Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

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An alle stillen Mitleser

Jörg, Tuesday, 26.06.2001, 20:05 (vor 8554 Tagen)

Hallo,

der Forenstatistik zufolge dürfte es mittlerweile so manchen stillen Mitleser in diesem Forum geben.
Ich möchte an dieser Stelle einmal alle stillen Mitleser, die an einer sinnvollen Diskussion über das Thema Gleichberechtigung interessiert sind, dazu ermutigen, sich aktiv an den hier stattfindenden Diskussionen zu beteiligen.
Jede neue Sichtweise und jede neue Erfahrung stellt eine wertvolle Bereicherung des Forums dar.

Gruß, Jörg (Forenmaster)

Re: An alle stillen Mitleser

pete, Thursday, 28.06.2001, 15:12 (vor 8552 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: An alle stillen Mitleser von Jörg am 26. Juni 2001 17:05:58:

Hallo,
der Forenstatistik zufolge dürfte es mittlerweile so manchen stillen
Mitleser in diesem Forum geben.
Ich möchte an dieser Stelle einmal alle stillen Mitleser, die an einer
sinnvollen Diskussion über das Thema Gleichberechtigung interessiert sind,
dazu ermutigen, sich aktiv an den hier stattfindenden Diskussionen zu
beteiligen.
Jede neue Sichtweise und jede neue Erfahrung stellt eine wertvolle
Bereicherung des Forums dar.
Gruß, Jörg (Forenmaster)

Hallo Jörg, bin gerade durch zufall auf das Forum gekommen, es ist doch interessant zu ehen, das es noch weitere Männer gibt, die sich gegen die zunehmende Emanzipierung einsetzen, meine Frage, warum wollen Frauen eine andere Rolle in der Gesellschaft einnehmen, wieso sollen Männer aus den wichtigen Posten des täglichen Lebens verdrängt werden, jetzt ganz krass, ind die Frauen darbemüht die menscheit durch ihre Emanzipierungvorstellungen auf dem Gewissen zu haben. Nur ein paar Denkansätze, ich weiss nicht sinnvoll aber reflektierenswert.

Re: An alle stillen Mitleser

Dieter, Thursday, 28.06.2001, 15:54 (vor 8552 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: An alle stillen Mitleser von Jörg am 26. Juni 2001 17:05:58:

Ich bin auch gerade erst auf dieses Forum gestossen und arbeite mich mit wachsendem Interesse durch die Beiträge. Endlich geht es los, Emanzipation des Mannes! Mir geht es schon lange gegen den Strich, daß ich mich für mein Mannsein dauernd entschuldigen soll (Ich mache es NICHT!) Einerseits wird von mir erwartet, daß ich die Frau in ihrem Drang zur Selbstverwirklichung unterstütze und stärke, andererseits wird dann doch, wenn es eng wird, der Mann gebraucht, hinter dem man sich verstecken kann. Daß mal jemand gefragt hätte, ob ich mich mit all den Zwängen, die die Gesellschaft dem Mann auferlegt, wohl fühle, wird eh keiner von Eich glauben. Die Beachteiligungen der Frau sind früher offensichtlich gewesen und deshalb leicht bekämpfbar, der Kampf ist fast ausgestanden. Die Benachteiligungen des Mannes sind subtil und teilweise durch Gesellschaftskonventionen gedeckt. Einerseits beschwert man sich, daß kaum Männer Erziehungsurlaub nehmen, andererseits wird vom überwiegenden Teil der Bevölkerung immer noch erwartet, daß der Mann erfolgreich ist und Geld verdient. Die Qualität des Mannes, besonders des Ehemannes und Vaters wird an seiner wirtschaftlichen Stellung gemessen. Und sage mir nicht, daß sei auch wieder nur von den Männern selbst so gemacht: besonders die Frauen in meinem kleinen Wohnort können sich wunderbar das Maul darüber zerreissen, wenn jemand "seine Frau arbeiten schickt" und selbst zuhause bleibt.

