Ungleichbehandlung vor Gericht
Hallo,
Ich habe unten Artikel über zwei Fälle von Bombendrohung im Flugzeug bzw. Flughafen verlinkt. Im ersten (aktuellen) Fall hat ein Mann ein Flugzeug mit einer Bombendrohung zum Rückflug gezwungen: Siebeneinhalb Jahre
Im zweiten Fall hat eine Frau durch Bombendrohung per Telefon den Düsseldorfer Flughafen für Stunden lahmgelegt: Zwei Jahre auf Bewährung.
Ist jemand juristisch so beschlagen, dass er mir erklären kann, warum das Strafmaß so weit auseinanderklafft? - Oder bleibt nur die Antwort "Unsere Femi-Justiz mal wieder ..."?
Regards
Naismith
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Ungleichbehandlung vor Gericht von Naismith am 18. März 2005 08:02:41:
Hallo,
Ich habe unten Artikel über zwei Fälle von Bombendrohung im Flugzeug bzw. Flughafen verlinkt. Im ersten (aktuellen) Fall hat ein Mann ein Flugzeug mit einer Bombendrohung zum Rückflug gezwungen: Siebeneinhalb Jahre
Im zweiten Fall hat eine Frau durch Bombendrohung per Telefon den Düsseldorfer Flughafen für Stunden lahmgelegt: Zwei Jahre auf Bewährung.
Mann
Frau
Ist jemand juristisch so beschlagen, dass er mir erklären kann, warum das Strafmaß so weit auseinanderklafft? - Oder bleibt nur die Antwort "Unsere Femi-Justiz mal wieder ..."?
Regards
Naismith
Nein, ich bin nicht Jurist. Mich würden in diesem Zusammenhang aber Statistiken interessieren, die Strafmasse von Männern und Frauen vergleichen.
Verurteilungen müssen sich IMMER auf Gesetzesartikel abstützen (Keine Stafe ohne Gesetz). Verurteilungen gemäss demselben Gesetzesartikel wären dann gut statistisch vergleichbar. Hat vielleicht jemand seriöse Quellen dazu ?
Meiner Ansicht nach ist eine geschlechtsspezifische Wahrnehmung und Deutung vorherrschend, bei der das Geschlecht der/des Täters eine grosse Rolle für das Strafmass spielt. Wer Gewalt als etwas männliches begreift, wird Männer härter bestrafen.
scipio
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von Scipio Africanus am 18. März 2005 09:06:22:
Hallo Scipio!
Die Richter haben immer einen gewissen Spielraum. Sie können mildernde Umstände in Betracht ziehen oder auch nicht, sie können das Strafmaß niedriger ansetzen, wenn kleine Kinder mit bestraft werden würden (was dann auch wieder überwiegend Frauen nützt) usw.
Wenn eine Frau eine Straftat gemeinsam mit einem Mann verübt hat, wird oft grundsätzlich davon ausgegangen, daß sie nur Mitläuferin gewesen ist, wenn es keine eindeutigen Beweise für das Gegenteil gibt. Die männlichen Komplizen machen den Gerichten das häufig leicht, indem sie aus "Ritterlichkeit" die Hauptschuld auf sich nehmen.
In den USA gab es mal einen Mordprozeß, der in der Hinsicht besonders krass war. Da war auch eine Frau beteiligt, aber sie behauptete, nur anwesend gewesen zu sein und sich nicht direkt an der Tötung des Opfers beteiligt zu haben. Die männlichen Mitangeklagten bestätigten dies und nahmen alle Schuld auf sich. Die am Tatort gefundenen Spuren bewiesen jedoch etwas ganz anderes. Die zeigten deutlich, daß auch die Frau aktiv an der Tötung des Opfers beteiligt war. Trotzdem wurde sie am Ende vor allem aufgrund der Aussagen der männlichen Mitangeklagten zu einer deutlich niedrigeren Strafe verurteilt.
Ich habe mal von einer Studie gelesen, die ergeben hat, daß Frauen tatsächlich für gleiche Straftaten geringer bestraft werden als Männer. Wenn ich mich recht erinnere, hat Arne in seinem Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" einiges dazu geschrieben.
