Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: Interview mit Familienministerin Schmidt

Maesi, Friday, 27.12.2002, 22:20 (vor 7807 Tagen) @ Norbert

Als Antwort auf: Re: Interview mit Familienministerin Schmidt von Norbert am 17. Dezember 2002 12:48:29:

Hallo Norbert

Positiv:

Wenn die Emanzipation der Männer die beste Frauenpolitik ist, wie Sie eben sagten: Wie sieht denn Ihre Männerpolitik aus?
Dass Kinder in den ersten 10 Jahren ihres Lebens fast ausschließlich mit Frauen zu tun haben, ist in der Tat grundverkehrt. Wir werden die Väterkampagne von Christine Bergmann fortsetzen und klar machen, dass das Leben mit Kindern keine Zumutung ist. Sondern bunter, vielfältiger, reicher als das von rein berufsorientierten Männern. Ich hätte keine Sekunde meines
Lebens jemals ein Mann sein wollen.

Hier kann man(n) durchaus zustimmen.
Die Einsicht, daß die Eliminierung von Männern in der Kindheit falsch ist, wurde schon einige Male thematisiert.
Hier werden wir die Taten sehen wollen.

Zustimmung

bzgl. Väterkampagne:
Allerdings muß den Männern nicht nur ein schlechtes Gewissen eingeredet werden, daß sie sich nicht 'genug' um ihre Kinder kümmern, sondern auch tatsächliche Möglichkeiten geboten werden.

Ebenfalls Zustimmung. Eine Hinwendung der Vaeter zu ihren Kindern erreicht die Politik nicht mit dem Einreden eines schlechten Gewissens oder mit moralischer Noetigung.

Außerdem benötigt man hierfür auch die Mütter/Ehefrauen die dieses zulassen.
Einfach auch aus schlichten schöden pekuniären Aspekten heraus.

Bezueglich dieses Aspekts wurde bislang nahezu nichts unternommen. Es wurde suggeriert, die Frauen/Muetter seien schon laengst soweit, lediglich die Maenner weigerten sich hartnaeckig, Verantwortung zu uebernehmen. Ich halte das fuer eine Schutzbehauptung. Ein Mann, der sich aktiv an der Erziehung/Betreuung der Kinder beteiligt wird von Muettern vielmehr oft als Rivale betrachtet und gar nicht so gern gesehen. Da spielt die Angst von Muettern mit, ihre Kinder zu verlieren und ueberfluessig zu sein. Denn nicht selten ist die Kinderbetreuung/-erziehung wesentlicher Teil der Identitaet von Muettern.

<hr>

Negativ:
Ist es also Zeit für einen Männerbeauftragten?
Nein, noch nicht. Ich sehe die Männergruppen mit Wohlgefallen, die sich nicht mehr nur beleidigt als Scheidungsopfer definieren, sondern andere Lebensvorstellungen für Männer propagieren. Aber einen Beauftragten brauchen wir noch nicht.

Abgesehen von der Antwort, auf eine anders gestellte Frage.

Ja, wirklich geschickt ausgewichen.

Hier kommt wieder zu tragen: 'Männer brauchen nie Hilfe'.
Als ob Männerinteressen wirklich so beachtet würden.

IMHO sollte die Funktion von Frauen- bzw. Maennerbeauftragten endlich ordentlich definiert werden. Eine Frauenbeauftragte ist nichts anderes als eine Interessenvertreterin fuer Frauen; so wie beispielsweise ein Gewerkschafter die Arbeitnehmer vertritt. So gesehen, benoetigen wir ganz dringend einen Maennerbeauftragten, da die bestehende Asymmetrie in dieser Beziehung verhaengnisvoll ist. Dokumentiert wird diese Asymmetrie beispielsweise durch die vielen maennerfeindlichen Kampagnen sowie die weit verbreitete latente Maenner-/Vaeterfeindlichkeit in Aemtern (z.B. Jugendamt). Ein Maennerbeauftragter wuerde solche Entgleisungen wieder zurechtruecken.
Ob wir aber einen derart gut ausgebauten Apparat von Frauen- bzw. Maennerbeauftragten wirklich benoetigen, ist eine politische Frage. IMHO sollten Geschlechterbeauftragte eher auf einer sehr hohen Stufe angesiedelt sein und nicht in jeder Gemeinde/Stadt, Unternehmen, Universitaet/Schule, etc.; derselbe feministische Kaese wird von Frauenbeauftragten ja ueberall und auf allen Stufen erzaehlt, es handelt sich somit um (sehr kostpielige) Doppelspurigkeiten. Das Wachen ueber die Einhaltung der Gesetze ist IMHO nicht Auftrag der Geschlechterbeauftragten sondern der ordentlich gewaehlten Exekutive und Judikative; Geschlechterbeauftragte gehoeren vielmehr in den Gesetzgebungsprozess (Legislative) eingebunden. Wenn (physisch dieselben) Geschlechterbeauftragte bzw. -stellen jedoch auf alle drei gesetzlichen Gewalten Einfluss nehmen, sprengen sie den demokratischen Grundsatz der Gewaltenteilung.

