Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Ministerien beschäftigen 52% Frauen - sehr merkwürdige Chancengleichheit

Sven, Saturday, 02.04.2005, 22:24 (vor 7566 Tagen)

Wenn man bedenkt, dass viele Frauen aufgrund von Kindererziehung gar nicht
dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, müsste der Anteil DEUTLICH geringer sein...

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Der lange Weg zur Chancengleichheit

Im öffentlichen Dienst werden kleine Fortschritte hin zur Gleichberechtigung sichtbar. Doch in der Wirtschaft sind Frauen in Spitzenpositionen selten, werden unterbezahlt. SPD und CDU hoffen auf die Einsicht der Unternehmen

DÜSSELDORF taz Zumindest in den Landesbehörden wird die Gleichberechtigung von Männern und Frauen zunehmend Wirklichkeit. Seit der Verabschiedung des Landesgleichstellungsgesetzes, dass seit 1999 bei gleicher Qualifikation die bevorzugte Einstellung von Frauen vorschreibt, hat sich deren Anteil um 3,4 Prozent erhöht. Damit beschäftigt das Land erstmals mehr Frauen als Männer, so die Bilanz von NRW-Frauenministerin Birgit Fischer (SPD): Von den etwa 368.000 Bediensteten der Ministerien und Behörden waren fast 52 Prozent Frauen.

Dennoch bleibt viel zu tun. In den Ministerien sind noch immer nur 23,1 Prozent der Führungskräfte weiblich, in den Ämtern der Fläche sind nur 17,7 Prozent der leitenden Positionen mit Frauen besetzt - 1999 waren es sogar lediglich 10,5 Prozent. "Um so mehr freue ich mich, dass der Frauenanteil gerade im höheren Dienst um 7,4 auf 36,8 Prozent gestiegen ist", so Fischer. Besonders deutlich wird dies im pädagogischen Bereich: Immerhin 44,3 Prozent der Schulen werden heute von Frauen geleitet, und bei den Stellvertretungen stellen sie mit 50,9 Prozent die Mehrheit.

In der Privatwirtschaft kann dagegen von Gleichberechtigung keine Rede sein. In vergleichbaren Positionen erhalten Frauen durchschnittlich nur 70 Prozent des Einkommens ihrer männlichen Kollegen. "Auch in Führungspositionen sind Frauen noch immer deutlich unterrepräsentiert", klagt Fischer. "Männer wurden in der Vergangenheit immer bevorzugt."

Ändern will die Ministerin das aber nur im Einvernehmen mit der Wirtschaft - von neuen Auflagen hält Fischer wie die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Regina van Dinther, wenig. Die oberste Gleichstellungsbeauftragte des Landes hofft stattdessen auf das Einsehen der Bosse und der wenigen Chefinnen. Gemischtgeschlechtliche Teams seien produktiver, die Zufriedenheit der Beschäftigten wachse, die Krankenstände sänken, wirbt sie: "Hierfür wächst das Bewusstsein auch in den Betrieben."

Die Grünen dagegen wollen die Unternehmen mit sanftem Druck zu mehr Gleichberechtigung zwingen. "Eigentlich bräuchten wir ein Gleichstellungsgesetz auch für die private Wirtschaft", so Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann zur taz. "In kommenden Koalitionsverhandlungen wird das auf jeden Fall Thema werden." Außerdem könne das Land etwa über Auftragsvergaben gegensteuern - Unternehmen, die Frauen gezielt fördern, sollten bei gleicher Qualität und vergleichbaren Preisen künftig den Zuschlag erhalten, fordert Löhrmann.

Die FDP lehnt dagegen jede staatliche Einflussnahme rigoros ab. "Wir dürfen keine neue Bürokratie schaffen", gibt sich Sprecherin Brigitte Capune-Kitka wirtschaftsliberal. Wegen des wachsenden Fachkräftemangels sei "das Thema Frauenförderung zumindest für Qualifizierte bis 2010 erledigt". Und an den Grundschulen fehlten schon heute die "Männervorbilder", warnt die Gesamtschulrektorin. "In den Erziehungsberufen fehlt die Männer-Perspektive."