Weiteres Beispiel gefällig: In jedem wichtigeren Geschäftsmeeting sieht man x Männer im dunklen Anzug und Frauen in leichten Kleidern, besonders bei diesem Wetter besonders passend. Wenn ich nur die Kravatte weglasse, werde ich bei einigen Kunden schon schräg angesehen. Wieso eigentlich? Und auch da sind die Frauen wieder die ersten, die sich alle Freiheiten erlauben aber über den schlecht gekleideten Mann herziehen.

Die Summe dieser Kleinigkeiten bilden ein Gefängnis für den Mann. Und da es keine großen Punkte gibt, an denen man den Hebel ansetzen könnte, wird der Kampf zu mehr Gerechtigkeit ein langer werden.

Dieter

Re: An alle stillen Mitleser

Jörg, Thursday, 28.06.2001, 20:19 (vor 8552 Tagen) @ Dieter

Als Antwort auf: Re: An alle stillen Mitleser von Dieter am 28. Juni 2001 12:54:53:

Hallo und herzlich willkommen!

Ich kann Dir versichern: Auch mir geht es ziemlich gegen den Strich, mich
beinahe schon dafür entschuldigen zu müssen, daß ich ein Mann bin. Es sind
leider immer noch zuviele Männer, die aus Feigheit oder Opportunismus
einfach schweigen und sich allzu bereitwillig in die Rolle des Sündenbocks
(gibt es eigentlich auch den Begriff der Sündenböckin?) drängen lassen. Die
Medien, die in der Regel die Benachteiligungen der Frau und nicht die des
Mannes beleuchten, tun ein Übriges dazu, daß das Weltbild vom bevorzugten
Mann und der benachteiligten Frau verfestigt wird.

Dabei hat die Frau aus meiner Sicht einen viel größeren Rollenspielraum als
ein Mann. Thema Arbeit: Eine Frau kann sich prinzipiell aussuchen, ob sie
als Hausfrau zuhause bleiben will, ob sie eine Teilzeitstelle annehmen oder
ob sie lieber ganztags arbeiten will. Ein Mann, der zuhause bleibt, gilt in
erster Linie als Nichtsnutz oder als Weichei.

Bei der Kleidung sieht es ähnlich aus: Neben dem von Dir bereits
angesprochenen Krawattenzwang bei Männern in bestimmten Berufen hat eine
Frau immer die Möglichkeit, sich ganz traditionell zu kleiden (sprich: ein
Kleid oder einen Rock anzuziehen) oder sich aber auch wie ein Mann zu
kleiden (sprich: mit Hose und Sakko aufzutreten). Man kann natürlich darüber
streiten, ob Männer es wirklich wollen, ein Kleid oder einen Rock zu tragen,
aber ganz unvoreingenommen halte ich das Tragen von "männlicher"
Kleidung durch Frauen für ein Zeichen eines größeren Rollenspielraumes,
der sich bereits in der Kleidung ausdrückt.

Gruß, Jörg

Re: Kleiderfesseln abgesprengt!

Ferdi, Friday, 29.06.2001, 00:35 (vor 8552 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: Re: An alle stillen Mitleser von Jörg am 28. Juni 2001 17:19:04:

Hallo Jörg,

Bei der Kleidung sieht es ähnlich aus: Neben dem von Dir bereits
[quote]angesprochenen Krawattenzwang bei Männern in bestimmten Berufen hat eine
Frau immer die Möglichkeit, sich ganz traditionell zu kleiden (sprich: ein
Kleid oder einen Rock anzuziehen) oder sich aber auch wie ein Mann zu
kleiden (sprich: mit Hose und Sakko aufzutreten). Man kann natürlich darüber
streiten, ob Männer es wirklich wollen, ein Kleid oder einen Rock zu tragen,
aber ganz unvoreingenommen halte ich das Tragen von "männlicher"
Kleidung durch Frauen für ein Zeichen eines größeren Rollenspielraumes,
der sich bereits in der Kleidung ausdrückt.
[/quote]

Da habe ich mich persönlich voll emanzipiert, ich trage nämlich ebenso wie die Frauen Hosen und Röcke, jetzt bei dem sommerlich-warmen Wetter sogar ausschliesslich und auch bei der Arbeit. Das trägt ganz, ganz gewaltig zu meinem Wohlbefinden bei und hat mein ohnehin schon starkes Selbstbewusstsein ganz enorm verstärkt! Schwierigkeiten mit der Umgebung gibt es nicht, und ob Ihr es glaubt oder nicht, den Frauen gefällt das sogar und es imponiert ihnen auch. Sicher, das ist nicht der wichtigste Bereich, wenn es um männliche Emanzipation geht, aber es trainiert sehr und härtet gewaltig ab! Und macht wahnsinnig Spass!