Begründet wird das von den Richtern damit, daß Frauen angeblich weniger kriminelle Energie hätten. Weil weniger Frauen in Gefängnissen sitzen, unterstellt man ihnen geringere kriminelle Energie, und deshalb sperrt man sie dann seltener in Gefängnisse - so läuft das.
Einzige Ausnahme: Mordfälle. Da ist es aber auch keineswegs so, daß die Justiz da den Frauenbonus vergessen würde. Viele Mörderinnen machen es der Justiz nur sehr schwer, mildernde Umstände in Betracht zu ziehen. Wenn das Opfer beispielsweise über lange Zeit hinweg gezielt vergiftet oder im Schlaf getötet wurde, ist es äußerst schwierig, da Notwehr hinein zu interpretieren. Und Mord im Affekt ist dann ebenfalls ausgeschlossen.
Andererseits ist es aber auch so, daß Frauen für Kindsmord oft praktisch straffrei davon kommen. Da werden dann gern Wochenbett-Depressionen, "Überforderung" und ähnliches als mildernder Umstand gewertet.
Übrigens war es schon in früheren Zeiten so, daß Frauen vor Gericht wesentlich besser wegkamen. Zeitweise war es sogar üblich, Männer für Vergehen ihrer Ehefrauen zu bestrafen. Schwangere Frauen konnten vor Gericht jederzeit auf ihre Schwangerschaft verweisen, woraufhin das Verfahren dann für sie zumindest verschoben wurde. Die berühmtesten Beispiele dafür sind wohl die beiden Piratinnen Anne Bonny und Mary Read. Während ihre männlichen Mitangeklagten allesamt zum Tode verurteilt und gehängt wurden, konnten sie auf ihre Schwangerschaften verweisen und bekamen einen Verfahrensaufschub. Anne Bonny schaffte es in dieser Zeit, einflußreiche Verwandte einzuschalten, die ihre Begnadigung und Freilassung erwirkten. Mary Read wäre sicher genauso frei gekommen, starb aber noch im Gefängnis bei der Geburt ihres Kindes.
Freundliche Grüße
von Garfield
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Ungleichbehandlung vor Gericht von Naismith am 18. März 2005 08:02:41:
Hallo,
ich finde, dass man bei den beiden Fällen nicht nach dem Geschlecht unterscheiden braucht, sondern wirklich nach dem Fall.
Eine telefonische Bombemdrohung ist schon etwas anderes als in einem sich in der Luft befindlichen Flugzeug mit Sprengung zu drohen.
Bubbles
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von Bubbles am 18. März 2005 12:34:47:
Hallo Bubbles,
ich finde, dass man bei den beiden Fällen nicht nach dem Geschlecht unterscheiden braucht, sondern wirklich nach dem Fall.
Eine telefonische Bombemdrohung ist schon etwas anderes als in einem sich in der Luft befindlichen Flugzeug mit Sprengung zu drohen.
Halten wir fest:
1. Es war bei beiden nur eine Drohung. Es gab keine Bombe.
2. Das Motiv war bei beiden gleich bescheuert und einigermaßen harmlos, wenn man an Terrorismus denkt.
3. Beide waren geständig, die Frau allerdings erst als die Beweislast erdrückend wurde.
Ich kann nachvollziehen, dass es direkt an Bord eines Flugzeugs eher zu einer Panik kommen könnte als in einem Flughafengebäude. KÖNNTE, denn es hatte bei der Flugzeugentführung keine Panik gegeben.
Rechtfertigt das allein diesen gewaltigen Unterschied im Strafmaß? Der angerichtete Schaden war bei der Frau jedenfalls wesentlich größer.
Regards
Naismith
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von Garfield am 18. März 2005 09:41:42:
Danke für die interessante Antwort
Ich interessiere mich für den Themenkreis, weil ich im Rahmen einer Projektarbeit geschlechtsspezifische Wahrnehmungs-und Deutungsmuster nachweise, insbesondere lege ich meinen Fokus auf (harmlosere)Gewaltereignisse. Zumindest ist das meine Hypothese, dass es wesentlich ist, ob der/die zu Beurteilende männlich oder weiblich ist, es aber kaum eine Rolle spielt, ob der/die Beurteilende männlich oder weiblich ist.
