Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Der Idiot der Familie (Allgemein)

Maximilianeum, Granatsplittertupfing, Sunday, 29.07.2007, 14:13 (vor 6125 Tagen) @ Flint

Servus Flint,

Das "bisschen" Rauben, Morden und

Brandschatzen hätten sie ihnen wohl verziehen, wären sie nur als Sieger
heimgekommen.

... da könnt´was dran sein. Natürlich gab es aber auch Frauen, die sich völlig selbstlos um ihre heimgekehrten, schwer verwundeten Männer kümmerten. Ja, manche heirateten nach dem Krieg sogar einen Kriegsversehrten! Mit meinem Großvater ist es so gewesen. Zwei Wochen vor Kriegsende noch von einem Granatsplitter am Kopf getroffen, blieb er, der junge Staatsanwalt und noch jüngere Witwer (seine Frau, meine richtige Oma also, war kurz zuvor an Krebs verstorben) für den Rest seines Lebens halbseitig gelähmt - und war auf Hilfe angewiesen. Die fand er bei derjenigen Frau, mit der er dann schon 15 oder 16 Jahre verheiratet gewesen war, als ich zur Welt kam. Es war die Krankenschwester, die ihn im Lazarett kennengelernt und dort bereits gepflegt hatte. Warum sie ihn wohl geheiratet hat? Müssig, darüber zu spekulieren. Es scheint ein Deal gewesen zu sein.
Er halbseitig gelähmter Staatsanwalt mit lebenslangem Pensionsanspruch, kultiviert, glänzender Pianist (vorher), geschliffene Manieren, der seine ebenfalls gut situierte, kultivierte und gebildete Frau, ebenfalls Pianistin
(und der meine Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten ist) verloren hatte; sie eine sehr resolute, an Geistigem uninteressierte, nüchtern kalkulierende Krankenschwester Anfang dreissig, die ihre Chancen in einem von Männern leergefegten Nachkriegsdeutschland realistisch durchrechnete und zu dem Schluß gekommen sein musste, daß es für sie ein gewisses Risiko darstellen würde, den versehrten Staatsanwalt mit Pensionsanspruch zu verschmähen, um auf etwas noch Besseres zu hoffen. Ich kann nicht sagen, daß sie ihren Job nicht gut gemacht hätte. Mein Großvater wurde steinalt, ehe er vor etwa zehn Jahren verstarb. Sie hat ihn zeitlebens gut gepflegt. Seit zehn Jahren ist sie nun Witwe und lebt heute noch, hoch in den Neunzigern, in ihrer eigenen Wohnung. Aber etwas Tragisches hatte diese Ehe dennoch. Zeitlebens schien mein Großvater seine zweite Frau an seiner ersten gemessen zu haben - denn immer wieder befielen ihn Wut und Verzweiflung angesichts der bodenständigen Borniertheit, der intellektuellen Anspruchslosigkeit seiner Pflegerin, die es natürlich immer "gut mit ihm meinte" - und ihn durch ihre Bemutterung ständig daran erinnerte, wie sehr er auf die Hilfe dieser einfachen Frau angewiesen war.

Um nun zu dem eingangs zitierten Satz zurückzukommen: Für sie war selbst der schwer verletzte Staatsanwalt noch ein Sieger gewesen, zu dem sie aufschauen und hinaufheiraten konnte. Ihr Statusgewinn war, gemessen an ihren damals real existierenden Möglichkeiten, maximal. Nein, selbstlos, so wie ich das eingangs geschrieben hatte, ist sie sicher nicht gewesen. Und wäre diese Selbstlosigkeit nicht auch ein bisschen viel verlangt? Warum hätte sie nicht an sich selbst denken dürfen?
Daß Frauen Sieger suchen, ist, denke ich, in ihnen biologisch so angelegt. Männer stehen ja auch auf das gesunde, gebärfreudige Becken, die Frau, die vor weiblichen Attributen nur so strotzt und Fruchtbarkeit bis unter die Haarspitzen signalisiert. Da sind Deals unvermeidlich und die Romantik ist nur Mittel zum Zweck. Diese Deals sind bereits die Gleichberechtigung. Und Teil dieses Deals muß sein, daß es angesichts der materiellen Aufgabenverteilung in diesen Deals den Männern vorbehaltene Privilegien gibt, damit diese Deals einigermassen ausgewogen bleiben. Frauen haben seit alters her ihre eigenen Privilegien - bei all ihrem Genörgel, das diesen Umstand zu verschleiern sucht.

Gleichberechtigung, so wie sie heute gefordert und verstanden wird, ist letztendlich der Beschiss am Mann - und zwar deswegen, weil beim männlichen Begehren materielle Aspekte überhaupt keine, beim weiblichen jedoch eine entscheidende Rolle spielen. Da kann man nicht so tun, als sei Geschlecht ein soziales Konstrukt, Soziologie die Verantwortliche für asymetrische Abhängigkeiten und deswegen alles eine Sache der gesellschaftlichen Formbarkeit. Gar nichts ist da zu formen. Geschlecht ist eine zutiefst biologische Angelegenheit und Soziologie hat allenfalls marginale Einflüsse.

Etwas ins Plaudern gekommen - Max


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