Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Das Ende des Patriarchats?

Odin, Tuesday, 05.04.2005, 13:58 (vor 7563 Tagen)

Das Ende des Patriarchats?

Vaterschaftstests als Chance für einen neuen Geschlechtervertrag

PETER DÖGE

Es mag geradezu paradox klingen - aber die Möglichkeit, dass Männer mithilfe der genetischen Vaterschaftstests ihre Vaterschaft nun eindeutig bestimmen können, birgt insgesaint die Chance für einen weiteren Schub hin zu einer egalitären Ausgestaltung des Geschlechterverhältnisses. Als Folge unserer konfrontativen Geschlechterkultur und eines entsprechend gestalteten Geschlechterdialogs sind hier zu Lande diese positiven Aspekte bisher weitgehend unterbelichtet geblieben.

Während Frauen immer eindeutig wissen, dass sie die Mutter des gerade geborenen Kindes sind, wissen Männer keineswegs immer mit Sicherheit, dass sie der leibliche Vater dieses Kindes sind. Vaterschaft ist immer fragil. Nach Ansicht derAnthropologin Sara Blaffer HRDY bietet diese Situation für eine Frau die Möglichkeit, für sich und ihr Kind einen Zugang zu zusätzlichen Ressourcen zu verschaffen. Indem sie mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr hat, kann sie sich nach der Geburt des Kindes entwederein Netzvon männlichen Versorgern aufbauenoderdenjenigen Mann als Vater angeben, der über die meisten Ressourcen verfügt - eben solche Strategien von Frauen sind z.B. bei Indianerstämmen im Amazonasgebiet beobachtet worden. Diese Machtposition von Frauen bildet wohl auch die unbewusste (?) Grundlage der entsprechenden Regelungen im bundesdeutschen Familienrecht hinsichtlich der Durchführung von Vaterschaftstests. Allerdings schneiden sich Frauen mit deren restriktiven Handhabung bisweilen ins eigene Fleisch, denn unsichere Vaterschaft reduziert - wie zahlreiche Untersuchungen zeigen - das zeitliche und finanzielle Engagement von Männern für Kinder. Am deutlichsten sichtbar und am besten dokumentiert ist dies bei Stiefvätern.

Als Ausweg aus dieser ungleichen Situation und um sich ihrer Vaterschaft, die immer mit dem Einsatz (knapper) Ressourcen verbunden ist, sicher zu sein, wählten Männer fast überall auf dem Globus einen ähnlichen Weg: sie trachteten danach, die Sexualität der Frauen unter ihre Kontrolle zu bringen. Dieses Handlungsmuster trat - wie die Historikerin Gerda LERNER in ihrer sehr instruktiven Untersuchung zur Entstehung des Patriarchats gezeigt hat - spätestens dann in Erscheinung, als Eigentum entstanden war und patrilinear vererbt wurde. Männliche Kontrolle weiblicher Sexualität hat dabei im Laufe derZeit sehrextremeundauch sehr gewaltsame Formen angenommen, die keineswegs entschuldigt werden dürfen: Einsperren von Frauen, Keuschheitsgürtel oder direkte Kontrolle ihrer Aktivitäten im öffentlichen Raum durch männliche Verwandte.

Im historischen Kontext der Auseinandersetzungen der Geschlechter um die jeweils konkrete Ausgestaltung des Geschlechterverhältnisses stellen genetische Vaterschaftstests wohl einen ebenso drastischen Einschnitt dar, wie die Möglichkeit der Geburtenplanung durch Kontrazeptiva: Vaterschaft braucht nicht mehr länger unsicher zu sein, Mutterschaft muss nicht mehr ungewollt sein. Die Gestaltungsspielräume des/der Einzelnen im Geschlechterverhältnis werden nochmals einen Schritt größer. Männer könnten zum ersten Mal in der Evolutionsgeschichte des homo sapiens erfahren, ob ein Kind wirklich ihr leibliches Kind ist. Dies dient zunächst dem Wohl des Kindes. Denn wie die Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen zu häuslicher Gewalt nahe legen, sindvorallem Stiefväter und unsich ere Väter männl iche Ki ndsmörder. Stiefväter scheinen auch einen ruppigeren und aggressiveren Spielstil mit den Kindern - insbesondere den Jungen - zu pflegen als leibliche Väter. Sicheren Vätern stünde außerden herkömmlichen Rollenbildern, die noch immer vorherrschende Leistungs- und Karrieremuster prägen - nun nichts mehr im Wege, ihr zeitliches und materielles Engagement für Kinder weiter zu erhöhen.