Ich sehe nun wirklich nicht ein, dass die bequemste und schönste Kleidung nur von Frauen benutzt werden soll, und die Männer bei tropischen Temperaturen in ihrem eigenen Saft schmoren sollen. Ich jedenfalls bin längst nicht mehr bereit, die beschissene männliche Klischeerolle zu spielen. Ich trage die Kleidung, die ich will und in der ich mich wohlfühle. Basta! Punkt! Und das sind derzeit schöne luftige kurze Jeansröcke statt Shorts. Die werden übrigens witzigerweise oft nicht sofort als Röcke erkannt, so genau schauen die Leute hin.

Das hierdurch gestählte Selbstbewusstsein befähigt mich sehr, auch auf den anderen Feldern gegen die auf Kosten der Männer überschiessende Emanzipation zu kämpfen.

Viele Grüsse - auch besonders an Dich, Dieter!

Ferdi

Re: Kleiderfesseln abgesprengt!

Sven, Friday, 29.06.2001, 02:22 (vor 8552 Tagen) @ Ferdi

Als Antwort auf: Re: Kleiderfesseln abgesprengt! von Ferdi am 28. Juni 2001 21:35:11:

Hallo Jörg,
Bei der Kleidung sieht es ähnlich aus: Neben dem von Dir bereits

angesprochenen Krawattenzwang bei Männern in bestimmten Berufen hat eine
Frau immer die Möglichkeit, sich ganz traditionell zu kleiden (sprich: ein
Kleid oder einen Rock anzuziehen) oder sich aber auch wie ein Mann zu
kleiden (sprich: mit Hose und Sakko aufzutreten). Man kann natürlich darüber
streiten, ob Männer es wirklich wollen, ein Kleid oder einen Rock zu tragen,
aber ganz unvoreingenommen halte ich das Tragen von "männlicher"
Kleidung durch Frauen für ein Zeichen eines größeren Rollenspielraumes,
der sich bereits in der Kleidung ausdrückt.[/i]

Da habe ich mich persönlich voll emanzipiert, ich trage nämlich ebenso wie die Frauen Hosen und Röcke, jetzt bei dem sommerlich-warmen Wetter sogar ausschliesslich und auch bei der Arbeit. Das trägt ganz, ganz gewaltig zu meinem Wohlbefinden bei und hat mein ohnehin schon starkes Selbstbewusstsein ganz enorm verstärkt! Schwierigkeiten mit der Umgebung gibt es nicht, und ob Ihr es glaubt oder nicht, den Frauen gefällt das sogar und es imponiert ihnen auch. Sicher, das ist nicht der wichtigste Bereich, wenn es um männliche Emanzipation geht, aber es trainiert sehr und härtet gewaltig ab! Und macht wahnsinnig Spass!
Ich sehe nun wirklich nicht ein, dass die bequemste und schönste Kleidung nur von Frauen benutzt werden soll, und die Männer bei tropischen Temperaturen in ihrem eigenen Saft schmoren sollen. Ich jedenfalls bin längst nicht mehr bereit, die beschissene männliche Klischeerolle zu spielen. Ich trage die Kleidung, die ich will und in der ich mich wohlfühle. Basta! Punkt! Und das sind derzeit schöne luftige kurze Jeansröcke statt Shorts. Die werden übrigens witzigerweise oft nicht sofort als Röcke erkannt, so genau schauen die Leute hin.
Das hierdurch gestählte Selbstbewusstsein befähigt mich sehr, auch auf den anderen Feldern gegen die auf Kosten der Männer überschiessende Emanzipation zu kämpfen.

Ich habe jetzt einmal ein paar Fragen zu deinen Röcken (was ich sehr mutig finde, auch wenn es nicht mein Ding ist, ist eben Geschmackssache).

