Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Männer haften für Frauen und Kinder

Odin, Wednesday, 20.04.2005, 16:38 (vor 7548 Tagen)

Knapp am Gefängnis vorbei

Rosenheim (je) - «Es ist nichts so fein gesponnen, als dass es nicht käm´ ans Licht der Sonnen», lautet eine Volksweisheit, von deren Wahrheitsgehalt sich ein bisher unbescholtenes, älteres Ehepaar vor dem Rosenheimer Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Heinrich Loeber überzeugen lassen musste.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Ehemann vor, in einem vorangegangenen Zivilrechtsstreit im Jahre 2003 vor dem Rosenheimer Amtsgericht falsch geschworen zu haben. Seine Ehefrau hatte sich wegen Prozessbetrugs zu verantworten.

Begonnen hatte alles mit einer Autofahrt des Ehepaares von Prien über Aschau nach Kufstein. Der 64-jährige Ehemann und Rentner saß damals am Steuer des Fahrzeuges, das seiner Frau gehörte. Ein überholendes Fahrzeug, so der Ehemann, habe ihn nahe Sachrang arg geschnitten, so dass er bei dem eingeleiteten Ausweichmanöver gegen einen Straßenbegrenzungspfosten gestoßen sei und das Fahrzeug einen Schaden am vorderen rechten Kotflügel davongetragen habe.

Im erwähnten zivilen Rechtsstreit im Jahre 2003 verklagte die Ehefrau und Fahrzeughalterin auf Betreiben ihres Mannes die Fahrerin des überholenden Fahrzeuges und deren Versicherung auf Schadenersatz von rund 800 Euro.

Ein von der beklagten Versicherung beauftragter Kfz-Sachverständiger und ein zweiter im Zivilverfahren eingeführter Sachverständiger stellten jedoch unabhängig voneinander fest, es handele sich um einen «Altschaden», der nicht vom Zusammenprall mit dem Straßenbegrenzungspfosten herrühre.

Der Ehemann wurde im damaligen Zivilverfahren zum Unfallhergang und zum entstandenen Schaden als Zeuge befragt. Mit der Feststellung der Sachverständigen konfrontiert, räumte er ein, dass an dem Kotflügel schon einmal ein Sturmschaden gewesen sei, den er aber mit einem ominösen «Spezl, der Kfz-Mechaniker ist» repariert haben wollte. Der jetzige Schaden sei deshalb ein neuer Schaden.

Aber genau das widersprach den Feststellungen im Gutachten. Auch das Gericht hatte Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des Ehemannes und verdeutlichte ihm damals die Folgen einer falschen Aussage. Da dieser aber bei seinen Einlassungen blieb, wurde er auf diese vereidigt.

Geständnis in

letzter Minute

Im jetzigen Verfahren vor dem Schöffengericht warf die Staatsanwaltschaft aufgrund ihrer Ermittlungen dem Ehemann vor, der von seiner Frau geltend gemachte Schaden sei eben nicht durch das Ausweichmanöver verursacht worden. Die damalige Zeugenaussage des Ehemannes sei deshalb als Meineid zu ahnden.

Obwohl die technische Expertise eindeutig erbracht hatte, dass es zuvor keine Reparaturen an dieser Stelle gegeben haben, beharrte der Angeklagte auf seiner Darstellung. Richter Loeber unterbrach deshalb die Verhandlung kurzzeitig, um dem Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Chris-tian Wachter, die Möglichkeit einzuräumen, seinem Mandaten klar zu machen, was ihm blühen könnte: eine mehrjährige Freiheitsstrafe, falls das Gericht zur Überzeugung komme, der Strafbestand des Meineides sei erfüllt.

Offenbar dämmerte es dem 64-Jährigen in letzter Minute, dass er im Gefängnis landen könnte. In letzter Minute rang er sich zu einem Geständnis durch.

Nun muss er zwar nicht hinter Gitter. Das Gericht verurteilte ihn jedoch wegen Meineides zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten sowie zur Zahlung von 1500 Euro an eine karitative Einrichtung. Die Freiheitsstrafe wurde auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesprochen.

Die wegen Prozessbetrugs angeklagte Ehefrau wurde, wie ihr Verteidiger, Rechtsanwalt Lothar Reichelt, beantragt hatte, auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Das Gericht ging davon aus, dass sie in der ganzen Sache ihrem Manne gutmütig vertraut habe und er die treibende Kraft in der Angelegenheit gewesen sei.

Oberbayrisches Volksblatt OVB


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