Sichere Vaterschaft dient aber auch dem Wohl der Frauen, denn Männer mit extremem Kontrollbedürfnis und übersteigerter Eifersucht bilden den Kein derjenigen Männer, die ihre Frauen kontinuierlich misshandeln. Über ihren Beitrag zur direkten Prävention häuslicher Gewalt hinaus, könnte durch eine klare Bestimmung von Vaterschaft das Verhältnis zwischen Frauen und Männer insgesamt weiter entkrampft werden: wenn die Spielregeln im Miteinander der Geschlechter klar dahin gehend formuliert sind, dass Männer jederzeit einen Vaterschaftstest durchführen lassen können - was spricht denn dagegen, dass dieser auf Wunsch des Vaters gleich bei Geburt des Kindes stattfindet? Dann wüssten Frauen, dass sie Männern keine fremden Kinder von wem auch immer "unterschieben", dass sie sich ungerechfertigterweise also keine zusätzlichen Ressourcen aneignen können. Dies könnte nicht zuletzt auch zu einermassiven Konfliktreduzierung imTrennungsfall führen. Ein neuer Geschlechtervertrag ist also möglich - zum Wohle aller.

Literatur
HRDY, Sarah Blaffer [2002]: Mutter Natur. Die weibliche Seite der Evolution. Berlin: Berliner Taschenbuch Verlag
LERNER, Gerda [19911: Die Entstehung des Patriarchats. Frankf./M: Campus

Peter Döge
Dr. rer. pol. Jg. 1961, Vorstand des Instituts für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung e.V. (IAIZ). Seit 9/2004 Gastprofessur für Geschlechterforschung an der TU
Braunschweig. Zahlreiche Publikationen zur Männer- und Geschtechterforschung.
Zur Zeit Forschungsprojekte zum Vereinbarkeitsproblem sowie zur Zeitverwendung von Männern. - Kontakt: pd@iaiz.de, www.iaiz.de

Aprit/Mai 2005 Switchboard Nr. 169 Seite 111

Re: Das Ende des Patriarchats?

Arne Hoffmann, Tuesday, 05.04.2005, 14:14 (vor 7563 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Das Ende des Patriarchats? von Odin am 05. April 2005 10:58:39:


Schau an, Döge, einer der bundesweit wohl profiliertesten Geschlechterforscher, ist pro Vaterschaftstests.

Männliche Kontrolle weiblicher Sexualität hat dabei im Laufe der Zeit sehr extreme und auch sehr gewaltsame Formen angenommen, die keineswegs entschuldigt werden dürfen: Einsperren von Frauen, Keuschheitsgürtel oder direkte Kontrolle ihrer Aktivitäten im öffentlichen Raum durch männliche Verwandte.

Naja, das mit den mittelalterlichen Keuschheitsgürteln ist wohl eher ein Mythos, und die anderen von Döge beklagten Dinge kenne ich eigentlich nur aus dem islamischen Kulturkreis.

Dies könnte nicht zuletzt auch zu einer massiven Konfliktreduzierung im Trennungsfall führen. Ein neuer Geschlechtervertrag ist also möglich - zum Wohle aller.

Wozu ein leichterer Zugang zu Vaterschaftstests nur ein Baustein von vielen sein kann.

Arne

Re: Das Ende des Patriarchats?

Odin, Tuesday, 05.04.2005, 14:25 (vor 7563 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Das Ende des Patriarchats? von Arne Hoffmann am 05. April 2005 11:14:10:

Naja, das mit den mittelalterlichen Keuschheitsgürteln ist wohl eher ein Mythos, und die anderen von Döge beklagten Dinge kenne ich eigentlich nur aus dem islamischen Kulturkreis.

Dachte ich früher auch mal :-)

Irrtum

Re: Eben, sag ich doch, passt bloss nicht ins frauenzentrierte Weltbild..

XRay, Tuesday, 05.04.2005, 14:49 (vor 7563 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Das Ende des Patriarchats? von Odin am 05. April 2005 10:58:39:

Re: Das Ende des Patriarchats?

Guildo, Tuesday, 05.04.2005, 14:54 (vor 7563 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Das Ende des Patriarchats? von Odin am 05. April 2005 10:58:39:

Das Ende des Patriarchats?

Haben wir längst!