Die Umfrage, die ich demnächst starte, ist folgendermassen konzipiert (kurz das Wesentliche) :
Variante 1 : Das handelnde, Gewalt ausübende Subjekt ist ein Mann. Das Opfer eine Frau.
Variante 2 : Die exakt gleiche Geschichte, aber die Geschlechter werden getauscht.
Dem Leser oder der Leserin stehen 4 Antworten zur Auswahl. Die Antworten können etwa so charakterisiert werden:
1. Die Gewalttat wird als geringfügig erachtet. Es wird auf die schwierigen sozialen Umstände des Subjekts fokussiert.
2. Verantwortungsverschiebung auf das Objekt.
3. Das Subjekt ist grundsätzlich eigenverantwortlich. Den schwierigen sozialen Umständen wird nur wenig Beachtung geschenkt. Eine Mitverantwortung des Objekts wird verneint.
4. Das Subjekt ist völlig eigenverantwortlich. Relativ harte Strafe, die sozialen Umstände werden als kaum relevant für die Urteilsbegründung eingestuft.
Natürlich lassen die kleinen Geschichten derartige Interpretationen zu. Auch werden die 2 Varianten nicht denselben Personen unterbreitet, sondern einer anderen Gruppe, damit die Konzeption nicht erkannt und die Urteile angepasst werden können.
Ich sollte glaube ich Arnes Buch mal in die Hand nehmen, guter Tipp, mal schauen, was da steht.
scipio
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von Bubbles am 18. März 2005 12:34:47:
Hallo Bubbles.
ich finde, dass man bei den beiden Fällen nicht nach dem Geschlecht unterscheiden braucht, sondern wirklich nach dem Fall<
Wenn die Gerichte dies taeten, ohne das Geschlecht zu beruecksichtigen wirklich nach dem Fall Recht sprechen wuerden, muesste die Strafe genau umgekehrt sein.
Eine telefonische Bombemdrohung ist schon etwas anderes als in einem sich in der Luft befindlichen Flugzeug mit Sprengung zu drohen<
Warum?
Nikos
Sind Männer oder Frauen krimineller?
Als Antwort auf: Ungleichbehandlung vor Gericht von Naismith am 18. März 2005 08:02:41:
Ist jemand juristisch so beschlagen, dass er mir erklären kann, warum das Strafmaß so weit auseinanderklafft? - Oder bleibt nur die Antwort "Unsere Femi-Justiz mal wieder ..."?
Die Anwort ist:
"Die Frage nach Unterschieden zwischen der Kriminalität von Männern und der von Frauen ist bislang weitgehend ungeklärt. Es lässt sich keine neuartige, etwa der Gewalt zuneigende weibliche Kriminalität finden. Verstärkte Forschungsbemühungen erscheinen gleichwohl angezeigt."
Weiteres unter u.a. Link.
Berthold
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von Scipio Africanus am 18. März 2005 13:00:47:
Hallo Scipio!
Ja, Arnes Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" ist in dem Zusammenhang absolut empfehlenswert, zum einen wegen seinem Inhalt, zum anderen aber auch wegen den viele Quellen im Anhang, über die man sich weiter informieren kann.
Interessant fand ich in dem Zusammenhang auch eine Untersuchung aus Israel, über die mal im Rote-Männer-Info berichtet wurde, wenn ich mich recht erinnere. Dabei kam heraus, daß sowohl männliche als auch weibliche Lehrer dazu neigen, Mädchen in der Schule besser zu bewerten als sie es eigentlich verdienen. Das ist in Israel aufgefallen, weil da wichtige Prüfungsarbeiten doppelt bewertet werden: Einmal von den Fachlehrern und dann noch einmal anonym von Lehrern, die die Namen der Schüler nicht erfahren und somit auch nicht wissen, ob eine Arbeit von einem Jungen oder von einem Mädchen stammt. Und dabei stellte sich eben heraus, daß die Mädchen bei dieser anonymen Bewertung im Durchschnitt schlechter abschnitten als bei der Bewertung durch die Fachlehrer, während es bei Jungen keinen nachweisbaren Unterschied gab.
Es scheint also so zu sein, daß die meisten Menschen unabhängig vom Geschlecht dazu tendieren, Frauen immer mehr Verständnis und Unterstützung zuteil werden zu lassen als Männern.
