Noch ein Umdenkanstoß
N'abend Leute,
ich hatte ja vor ein paar Wochen schon einige Anregungen gegeben, inwiefern Männer umdenken sollten. Vor ein paar Tagen kam mir noch ein Gedanke, der mir gefällt:
Wir haben das Recht unvollkommen zu sein
Niemand hat uns vorzuschreiben, wie wir zu sein haben, solange niemand Schaden davon nimmt. Es reicht voll und ganz, sich an die allgemeinen Regeln des Anstandes zu halten. Wer mehr von uns verlangt, gibt sich in der Regel nicht zufrieden, wenn er es hat. Der nächte Wusch liegt meist schon bereit, noch bevor der vorige erfüllt wurde. So beginnt ein ewiges Hetzen und Rennen darum, möglichst perfekt zu sein, dem anderen zu gefallen und ihm alles recht zu machen. Aber genau das geht nicht. Nicht weil wir unvollkommen sind, aufgrund unseres Menschseins gar nicht vollkommen sein können, auch nicht allein deshalb, weil der andere meist selbst nicht weiß, wie er uns überhaupt haben will, sondern darüber hinaus glaubt, überhaupt ein Recht darauf zu haben, andere wie einen Bonsai zurechtzubiegen. Die Frage soll also nicht sein: "Wie kann ich es dir denn recht machen?" Auch soll sie nicht sein: "Weißt du überhaupt, wie du mich willst?" Schon gar nicht: "Kann ich es dir überhaupt recht machen?" (Die ehrliche Antwort wäre ein klares nein.) Sie kann einzig und allein sein: "Wie will ich sein?"
Die Frage danach, wie ich sein will ist weit schwerer als sie erscheint. Wir werden meist schon als Jungen darauf getrimmt, es anderen recht zu machen. Möglichst perfekt, Verfehlungen werden nicht geduldet. Elternliebe hing in der Regel von Wohlverhalten ab. Waren die Eltern unzufrieden, gab es im geringeren Fall Schelte, manchmal Prügel, im noch lange nicht schlimmsten Falle Liebesentzug. In der Schule bekamen wir Strafarbeiten, wenn wir nicht schön brav und folgsam waren. Immer schön brav, nur ja keine Fehler machen. Fehler sind schlimm, andere sind unzufrieden; ob wir zufrieden sind, war zweitrangig. Waren wir körperlich unterlegen, hagelte es Keile vom Klassenhäuptling, wenn wir ihn nicht als Leithammel akzeptierten. Er ist der Boss, andere folgen, wer ausschert ist dran. Wenn wir an die Falsche gerieten, strafte die Freundin uns mit Liebesentzug, wenn wir uns herausnahmen, uns nicht nach ihrem Dickkopf zu richten. Und die Wunschliste kann lang sein. Kurzum, bis ins Erwachsenenalter stand nie zur Disposition, wie wir sein wollen, was unsere Wünsche und Bedürfnisse sind. Stattdessen wird gefordert und gemäkelt, nur recht war es seltsamerweise nie, denn nur das beste ist gut genug. Gut ist nicht gut genug, alles ist steigerungsfähig und irgendwo wird sich am Ergebnis bestimmt ein Mäkelchen finden lassen.
Uns wurde ein Naturrecht vorenthalten, und wir haben folglich nie gelernt, damit umzugehen. Und jetzt, von heute auf morgen sind wir zur Freiheit verdammt, haben wir selbst zu entscheiden, wie wir selbst uns haben wollen, eine Entscheidung, die bisher stets andere für uns getroffen haben.
Diese Frage ist also schwer, aber sie ist wichtig und wenn sie erst mal beantwortet ist, gewinnen wir ein gewaltiges Stück Freiheit und Unabhängigkeit. Wir nehmen uns das Recht, uns nach unseren eigenen Bedürfnissen zu richten und uns nicht mehr den anmaßenden Wünschen anderer zu unterwerfen.
Wir haben das Recht, unvollkommen zu sein. Wer damit nicht leben kann, ist nicht gut für uns.
Gruß zum Abend,
Krischan
)