstalten in Bochum) über die Situation der Faru in der Gesellschaft, Gleichstellung, Frauenquoten und Emanzipation. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool
Essen. Männer und Frauen sind zwar laut Grundgesetz gleichberechtigt. Doch im Alltag sieht das oftmals ganz anders aus. Vor allen in Schlüsselpositionen zu gelangen, ist für Frauen immer noch besonders schwer. Ein Interview.
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Festgeschrieben in Artikel 3 des Grundgesetzes, gilt dieser Satz für alle Bereiche des Lebens. Nur nicht unbedingt für Top-Positionen. Wenige Frauen gelangen an die Spitze. Woran liegt das? Ein Gespräch mit Gabriele Bonatz, Chefärztin, Doris Freer, Frauenbeauftragte, und Anna Berkovic, Schülerin.
Frauen heute sind bestens ausgebildet – und trotzdem kommen sie nur selten nach ganz oben. Warum ist das so?
Weil Männer, so habe ich den Eindruck, gerne unter sich bleiben wollen.
Sie schieben sich nicht selten gegenseitig die Posten zu. Dazu würde es weiterhin kommen, wenn ich nicht aufpassen würde, dass Amtsleiterpositionen nicht unter der Hand weggehen.
Brauchen wir die Quote?
Ich wollte das eigentlich nie. Aber nachdem ich sehe, wie schwer es ist, für Frauen an die Spitze zu kommen, glaube ich schon, dass wir die Quote brauchen. Jedenfalls eine gewisse Zeit lang. Bis dann eine gerechte Verteilung der Spitzenjobs hoffentlich Realität geworden ist.
Sicher brauchen wir die Quote, weil alle freiwilligen Verpflichtungen nichts gebracht haben.
Die Quote an sich ist gar nicht so schlecht. Aber ob es viel bringen wird? Ich glaube, man muss viel tiefer ansetzen. Vor allem sollten die Arbeitgeber für eine ausreichende Kinderbetreuung sorgen.
Warum wollen die Top-Männer keine Top-Frauen neben sich haben?
Männer haben Angst, weil sie die Frauen nicht verstehen. Männer sind nur mit sich auf einer Wellenlänge. Deshalb finde ich es auch richtig, dass es trotz der vielen Chancen, die Frauen heute haben, noch so etwas wie die Frauenbewegung gibt. Wir können heute ja eine Menge profitieren von dem, was die Emanzipationsbewegung geleistet hat. Aber wir sollten nicht locker lassen. Was jetzt nicht heißt, dass ich mich benachteiligt fühle. In der Schule sind doch oft eher die Jungen benachteiligt.
(Mutter eines elfjährigen Sohnes): Ja, die Mädchen sind immer braver, schreiben schöner.
Ich habe mich zwar nie benachteiligt gefühlt. Aber ich habe für das, was ich erreicht habe, wie verrückt kämpfen müssen. Ich habe für mein Studium gepaukt ohne Ende. Weil ich einfach nicht so leben wollte wie meine Mutter, die als fleißige Hausfrau meinem Vater, der Lehrer war, komplett den Rücken frei gehalten hat. Ich habe mich geweigert zu kochen. Und all so was. Mein Antrieb war die pure Opposition.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich so lange zur Schule gegangen bin, um dann einfach irgendwann nur noch zu Hause zu versauern. Ich möchte mal Medizin studieren. Und ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich es auch schaffen werde, später Beruf und Familie zu vereinbaren. Dass das geht, haben mir meine Eltern ja vorgemacht.

http://www.derwesten.de/nachrichten/im-westen/Warum-Top-Maenner-keine-Top-Frauen-haben-wollen-id4367029.html

Regula Stämpfli (Politologin, CH)

Die Zeit der Frauenherrschaft in Bern ist – abgesehen vom Bundesrat – vorbei. Seit Beginn der Wintersession thronen wieder Männer auf den Präsidentenstühlen im National- und im Ständerat. Und gestern Abend spielte sich in einer Bastion des politischen Feminismus Erstaunliches ab: Die Grünen kürten Antonio Hodgers zum Fraktionschef – obwohl mit Ueli Leuenberger bereits ein Mann und Genfer die Partei präsidiert.

Ein Aufschrei des Entsetzens unter den grünen Frauen bleibt jedoch aus. Die unterlegene Kandidatin Marlies Bänziger sagt gegenüber Blick.ch, die Wahl habe sie erstaunt. «Aber wenn sich die Fraktion für einen Männerwettbewerb entscheidet, muss ich das akzeptieren.
Die beiden Nationalrätinnen Anita Lachenmeier-Thüring und Katharina Prelicz-Huber lassen ebenfalls durchblicken, dass sie eine Frau als Fraktionschefin bevorzugt hätten. «Aber inhaltlich haben wir keine Differenzen, auch unsere Männer engagieren sich für die Gleichstellung der Frauen>, betont Lachenmeier.