ANDREAS WYPUTTA

Quelle: http://www.taz.de/pt/2005/04/01/a0033.nf/text.ges,1

Re: Ministerien beschäftigen 52% Frauen - sehr merkwürdige Chancengleichheit

Olsen-Twins-Fan, Sunday, 03.04.2005, 01:02 (vor 7566 Tagen) @ Sven

Als Antwort auf: Ministerien beschäftigen 52% Frauen - sehr merkwürdige Chancengleichheit von Sven am 02. April 2005 19:24:

Könnte in meinem Fall schwierig werden. Als mein Chef eine Landesweite Stellenanzeige startete, hat sich kein Schwein gemeldet. Wie sollen wir unter solchen Bedingungen ausgerechnet auch noch eine Frau einstellen? Wenn noch nicht einmal Männer meinen Job machen wollen.

„Außerdem könne das Land etwa über Auftragsvergaben gegensteuern - Unternehmen, die Frauen gezielt fördern, sollten bei gleicher Qualität und vergleichbaren Preisen künftig den Zuschlag erhalten, fordert Löhrmann.“

Aber wir sind ja nicht in der Planwirtschaft der Bundesregierung eingebunden und somit nicht erpressbar. Hehehe.

Olsen-Twins-Fan

der einzige Lichtblick:

Frank, Sunday, 03.04.2005, 12:35 (vor 7565 Tagen) @ Sven

Als Antwort auf: Ministerien beschäftigen 52% Frauen - sehr merkwürdige Chancengleichheit von Sven am 02. April 2005 19:24:

Die FDP lehnt dagegen jede staatliche Einflussnahme rigoros ab. "Wir dürfen keine neue Bürokratie schaffen", gibt sich Sprecherin Brigitte Capune-Kitka wirtschaftsliberal. Wegen des wachsenden Fachkräftemangels sei "das Thema Frauenförderung zumindest für Qualifizierte bis 2010 erledigt". Und an den Grundschulen fehlten schon heute die "Männervorbilder", warnt die Gesamtschulrektorin. "In den Erziehungsberufen fehlt die Männer-Perspektive."

Und das von einer Frau. Sehr beachtlich!

Re: Ministerien beschäftigen 52% Frauen - sehr merkwürdige Chancengleichheit

Maesi, Sunday, 03.04.2005, 17:27 (vor 7565 Tagen) @ Sven

Als Antwort auf: Ministerien beschäftigen 52% Frauen - sehr merkwürdige Chancengleichheit von Sven am 02. April 2005 19:24:

Hallo Sven

Der lange Weg zur Chancengleichheit
Im öffentlichen Dienst werden kleine Fortschritte hin zur Gleichberechtigung sichtbar. Doch in der Wirtschaft sind Frauen in Spitzenpositionen selten, werden unterbezahlt. SPD und CDU hoffen auf die Einsicht der Unternehmen

Die 'kleinen Fortschritte' im OeD sind groesstenteils wettbewerbsverzerrenden Massnahmen (Quoten, sexistische Stellenbesetzungspraxis) zu verdanken. Auf 'Einsicht' in der freien Wirtschaft zu hoffen, dass sie solche sexistischen Systeme zu uebernehmen gedenkt, ist vergeblich.

DÜSSELDORF taz Zumindest in den Landesbehörden wird die Gleichberechtigung von Männern und Frauen zunehmend Wirklichkeit. Seit der Verabschiedung des Landesgleichstellungsgesetzes, dass seit 1999 bei gleicher Qualifikation die bevorzugte Einstellung von Frauen vorschreibt, hat sich deren Anteil um 3,4 Prozent erhöht.

Wie ich schon schrieb: wettbewerbsverzerrende Massnahmen durch sexistische Stellenbesetzungspraxis.

Man stelle sich folgenden Gesetzestext vor: 'bei gleicher Qualifikation sollen Deutsche den Auslaendern bei der Stellenbesetzung vorgezogen werden'. Bestuenden da irgendwelche Zweifel ueber den rassistischen Inhalt des Gesetzes?