1. Warst du schon einmal mit einem Rock (natürlich gehobenes Nivau) im Kasino? Habe da meine Zweifel, ob du so reinkommst.

2. Arbeitest du im Büro oder sogar in einer Bank? (Banken sind ja sehr konservativ, gerade was Kleidung angeht. Getreu dem Motto: 40 Grad aber der Schlips beleibt an).

3. Wie sieht es mit Erfahrungen in Hotels (4 Sterne und höher) aus?

4. Gab es in anderen Lebensbereichen offensichtliche Diskreminierungen wegen deinen Röcken?

Diese Fragen interessieren mich besonders im Bezug auf Diskreminierungen.

Bin gespannt auf die Antworten.

Sven

Re: Kleiderfesseln abgesprengt!

Ferdi, Friday, 29.06.2001, 11:47 (vor 8551 Tagen) @ Sven

Als Antwort auf: Re: Kleiderfesseln abgesprengt! von Sven am 28. Juni 2001 23:22:50:

Hallo Sven,

gerne beantworte ich Dir Deine Fragen.

1. Warst du schon einmal mit einem Rock (natürlich gehobenes Nivau) im Kasino? Habe da meine Zweifel, ob du so reinkommst.

Ich war schon mal im Spielkasino Bad Neuenahr. Outfit: Sakko, weisses Hemd mit Krawatte, langer schwarzer Rock von Sandra Kuratle mit silbergrauen senkrechten Streifen auf jeder Seite. Bin ohne Probleme reingekommen. Das wichtigste Kleidungsstück war die Krawatte.

2. Arbeitest du im Büro oder sogar in einer Bank? (Banken sind ja sehr konservativ, gerade was Kleidung angeht. Getreu dem Motto: 40 Grad aber der Schlips beleibt an).

Nein, ich arbeite als Hardware-Elektroniker an einer Universität und bin für eine Grossforschungseinrichtung technisch zuständig. Auch hier keine Probleme, meine Leistung ist gefragt, für meine Röcke interessiert sich inzwischen niemand mehr.

3. Wie sieht es mit Erfahrungen in Hotels (4 Sterne und höher) aus?

Solche Hotels waren mir bisher zu teuer, aber in 3 Sterne-Häusern gab es auch keine Schwierigkeiten. Für meinen Rock hat sich niemand interessiert. Ich war allerdings schon in Nobelrestaurants der Spitzenklasse. Auch hier keine Probleme.

4. Gab es in anderen Lebensbereichen offensichtliche Diskreminierungen wegen deinen Röcken?

Ganz überwiegend nein. Allerdings muss ich auch Frozzeleien erwähnen, die hauptsächlich von jungen, pubertierenden Ausländern kommen, in deren Heimatländern eine fundamental-patriarchalische Grundorientierung herrscht. Das sind aber sehr seltene Fälle, da muss man einfach drüberstehen. Mir jedenfalls macht das nichts aus. Die positiven, aufmunternden Erlebnisse überwiegen bei weitem.

In meinem Wohnort sind die Mitmenschen inzwischen so sehr an meine Röcke gewöhnt (ich besitze 40 Röcke), dass ich schon angesprochen werde, wenn ich mal Hosen anhabe. Ausgegrenzt, diskriminiert oder anderweitig herabgewürdigt werde ich nicht. Ich habe eher den Eindruck gewonnen, dass ich meiner Umgebung imponiere. Das dahinterstehende Selbstbewusstsein und die innere Standfestigkeit werden durchaus gesehen und gewürdigt. Das ist auch für mich nach nunmehr 2-jähriger Erfahrung ein äusserst überraschender Befund gewesen. Und noch was ist wichtig: Man muss sich unbedingt einen Stil erarbeiten, der zu einem passt. Die Gesamterscheinung ist wichtig, alles muss perfekt zusammenpassen.