Nach Ansicht derAnthropologin Sara Blaffer HRDY bietet diese Situation für eine Frau die Möglichkeit, für sich und ihr Kind einen Zugang zu zusätzlichen Ressourcen zu verschaffen. Indem sie mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr hat, kann sie sich nach der Geburt des Kindes entwederein Netzvon männlichen Versorgern aufbauenoderdenjenigen Mann als Vater angeben, der über die meisten Ressourcen verfügt - eben solche Strategien von Frauen sind z.B. bei Indianerstämmen im Amazonasgebiet beobachtet worden.

Davon machen Frauen reichlich Gebrauch!

Diese Machtposition von Frauen bildet wohl auch die unbewusste (?) Grundlage der entsprechenden Regelungen im bundesdeutschen Familienrecht hinsichtlich der Durchführung von Vaterschaftstests.

So ist es!

Allerdings schneiden sich Frauen mit deren restriktiven Handhabung bisweilen ins eigene Fleisch, denn unsichere Vaterschaft reduziert - wie zahlreiche Untersuchungen zeigen - das zeitliche und finanzielle Engagement von Männern für Kinder. Am deutlichsten sichtbar und am besten dokumentiert ist dies bei Stiefvätern.

Selber schuld!

Als Ausweg aus dieser ungleichen Situation und um sich ihrer Vaterschaft, die immer mit dem Einsatz (knapper) Ressourcen verbunden ist, sicher zu sein, wählten Männer fast überall auf dem Globus einen ähnlichen Weg: sie trachteten danach, die Sexualität der Frauen unter ihre Kontrolle zu bringen. Dieses Handlungsmuster trat - wie die Historikerin Gerda LERNER in ihrer sehr instruktiven Untersuchung zur Entstehung des Patriarchats gezeigt hat - spätestens dann in Erscheinung, als Eigentum entstanden war und patrilinear vererbt wurde. Männliche Kontrolle weiblicher Sexualität hat dabei im Laufe derZeit sehrextremeundauch sehr gewaltsame Formen angenommen, die keineswegs entschuldigt werden dürfen: Einsperren von Frauen, Keuschheitsgürtel oder direkte Kontrolle ihrer Aktivitäten im öffentlichen Raum durch männliche Verwandte.

Diese Tatsachen kann man gar nicht oft genug wiederholen. Erstaunlich, dass eine Frau dies erkannt hat. Oder wieder so ein feministisches Eigentor? Übrigens wird hier wieder das Märchen vom eigentumslosen Matriarchat und dem besitz- und leistungsorientierten Patriarchat zum Besten gegeben. Spätestens hier dürfte auch dem ahnungslosesten Mann klarwerden, dass das Patriarchat keine Erfindung böswillger Männer war, sondern eine Gesellschaftsordnung, die auf Wunsch der Frau entstand. Alles fing damit an, das die Frauen immmer weniger bereit waren, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Plötzlich sollte der Mann die von der Frau in die Welt gesetzten Kinder versorgen. Nun möchte niemand zahlen für etwas, das er nicht zu verantworten hat. Und so blieb dem Mann nichts anderes übrig als die sexuellen Aktivitäten der Frau zu überwachen und zu beschränken.

Wenn Frauen frei über ihre Sexualität entscheiden wollen, müssen sie auch die volle und alleinige Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, also keinen Unterhalt - weder für sich noch für ihre Kinder - verlangen dürfen!

Im historischen Kontext der Auseinandersetzungen der Geschlechter um die jeweils konkrete Ausgestaltung des Geschlechterverhältnisses stellen genetische Vaterschaftstests wohl einen ebenso drastischen Einschnitt dar, wie die Möglichkeit der Geburtenplanung durch Kontrazeptiva: Vaterschaft braucht nicht mehr länger unsicher zu sein, Mutterschaft muss nicht mehr ungewollt sein. Die Gestaltungsspielräume des/der Einzelnen im Geschlechterverhältnis werden nochmals einen Schritt größer.

Dies verweist auch die feministische Fabel von der ungewollten Schwangerschaft ins Reich der Träume: Ungewollte Schwangerschaften gibt es nur solange Frauen Sex nicht verweigern dürfen und/oder keine Vehütungsmittel existieren. Frauen aber dürfen "Nein" sagen (und tun dies oft!) und Verhütungsmittel gibts wie Sand am Meer. Die sogenannten "ungewollten Schwangerschaften" sind eher "vermeintlich ungewollt"!

Männer könnten zum ersten Mal in der Evolutionsgeschichte des homo sapiens erfahren, ob ein Kind wirklich ihr leibliches Kind ist.

Sofern man sie läßt und nicht als Kriminelle hinstellt.

Guildo - zum Kuckuck nochmal!

Re: Das Ende des Patriarchats?