Ganz anders bewertet Politologin und Feministin Regula Stämpfli die Entscheidung der Grünen.

Blick.ch: Sie sagen die Wahl Hodgers liege völlig im Trend. Wie meinen Sie das?
Regula Stämpfli: Früher waren die Grünen eine alternative Nischenpartei. Doch jetzt sind sie auf dem aufsteigenden Ast, gewinnen Wähleranteile und liebäugeln sogar mit einem Bundesratssitz. Wenn die Macht in Griffnähe rückt, werden Parteiämter, die man früher den Frauen überliess für männliche Karrieristen interessant. Das ist auch ein Grund, weshalb die Gleichstellung kein Thema mehr ist bei den Grünen.

Wieso wehren sich die grünen Frauen nicht?
Viele gestandene grüne Politikerinnen haben die politische Bühne in den letzten Jahren verlassen. Heute geht keine Frau mehr auf die Barrikaden. Denn wer sich exponiert, kriegt auf den Deckel. Ist denn eine weibliche Version von Cédric Wermuth denkbar? Würde sie nicht einfach kaputt gemacht? Selbst Frauen beurteilen Frauen viel kritischer als Männer: Hat sie nicht die falsche Haarfarbe oder den falschen Freund? Bei Männern spielt die Verpackung eine viel geringere Rolle.

Sie malen schwarz. Immerhin haben wir im Bundesrat eine Frauenmehrheit.
Ja, und dennoch bin ich irritiert. Wir werden von Frauen regiert – doch hat das irgendetwas verändert? Vor 20 Jahren standen Frauen für eine «andere Politik>: für mehr Chancengleichheit, mehr Umweltschutz, progressive Ideen. Dieses Versprechen wurde nicht eingelöst.

Ist der Feminismus also an seinen Ansprüchen gescheitert?
Bestimmt nicht im Alltag: Dort haben wir eine reale Gleichheit erreicht. Ich erlebe in meinem persönlichen Umfeld, wie junge Väter zu ihren Kindern schauen, es ist schon fast das Paradies. Gleichzeitig beobachte ich aber in den Medien, im Film und in der Literatur eine Wiedergeburt alter Geschlechterklischees. Plötzlich werden Frauen wieder auf ihren Körper reduziert und auch Männer sollen gefälligst muskelbepackt sein. Bedenklich ist es auch, wenn eine Politikerin wie die deutsche Familienministerin Christina Schröder sagt, Frauen seien halt anders, sie wären lieber bei den Kindern.

http://www.blick.ch/news/schweiz/politik/gruene-werden-fuer-karrieristen-interessant-162292

Claudia Wallner
Selten war ein Artikel im SPIEGEL so polemisch unter dem Deckmantel der Berichterstattung wie der von René Pfister mit dem Titel "der neue Mensch" und - was noch schlimmer ist - so fachlich falsch und politisch fatal! Gender Mainstreaming ist entgegen der offensichtlich schlechten Recherche des Autors keine "merkwürdige Wendung", sondern eine politische Strategie zur Chancengleichheit, die zunächst von den Vereinten Nationen, in Folge von der Europäischen Union und dann von ihren Mitgliedsstaaten verabschiedet wurde. Sie zielt auch nicht auf "die Zerstörung von Identitäten", wie der Autor verstanden zu haben meint, sondern auf die Veränderung von Politik, indem von den Hierarchiespitzen her Verwaltungen und Politik dazu verpflichtet werden, das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern regelhaft zu berücksichtigen. GM ist eine Strategie, die mit Organisations- und Personalentwicklung zu verbinden ist und Beschlüsse und Praxis grundsätzlich geschlechtergerecht gestalten helfen soll.
Wer eine Vorstellung davon bekommen will, wie GM funktioniert, sollte eben nicht bei einem Freien Träger vorbeischauen, wie der Autor fälschlicherweise empfiehlt, sondern bei einer Verwaltung wie bspw. dem Berliner Senat, weil dies die relevanten Akteure von GM sind: Politische Gremien und Ausschüsse und öffentliche Verwaltungen. Freie Träger sind überhaupt von dieser Strategie nur dann tangiert, wenn sie öffentliche Mittel beziehen wollen, die verknüpft sind mit der Verpflichtung zur Umsetzung von GM oder wenn sie sich selbst freiwillig dieser Strategie verpflichten. Insofern ist es natürlich völlig verfälschend, wenn der Autor nahelegt, dass das, was ein Freier Träger in Berlin in einer Projektwoche an Konzept anbietet, die Umsetzung von Gender Mainstreaming sei. Dies zeigt m.E. nur die Unkenntnis des Autors und wirft die Frage auf, was sein eigentliches Problem ist? Geschlechtergerechtigkeit ist eben keine "akademische Nischendisziplin", sondern basaler Anspruch einer demokratischen Gesellschaft - das sollte eigentlich auch beim SPIEGEL schon angekommen sein.
Ich frage mich, ob es irgend ein anderes politisches Thema gibt, zu dem der SPIEGEL ein solches Sammelsurium von aus dem Zusammenhang gerissenen Teilwahrheiten veröffentlichen würde - dass er es gerade zu diesem Thema tut, sagt viel aus über das geschlechterpolitische Verständnis dieser Zeitschrift."
http://www.claudia-wallner.de - Referentin, Praxisforscherin, Autorin – Münster