Eine Diskriminierung der Männer bezüglich der Freiheit der Bekleidungswahl sehe ich persönlich jedenfalls nicht. Wenn die meisten Männer das so empfinden, dann liegt das nur daran, dass sie sich selbst diese Beschränkung auf Hosen auferlegen, weil sie glauben, ohne Hose seien sie kein "richtiger Mann" mehr. Absoluter Blödsinn. Man ist ein Mann, egal, was man gerade anhat. Eine hosentragende Frau bleibt eine Frau und ein rocktragender Mann bleibt ein Mann. Den Frauen, auch den Ultrafeministinnen, kann man die Beschränkung in diesem Bereich ausnahmsweise mal nicht anlasten.

Gruss,
Ferdi

Sehr aufschlussreich!

Sven, Friday, 29.06.2001, 14:12 (vor 8551 Tagen) @ Ferdi

Als Antwort auf: Re: Kleiderfesseln abgesprengt! von Ferdi am 29. Juni 2001 08:47:40:

Eine Diskriminierung der Männer bezüglich der Freiheit der Bekleidungswahl sehe ich persönlich jedenfalls nicht. Wenn die meisten Männer das so empfinden, dann liegt das nur daran, dass sie sich selbst diese Beschränkung auf Hosen auferlegen, weil sie glauben, ohne Hose seien sie kein "richtiger Mann" mehr. Absoluter Blödsinn. Man ist ein Mann, egal, was man gerade anhat. Eine hosentragende Frau bleibt eine Frau und ein rocktragender Mann bleibt ein Mann. Den Frauen, auch den Ultrafeministinnen, kann man die Beschränkung in diesem Bereich ausnahmsweise mal nicht anlasten.

Kleine Einschränkung: Ohne Kravatte geht es in Banken, Kasinos, Edelrestaurants- und Hotels leider nicht. Interessant wäre es, wenn du auch mal ein elegantes Abendkleid an solchen Orten tragen würdest. Die "Sittenwächter" kämen dann wohl leichte Argumentationsprobleme. Ich trage keine Röcke und habe dies auch nicht vor. Ich habe aber vollen Respekt vor männlichen Rockträgern, da sie sich gegen starre Gesellschaftskonventionen wehren (wie vor einigen Jahrzenten, als Frauen begannen Hosen zu tragen). Vielleicht tragen ja bald Frauen dazu bei, dass der Kravattenzwang für Männer aufgehoben wird (z.B. wenn Frau beim Mann mehr Haut sehen will).

Sven

Re: Sehr aufschlussreich!

Ferdi, Friday, 29.06.2001, 17:17 (vor 8551 Tagen) @ Sven

Als Antwort auf: Sehr aufschlussreich! von Sven am 29. Juni 2001 11:12:35:

Hi Sven,

Interessant wäre es, wenn du auch mal ein elegantes Abendkleid an solchen Orten tragen würdest.

Das entspricht aber überhaupt nicht meinem persönlichen Stil, ich kleide mich eigentlich ganz üblich wie andere Männer, z. B. mit Jackett und Krawatte oder Fliege und ersetze lediglich die Hose durch einen passenden, eleganten Rock. Abendkleider sind mir zu feminin, ich will mich ja nicht als Frau verkleiden, sondern als Mann einen Rock tragen. Mehr nicht. Neben dem Wohlfühleffekt ist das auch ein Stück gelebter Emanzipation. Es macht mir einfach Spass, der Welt zu zeigen: Seht her, ich bin ich selbst und ich bin anders, nämlich individuell und unverwechselbar! Genau wie die Frauen. Und die "Sittenwächter" (frage mich nur, was das mit Sitte zu tun hat, ich bin ja anständig gekleidet) haben auch so schon genügend Schubladensalat im Kopf.

Aber ich habe ein komplettes, elegantes schottisches Outfit, bestehend aus Argyl-Jacket, Kilt, Sporran und den dazugehörigen Wollstrümpfen. War sehr teuer, hat aber durchschlagenden Erfolg. Damit war ich in einem Theater. In der Pause waren all die aufgebrezelten Frauen in ihren Abendkleidern total abgemeldet, alles stand um mich herum und bewunderte mich. War echt geil!

Ich trage keine Röcke und habe dies auch nicht vor.

