Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Missbrauch: Ja oder nein?

Odin, Monday, 27.08.2007, 18:16 (vor 6058 Tagen)

Missbrauch: Ja oder nein?
Sabine Rückert hat aufgedeckt, wie leicht sich die Justiz irrt - und wie schwer es ist, seine eigene Unschuld zu beweisen

Wenn man das Buch nach der Lektüre zuklappt, hat einen der Albtraum noch lange nicht verlassen. Der wahre Sachverhalt ist schnell erzählt: 1994 wird die achtzehnjährige Amelie nach einem Selbstmordversuch in eine jugendpsychiatrische Klinik eingewiesen. In den neun Monaten ihres Aufenthalts enthüllt sie in fantastisch ausufernden Schilderungen brutale Vergewaltigungen durch ihren Vater, in die sie später auch ihren Lieblingsonkel einbezieht. Der Vater wird zu sieben, der Onkel zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Erst nach Verbüßung ihrer Strafe werden beide 2005 und 2006 in einem neuen Strafprozess wegen erwiesener Unschuld freigesprochen. Amelie hat in diesem Zeitraum die meiste Zeit in Kliniken verbracht und lebt heute arbeitslos in einem betreuten Wohnhaus für Frauen. Der Vater hat das Verfolgungs- und Gefängnistrauma halbwegs überstanden, während der Onkel daran zerbrochen ist und dauerhaft arbeitsunfähig in einem betreuten Wohnheim untergebracht ist.
Sabine Rückert, Gerichtsreporterin der Zeit, wird 2001 auf den Justizirrtum aufmerksam und veröffentlicht ihn 2002 dort erstmals in einem Dossier. Erst dadurch kommt ein Wiederaufnahmeverfahren in Gang. Ihr jetzt vorgelegtes Buch ist eine Bilanz des Schreckens - des Schreckens über die Trägheit, Voreingenommenheit und Fehlerhaftigkeit einer massenhysterisch manipulierten Justizmaschinerie und des Schreckens über die Leichtgläubigkeit, Blindheit und denunziatorische Parteilichkeit des gesamten beteiligten Helferpersonals. Diese beiden eng verwobenen Handlungsstränge werden von der Autorin mit kriminalistischem Scharfsinn entworren.
Für den psychologisch interessierten Leser könnte besonders die dargestellte Helferproblematik von aufrüttelnder Wirkung sein. Der von Amerika herüberschwappende und in den 1990er Jahren in Deutschland ausbrechende Aufklärungseifer gegenüber sexuellem Missbrauch hat bei aller Berechtigung und Dringlichkeit unter feministischem Einfluss zu Auswüchsen geführt, die bis heute in unverminderter Form zahllose Falschbeschuldigungen und ihre tragischen Folgen nach sich ziehen. Diese Tatsache ist inzwischen hinreichend bekannt und gilt als unbestritten. Damit ist aber im konkreten Einzelfall die schwierige Frage nach Wahrheit und Lüge noch nicht beantwortet. Am Beispiel von Amelies schwerer Borderlinesymptomatik macht Rückert eindrücklich deutlich, warum der Versuch zur Klärung durch Psychotherapeuten oder klinisch tätige Helfer so oft in die Irre führt. Das Leiden der Patientinnen und ihr dramatisch inszenierter Appell an Aufmerksamkeit und Zuwendung erzwingen eine Unterstützung, die häufig blind macht für die Unterscheidung von Wahrheit, verzerrter Erinnerung und bewusster Lüge.

Horst Petri
Psychologie heute Sept 07

Sabine Rückert: Unrecht im Namen des Volkes - ein Justizirrtum und seine Folgen
Hoffmann und Campe, Hamburg 07, 289 S. 19.95 Euro

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