Rosa Diketmüller

Jungen nehmen Mädchen am Pausenhof Platz weg
Stereotypes Geschlechterverhalten weiterhin präsent

Wien (pte/20.04.2007/13:50) - An einem Großteil der Schulen ist immer noch ein stereotypes Geschlechterverhalten vorherrschend. So spielen Jungen zwischen sechs und 14 Jahren in der Pause Fußball, während Mädchen sich mit Seilspielen und Plaudern beschäftigen. Jungen beanspruchen dadurch in Pausenhöfen viel mehr Platz als Mädchen und drängen diese räumlich an den Rand. Zu diesem Schluss kommt das kürzlich abgeschlossene Forschungsprojekt "Schulfreie Räume und Geschlechterverhältnisse" des sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Wien Http://zsu-schmelz.univie.ac.at.

"Über die letzten Jahre hat sich trotz Gender-Mainstreaming offensichtlich wenig geändert", meint Projektleiterin Rosa Diketmüller. "Unsere Beobachtungen an 20 Volks- und Unterstufenschulen haben gezeigt, dass beide Geschlechter immer noch extrem dem klassischen Rollenbild entsprechend agieren." Geschlechterrollen-untypische Verhaltensweisen bildeten dabei eher die Ausnahme. So spielten Mädchen nur vereinzelt beim Fußball mit und waren auch kaum in Raufereien verwickelt. Die Dominanz der Ballspiele führt der Wissenschaftlerin zufolge dazu, dass das geschlechterspezifische Nutzungsverhältnis des Pausenraumes nicht ausgewogen ist.

Die Beobachtungen der Gender-Expertin decken sich mit früheren Studien zum Geschlechterverhalten von Kindern im öffentlichen Raum, die zeigen, dass Mädchen Freiräume wie Parks, Wiesen oder Plätze viel weniger nutzen als Jungen. Besonders die eingezäunten Spielflächen in Parks werden beinahe ausschließlich von Jungengruppen dominiert, Mädchen sind dort kaum sichtbar.

Um ein ausgewogeneres Nutzungsverhalten auf dem Pausenhof zu gewährleisten, rät Diketmüller die Raumaufteilung - wenn möglich - zu verbessern und Ballspiel-Flächen nicht zum dominierenden Element zu machen. Darüber hinaus habe sich auch gezeigt, dass das Ungleichgewicht sehr wohl mit genderorientierten Maßnahmen und einer verstärkte Bewusstseinsbildung behoben werden kann. Dass Mädchen sich nicht natürlicherweise an den Rand drängen lassen, beweist Diketmüller zufolge eine ehemalige Mädchenschule, die erst seit wenigen Jahren koedukativ geführt wird. "Hier nehmen sogar die Mädchen mehr Raum in Anspruch, da sie es gewohnt sind, Platz zu haben. Im Gegensatz zu den anderen untersuchten Schulen lassen sie sich ihre Bereiche nicht durch Fußball spielende Jungen wegnehmen", so Diketmüller. (Ende)

Aussender: pressetext.austria
Redakteur: Martin Stepanek
email: stepanek@pressetext.com
Tel. +43-1-81140-308

http://www.pressetext.de/news/070420024/jungen-nehmen-maedchen-am-pausenhof-platz-weg/

Renata Berlin (GEW), Frauenbeauftragte für Lehrkräfte beim Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main

In der Regel werden Jungen und Mädchen an deutschen Schulen in „gemischten“ Klassen gemeinsam unterrichtet. Immer wieder jedoch fordern Pädagogen und Bildungspolitiker, die Geschlechter auch mal zu trennen, um auf geschlechtsspezifische Unterschiede besser eingehen zu können. Eine echte Chance oder unnötige Diskriminierung? echt hat nachgefragt. Wer aus der Kirche ausgetreten ist, hat damit im Grundsatz auch den Anspruch auf kirchliche Amtshandlungen aufgegeben. Doch unsere Kirche sieht bei Bestattungen Ausnahmen vor. Zum Beispiel wenn das Gespräch mit den Angehörigen eine solche aus seelsorgerlichen Gründen nahelegt. Sollte man diesen Freiraum großzügig nutzen oder ist eher Zurückhaltung angebracht? echt hat nachgefragt.
 