Das braucht ja auch niemand, der es nicht will. Aber wenn man es will sollte man es auch durchziehen und sich von eben diesen unsinnigen Gesellschaftskonventionen nicht davon abhalten lassen. Das verstehe ich beispielsweise auch unter individueller Freiheit und Entfaltung der Persönlichkeit.

Ich habe aber vollen Respekt vor männlichen Rockträgern, da sie sich gegen starre Gesellschaftskonventionen wehren (wie vor einigen Jahrzenten, als Frauen begannen Hosen zu tragen).

Danke für diese anerkennenden Worte. Es werden ganz langsam immer mehr, die diesen Modeweg beschreiten und sich befreien. Das ist letztendlich derselbe Weg, den die Frauen vor Jahrzehnten auch beschritten haben. Es gibt keinen plausiblen Grund, auf diesen Weg zu verzichten.

Gruss,
Ferdi

Re: Sehr aufschlussreich!

Dieter, Saturday, 30.06.2001, 01:30 (vor 8551 Tagen) @ Ferdi

Als Antwort auf: Re: Sehr aufschlussreich! von Ferdi am 29. Juni 2001 14:17:45:

Hallo Ferdi, Grüße nach Bonn.

Sicher ist die Freiheit in der Mode ein Aspekt im Kampf um Gleichberechtigung, aber letztlich ist der doch schon fast gewonnen. Wie Du richtig sagst, kann man eigentlich auch als Mann alles tragen. Hier liegt das Problem doch weniger in der gesellschaftlichen Anerkennung als in den Köpfen der Männer, denen es einfach am Mut fehlt, anders zu sein.

Wenn wir über Defizite in der Freiheit der Kleidung sprechen, dann sicherlich "nur" bei Arbeitsplätzen wie Banken oder Aussendienstlern, bei denen das teilweise im Arbeitsvertrag steht. Auch wenn ich es nicht gut finde, so kann man das immer noch akzeptieren, da ja auch anderswo solche Vorschriften existieren (Sicherheitsschuhe + Helm, Schwarzer Rock und weiße Bluse für die Kellnerin, Postuniform, der UPS-Mann darf sogar Schorts tragen etc.) Außerdem ist selbst der "Kravattenzwang" nicht wirklich einer. Ich habe reichlich Kundschaft, wo alle selbst bei diesem Wetter nicht von der Kravatte lassen können/dürfen. Aber das bringt mich noch lange nicht dazu, auch winw zu tragen. Inzwischen hat man sich daran gewöhnt und kein Problem damit, letztlich kauft der Kunde meine Leistung und nicht mein Aussehen.

Der Kampf um mehr Gleichberechtigung muss an anderen und vor allem an wichtigeren Fronten geschlagen werden, dort, wo es direkt un die wirtschaftliche Existenz und die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen geht.

Ansonsten: Tolles Wetter, gell? Ich geniesse in der Freizeit meinen neuen kurzen Fourpocket-Minis. Meine Frau ist ganz neidisch, wir waren letzte Woche extra noch mal beim Wehmeyer in Köln, aber die hatten keine mehr!

Re: Minis (sorry, etwas O.T.)

Ferdi, Saturday, 30.06.2001, 01:56 (vor 8551 Tagen) @ Dieter

Als Antwort auf: Re: Sehr aufschlussreich! von Dieter am 29. Juni 2001 22:30:40:

Hi Dieter,

Wehmeyer Bonn hatte dieser Tage noch welche. Ich habe inzwischen 6. (zwei von Bon Prix) Ich werde morgen früh danach schauen, ich berichte dann im Männerrockforum.

(die anderen bitte ich um Entschuldigung für diesen kurzen off-topic-Hinweis)

Gruss,
Ferdi

Re: Sehr aufschlussreich!

Matthias, Saturday, 30.06.2001, 02:11 (vor 8551 Tagen) @ Ferdi

Als Antwort auf: Re: Sehr aufschlussreich! von Ferdi am 29. Juni 2001 14:17:45:

Sorry, aber normalerweise sehe ich nur weggeschossene Technokids mit Halbglatze und Sven-Väth-Zöpfchen oder Schwule mit Röcken rumlaufen. Das mag elegant wie nur was aussehen, aber hast Du nicht Probleme damit, daß Dich jeder für schwul hält?