Garfield, Tuesday, 05.04.2005, 15:11 (vor 7563 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Das Ende des Patriarchats? von Odin am 05. April 2005 10:58:39:

Hallo zusammen!

Ich greife mir mal einen Absatz heraus:

"Männliche Kontrolle weiblicher Sexualität hat dabei im Laufe derZeit sehrextremeundauch sehr gewaltsame Formen angenommen, die keineswegs entschuldigt werden dürfen: Einsperren von Frauen, Keuschheitsgürtel oder direkte Kontrolle ihrer Aktivitäten im öffentlichen Raum durch männliche Verwandte."

Das ist auch wieder so ein Bündel von Halbwahrheiten.

Zum Märchen von der eingesperrten Frau hat Martin van Creveld in seinem Buch "Das bevorzugte Geschlecht" einiges geschrieben.

Keuschheitsgürtel wurden entgegen der heute weit verbreiteten Meinung vor allem zum Schutz der Frauen eingesetzt, und zwar von ihnen selbst. Wenn man in früheren Zeiten, als es noch keine Eisenbahnen, Flugzeuge, Busse und Autos gab, reisen mußte, war das eine langwierige und gefährliche Angelegenheit. Deshalb scheuten Frauen oft vor weiten Reisen zurück und überließen auch das lieber den Männern. Wenn sie aber doch mal reisen mußten, dann schützten sie sich vor einer möglichen Vergewaltigung durch irgendwelche Straßenräuber eben durch sogenannte Keuschheitsgürtel. Der Schlüssel dazu wurde sehr gut versteckt oder durch einen Boten im voraus zum Zielort gebracht.

Ständig tragbar waren diese "Keuschheitsgürtel" damals genauso wenig wie heute. Allein in hygienischer Hinsicht war das nicht möglich, und es wäre bestimmt für keinen Ehemann ein Vergnügen gewesen, wenn seine Frau ständig einen Keuschheitsgürtel getragen hätte, selbst wenn man in Betracht zieht, daß die hygienischen Ansprüche der Menschen früher oft nicht so hoch waren wie heute.

Zwar ist es tatsächlich so, daß beispielsweise in türkischen Familien die Brüder häufig ihre Schwestern überwachen. Aber das tun sie keineswegs nur aus eigenem Antrieb. Ihnen bringt das nämlich überhaupt keinen direkten Nutzen. Sie tun das vor allem deshalb, weil sie von ihren Familien dazu vergattert werden, und dabei spielen sehr wohl oft auch die Mütter eine wesentliche Rolle. Frauen sind ohnehin häufig mehr auf Status und Ansehen bedacht als Männer, und so sind es dann eben nicht selten die Mütter, die den Söhnen immer wieder einschärfen, auf die Töchter aufzupassen, damit die Familienehre auch ja nicht beschmutzt wird. Dieser Aspekt wird von Feministinnen natürlich gern übersehen, weil das nicht in ihre Patriarchats-Theorien paßt.

Freundliche Grüße
von Garfield

Re: Das Ende des Patriarchats?

Garfield, Tuesday, 05.04.2005, 15:23 (vor 7563 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Re: Das Ende des Patriarchats? von Odin am 05. April 2005 11:25:34:

Hallo Odin!

Ich will ja nicht behaupten, daß es niemals einen Mann gegeben hat, der seiner Frau einen Keuschheitsgürtel verpaßt hat, aber allgemein üblich war das nicht.

Das zeigt sich ja eben auch daran, daß Keuschheitsgürtel heute noch verkauft werden. Und zwar keineswegs nur an Menschen islamischer Religion, die sie ihren Ehefrauen oder Töchtern anziehen wollen.

Und es sind auch nicht nur Keuschheitsgürtel für Frauen, die da verkauft werden. Es gibt auch genügend Exemplare für Männer. Es gibt sogar Firmen, die ihr Geld nur damit verdienen, Keuschheitsgürtel (für Männer und Frauen) nach Maß anzufertigen.

Sowas wird weniger zur Kontrolle der Sexualität eingesetzt, sondern mehr als Sex-Spielzeug, und in früheren Zeiten dürfte das ähnlich gewesen sein. Dazu kam noch die Funktion als Schutz vor Vergewaltigung. Und ich kann mir gut vorstellen, daß auch manche sehr religiöse Frauen so etwas freiwillig trugen, um auf gar keinen Fall "sündigen" zu können.

Aber damals wie heute war so ein Keuschheitsgürtel in hygienischer Hinsicht sehr bedenklich. Deshalb dürfte er auch in früheren Zeiten meist nicht dauerhaft getragen worden sein.