Pro
Renata Berlin ist Lehrerin und Frauenbeauftragte für Lehrkräfte beim Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main.
Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll ist, Mädchen und Jungen in getrennten Klassen oder Gruppen zu unterrichten. Etwa im Sozial- oder Gesellschaftskundeunterricht, wenn es darum geht, dass sie über ihre Rollen als junge Frauen und junge Männer reden. Gerade in der Pubertät kann so etwas helfen, die eigene Geschlechterrolle zu finden. An einigen Schulen werden daher zum Beispiel sogenannte „Mädchenkonferenzen“ abgehalten. Nicht selten äußern die Schülerinnen selbst diesen Wunsch.
Geschlechtertrennung ist ebenfalls sinnvoll, wenn es um Fächer geht, in denen die unterschiedliche körperliche Entwicklung von Jungen und Mädchen den Unterricht beeinflusst. Das ist zum Beispiel im Sportunterricht in den Klassen 7 bis 10 der Fall. Getrennter Unterricht kann die Chance bieten, gezielt auf die unterschiedlichen Interessen einzugehen und eine breitere Palette an Angeboten zu machen. Auch im Informatikunterricht kann Geschlechtertrennung sinnvoll sein, da der Umgang mit Computern sich stark unterscheidet: Mädchen benutzen ihn als Arbeitsgerät, Jungen als Spielgerät, Mädchen lesen Anleitungen, Jungen probieren drauflos.
Hilfreich sein kann eine Trennung nach Geschlechtern im Physikunterricht in der Mittelstufe. Es gibt ein differentes Verhalten beim Experimentieren: Oftmals hantieren die Jungen von selbst rum, während Mädchen eher Ergebnisse notieren oder aufräumen. Gleichzeitig zeigt sich das Phänomen einer klaren Rollenzuschreibung, die da lautet: Ein Mädchen, das anerkannt werden will, interessiert sich nicht für Physik. Studien zeigen, dass eine Geschlechtertrennung im Unterricht diese Mechanismen ausschaltet und die Beschäftigung mit dem Thema fördert. Danach – in gemischten Kursen in der gymnasialen Oberstufe – sind Mädchen, die getrennt unterrichtet wurden, oftmals stabiler und treten auch chaotisierenden Jungs selbstbewusst gegenüber.
Contra
Peter Natus ist Studienrat am Gymnasium Eltville und Vorsitzender des Pädagogischen Ausschusses des Hessischen Philologenverbandes.
Eine Geschlechtertrennung im Unterricht ist nicht sinnvoll, da Mädchen und Jungen zunächst einmal den Umgang miteinander kennenlernen und lernen müssen. Daher ist gemeinsamer Unterricht ein immens wichtiger Bestandteil der Sozialisation. Auch nach der Schule – im Beruf oder auf der Universität – müssen Männer und Frauen zusammenarbeiten. Daher macht es auch keinerlei Sinn, Jungen und Mädchen gerade in der Phase der Pubertät zu trennen.
Reine Mädchen- oder Jungenkurse einzurichten halte ich in gewisser Weise für diskriminierend, denn sie fördern und verfestigen Klischees und Rollenzuschreibungen. Wenn man ein Geschlecht zum Beispiel in einem Fach besonders fördert, tut man dies immer auf Basis der Annahme, es gebe aufgrund des Geschlechtes automatisch Defizite. So wird beispielsweise unterstellt, Mädchen hätten Schwierigkeiten mit Mathematik oder Jungen hätten Probleme mit dem Lesen von Büchern. Vielmehr gilt es jedoch, im gemeinsamen Unterricht auf geschlechtsspezifische Bedürfnisse einzugehen, zum Beispiel Jugendbücher so zu wählen, dass beide Geschlechter zu ihrem Recht kommen, etwa mit allen auch einmal typische Mädchen- und Jungenliteratur zu lesen.
Gerade in der Pubertät ist es wichtig, dass Jungen und Mädchen die unterschiedlichen Interessen des anderen Geschlechtes wahrnehmen und kennenlernen. Aufgrund von Studien lässt sich die Unterstellung, dass Schüler-innen und Schülern, die nach Geschlechtern getrennt unterrichtet wurden, automatisch bessere Ergebnisse erzielen, nicht nachweisen. Die Debatte darum überdeckt dabei vielmehr das eigentliche Problem, nämlich dass wir für bessere Lernerfolge kleinere Klassen brauchen.
Aufgezeichnet von: Jörn Dietze

http://www.echt-online.de/archiv/echt2010_2/1002_meinung.html

Johanna Arenhövel (Gleichstellungsbeauftragte Thüringen)