Hast Du schon mal mit Rock eine Frau kennengelernt (eine nicht ortsansässige, die 250 aus Deinem Dorf kennen das ja bereits alle)? Kamst Du über einen oberflächligen Tratsch hinaus, das heißt: wirst Du nicht eher müde belächelt, als "weitgehend harmlos" behandelt, keinesfalls jedoch als potentieller Partner? Hast Du eine Freundin? Was sagt die dazu? Oder ihre Eltern? Wollen Dir manchmal pupertierende Kids auf der Straße unter den Rock greifen?

Ich kann einfach nicht glauben, daß das alles nur eitel Sonnenschein ist.

(Hintergrund ist, daß ich selbst jahrelang für schwul gehalten wurde - auch, weil ich gut angezogen war. Das ging mir irgendwann tierisch auf die Nerven und darum bin ich jetzt auf den "Guter Kumpel"-Einheitslook ausgewichen. Sprich: T-Shirt, Jeans, bei gegebener Gelegenheit auch Anzug & Krawatte. Seitdem klappt´s auch mit dem Nachbar... ähm, der Nachbarin. Nur zum Bierbauch konnte ich mich noch nicht durchringen).

Re: Sehr aufschlussreich!

Ferdi, Saturday, 30.06.2001, 02:28 (vor 8551 Tagen) @ Matthias

Als Antwort auf: Re: Sehr aufschlussreich! von Matthias am 29. Juni 2001 23:11:52:

Dazu will ich nur eines sagen:

Jeder ist so schlecht wie seine Gedanken! (scheinst Dich damit ja auszukennen).

mfG Ferdi

Re: Sehr aufschlussreich!

Jörg, Saturday, 30.06.2001, 02:59 (vor 8551 Tagen) @ Ferdi

Als Antwort auf: Re: Sehr aufschlussreich! von Ferdi am 29. Juni 2001 23:28:42:

Jeder ist so schlecht wie seine Gedanken! (scheinst Dich damit ja auszukennen).

Hallo Ferdi,

wenn ich mich mal einmischen darf: Ich glaube nicht, daß Matthias Dich mit
seinem Posting angreifen oder verletzen wollte. Es ist nunmal bei vielen
Männern so, daß sie peinlich genau darauf achten, nicht als homosexuell zu
gelten und sich von allem, was als weiblich gilt, abzugrenzen. Natürlich ist
es Quatsch einen rocktragenden Mann mit einem schwulen Mann gleichzusetzen,
aber ich könnte mir vorstellen, daß diese Assoziation gar nicht mal so
selten vorkommt.

Vermittelnde Grüße, Jörg

Re: Sehr aufschlussreich!

Ferdi, Saturday, 30.06.2001, 12:13 (vor 8550 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: Re: Sehr aufschlussreich! von Jörg am 29. Juni 2001 23:59:20:

Hallo Jörg,

wenn ich mich mal einmischen darf: Ich glaube nicht, daß Matthias Dich mit
seinem Posting angreifen oder verletzen wollte.

Ich fühlte mich auch nicht eine Sekunde lang angegriffen. Ich hätte sonst anders reagiert. Ich kenne solche Macho-Sprüche und kann damit leben.

Gruss,
Ferdi

Re: Sehr aufschlussreich!

Dieter, Saturday, 30.06.2001, 09:17 (vor 8550 Tagen) @ Matthias

Als Antwort auf: Re: Sehr aufschlussreich! von Matthias am 29. Juni 2001 23:11:52:

Jaja, die Gefahr, für schwul gehalten zu werden ...

Also, wenn ich mit die Outing-Welle der letzten Jahre so ansehen, dann wird es ja langsam zu einem gewissen Adel, auf Männer als auf Frauen zu stehen. "Wie, Du bist Künstler und hast eine Freundin?" (Sowas Abartiges ...). Leider muss ich sagen, daß die Assiziation Bekleidungsstil -> sexuelle Ausrichtung wohl eher von Männern als von Frauen kommt und da dann auch noch stark vom Bildungsgrad abhängt.

