Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Odin, Tuesday, 22.02.2005, 16:55 (vor 7358 Tagen)
Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Zweibrücken (dpa) - Ein mutmaßlich leiblicher Vater kann nicht gezwungen werden, sich einem Vaterschaftstest zu unterziehen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken in einem Beschluss zur Vorbereitung eines gerichtlichen Wiederaufnahmeverfahrens.
Vielmehr könne der Betroffene frei entscheiden, ob er einer entsprechenden DNA-Analyse seines genetischen Materials zustimme. Eine gesetzliche Verpflichtung bestehe nach derzeitigem Recht nicht (Az.: 2 WF 159/04).
Das Gericht lehnte mit seinem Beschluss den Antrag eines Jugendlichen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Der Sohn wollte in einem gerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren die Vaterschaft des Mannes feststellen lassen. Allerdings hatte das Familiengericht in Mannheim bereits im April 1990 in einem rechtskräftig gewordenen Urteil eine Vaterschaft des Betroffenen verneint.
Das OLG sah für ein neues Verfahren keine Erfolgsaussichten, insbesondere weil der mutmaßliche Vater nicht zu einer DNA- Untersuchung bereit war. Da eine solche Untersuchung zweifellos ein gravierender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sei, dürfe auf ihn auch kein gerichtlicher Zwang ausgeübt werden. Denn dafür fehle es zumindest bisher an einer gesetzlichen Grundlage.
22.02.2005 12:19 MEZ
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Jeremin, Tuesday, 22.02.2005, 20:36 (vor 7358 Tagen) @ Odin
Als Antwort auf: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Odin am 22. Februar 2005 14:55:16:
Die wirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Fall würden mich mal interessieren...
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Scipio Africanus, Tuesday, 22.02.2005, 20:52 (vor 7358 Tagen) @ Odin
Als Antwort auf: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Odin am 22. Februar 2005 14:55:16:
Allerdings hatte das Familiengericht in Mannheim bereits im April 1990 in einem rechtskräftig gewordenen Urteil eine Vaterschaft des Betroffenen verneint.
Deshalb denke ich, dass das Urteil wahrscheinlich nicht verallgemeinert werden darf in dem Sinne, dass mutmassliche Väter eine Genprobe verweigern können. Hier liegt ein rechtskräftiges Urteil vor. Ein solches ist immer schwer anzufechten. Oder was denkt ihr ?
scipio
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Ralf, Tuesday, 22.02.2005, 21:50 (vor 7358 Tagen) @ Scipio Africanus
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Scipio Africanus am 22. Februar 2005 18:52:44:
Deshalb denke ich, dass das Urteil wahrscheinlich nicht verallgemeinert werden darf in dem Sinne, dass mutmassliche Väter eine Genprobe verweigern können. Hier liegt ein rechtskräftiges Urteil vor. Ein solches ist immer schwer anzufechten. Oder was denkt ihr ?
Auf jeden Fall fände ich es nicht in Ordnung, wenn der Vater auch bei begründetem Verdacht den DNA-Test verweigern dürfte.
Ganz abgesehen davon: Wenn das jemand ernsthaft fordert, hebelt er damit die gesamte Argumentation zum Thema selbstbestimmte Vaterschaftstests aus.
Gruß Ralf
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Peter, Tuesday, 22.02.2005, 23:49 (vor 7358 Tagen) @ Ralf
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Ralf am 22. Februar 2005 19:50:17:
Auf jeden Fall fände ich es nicht in Ordnung, wenn der Vater auch bei begründetem Verdacht den DNA-Test verweigern dürfte.
Das ist doch schon heute ganz einfach: Verweigert der Mann den Test bei begruendeter Annahme, er koenne der Vater sein, dann wird er vom Gericht als Vater festgestellt und verurteilt zum Zahlen von Kindesunterhalt und oft auch zum Zahlen von Betreuungsunterhalt fuer die Mutter.
Ebenso sollte, wenn Kindesunterhalt gefordert wird, das Kind zu einer Speichelprobe bereit sein, sonst gibt es eben keinen Unterhalt. Nur, dass das eben noch nicht so gehandhabt wird, ganz im Gegenteil zum Vaterschaftsprozess.
Ganz abgesehen davon: Wenn das jemand ernsthaft fordert, hebelt er damit die gesamte Argumentation zum Thema selbstbestimmte Vaterschaftstests aus.
Was in diesem Fall besonders war, ist eben das alte rechtskraeftige Urteil, das gegen eine Vaterschaft sprach - kein Grund zur Verallgemeinerung.
Grund,
Peter
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Odin, Wednesday, 23.02.2005, 02:42 (vor 7358 Tagen) @ Ralf
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Ralf am 22. Februar 2005 19:50:17:
Deshalb denke ich, dass das Urteil wahrscheinlich nicht verallgemeinert werden darf in dem Sinne, dass mutmassliche Väter eine Genprobe verweigern können. Hier liegt ein rechtskräftiges Urteil vor. Ein solches ist immer schwer anzufechten. Oder was denkt ihr ?