Ich denke, das ist ein Erbteil aus früheren Zeiten, als die Frauen dieses Verständnis und diese Unterstützung wirklich brauchten, um unter den damals weitaus schlechteren Bedingungen erfolgreich Kinder austragen und aufziehen zu können.
Heute haben sie dabei zwar deutlich weniger Probleme und brauchen dieses besondere Verständnis und die Unterstützung ihrer Mitmenschen entsprechend weniger, aber was sich in Millionen Jahren eingeschliffen hat, verschwindet nicht so einfach in ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten wieder. So sind eben immer noch viele Menschen bereit, Frauen mehr Hilfe und eben auch mehr Verständnis zuteil werden zu lassen. Auch wenn sie beispielsweise Verbrechen begehen.
Da wird dann in den Medien gern lang und breit darüber spekuliert, was die arme Frau wohl zu diesem Verbrechen getrieben hätte, während sich bei einem männlichen Täter kaum jemand solche Gedanken macht.
Zwar müssen die Richter sich nach den Gesetzen richten und können eine weibliche Angeklagte nicht grundsätzlich frei sprechen. Aber sie setzen dann den Spielraum, der ihnen in der Auslegung der Gesetze bleibt, eben gern zugunsten der weiblichen Angeklagten ein, was männlichen Angeklagten so nicht zuteil wird. Sie können natürlich auch durch die berühmte schlechte Kindheit schon mal eine Strafmilderung erhalten, aber eben nicht allein durch ihr Geschlecht.
Ich weiß nicht, ob man das mit Umfragen so einfach belegen kann. Viele Menschen werden über die Fragen gut nachdenken und dann mehr rational als emotional antworten. Da wird dann vermutlich kein großer Unterschied zutage treten. Dieser Unterschied in der Bewertung von weiblichem und männlichem Verhalten macht sich bei vielen Menschen erst bemerkbar, wenn sie unbewußt reagieren.
Wenn du also brauchbare Ergebnisse bekommen möchtest, dürfen die Testpersonen überhaupt nicht wissen, worum es geht. Sie dürfen es auch nicht erraten können. Noch besser wäre, wenn sie glauben, daß es um irgendein völlig anderes Thema geht. Du darfst also keine zu direkten Fragen stellen oder mußt sie unter völlig anderen Ablenkungs-Fragen verstecken.
Am besten wäre sowieso, wenn man den Testpersonen Fotos zeigt, die sie dann bewerten können. Bilder sprechen die instinktive Ebene mehr an als Texte, denke ich.
Du kannst natürlich auch Zeitungen auswerten. Da müßten sich genügend Fälle finden lassen, in denen Männer und Frauen identische Straftaten begangen haben und von den Medien aber unterschiedlich bewertet wurden. Vor einigen Jahren ist mir das mal an zwei Beispielen sehr deutlich aufgefallen:
Da beging zunächst ein Vater Selbstmord, und vorher brachte er seine Kinder um. In den Medien wurde er als egoistisches Monster dargestellt, das noch die armen Kinder mit in den Tod gerissen hat. Die Mutter der Kinder wurde bemitleidet.
Nur wenige Wochen danach beging eine Mutter Selbstmord und brachte vorher ihre Kinder um. Die Berichterstattung der Medien sah nun ganz anders aus. Da wurde darüber spekuliert, was die arme Frau wohl zu diesem tragischen Schritt getrieben hätte. Schnell war auch ein natürlich männlicher Schuldiger ausgemacht: Der Vater der Kinder. Er hatte wohl damit gedroht, das Sorgerecht für die Kinder einzuklagen. Das warf man ihm nun vor und gab ihm die Schuld am Tod seiner Ex-Frau und seiner Kinder. Von Mitleid für den Vater war nichts zu spüren.
Ich vermute mal, daß der erste Fall sehr ähnlich war. Da war es bestimmt auch so gewesen, daß dieser Mann sein ganzes Leben zusammen brechen sah, weil sich seine Frau von ihm trennen wollte und vielleicht damit gedroht hatte, daß er die Kinder dann auch nicht mehr zu sehen kriegt. Irgendsoetwas muß da ja passiert sein, denn sonst dreht doch niemand so durch und bringt seine eigenen Kinder und sich selbst um. Das hat die Medien aber in keiner Weise interessiert. Weil der Täter eben ein Mann war.