Stimmt, wer auch nur etwas mehr Wert auf sein Äußeres gelegt hat, vielleicht sogar gepflegt wirkt, ist schnell in diese Ecke gedrängt wordem. Nur, wenn wir hier über Gleichberechtigung reden, soll ich mich gerade von Männern zwingen lassen, Uniform (Jeans und T-Shirt!) zu tragen? Ich bin kein "Hardrocker" wie Ferdi, aber ich erlaube mir schon eine deutlich größere Bandbreite in Stil und Farbe. Lieber sollen alle glauben, ich sei ein Spinner, als daß ich in der Masse untergehe. Das ist schliesslich das Hauptproblem des Mannes: Nur ja angepaßt sein! Eine Frau, die mich nur als Mann akzeptiert, wenn ich Jeans und T-Shirt oder Anzug und Kravatte trage, käme für mich nie in Frage, denn die will nicht mich, sondern jemand total anderes. Gott sei Dank habe ich da wohl das große Los gezogen und meine Frau ist auch nicht unglücklich darüber, denn sie braucht keine "beste Freundin", um mal am Samstag morgen nach Kleidung suchen zu gehen.

Leute, wenn wir uns hier über die offensichtichen Defizite der Gesellschaft uns gegenüber beschweren, so ist das ja alles gut und schön. Aber diese Gesellschaft ändern wir nur, wenn wir mit Selbstbewußstsein zu unserer Individualität stehen. Dabei geht es kaum um den Kleidungsstil, denn wirkliche Repessionen sind durch den nicht mehr zu erwarten. Wer vor 20 Jahren Ohrringe trug, war auch sofort ein Schwuler, vor 10 Jahren war man Außenseiter, heute ist es weitgehend akzeptiert. Wer vor 20 Jahren mehr als einmal in der Woche geduscht hat, war kein richtiger Mann, heute ist ein gepflegtes Äußeres zumindest bei den mir wichtigen Leuten ein "Muß". Wer vor 20 Jahren keinen Alkohol getrunken hat, dem wurde sofort ein Problem damit unterstellt, heute habe die Diskussionen darüber aufgehört. Und: das sind alles Probleme, die Männer untereinander haben, Diskriminierung im eigenen Kreis sozusagen.

Irgendwie erschreckt es mich, wenn jemand sagt, daß er seinem persönlichen Stil entsagt hat, um von Männern nicht in die schwule Ecke gestellt und von Frauen beachtet zu werden. Sind wir als Gruppe so abhängig vom Bild der anderen über uns? Erst, wenn wir es schaffen, anders zu sein und dabei den Kopf hoch zu tragen, werden wir wirklich etwas erreichen können.

Zum Kleidungsstil ist noch zu sagen: Gerade der der Männer variiert viel facettenreicher, wenn man die von der westeuröpäischen Kultur geprägten Teile der Welt ausblendet. Im mittleren Osten trägt man Kaftan, in der Südsee lange Röcke, auch als Uniform, im fernen Osten Sarongs, Lendentücher, in Afrika weite Gewänder. Wenn wir Frauen wären, hätten wir diese Kleidungsstile längst hier adaptiert! Aber wir sind Männer und denen fehlt halt der Mut, aus der Gruppe auszubrechen.

Nicht, daß mich hier jemand falsch versteht. Ich will nicht sagen, daß der erste Schritt zu mehr Gleichberechtigung ist, daß wir nun alle anfangen, gegen den Kravattenzwang zu revoltieren, obwohl das ja eine nette Parallele zur BH-Verbrennung in den Anfängen der feministischen Bewegung wäre. Ich will an diesen Beispiel aufzeigen, wo unsere Defizite liegen. Jeder einzelne mag prüfen, wo er sich aufgibt, eine Wünsche unterdrückt und in der Masse versteckt. Das zu ändern ist der erste Schritt, auch sonst glaubwürdig eigene Interessen zu vertreten. Denn die Gesellschaft wird sich nicht von selbst ändern, wir müssen sie ändern und das wird Kampf, Anfeindungen und Unverständnis bedeuten, auch und gerade bei anderen Männern. Die frühen Feministinnen hatten auch genug Gegnerschaft bei den anderen Frauen.

Dieter

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