Auf jeden Fall fände ich es nicht in Ordnung, wenn der Vater auch bei begründetem Verdacht den DNA-Test verweigern dürfte.
Ganz abgesehen davon: Wenn das jemand ernsthaft fordert, hebelt er damit die gesamte Argumentation zum Thema selbstbestimmte Vaterschaftstests aus.
Gruß Ralf
Ist tatsächlich ein kniffliger Fall, deswegen habe ich ihn ja auch reingesetzt. Spontan würde ich sagen: Natürlich darf das Kind wissen, von wem es abstammt.
Aber hier geht es tatsächlich um Proben einer erwachsenen Person - so wie bei einem Vaterschaftstest seitens der Mutter auch von einer erwachsenen Person Proben genommen werden. Auch da ist ja der Grund einleuchtend und verständlich.
Die Grenze ist wirklich schwer zu ziehen in diesem Fall.
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Ralf, Wednesday, 23.02.2005, 13:55 (vor 7357 Tagen) @ Odin
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Odin am 23. Februar 2005 00:42:22:
Hallo Odin,
Aber hier geht es tatsächlich um Proben einer erwachsenen Person - so wie bei einem Vaterschaftstest seitens der Mutter auch von einer erwachsenen Person Proben genommen werden. Auch da ist ja der Grund einleuchtend und verständlich.
Halte ich persönlich jetzt für nicht so problematisch. Wenn eine Mutter z.B. wissen will, ob ihr Lebenspartner tatsächlich der Vater ihres Kindes ist, und dann ebenfalls einen "selbstbestimmten Vaterschaftstest" durchführen lässt, hätte ich da ebenfalls keine prinzipiellen Einwände (eben weil der Grund einleuchtend und verständlich ist); dass ein Haar o.ä. in diesem Fall als "Datenträger" betrachtet wird, finde ich genauso lächerlich wie im umgekehrten Fall.
Keine Ahnung, ob diese Meinung hier im Forum mehrheitsfähig ist oder nicht.
Gruß Ralf
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Norbert, Wednesday, 23.02.2005, 14:48 (vor 7357 Tagen) @ Ralf
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Ralf am 23. Februar 2005 11:55:17:
Hallo Odin,
Aber hier geht es tatsächlich um Proben einer erwachsenen Person - so wie bei einem Vaterschaftstest seitens der Mutter auch von einer erwachsenen Person Proben genommen werden. Auch da ist ja der Grund einleuchtend und verständlich.
Halte ich persönlich jetzt für nicht so problematisch. Wenn eine Mutter z.B. wissen will, ob ihr Lebenspartner tatsächlich der Vater ihres Kindes ist, und dann ebenfalls einen "selbstbestimmten Vaterschaftstest" durchführen lässt, hätte ich da ebenfalls keine prinzipiellen Einwände (eben weil der Grund einleuchtend und verständlich ist); dass ein Haar o.ä. in diesem Fall als "Datenträger" betrachtet wird, finde ich genauso lächerlich wie im umgekehrten Fall.
Keine Ahnung, ob diese Meinung hier im Forum mehrheitsfähig ist oder nicht.
Gruß Ralf
Hi
Es gibt einen gravierenden Unterschied:
Führt ein potentieller Vater so einen Test durch, so benötigt er folgendes:
Eine Probe von sich selbst
eine Probe vom Kind
nicht hingegen eine Probe der Mutter
Führt eine Mutter diesen Test durch, benötigt sie folgendes:
keine Probe von sich selbst
eine Probe vom Kind (rechtlich wie oben zu beurteilen)
je eine Probe jedes potentiellen, üblicherweise erwachsenen, Vaters ( also mindestestens einer weiteren Person ).
( Ich habe von einem Test gelesen, bei der die Mutter vier verschiedene potentielle Väter testen ließ)
Mutter und Vater sind biologisch nicht verwandt (sollten es nicht sein)
Mutter/Kind bzw. Vater/Kind schon
Somit ergibt sich bzgl. 'selbstbestimmt' ein klarer Unterschied.
Eine Mutter könnte also nur einen selbstbestimmten Mutterschaftstest durchführen, aber nie einen selbstbestimmten Vaterschaftstest.
Was ja manchmal auch sinnvoll sein kann, siehe Baby 81.
Für Gerichtsentscheidungen bei Vaterschaftsklagen wird aktuell eine zusätzliche Probe der Mutter verlangt.
Was die Aussagefähigkeit aber nur marginal verbessert.