Und daß Männer durchaus Scheidungsopfer sind, die um ihr Leben kämpfen müssen, dies hat mit Beleidigtsein nichts zu tun.
Typische 'Blaming the victim' - Aktion

Leider nur allzu wahr. Allerdings stehen sich Maenner hier teilweise selber im Weg. Waehrend Frauen zu schnell auf der Opferschiene fahren und sich medientraechtig als Opfer inszenieren, kehren Maenner zu sehr alles unter den Teppich. Eine bessere Dosierung auf beiden Seiten waere angezeigt.

Und Lebensvorstellungen zu propagieren, kennen wir.
Nur es reicht dieses nicht, diese müssen auch wirklich funktionieren.
Und da hapert es meiner Meinung nach ganz gewaltig.
Ebenso auch aus schöden pekuniären Aspekten heraus.

Das Problem mit den propagierten Lebensvorstellungen ist, dass sich jeder trotzdem so verhaelt, wie er (oder sie) es fuer richtig haelt. Ich glaube nicht daran, dass die Politik mit Gesetzen den Leute bestimmte Lebensvorstellungen aufzwingen kann. Die Politik kann lediglich bestimmte Rahmenbedingungen setzen und offensichtliche Verfehlungen ahnden.

Ansonsten um Begründungen gegen Männerbeauftragte herumgemogelt.
Nur als These aufgestellt.

Eben. Die Gruende, die fuer einen Maennerbeauftragten sprechen, sind genauso gut wie jene fuer eine Frauenbeauftragte. Frau Schmidt ist im Grunde genommen der Meinung, Maennerbeauftragte seien ueberfluessig aber Frauenbeauftragte nicht. Sie kann diese Meinung jedoch nicht rational begruenden und hat sich deshalb um die Beantwortung der Frage gedrueckt.

<hr>

Nun, wir werden auf die Lernfähigkeit von ihr bauen müssen, damit sie die monierten Teile ihrer Meinung auch richtig(er) stellt.
Immerhin schon eine Verbesserung zu den bisherigen Männerfeindinnen.

Das glaube ich auch. Ich halte Frau Schmidt jedenfalls fuer wesentlich lernfaehiger und kompetenter als ihre Vorgaengerin. Trotzdem werden Maenner mit ihren berechtigten Anliegen wohl auch bei Frau Schmidt Vorurteile abbauen muessen.
Was ich besonders befremdlich finde, ist die weit verbreitete Verquickung von Frauen-, Familien- und Kinderinteressen. Nicht selten halten sich Frauenbeauftragte auch fuer kompetent in Fragen zu Familien- und Kinderpolitik. So ist es dann nicht verwunderlich, dass in der oeffentlichen Wahrnehmung die Frau von zwei der drei Ks (naemlich Kueche und Kinder) nicht loskommt; die feministische Politik selber foerdert die verhaengnisvolle Verbindung zwischen Familie und Frauen. IMHO sollte Geschlechterpolitik nicht mehr mit der Familienpolitik gekoppelt werden; die Frauenbeauftragte bzw. die Gleichstellungspolitik gehoeren deshalb nicht (mehr) ins Familienministerium.

Gruss

Maesi


gesamter Thread:

 

powered by my little forum