Freundliche Grüße
von Garfield

Re: Das Ende des Patriarchats?

Odin, Tuesday, 05.04.2005, 16:36 (vor 7563 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: Das Ende des Patriarchats? von Garfield am 05. April 2005 12:11:09:

Frauen sind ohnehin häufig mehr auf Status und Ansehen bedacht als Männer, und so sind es dann eben nicht selten die Mütter, die den Söhnen immer wieder einschärfen, auf die Töchter aufzupassen, damit die Familienehre auch ja nicht beschmutzt wird. Dieser Aspekt wird von Feministinnen natürlich gern übersehen, weil das nicht in ihre Patriarchats-Theorien paßt.

Im Gegenteil: Das paßt sogar sehr gut in ihre Patriarchats-Theorien (jedenfalls, wenn man sie ein bischen biegt). Wird das doch als "Beweis" gesehen, daß das patriarchale System natürlich auch von Frauen internalisiert wurde und sie angepaßt hat.

Übersehen wird dabei, daß dieses System nicht von außen einer Gruppe aufgezwungen wurde (Männer wären eigentlich die "Gewinner" bei der freien Sexualität. Deshalb wurde diese Bewegung der 60er Jahre auch schnell vom Feminismus wieder rückgängig gemacht). Es handelt sich vielmehr um eine win-win-Situation, also ein gegenseitige Nehmen und Geben: Der Mann sicherte sich so weit als möglich zu, daß er auch nur SEINE Kinder aufzieht und die Frau sicherte sich so ihre Versorgung.
Letzteres würde Frau auch gerne weiter so haben, ohne jedoch ersteres zu geben. So sind wir dann wieder bei den Vaterschaftstest und warum die Diskussion darüber wie eine Bombe eingeschlagen hat.

Re: Das Ende des Patriarchats?

crazyPhil, Tuesday, 05.04.2005, 18:48 (vor 7563 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Das Ende des Patriarchats? von Odin am 05. April 2005 10:58:39:

Insgesamt finde ich den Artikel ganz gut, aber ist es nicht ekelhaft, daß der Autor meint, mal wieder auf den Dämon "kindermißhandelnder (Stief)vater" und "männlicher Kindsmörder" zurückgreifen zu müssen, um seine Argumentation der weiblichen Leserschaft überhaupt schmackhaft machen zu können?

*sich schüttelnd*
-crazyPhil

Re: Das Ende des Patriarchats?

Maesi, Friday, 08.04.2005, 02:59 (vor 7561 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Das Ende des Patriarchats? von Odin am 05. April 2005 10:58:39:

Hallo Odin

Während Frauen immer eindeutig wissen, dass sie die Mutter des gerade geborenen Kindes sind, wissen Männer keineswegs immer mit Sicherheit, dass sie der leibliche Vater dieses Kindes sind. Vaterschaft ist immer fragil. Nach Ansicht derAnthropologin Sara Blaffer HRDY bietet diese Situation für eine Frau die Möglichkeit, für sich und ihr Kind einen Zugang zu zusätzlichen Ressourcen zu verschaffen. Indem sie mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr hat, kann sie sich nach der Geburt des Kindes entwederein Netzvon männlichen Versorgern aufbauenoderdenjenigen Mann als Vater angeben, der über die meisten Ressourcen verfügt - eben solche Strategien von Frauen sind z.B. bei Indianerstämmen im Amazonasgebiet beobachtet worden. Diese Machtposition von Frauen bildet wohl auch die unbewusste (?) Grundlage der entsprechenden Regelungen im bundesdeutschen Familienrecht hinsichtlich der Durchführung von Vaterschaftstests.