Thüringens Gleichstellungsbeauftragte Johanna Arenhövel hat ein stärkeres Bewusstsein für das Problem der häuslichen Gewalt gefordert. Es handele sich bei solchen Taten nicht um Kavaliersdelikte. Außerdem seien hauptsächlich Frauen Opfer von körperlicher Misshandlung oder anderer häuslicher Gewalt, betonte Arenhövel. Unterstützung bekam sie von Vertretern der Grünen und Linken.
Mehr Geld und mehr Anlaufstellen gefordert
Astrid Rothe-Beinlich, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, sagte, Gewalt gegen Frauen sei noch immer alltäglich. Sie forderte, Frauenhäuser und Beratungsstellen müssten "ausreichend und abgesichert" finanziert werden. Sie sehe darin eine staatliche Pflichtaufgabe. Ihrer Ansicht nach gebe es momentan nicht genügend Betreuungsangebote für Betroffene. Die Linken-Frauenpolitikerin Karola Stange kritisierte, durch finanzielle Einschnitte seien in den vergangenen Jahren erhebliche Lücken entstanden. Opfer bräuchten aber Ansprechpartner in direkter Nähe. Daher sei ein flächendeckendes Netz an Frauenhäusern dringend notwendig, sagte Stange.
Anlässlich des internationalen Aktionstages gegen Gewalt an Frauen fanden thüringenweit rund 50 Veranstaltungen statt. In Ronneburg und Weida etwa gab es Schnupperkurse für Selbstverteidigung. Außerdem fanden und finden im November noch in etlichen weiteren Städten Gesprächsrunden und Ausstellungen stat

http://admin.mainpost.pdev1.fidion.de/lokales/kitzingen/kitzingen/art773,4195325

Merilyn French (USA)
Er war ein Bastard wie alle Männer. Sie können nichts dafür, sie werden dazu erzogen, Bastarde zu sein. Wir werden dazu erzogen, Engel zu sein, damit sie Bastarde sein können.

Ein Mann kann einfach ablehnen, Frauen in gutbezahlte Jobs einzustellen, soviel oder mehr Arbeit von Frauen wie von Männern herauszupressen, ihnen aber weniger bezahlen, oder Frauen respektlos am Arbeitsplatz oder zu Hause behandeln. Er kann sich weigern, ein von ihm gezeugtes Kind zu unterstützen oder verlangen, dass die Frau, mit der er lebt, ihn bedient wie eine Sklavin. Er kann die Frau schlagen oder töten, die er zu lieben behauptet; er kann Frauen vergewaltigen, ob Partner, Bekannte, oder Fremde, er kann seine Töchter, Nichten, Stiefkinder oder die Kinder der Frau, die er zu lieben behauptet, vergewaltigen oder sexuell mißbrauchen. Die weit überwiegende Mehrheit aller Männer auf der Welt tut eines oder mehrere dieser Dinge.

Meine Gefühle sind das Ergebnis meiner Erfahrungen. Ich habe wenig Sympathie für sie. Wie ein Jude, der gerade aus Dachau freigekommen ist, sehe ich den hübschen Jungen Nazisoldaten mit einer Kugel im Bauch, sich vor Schmerzen krümmend, niedersinken, und ich schaue nur kurz und gehe weiter. Ich muss nicht mal mit der Achsel zucken. Es geht mich einfach nichts an. Männer sind Nazis, durch und durch. Ihr Tod ist also historisch gerecEine der in den siebziger Jahren weltweit einflussreichsten Feministinnen, Marilyn French, ist am Samstag in New York gestorben. French wurde bekannt durch Zitate wie "Alle Männer sind Vergewaltiger, und das ist alles, was sie sind. Sie vergewaltigen uns mit ihren Augen, ihren Gesetzen und ihren Vorschriften." Während French sich später damit rechtfertigte, diese und andere Aussagen seien lediglich von der Hauptfigur ihres bekanntesten Romans getätigt worden, und ein Autor müsse nicht unbedingt mit den Ansichten seiner Figuren übereinstimmen, decken sich diese Sätze doch sehr mit denen aus Frenchs politischen Schriften. Auch darin sah sie Vergewaltiger als ausführende Organe der Männergesellschaft an sich: "Solange einige Männer körperliche Gewalt anwenden, um Frauen zu unterdrücken, brauchen das nicht alle Männer zu tun. Das Wissen, dass dies einige Männer tun, reicht aus, um alle Frauen einzuschüchtern. Ein Mann kann die Frau schlagen oder töten, die er behauptet zu lieben, er kann Frauen vergewaltigen, er kann seine Töchter sexuell missbrauchen … DIE GROSSE MEHRHEIT DER MÄNNER AUF DIESER WELT TUT EINES ODER MEHRERE DIESER DINGE." (Einige weitere Zitate Frenchs hat die amerikanische Conservapedia mit Quellenangabe zusammengestellt.)