Gruß
Norbert
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Ralf, Wednesday, 23.02.2005, 15:33 (vor 7357 Tagen) @ Norbert
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Norbert am 23. Februar 2005 12:48:59:
Hallo Norbert,
Es gibt einen gravierenden Unterschied:
Führt eine Mutter diesen Test durch, benötigt sie folgendes:
keine Probe von sich selbst
eine Probe vom Kind (rechtlich wie oben zu beurteilen)
je eine Probe jedes potentiellen, üblicherweise erwachsenen, Vaters ( also mindestestens einer weiteren Person ).
ist mir durchaus bekannt, aber ich halte es trotzdem nicht für so problematisch. Die Ideen von "Datenschutz" und "informationeller Selbstbestimmung" scheinen mir da genauso vorgeschoben wie im umgekehrten Fall - das Interesse der Mutter, zu erfahren, wer der Vater ihres Kindes ist, schätze ich in dem Fall als höherwertig ein.
Solange das Ergebnis nur ein boole'sches Ja/Nein ist, kann ich nicht erkennen, dass da jemandes Rechte ernsthaft verletzt werden - sein Haar oder seinen Speichel wird der betreffende Mann wohl kaum ernsthaft vermissen.
Gruß Ralf
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Peter, Wednesday, 23.02.2005, 17:14 (vor 7357 Tagen) @ Ralf
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Ralf am 23. Februar 2005 13:33:23:
Die Ideen von "Datenschutz" und "informationeller Selbstbestimmung" scheinen mir da genauso vorgeschoben wie im umgekehrten Fall - das Interesse der Mutter, zu erfahren, wer der Vater ihres Kindes ist, schätze ich in dem Fall als höherwertig ein.
Zustimmung. Die "informationelle Selbstbestimmung" wurde ja vom BVerfG in das Grundgesetzt interpretiert als Recht des Buergers gegenueber DEM STAAT. Innerhalb eines privaten Verhaeltnisses halte ich die Anwendung dieses Konzepts fuer bemueht.
Solange das Ergebnis nur ein boole'sches Ja/Nein ist, kann ich nicht erkennen, dass da jemandes Rechte ernsthaft verletzt werden - sein Haar oder seinen Speichel wird der betreffende Mann wohl kaum ernsthaft vermissen.
Vorsicht - im Speichel ist ja auch wirkliche genetische Information wie Krankheitsanfaelligkeiten, und moeglich ist nicht nur ein Mustervergleich wie beim Vaterschaftstest sondern tiefere Ausforschung. Die Information sollte zumindest geschuetzt werden gegenueber Aussenstehenden wie Staat und Arbeitgeber, auch wenn dem Mann die Speichelprobe nicht wirklich fehlt.
Gruss,
Peter
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Odin, Wednesday, 23.02.2005, 17:15 (vor 7357 Tagen) @ Norbert
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Norbert am 23. Februar 2005 12:48:59:
Sicher ist bei der Frau zu sehen, daß sie - meist im Gegensatz zum Mann - von einer VOLLJÄHRIGEN Person Proben braucht. Juristisch ist das zumindest wesentlich heikler, als wenn der Mann seine Vaterschaft prüfen läßt. Ähnlich heikel wäre es dann, wenn das Kind schon volljährig ist, oder - wie im geschilderten Fall - das Kind einen Test will.
Der juristische Teil an diesen Situationen hat mich aber noch nie so richtig interessiert. Mir geht es eher um die menschliche Ebene und dort verstehe ich in ALLEN Fällen, dass die Personen unter Unklarheit leiden und Klarheit haben möchten - und dies auf "schonendere" Art und Weise, als durch einen gerichtlich angeordneten Test.
Volle Zustimmung (n/t)
Ralf, Wednesday, 23.02.2005, 17:24 (vor 7357 Tagen) @ Odin
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Odin am 23. Februar 2005 15:15:36:
.
Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen
Scipio Africanus, Wednesday, 23.02.2005, 19:48 (vor 7357 Tagen) @ Ralf
Als Antwort auf: Re: Vaterschaftstest nicht zu erzwingen von Ralf am 22. Februar 2005 19:50:17:
Deshalb denke ich, dass das Urteil wahrscheinlich nicht verallgemeinert werden darf in dem Sinne, dass mutmassliche Väter eine Genprobe verweigern können. Hier liegt ein rechtskräftiges Urteil vor. Ein solches ist immer schwer anzufechten. Oder was denkt ihr ?
Auf jeden Fall fände ich es nicht in Ordnung, wenn der Vater auch bei begründetem Verdacht den DNA-Test verweigern dürfte.
Ganz abgesehen davon: Wenn das jemand ernsthaft fordert, hebelt er damit die gesamte Argumentation zum Thema selbstbestimmte Vaterschaftstests aus.
Gruß Ralf
Das Kind muss das Recht haben zu erfahren, wer sein Vater ist. Hier gilt für mich das gleiche wie beim Vaterschaftstest für den Vater, das Recht zu wissen, ob es sein Kind ist. Es ist dem potentiellen Vater zumutbar, diesen Test machen zu lassen. Will er das nicht, vermute ich, dass er die Wahrheit vertuschen will.
Hier sollen Persönlichkeitsrechte des Vaters verletzt werden. Find ich lachhaft. Wenn schon werden die Persönlichkeitsrechte des Kindes verletzt.
Juristerei hat oft sehr wenig mit Vernunft zu tun.
scipio