Damit beschäftigt das Land erstmals mehr Frauen als Männer, so die Bilanz von NRW-Frauenministerin Birgit Fischer (SPD): Von den etwa 368.000 Bediensteten der Ministerien und Behörden waren fast 52 Prozent Frauen.

Schoen fuer die Frauen. Konnten darueber hinaus auch positive Effekte fuer NRW festgestellt werden (z.B. effizientere Verwaltung, gesunkene Verwaltungskosten, weniger Klagen von Buergern vor Verwaltungsgerichten wegen 'ungerechter' Verwaltungsentscheiden)?

[...]Besonders deutlich wird dies im pädagogischen Bereich: Immerhin 44,3 Prozent der Schulen werden heute von Frauen geleitet, und bei den Stellvertretungen stellen sie mit 50,9 Prozent die Mehrheit.

Hat NRW dadurch bessere Schulen erhalten? Wie hat dieses Bundesland im innerdeutschen Vergleich bei den PISA-Studien abgeschnitten?

In der Privatwirtschaft kann dagegen von Gleichberechtigung keine Rede sein. In vergleichbaren Positionen erhalten Frauen durchschnittlich nur 70 Prozent des Einkommens ihrer männlichen Kollegen.

Leider (fuer die Feministen) kann diese Bevorzugung von Maennern auf direktem Wege nicht belegt werden. Ganz einfach, weil sie (zumindest in den fortgeschrittenen Industriestaaten) nicht existiert.

Ändern will die Ministerin das aber nur im Einvernehmen mit der Wirtschaft - von neuen Auflagen hält Fischer wie die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Regina van Dinther, wenig.

Weil sie ganz genau wissen, dass ohne Einvernehmen der Wirtschaft ueberhaupt nichts ginge.

Die oberste Gleichstellungsbeauftragte des Landes hofft stattdessen auf das Einsehen der Bosse und der wenigen Chefinnen. Gemischtgeschlechtliche Teams seien produktiver, die Zufriedenheit der Beschäftigten wachse, die Krankenstände sänken, wirbt sie: "Hierfür wächst das Bewusstsein auch in den Betrieben."

Oft behauptet, bislang jedoch nie belegt. Meines Wissens gibt es zwar Untersuchungen, die ein besseres Abschneiden von gemischtgeschlechtlichen Teams festellen; aber es gibt keine einzige Untersuchung die belegt, dass zu diesem besseren Abschneiden Geschlechterparitaet vorliegen muss. IMHO reicht bereits ein Frauenanteil von 20% - 30% aus, um auf die besagten Ergebnisse zu kommen.

Die Grünen dagegen wollen die Unternehmen mit sanftem Druck zu mehr Gleichberechtigung zwingen. "Eigentlich bräuchten wir ein Gleichstellungsgesetz auch für die private Wirtschaft", so Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann zur taz.

Eigentlich braeuchten wir emanzipierte Menschen, mit Vertrauen in die eigenen Faehigkeiten, anstatt Apparatschiks, die sich ueberall kontrollierend einmischen wollen. Gerade fuer die Gleichberechtigung der Menschen ist der freie Markt DIE Chance; denn in einem echten freien Markt, koennen sich Vorurteile ueber Geschlechterdifferenzen langfristig nicht halten (gilt auch fuer alle anderen Vorurteile, wie z.B. ueber Ethnie, Nationalitaet, Religion etc.). Die Gruenen scheinen stattdessen an die Wirksamkeit eines 'guten Tyrannen' zu glauben, der protektionistisch ueberall helfend eingreifen soll. Ein 'guter Tyrann' braucht dafuer noch lange keine Einzelperson zu sein, es kann sich auch um ein oligarchisches System von 'Experten' handeln, die glauben den 'Gral der Weisheit' zu besitzen. Ein solches System hat jedoch ein ganze Reihe von fragwuerdigen Nebeneffekten:

1. Die protektionistisch Gefoerderten gewoehnen sich schnell an die sie beguenstigenden Massnahmen - ja, sie glauben Anspruch auf eine Besserbehandlung zu haben. Sobald die 'positive Diskriminierung' wieder abgeschafft wird und dadurch deren wettbewerbsverzerrende Wirkung wegfaellt, hat man wieder dieselben Probleme wie vor der Einfuehrung. Ausserdem ist die Abschaffung von Privilegien viel schwieriger als deren Einfuehrung - manchmal sogar unmoeglich ohne revolutionaere Veraenderung.