Frenchs bekanntestes Buch, "The Women's Room", verkaufte mehr als 20 Millionen Exemplare und wurde in 20 Sprachen übersetzt. Als ihr Lebensziel definierte French, einem Nachruf in der New York Times zufolge, die gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Struktur der westlichen Zivilisation zu verändern, sie zu einer feministischen Welt zu machen.
http://www.brainyquote.com/quotes/quotes/m/marilynfre108276.html

http://genderama.blogspot.com/2009/05/marilyn-french-im-alter-von-79-jahren.html

Simone Walka (Gleichstellungsbeauftragte Worms)

Die Gleichstellungsbeauftragte Simone Walka hat Worms den Rücken gekehrt und in ihrer Heimatstadt Neustadt eine neue Stelle angetreten. Ist sie gegangen, weil sie mit ihrer Arbeit oder ihrem Umfeld unzufrieden war? Überhaupt nicht, sagt sie.
Es hat sich ergeben, ein Job in einem Unternehmen, das kleine Non-Profit-Unternehmen berät und unterstützt. „Ich habe ja nebenher BWL studiert und es hat mich einfach gereizt, meine Kenntnisse jetzt mal in die Praxis umzusetzen“, erläutert sie.
Seit dem 1. Januar 2005 hatte sie Gleichstellungsaufgaben in doppelter Funktion betrieben, als kommunale Gleichstellungsbeauftragte und als Gleichstellungsbeauftragte nach dem Landesgleichstellungsgesetz. Sie sei bei Personalfragen bei Weitem nicht in dem Maße hinzugezogen worden, wie das Gesetz es vorschreibe. „Frauenförderung ist in der Verwaltung kein Thema“, sagt Simone Walka nüchtern. „Und wenn eine es aus eigener Kraft nach oben schafft, muss sie doppelt und dreifach so viel arbeiten wie ihre männlichen Kollegen und erhält halb so viel Anerkennung“.
Schwerpunkt war Gewalt gegen Frauen
Die Erfolge Simone Walkas lagen also eher in der kommunalen Gleichstellungsarbeit. „Es ist ein Querschnittsamt, ein Amt also, das nahezu alle Bereiche berührt, sodass man eigene Schwerpunkte setzen kann“, sagt sie. Ihr Schwerpunkt war das Thema Gewalt gegen Frauen.
Mit großem Engagement leitete sie das Wormser Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (WIP). „Wir werden es nicht erleben, dass es keine Gewalt mehr gegen Frauen gibt“, sieht sie die Situation realistisch, doch das Netzwerk sei dichter geworden. Polizei, Justiz und Hilfsorganisationen arbeiteten eng zusammen. Den betroffenen Frauen könne seither sehr viel wirkungsvoller geholfen werden. Aus dem Arbeitskreis sei auch die Forderung nach einer Interventionsstelle hervorgegangen, die, vor allem auch dank der Beharrlichkeit des Oberbürgermeisters, zwischenzeitlich umgesetzt wurde. Darüber hinaus hat das Netzwerk in zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen die Gewaltproblematik bewusst gemacht.
Beruf und Familie
Mitgewirkt hat Simone Walka auch in einer Arbeitsgruppe zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So wurde eine Datenbank für Kindergarten- und Hortplätze eingerichtet und ein Beratungsangebot für Unternehmen entwickelt, um qualifizierten Frauen, aber auch Männern die Elternzeit zu ermöglichen und ihnen die Türen zum beruflichen Wiedereinstieg offen zu halten. Hier bekam man nicht allzu viele Rückmeldungen. „Die Wormser Industrie hält überwiegend Männerarbeitsplätze vor und hat kein besonders großes Interesse daran, das zu ändern“, diagnostiziert die Fachfrau.
Zwar hat Simone Walka selbstverständlich auch Einzelfallberatung angeboten, „aber damit kriegen wir die Probleme nicht aus der Welt“, sagt sie. Wichtiger sei ihr darum eine politische Arbeit, die die Strukturen verändert. Als Gleichstellungsbeauftragte müsse man das Ohr am Puls der Zeit haben und die Probleme aufzugreifen, die vorhanden sind. So hat sie sich engagiert in die Enquete-Kommission Demografie eingebracht und dafür gesorgt, dass die Belange der Frauen auch im Stadtleitbild festgeschrieben werden. Leider sei sie bei der Sozialraumanalyse zu spät einbezogen worden. „Da fehlt jetzt leider der Gender-Aspekt, der speziell Auskunft über die Lebensbedingungen der Wormser Frauen hätte geben können.“
Simone Walka organisierte zudem das erste Frauenkulturfestival mit Wormser Künstlerinnen. „Das war die schwierigste Aufgabe während meiner Amtszeit, aber die schönste“, gesteht sie lachend. „Und das Ergebnis war einfach wunderbar!“ Noch etwas hat ihr gut gefallen: die Feier zum 20-jährigen Jubiläum der Gleichstellungsstelle. Die Nachfolge von Simone Walka, die bereits im Mai 2009 ihre Stelle um die Hälfte reduziert hatte – im August übernahm Jasmine Olbort die andere Hälfte – ist schon geklärt. Die Wormser Frauen bleiben also nicht verwaist zurück. „Ich mag Worms mit seinem tollen Kulturangebot“, sagt die Ex-Gleichstellungsbeauftragte, „und werde sicher immer mal wieder kommen