Schon moeglich, dass das unterschwellig auch eine Rolle spielt. Die Hauptgruende der Gegner des heimlichen Vaterschaftstests sind IMHO viel trivialer und handfester. Sie befuerchten (wahrscheinlich nicht zu Unrecht), dass mit den fallenden Preisen fuer Vaterschaftstests, deren Haeufigkeit stark zunehmen wird; immer mehr Vaeter werden diesen Test wohl machen, selbst wenn sie keinen konkreten Verdacht hegen. Wenn man von einer Kuckuckskinderrate von 5% - 10% ausgeht, wird da auf die Gerichte punkto Vaterschaftsanfechtungen einiges zukommen; und da ist, das sieht selbst Frau Zypries ein, die Rechtslage voellig unbefriedigend. Ein Mann, der mittels privatem Vaterschaftstest herausgefunden hat, dass er nicht der Vater seines (vermeintlichen) Kindes ist, kann diese Ergebnisse vor Gericht nicht verwenden - ja er kann auf deren Grundlage noch nicht einmal genuegend Zweifel geltend machen, dass seine Anfechtungsklage ueberhaupt zugelassen wird, weil der Test nach geltendem Recht illegal ist. Fuer den Normalbuerger ist es natuerlich absurd, wenn die Wahrheit ans Licht kommt, diese jedoch aus rechtsformalistischen Gruenden nicht zur Kenntnis genommen werden darf. Schlagzeilen in Boulevardblaettern sind bei einer solchen Praxis gewiss - und es wuerde sich keineswegs um einige isolierte, kuriose Einzelfaelle handeln; nein, jedem Vater koennte sowas zustossen. Desweiteren werden nicht wenige Familien an diesen Tests zerbrechen - ueber diese Konsequenzen muessen sich auch die Befuerworter des Tests im Klaren sein. Von einer verkorksten Position aus, wollen die Testgegner wahrscheinlich wirklich die Familien schuetzen, aber die Mittel sind IMHO definitiv die faschlen, und sie werden auch kaum erfolgreich sein.

Mit dem doktrinaeren Testverbot (sogar mit Hilfe des Strafrechts) hofft man das Rad der Zeit blockieren zu koennen. Gescheiter waere es jedoch gewesen, Regeln zu erlassen, unter welchen ein zweifelnder Vater (oder ein zweifelndes Kind) anonym den Test machen lassen koennte; das haette allerdings etwas Arbeit und v.a. auch eine gerade fuer die Muetteridealisierer unangenehme, ideologische Auseinandersetzung mit der Kuckuckskinderproblematik erfordert - und damit sind die zustaendigen Mitarbeiter in den betroffenen Ministerien derzeit emotional (und teilweise auch intellektuell) eindeutig ueberfordert, wie ihre hilflosen und pikierten Reaktionen auf die geharnischten medialen Proteste zum sogenannten 'Schlampengesetz' plastisch zeigten.

Allerdings schneiden sich Frauen mit deren restriktiven Handhabung bisweilen ins eigene Fleisch, denn unsichere Vaterschaft reduziert - wie zahlreiche Untersuchungen zeigen - das zeitliche und finanzielle Engagement von Männern für Kinder. Am deutlichsten sichtbar und am besten dokumentiert ist dies bei Stiefvätern.

Wobei hier IMHO nicht nur die Stiefvaeter von sich aus geringeres Engagement zeigen, sondern die geltende Rechtsprechung ihnen auch weniger Raum fuer Engagement laesst. Dass nicht-blutsverwandte Personen ueberhaupt ein Umgangsrecht beanspruchen koennen, ist erst seit kurzer Zeit gesetzlich vorgesehen. Und da selbst nichtbetreuende (biologische) Elternteile oftmals erhebliche Probleme haben, den regelmaessigen Umgang mit ihren Kindern zu pflegen, faellt das natuerlich Stiefeltern tendenziell noch schwerer.

Als Ausweg aus dieser ungleichen Situation und um sich ihrer Vaterschaft, die immer mit dem Einsatz (knapper) Ressourcen verbunden ist, sicher zu sein, wählten Männer fast überall auf dem Globus einen ähnlichen Weg: sie trachteten danach, die Sexualität der Frauen unter ihre Kontrolle zu bringen. Dieses Handlungsmuster trat - wie die Historikerin Gerda LERNER in ihrer sehr instruktiven Untersuchung zur Entstehung des Patriarchats gezeigt hat - spätestens dann in Erscheinung, als Eigentum entstanden war und patrilinear vererbt wurde. Männliche Kontrolle weiblicher Sexualität hat dabei im Laufe derZeit sehrextremeundauch sehr gewaltsame Formen angenommen, die keineswegs entschuldigt werden dürfen: Einsperren von Frauen, Keuschheitsgürtel oder direkte Kontrolle ihrer Aktivitäten im öffentlichen Raum durch männliche Verwandte.

Unerwaehnt bleibt aber, dass auch den Maennern selbst erhebliche Beschraenkungen auferlegt werden. Ein Mann kann in diesen 'patriarchal' genannten Strukturen keineswegs voellig frei herumvoegeln. Tut er es doch, kommt er unweigerlich in Konflikt mit jenen, die ueber die Sexualitaet der Frau Kontrolle ausueben (z.B. dem Ehemann, dem Vater der Frau oder deren Bruedern). Im Extremfall kann er entmannt werden (z.B. im Alten Aegypten) oder gar selber den Tod erleiden, im leichtesten Fall muss er die bis anhin jungfraeuliche Frau heiraten (bei uns noch gar nicht so lange her) oder einen erheblichen materiellen Preis entrichten, weil deren 'Wert' auf dem Heiratsmarkt drastisch gesunken ist.