2. Der 'gute Tyrann' (z.B. in Form einer Geschlechterbuerokratie) neigt dazu, korrumpiert zu werden. Diesen Effekt sieht man ganz deutlich in der Gleichstellungsszene, in denen gewisse Geschlechterdiskriminierungen (z.B. die Nur-Maenner-Wehrpflicht) gar kein Thema sind. Er setzt sich fort in den sexistischen Massnahmen im Bereich Gender Mainstreaming.

3. Der 'gute Tyrann' muss mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet werden. Da ueberall Ungleichheit herrscht (wenn auch laengst nicht ueberall aufgrund des Geschlechts), muessen diese Vollmachten weitgehend sein, ansonsten koennte der wohlmeinende 'gute Tyrann' seiner Aufgabe gar nicht nachkommen. Es besteht die nahezu zwangslaeufige Tendenz zu einem massiv autoritaeren System; ein System, dass insbesondere die Gruenen (angeblich) nicht wollen - es jedoch in der Sachpolitik nichtsdestotrotz meistens vertreten.

4. Um adaequate Massnahmen treffen zu koennen, braucht der 'gute Tyrann' Informationen. Er muss ueber moeglichst alles moeglichst genau informiert sein. 'Big brother is watching you' gewinnt damit aber eine Doppelbedeutung: naemlich nicht bloss jene der Ueberwachung, um Grenzuebertretungen ahnden zu koennen, sondern auch die Bedeutung des 'glaesernen Menschen', der kein Geheimnis mehr vor seiner 'wohlmeinenden Obrigkeit' mehr haben darf, da ansonsten der 'gute Tyrann' flschae Entscheidungen aufgrund ungenuegender Datenlage treffen wuerde.

"In kommenden Koalitionsverhandlungen wird das auf jeden Fall Thema werden." Außerdem könne das Land etwa über Auftragsvergaben gegensteuern - Unternehmen, die Frauen gezielt fördern, sollten bei gleicher Qualität und vergleichbaren Preisen künftig den Zuschlag erhalten, fordert Löhrmann.

Womit sie in Konflikt mit internationalen Vertraegen kaemen. Klagen bei der WTO oder auf EU-Ebene waeren vorprogrammiert.

Die FDP lehnt dagegen jede staatliche Einflussnahme rigoros ab. "Wir dürfen keine neue Bürokratie schaffen", gibt sich Sprecherin Brigitte Capune-Kitka wirtschaftsliberal. Wegen des wachsenden Fachkräftemangels sei "das Thema Frauenförderung zumindest für Qualifizierte bis 2010 erledigt".

Klare und einsichtige Worte. Klasse anstatt Geschlecht - ein guter und wahrhaft emanzipierter Ansatz. Natuerlich kann auch dieses System nicht garantieren, dass sich die Klasse gegenueber anderen Merkmalen immer durchsetzt. Sie wird sich jedoch im fairen Wettbewerb am ehesten durchsetzen.

Und an den Grundschulen fehlten schon heute die "Männervorbilder", warnt die Gesamtschulrektorin. "In den Erziehungsberufen fehlt die Männer-Perspektive."

Wobei das Problem des Maennermangels an den Grundschulen IMHO nicht das Primaerproblem der fehlenden Maennervorbilder darstellt. Nein, das eigentliche Problem liegt in den Familien, in denen Vaeter allzuoft (nicht selten mit staatlicher Billigung und Hilfe) ausgegrenzt werden.

Gruss

Maesi

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