Freundliche Grüße
von Garfield
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von Garfield am 18. März 2005 16:44:31:
Hallo Garfield,
Interessant fand ich in dem Zusammenhang auch eine Untersuchung aus Israel, über die mal im Rote-Männer-Info berichtet wurde, wenn ich mich recht erinnere. Dabei kam heraus, daß sowohl männliche als auch weibliche Lehrer dazu neigen, Mädchen in der Schule besser zu bewerten als sie es eigentlich verdienen. Das ist in Israel aufgefallen, weil da wichtige Prüfungsarbeiten doppelt bewertet werden: Einmal von den Fachlehrern und dann noch einmal anonym von Lehrern, die die Namen der Schüler nicht erfahren und somit auch nicht wissen, ob eine Arbeit von einem Jungen oder von einem Mädchen stammt. Und dabei stellte sich eben heraus, daß die Mädchen bei dieser anonymen Bewertung im Durchschnitt schlechter abschnitten als bei der Bewertung durch die Fachlehrer, während es bei Jungen keinen nachweisbaren Unterschied gab.
Es scheint also so zu sein, daß die meisten Menschen unabhängig vom Geschlecht dazu tendieren, Frauen immer mehr Verständnis und Unterstützung zuteil werden zu lassen als Männern.<
Genau diese Hypothese vertrete ich. Das ist zwar nicht neu, aber ich will ja keine Staubsauger verkaufen. Und wenn es um strafrechtliche Beurteilungen geht, erhält die Thamatik einiges an Brisanz. Deshalb recherchiere ich auch nach Verurteilungen nach gleichem Straftatbestand, also beispielsweise "fahrlässige Tötung", ob ein signifikanter geschlechtsspezifischer Unterschied im Strafmass besteht.
Zwar müssen die Richter sich nach den Gesetzen richten und können eine weibliche Angeklagte nicht grundsätzlich frei sprechen. Aber sie setzen dann den Spielraum, der ihnen in der Auslegung der Gesetze bleibt, eben gern zugunsten der weiblichen Angeklagten ein, was männlichen Angeklagten so nicht zuteil wird. Sie können natürlich auch durch die berühmte schlechte Kindheit schon mal eine Strafmilderung erhalten, aber eben nicht allein durch ihr Geschlecht.<
Genau darum geht es, deshalb der Vergleich gleicher Straftatbestände, womit eine statistische Erfassung einige Aussagekraft erhielte.
Ich weiß nicht, ob man das mit Umfragen so einfach belegen kann. Viele Menschen werden über die Fragen gut nachdenken und dann mehr rational als emotional antworten. Da wird dann vermutlich kein großer Unterschied zutage treten. Dieser Unterschied in der Bewertung von weiblichem und männlichem Verhalten macht sich bei vielen Menschen erst bemerkbar, wenn sie unbewußt reagieren.<
Die Konzeption sollte verborgen bleiben, richtig. Allerdings sind es zwei Gruppen, die an der Umfrage teilnehmen, und keine der Gruppen kennt die Konzeption als ganzes.
Da beging zunächst ein Vater Selbstmord, und vorher brachte er seine Kinder um. In den Medien wurde er als egoistisches Monster dargestellt, das noch die armen Kinder mit in den Tod gerissen hat. Die Mutter der Kinder wurde bemitleidet.
Nur wenige Wochen danach beging eine Mutter Selbstmord und brachte vorher ihre Kinder um. Die Berichterstattung der Medien sah nun ganz anders aus. Da wurde darüber spekuliert, was die arme Frau wohl zu diesem tragischen Schritt getrieben hätte. Schnell war auch ein natürlich männlicher Schuldiger ausgemacht: Der Vater der Kinder. Er hatte wohl damit gedroht, das Sorgerecht für die Kinder einzuklagen. Das warf man ihm nun vor und gab ihm die Schuld am Tod seiner Ex-Frau und seiner Kinder. Von Mitleid für den Vater war nichts zu spüren.