Im historischen Kontext der Auseinandersetzungen der Geschlechter um die jeweils konkrete Ausgestaltung des Geschlechterverhältnisses stellen genetische Vaterschaftstests wohl einen ebenso drastischen Einschnitt dar, wie die Möglichkeit der Geburtenplanung durch Kontrazeptiva: Vaterschaft braucht nicht mehr länger unsicher zu sein, Mutterschaft muss nicht mehr ungewollt sein. Die Gestaltungsspielräume des/der Einzelnen im Geschlechterverhältnis werden nochmals einen Schritt größer. Männer könnten zum ersten Mal in der Evolutionsgeschichte des homo sapiens erfahren, ob ein Kind wirklich ihr leibliches Kind ist. Dies dient zunächst dem Wohl des Kindes.

Der Mensch hat offenbar ein tiefverwurzeltes Interesse seine Herkunft zu kennen; Erfahrungen mit anonymen Adoptionen haben das laengst ans Licht gebracht. Aus diesem Grund wurde die Kenntnis seiner Abstammung als verbrieftes Recht in die UNO-Kinderrechtskonvention eingebracht. Dies dient nicht bloss 'zunaechst' sondern existentiell dem Kind bzw. allenfalls auch dem erwachsenen Menschen.

Denn wie die Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen zu häuslicher Gewalt nahe legen, sindvorallem Stiefväter und unsich ere Väter männl iche Ki ndsmörder.

Hier verlegt sich Herr Doege auf einen relativ seltenen Einzelfall. Das obengenannte Motiv spielt IMHO bei Kindstoetungen eher eine kleine Rolle. Im Falle von Stiefvaetern nuetzt natuerlich auch ein Vaterschaftstest nichts, denn der wird in diesem Fall normalerweise negativ ausfallen. Zumindest in den USA werden die meisten Kindstoetungen durch die Mutter vollzogen. Fuer Deutschland kenne ich keine solche Statistik.

Sicheren Vätern stünde außerden herkömmlichen Rollenbildern, die noch immer vorherrschende Leistungs- und Karrieremuster prägen - nun nichts mehr im Wege, ihr zeitliches und materielles Engagement für Kinder weiter zu erhöhen.

Woraus leitet Herr Doege das eigentlich ab? Ob Vaeter ihr zeitliches und materielles Engagement fuer Kinder erhoehen koennen hat ueberhaupt nichts damit zu tun, ob sie ihrer Vaterschaft sicher sind. Wirtschaftliche Gruende sind da weit staerker ausschlaggebend. Ausserdem faellt spaetestens nach einer Trennung/Scheidung das Fallbeil endgueltig: die Eltern werden separiert in einen betreuenden und einen nichtbetreuenden Elternteil; der nichtbetreuende Elternteil (normalerweise der Vater) ist zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, und die kann er nur aufbringen, indem er sich ganz der Erwerbstaetigkeit widmet (erhoehte Erwerbsobliegenheit), was dann wiederum sein zeitliches Engagement (in Form von Betreuungszeit) drastisch minimiert.

Sichere Vaterschaft dient aber auch dem Wohl der Frauen, denn Männer mit extremem Kontrollbedürfnis und übersteigerter Eifersucht bilden den Kein derjenigen Männer, die ihre Frauen kontinuierlich misshandeln.

Stimmt diese Behauptung wirklich? Eifersucht entzuendet sich nicht erst an allfaelligen Kuckuckskindern sondern schon viel frueher am sexuellen Verhalten (bzw. an den Phantasien darueber) des Partners. Ausserdem sind Frauen ebenso eifersuechtig wie Maenner, obwohl sie ihrer Mutterschaft so gut wie immer sicher sein koennen. Insgesamt scheint mir dieser Erklaerungsversuch von Haeuslicher Gewalt doch stark von asymmetrischen feministischen Untersuchungen beeinflusst zu sein, die Gewalt von Frauen an Maennern kaum je untersuchten.

