Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Worauf läuft diese Gesellschaftsvorstellung hinaus? (Allgemein)

Mus Lim ⌂, Sunday, 06.05.2012, 02:14 (vor 4366 Tagen) @ Swen

Worauf läuft diese Gesellschaftsvorstellung hinaus? In der Hauptsache auf die Vorstellung einer übergeordneten Instanz, die alle Risiken und Wechselfälle des Lebens ausschalten könnte und die sogar für das Lebensglück der Menschen zu sorgen imstande wäre. Die Schritte, die in diese neue, freiwillige Hörigkeit hineinführen, sind jeder für sich scheinbar harmlos. Man ist diesen Weg auch stets fröhlich und schwungvoll gegangen, mit fliegenden Fahnen und stürmischen Forderungen: "Recht auf Arbeit - Recht auf Wohnung - Recht auf Bildung - Recht auf soziale Sicherheit - Recht auf Freizeit ..." Alles elementare soziale Menschenrechte doch wohl. Nichts, was man auch nur einem einzigen Menschen verweigern möchte.

Nur daß das unweigerlich seinen Preis hat. Jene erträumte gute Staatsmacht und "große Nährerin", die den einzelnen Menschen ihr Lebensrisiko abnehmen soll, versammelt damit bereits eine potentiell schrankenlose Kompetenz und Macht in ihren Händen. Zum Beispiel: Kann es, wenn man es durchdenkt, ein "Recht auf Arbeit" geben ohne eine "Pflicht zur Arbeit", wie milde oder streng auch immer? Wohl kaum. Und so ist es mit allem. Freiheit und soziale Sicherheit sind gewiß keine Gegensätze, sie ergänzen und bedingen sich. Aber sie stehen auch in einem Spannungsverhältnis. Wer dieses Spannungsverhältnis radikal nach der einen Seite, der Seite der "sozialen Sicherheit", hin auflösen will - und dies genau ist der Grundimpuls des Kommunismus -, begründet eine neue Knechtschaft, ob mit oder ohne Terror [...]

Die Kommunisten diverser Länder, die die Gelegenheit bekamen, dieses historische Experiment am lebenden Gesellschaftsorganismus durchzuführen, ähnelten dabei jenen Schulbuben, die versuchen, einen Maikäfer zuerst auseinander- und dann wieder zusammenzubauen. Das ist kein Witz. Denn die Errichtung kommunistischer Gesellschaften war immer und unweigerlich mit einer drastischen Senkung des längst erreichten Grades an Differenziertheit und Komplexität verbunden. Die Voraussetzung jeder Planbarkeit menschlicher Bedürfnisse ist eben ihre Reduktion - und damit zugleich die Beschneidung aller vitalen, unberechenbaren, anarchischen Triebe und Bestrebungen der Menschen. Das reicht in der Konsequenz bis in die Planung und Erzeugung des menschlichen Lebens selbst hinein. Praktisch erfordert es eine Art Absenkung der gesellschaftlichen Körpertemperatur, eine Dämpfung der natürlichen Umtriebigkeit der Menschen und die Ausscheidung aller sozial "unnützen" oder gar "schädlichen" Elemente. - Gerd Kohnen: Der Kindertraum vom Kommunismus, Essay im PFLASTERSTRAND, Juli 1990

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