Das trifft den Kern der Sache. Wird bei Männern genauso wie bei Frauen auf die sozialen Umstände fokussiert und strafmildernd im Urteil berücksichtigt ? Ich glaube nicht. Die Gründe sind allerdings sehr komplex, du hast einge Erklärungsansätze geboten. Danke für dein Interesse.
Freundliche Grüße
von scipio
Einfach UNGLAUBLICH ! Und ich wette, die Richter waren Männer. (nt)
Als Antwort auf: Ungleichbehandlung vor Gericht von Naismith am 18. März 2005 08:02:41:
Hallo,
Ich habe unten Artikel über zwei Fälle von Bombendrohung im Flugzeug bzw. Flughafen verlinkt. Im ersten (aktuellen) Fall hat ein Mann ein Flugzeug mit einer Bombendrohung zum Rückflug gezwungen: Siebeneinhalb Jahre
Im zweiten Fall hat eine Frau durch Bombendrohung per Telefon den Düsseldorfer Flughafen für Stunden lahmgelegt: Zwei Jahre auf Bewährung.
Mann
Frau
Ist jemand juristisch so beschlagen, dass er mir erklären kann, warum das Strafmaß so weit auseinanderklafft? - Oder bleibt nur die Antwort "Unsere Femi-Justiz mal wieder ..."?
Regards
Naismith
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Ungleichbehandlung vor Gericht von Naismith am 18. März 2005 08:02:41:
Hallo,
tja, dieser STrang kommt grad recht zu einer verhandlung hier in Bremen. Eine Ehefrau hat Ihren schlafenden Mann mit 4 Schüssen getötet (für mich ermordet). Die Verhandlung fing an mit Mord, heute wurde durch die Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, daß man nur auf Totschlag in einem minderschweren Fall plädiert.
Bisher war die Tötung eines wehr- und arglosen Menschen (und ein Schlafender ist nunmal wehr- und arglos) prinzipiell Mord. Die frauenfreundliche Bremer Justiz schafft hier nun neue Fakten. Das die üblichen jahrelangen Mißhandlungsvorwürfe obligatorisch sind in einem solchen Verfahren kann man sich denken. 4 Schüsse sind aber nun plötzlich minderschwer. Wie würde wohl die Anklage lauten, wenn der Mann seine schlafende Frau erschossen hätte?
Ach ja, es handelt sich sowohl bei der Angeklagten als auch bei dem Opfer um Türken. Somit erfüllt die Angeklagte gleich mehrere"Quoten" für mildernde Umstände: Frau, Ausländerin und Mißhandlungsopfer. Na, wenn das mal nicht in einem Freispruch endet.....
Gruß
AJM
US-Untersuchung zu fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von Scipio Africanus am 18. März 2005 17:21:29:
Hallo Scipio Africanus,
Deshalb recherchiere ich auch nach Verurteilungen nach gleichem Straftatbestand, also beispielsweise "fahrlässige Tötung", ob ein signifikanter geschlechtsspezifischer Unterschied im Strafmass besteht.
Ich habe mal von einer US-amerikanischen Untersuchung gelesen, wo es um fahrlässige Tötung am Steuer ging, wo sich also Täter und Opfer auch nicht kannten. Die Taten sollen absolut vergleichbar gewesen sein, also Alkohol, Raserei, Rowdytum etc., alles ähnlich. Die Urteile fielen völlig unterschiedlich aus, in folgender Abstufung (vom härtesten zum mildesten):
Mann überfährt Frau,
Mann überfährt Mann,
Frau überfährt Frau,
Frau überfährt Mann.
Gruß,
Daddeldu
Re: Ungleichbehandlung vor Gericht
Als Antwort auf: Re: Ungleichbehandlung vor Gericht von AJM am 18. März 2005 18:58:33:
"Eine Ehefrau hat Ihren schlafenden Mann mit 4 Schüssen getötet (für mich ermordet). Die Verhandlung fing an mit Mord, heute wurde durch die Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, daß man nur auf Totschlag in einem minderschweren Fall plädiert."
Vorhin kam ein Bericht im Fernsehen.
Ein Ehemann (ca. 50 Jahre) tötete seine Ehefrau wegen krankhafter
Eifersucht im Schlaf durch Schüsse in den Kopf. Urteil: Lebenslänglich.
No comment!