Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Versuchen wir es mal mit Bildern! (Gewalt)

Royal Bavarian, Monday, 23.07.2012, 02:41 (vor 4267 Tagen) @ Flint
bearbeitet von Royal Bavarian, Monday, 23.07.2012, 02:49

Servus Flint!

Die Bilder hättest du dir schenken können. Ich wußte auch vorher schon, wie so eine Beschneidung aussieht. Es gibt da auch keinen Dissens: Sie ist scheußlich, schmerzhaft und eigentlich überhaupt alles, was hier in zahlreichen Beiträgen vorgebracht worden ist. Wie gesagt: Insofern kein Dissens.

Es ist daher einigermaßen daneben, wenn du mich als Beschneidungsverharmmloser bezeichnest. Ein "nettes" Substantiv übrigens: Bescneidungsverharmloser. Es paßt wunderbar in eine Reihe mit etlichen anderen Substantiven, die es noch nicht so lange gibt - und die allesamt dazu dienen, Andere zu stigmatisieren. Holocaustleugner ist so eines. Klimaleugner ein anderes, Islamophober und Homophober sind welche - usw.usf. Du befindest dich also ganz auf der Höhe der ... pardon ... in den Niederungen der Zeit.

Was keiner hier bisher zur Sprache gebracht hat - auch Du nicht -, ist, daß das Übel der Beschneidung natürlich auch in Relation steht zu allen möglichen anderen Übeln, die diese Welt für kleine Jungs und große Männer bereithält.
Ich kann mich aber nicht erinnern, jemals zu irgendeinem anderen Thema eine derartig große Resonanz erlebt zu haben. Und vor allem nicht eine derartige Einigkeit. Das macht mich stutzig. Da hätte es nämlich Einiges gegeben!
Kindersoldaten z.B., verhungernde Männer in Haiti, die gewaltsam von der UN-Nahrungsmittelverteilung ausgeschlossen worden sind - usw.usf.

Warum also dieser völlig überdimensionierte Hype um die scheußlichen Beschneidungen? Wir autochthonen Deutschen, Christen, Ex-Christen und Atheisten sind doch in aller Regel gar nicht beschnitten!? Wir haben doch unsere Vorhäute noch? Die Beschneidung ist doch ein religiös motivierter Ritus der Juden und der Moslems? Versteh´ mich bitte nicht falsch: Natürlich haben diese kleinen Jungen mein ganzes Mitgefühl. Sie tun mir leid. Mir gefällt ganz und gar nicht, was da mit ihnen angestellt wird. Allerdings: Es gibt so vieles auf der Welt, das mir nicht gefällt. Und nicht wenig davon ist definitiv schlimmer, als die Beschneidung kleiner Jungen.

Es steht außerfrage, daß diese Jungen zukünftig geschützt werden könnten: Durch ein gesetzliches Beschneidungsverbot.

Aber abgesehen davon, daß es dieses Verbot nicht geben wird, weil hier in Deutschland niemals ein Jude im Zusammenhang mit Gepflogenheiten seiner Religion zu irgendwas verurteilt werden wird - und es deswegen dann, wenn es uns tatsächlich um den Schutz dieser Jungen geht, völlig sinnlos ist, ein solches Verbot einzufordern: Das Verbot würde die gesetzlich garantierte Religionsfreiheit mindestens tangieren. Wohlgemerkt: Mindestens.

Außerdem stünde das Elternrecht der Juden in Abwägung zum Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Wir sagen Genitalverstümmelung, der Jude würde dasselbe vermutlich eher mit dem Wort Genitalveredelung bedenken. Er sagt halt Beschneidung. Im Endeffekt würden wir mit einem Verbot der Beschneidung jüdischer Jungen unsere Sichtweisen einer anderen Kultur aufzwingen. Es dürfte nicht wenige Juden geben, denen das erstens gar nicht gefällt und die zweitens ganz stolz darauf sind, Juden zu sein und als Jungen beschnitten worden zu sein. Die halten das selbstverständlich dann auch für ihre eigenen Kinder für unerläßlich.

Zurück zur Religionsfreiheit: Wenn sich der Staat erst einmal daran gewöhnt hat, daß er in die Religionsausübung hineinregieren kann, dann prophezeihe ich, daß er das dann auch bei den Christen tun wird. Wenn kleine jüdische Jungs vor barbarischen Riten geschützt werden müssen, - warum dann nicht die zarten Seelen kleiner Katholiken vor grausamen Darstellungen? Der Gekreuzigte ist eine grausame Darstellung. Altersbeschränkung für das Anschauen von Kruzifixen und mittelalterlichen Gemälden? - Immerhin ginge es doch um den Schutz der unschuldigen Seelen kleiner Kinder! Und ist Seelenpein nicht auch Schmerz? Können kleine Katholiken überhaupt noch in alte Kirchen gelassen werden?

Zusätzliche Brisanz erhält das Thema, wenn man bedenkt, daß die Träger jeglicher Kultur niemals bestimmte Staatsformen gewesen sind, sondern immer Religionen. Zuerst war die Religion, dann erst der Staat. Der baute überall auf die Werte, die vorher religiös geschaffen worden waren. Den Staat in Religionsfragen hineinregieren zu lassen, kann daher unter kulturellen Gesichtspunkten keine gute Idee sein.

Ich denke, daß wir andere Lösungen finden müssen, um den Jungen ihre Vorhaut zu retten und ihnen den Schmerz zu ersparen. Sehr gut fände ich, wenn wir versuchen würden, die Juden davon zu überzeugen, daß sie die Beschneidung durch eine symbolische Handlung ersetzen sollten, so, wie das im Christentum auch gemacht worden ist.

Staat verheißt nicht Freiheit - im Gegenteil. Freiheit hat aber einen Preis, wie in anderen Zusammenhängen unwidersprochen akzeptiert wird. "Der Preis der Freiheit" ist der Filmtitel eines eindrucksvollen Bilderwerks über das Sterben an den Stränden der Normandie im Juni 1944. Es stinkt zum Himmel, daß diesen Preis kleine Buben bezahlen. Das Leben ist nicht gerecht. Daran ändert kein Staat was.

Und jetzt nenn´ mich nochmal einen Beschneidungsverharmloser, Mr. Selfrighteous!

In diesem Sinne - Royal Bavarian


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