http://www.wormser-zeitung.de/region/worms/meldungen/8998282.htm

Katrin List, Lehrstuhl für Krimologie Ruhr-Uni Bochum

Studentinnen meiden nachts abgelegene Parkplätze und dunkle Ecken, weil sie Angst haben, Opfer sexueller Übergriffe zu werden. Tatsächlich geschehen die meisten Übergriffe aber im privaten Bereich. Das ist das Ergebnis eines EU-Forschungsprojekts am Lehrstuhls für Kriminologie der Ruhr-Universität Bochum. Katrin List ist Koordinatorin des Projekts und hat mit jetzt.de über die Ergebnisse der Studie gesprochen.
Jetzt.de: Für das EU-Projekt „Geschlechterspezifische Gewalt, Stalking und Angst vor Verbrechen“ haben Sie 16.000 Studentinnen aus ganz Deutschland befragt. Warum ausgerechnet Studentinnen? Sind sie denn besonders gefährdet?
Katrin List: Erst mal bestätigen ja sehr viele übergeordnete Studien über Gewaltbetroffenheit, dass insbesondere jüngere Frauen von sexueller Gewalt betroffen sind. Und da man natürlich den Zugriff auf Studentinnen hier an der Uni Bochum hat, war es naheliegend. Hintergrund ist aber auch, dass die Universitäten zunehmend versuchen, mehr für die Studentinnen zu tun, zum Beispiel Beratungsgespräche anbieten. Unser Anspruch ist, den Hochschulen in Europa einen Leitfaden an die Hand zu  geben, wie sie Studentinnen vor sexualisierter Gewalt schützen können.  

Katrin List möchte mit der Studie aufmerksam machen auf sexuelle Gewalt gegenüber jungen Frauen. Ein Grund zur Panikmache besteht für sie aber nicht.

Was genau untersuchen Sie im Rahmen des Forschungsprojekts?
Die zentrale Frage ist, ob Studentinnen in Europa zur Gruppe besonders gefährdeter Menschen für sexualisierte Gewalt gehören. Insgesamt nehmen fünf Länder an dem Projekt teil, die Studentinnen im Bezug auf ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung, Stalking und sexueller Gewalt befragen. Gerade sexuelle Belästigung ist überhaupt nicht im gesellschaftlichen Focus, weil es keine strafrechtlich relevante Tat ist. Dabei geben 70 Prozent der teilnehmenden Studentinnen an, dass sie im Laufe ihres Lebens schon mal sexuell belästigt wurden und 20 Prozent sagen, dass es ihnen während ihrer Studienzeit passiert ist.  

Wie definieren Sie denn sexuelle Belästigung? Dass drei Viertel aller Studentinnen schon mal sexuell belästigt wurde, erscheint doch etwas extrem.
Die geringfügigsten Möglichkeiten sind Nachpfeifen, obszöne Kommentare und anzügliche Witze. Es geht so weit, dass sich eine Person vor einer Studentin entblößt. Allerdings muss ich dazu sagen, dass unsere Daten auch zeigen, dass Nachpfeifen den höchsten Wert hat. Gefolgt von Kommentaren und Witzen.  

Nachpfeifen würden viele wohl nicht als sexuelle Belästigung verstehen.
Ja, das stimmt. Jungen Frauen passiert es häufig und es stört sie auch, aber sie haben das Gefühl, dass es so alltäglich ist, dass sie sich darüber nicht beschweren dürfen. Es ist auch ein Ziel unserer Studie, sexualisierte Gewalt zu thematisieren. Allein die Umfrage an der Universität hat für viel Gesprächsstoff gesorgt. Normalerweise werden Vorfälle wie Nachpfeifen als unangenehm empfunden, aber sofort ad acta gelegt. Viele Studentinnen haben jetzt erst begonnen, darüber nachzudenken, wie sehr sie das stört. Oder was wirklich als übergriffig interpretiert werden muss. Nicht jeder Studentin ist klar, welche Schritte sie unternehmen kann, um sich zu schützen. Sinnvoll ist zum Beispiel ein Ansprechpartner an der Hochschule, an den man sich wenden kann, wenn man sich ständig verfolgt fühlt.  