Wuerde man jedoch konsequent die systemische Sicht anwenden, kaeme man IMHO zur Erkenntnis, dass die Ursache fuer Haeusliche Gewalt im jeweiligen spezifischen Beziehungssystem selber zu suchen ist. Der Keim der Gewalt liegt zwar in bestimmten Gegebenheiten wie Meinungsverschiedenheiten, Eifersucht, wirtschaftliche Not, gedankenlos hingeworfene Bemerkungen, dem Einfluss von boeswilligen Einfluesterern usw. begruendet; diese Keime wird man jedoch niemals beseitigen koennen - deshalb sollte man es auch gar nicht erst versuchen. Vielmehr gilt es die Eskalation vom Keim ausgehend bis zur brutalen Gewaltanwendung zu studieren; erst dann kann man naemlich erfolgversprechende Strategien entwickeln, die die weitere Eskalation verhindern und eine Deeskalation einleiten. Dazu ist es aber unumgaenglich notwendig das Zusammenspiel zwischen Provokation und Gegenprovokation und alle relevanten Wechselwirkungen im System zu erforschen.

Und genau das wurde bislang nahezu voellig unterlassen. Eskalationensszenarien wurden (wenn ueberhaupt) nur aus weiblicher Sicht erforscht, enthalten aber bestenfalls die Haelfte der Erkenntnisse; ein aus einer solchen Betrachtungsweise entwickeltes Modell kann daher gar nie adaequat die Realitaet beschreiben, geschweige denn taugliche Deeskalationsstrategien hervorbringen. Ebensogut haette man sich bei der Erforschung der elektrischen Ladung ausschliesslich auf positive Ladungstraeger beschraenken und saemtliche Wechselwirkungen mit negativen Ladungen (bzw. die Existenz letzterer ueberhaupt) ignorieren koennen; die Resultate und Erklaerungsversuche waeren damit jedoch aus wissenschaftlicher Sicht voellig unbrauchbar gewesen. Was einem Physiker aber bei seiner Forschung voellig klar ist (naemlich der Einbezug aller relevanten Einflussgroessen), scheint bei den Soziologen in ihrem Metier noch immer mehrheitlich auf Unverstaendnis zu stossen. Und so wursteln sie halt unverdrossen weiter...

Über ihren Beitrag zur direkten Prävention häuslicher Gewalt hinaus, könnte durch eine klare Bestimmung von Vaterschaft das Verhältnis zwischen Frauen und Männer insgesamt weiter entkrampft werden:...

Zustimmung

...wenn die Spielregeln im Miteinander der Geschlechter klar dahin gehend formuliert sind, dass Männer jederzeit einen Vaterschaftstest durchführen lassen können - was spricht denn dagegen, dass dieser auf Wunsch des Vaters gleich bei Geburt des Kindes stattfindet?

Nichts

Dann wüssten Frauen, dass sie Männern keine fremden Kinder von wem auch immer "unterschieben", dass sie sich ungerechfertigterweise also keine zusätzlichen Ressourcen aneignen können. Dies könnte nicht zuletzt auch zu einermassiven Konfliktreduzierung imTrennungsfall führen. Ein neuer Geschlechtervertrag ist also möglich - zum Wohle aller.

Zustimmung. Ein 'Geschlechtervertrag' hat aber nur Bestand, wenn er auf dem Prinzip der Wahrhaftigkeit gruendet. Zugegeben: das ist oftmals sehr schwer zu leben, aber ich bin ueberzeugt davon, dass das der einzige erfolgversprechende Weg ist. Wird Luege und Betrug als integraler Teil des Systems akzeptiert (und nicht bloss als unerwuenschte Fehlfunktion desselben) steht IMHO wesentlich mehr auf dem Spiel, als bloss die Summe der Einzelfaelle von Betruegereien. Vielmehr wird das Vertrauen in die oeffentliche Ordnung, wozu ich auch einen abstrakten 'Geschlechtervertrag' zaehle, systematisch untergraben. In dieser Beziehung spielen die Verantwortlichen in Parlament und Regierung beim Verbot heimlicher Vaterschaftstests mit dem Feuer. Viele ausgegrenzte Vaeter haben schon heute das Vertrauen in staatliche Organe (Politiker, Familiengerichte, Jugendaemter, etc.) verloren. Sollen nun auch alle anderen Vaeter (auch die bislang noch nicht ausgegrenzten) hinzukommen? Wolan denn! Lasst uns sehenden Auges auf den Abgrund zumarschieren! Wer von einem solchen System keinerlei Gerechtigkeit mehr erwartet, der hat keinerlei Skrupel, es bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach Strich und Faden zu bescheissen - das sollten sich die Damen und Herren Politiker endlich mal hinter die Ohren schreiben.

Gruss

Maesi

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