Vor allem vor dunklen Parkplätzen fürchten Studentinnen sich am meisten.

Kann man sagen, dass bei den Befragten eine latente Angst vor sexuellen Übergriffen herrscht?
Die Kriminalitätsfurcht ist schon relativ ausgeprägt. Das ist natürlich eine sehr irrationale Furcht, die sich nicht nur auf Studentinnen bezieht. Es ist die Vorstellung von einem unbekannten Täter, der hinter dem dunklen Busch hervorspringt. Viele Studentinnen vermeiden es, nachts allein zu schlecht beleuchteten Parkplätzen zu gehen. Außerdem haben sie Angst vor dunklen Ecken im Universitätsgebäude. Dabei passieren die wenigsten Übergriffe im öffentlichen Raum oder an der Universität. Es passiert eher im nahen Bereich, oft sogar in der Wohnung, im Zusammenhang mit bekannten Personen, Exfreunden oder aktuellen Partnern. Das ist das eigentliche Problem: Frauen haben Angst vor Situationen, in denen meist eher nichts passiert.  

Wie viele Studentinnen sind tatsächlich von Stalking und sexueller Gewalt betroffen?
Zehn Prozent der Befragten fühlen sich während ihres Studiums von Stalkern verfolgt. Diese zehn Prozent werden in anderen Studien für das gesamte bisherige Leben von älteren Leuten berechnet. Das bedeutet, dass gerade Frauen in diesem jungen Alter betroffen sind. Rund 17 Prozent der Studentinnen geben an, im Laufe ihres Lebens von sexueller Gewalt betroffen gewesen zu sein. Allerdings nur vier Prozent während des Studiums.  

Was können die Universitäten machen, um den Studentinnen die Angst zu  nehmen?
Das können zum Beispiel bauliche Maßnahmen sein: beleuchtete Parkplätze, Handyempfang schaffen, wo im Moment noch Funklöcher sind. Außerdem ist es wichtig,  Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und Aufklärungsveranstaltungen anzubieten. Sinnvoll sind auch niederschwellige Beratungsangebote. Eine Onlineberatung wäre denkbar, weil viele sich oft nicht durchringen können, direkt mit jemandem zu sprechen. Möglich ist auch ein Begleitservice, der Frauen nach großen Veranstaltungen zu den öffentlichen Verkehrsmitteln begleitet. In Bochum bieten wir konkret Selbstbehauptungskurse an. Nicht nur zum körperlichen Abwehren, sondern auch, damit die Frauen sich stärker fühlen, „Nein“ sagen und Grenzen setzen können. Es hat sich gezeigt, dass die Frauen, die den Kurs gemacht haben, sich einfach sicherer fühlen.  

Wird in anderen Ländern bereits mehr gegen sexuelle Gewalt unternommen?
Die einschlägigen Untersuchungen kommen aus England und den USA. In den USA gibt es eine eigene Campuspolizei, die Vergehen mit bis zu sehr rigiden Strafen ahndet. Das liegt aber auch daran, dass dort häufig Übergriffe stattfinden, weil es in den USA eine Verabredekultur – oft auch mit Unbekannten – gibt. Die Mädchen fühlen sich einem hohen Druck ausgesetzt, sexuellen Handlungen zustimmen zu müssen. In England sind es vor allem Alkohol und Partydrogen, die zu großen Problemen führen. Beides lässt sich nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen. Bei uns ist es zunehmend das Internet. Vieles passiert heute über Handy, eMail und soziale Netzwerke. Junge Frauen sollten darauf achten, keine Bilder von sich einzustellen, die eine gewisse Anrüchigkeit zeigen, zum Beispiel Fotos im Bikini. Und sie sollten nicht zu schnell zu vertrauensvoll auf das Gegenüber reagieren. Im Internet genauso wenig, wie auf Parties.  

Was raten Sie den Studentinnen, wie sie sich verhalten sollen?
Kein Grund zur Panik. Universitäten sind kein speziell gefährdeter Ort. Man sollte sich klar machen, wie man sich sowohl im universitären als auch im privaten Umfeld bewegt. Aber man muss nicht ständig mit Angst rumlaufen. Es ist sehr traurig, dass junge Frauen sich in ihrem Aktionsradius einschränken, sobald es dunkel ist. Einfache Vorsichtsmaßnahmen lassen sich trotzdem leicht ergreifen, zum Beispiel sich nicht allzu schnell auf seine scheinbare Menschenkenntnis verlassen.

http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/519911

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Die ultimative Dienstleistungsoffensive des Antifeminismus


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