ot: Menschenbilder
Die von mir bereits angesprochenen Gemeinsamkeiten bezüglich
der "Argumentation" in den Themenbereichen "Feminismus" und
"Wirtschaft" möchte ich hier noch 1. philosophiehistorisch
(Wirtschaft) und 2. anthropologisch (Geschlechterdebatte) ergänzen.
1. Geschlechterdebatte: Anstoß hierzu liefert der angebliche
Kassenknüller Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken.
Dieser wurde jüngst kommentiert im Blogspot von Arne Hoffmann:
http://genderama.blogspot.com/, Rezension:....., 5. Beitrag von
oben.
Hierin heißt es anläßlich einer Neuerscheinung auf dem Buchmarkt (ebda.
mal informieren):
"Anstoß zum Schreiben dieser Neuerscheinung dürfte die unsägliche
Geschlechterklischee-Sammlung (Warum Männer nicht zuhören und Frauen
schlecht einparken) des Ehepaars Alan und Barbara Pease gewesen sein, die
vor einigen Jahren ja trotz ihres grenzdebilen Inhalts nicht nur ein
Kassenknüller war, sondern sogar als DIE Wahrheit über das
Geschlechterverhalten rangierte. So schenkte sich auch die Familie der
Autorinnen Exemplare dieses Buches zur eigenen großen Überraschung
gegenseitig zu Weihnachten, nur um bei der Lektüre einigermaßen befremdet
über das Buch und seinen enormen Erfolg zu sein. Wurden darin doch nicht
nur alle Menschen als bessere Aufziehpuppen beschrieben, die allein
Testosteron und Östrogen sowie dem steinzeitlichen Erbe unterworfen waren,
die Peases taten sogar so, als seien einander alle Männer respektive alle
Frauen im Wesen fast völlig gleich. Kurz, es handelte sich um notdürftig
als Wissenschaft getarnten offensichtlichen Unsinn."
In der offensichtlich als "Konter" auf diesen Klassiker ausgelegten
Neuerscheinung heißt es erstaunt:
"Liest man die verschiedenen modernen Theorien über Männer, wundert man
sich, dass sie nicht regelmäßig gemeinsam in die Wälder verschwinden, um
dort wie eine Horde Wildschweine zu jagen, im Erdreich zu buddeln und zu
grunzen. Warum einige Männer aus der Art schlagen und keineswegs damit
beschäftigt sind, ihren Samen immerzu an die Frau zu bringen, sondern
lieber Autos bauen, dem Nobelpreis entgegenforschen und wunderbare Romane
schreiben, erklären uns die Anthropologen leider nicht."
Man ist versucht, hinzuzufügen: Ja, warum gibt es dann zum Beispiel
dieses Forum, wenn doch alle Männer genetisch (?) oder auf andere Arten
und Weisen auf eine bestimmte Verhaltensweise festgelegt sind.
Warum gibt es dann Männer, die in den Zeugungsstreik treten ?
Doch wohl offensichtlich nur, weil die menschliche Spezies im Jahre 2005
eben DOCH in der Lage ist, selbst tief verwurzelte (?) Denk- und
Verhaltensweisen mit Hilfe des Intellekts und eigenen moralischen
Überlegungen zu überwinden und zur "Theorie" völlig "konträre"
Handlungsweisen zu etablieren.
Da ich selber stichprobenartig das inkriminierte Buch durchgestöbert
habe: Immerhin muß man den Autoren zugute halten, das sie trotz aller
Determiniertheit abschwächend noch vom "statistischen Durchschnitt" reden,
also menschlicher Handlungsfreiheit durchaus noch eine Hintertür offen
lassen.
Insofern: Nett, aber mann/frau kann auch anders.
Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, daß diese kleine "Abschwächung" gerne
überlesen wird und ich mich mit Aussagen der Art: "Siehst Du, Frauen
verhalten sich eben so (und das schon seit Tausenden von Jahren) - ich
kann da gar nix machen...." auseinandersetzen muß.
Das sich ob dieser Aussage top ausgebildete Frauen (!) nicht schämen,
ihr Verhalten mit Ritualen aus der Steppe zu begründen, finde ich schon
einigermaßen niederschmetternd.
2. "Wirtschaft": Geben sich die Peases immerhin noch Mühe, ihre
Darlegungen mit diversen Forschungsergebnissen zu untermauern, so hat der
Stammvater der liberalen Wirtschafts"ethik", Thomas Hobbes, sich diese
Mühe erst gar nicht gegeben.
Hobbes lebte von 1588 bis 1679. Zitieren wir mal aus einem seiner Werke:
"Das Zusammenleben ist den Menschen also kein Vergnügen, sondern schafft
ihnen im Gegenteil viel Kummer, solange es keine übergeordnete Macht gibt,
die sie alle im Zaum hält [...] So sehen wir drei Hauptursachen des
Streites in der menschlichen Natur begründet: Wettstreben, Argwohn
und Ruhmsucht. Dem Wettstreben geht es um Gewinn, dem Argwohn um
Sicherheit, der Ruhmsucht um Ansehen. Die erste Leidenschaft scheut keine
Gewalt, sich Weib, Kind und Vieh eines anderen zu unterwerfen, ebenso
wenig die zweite, das Geraubte zu verteidigen, oder die dritte, sich
zu rächen für Belanglosigkeiten [...] Und hieraus folgt, daß Krieg
herrscht, solange die Menschen miteinander leben ohne eine oberste Gewalt,
die in der Lage ist, die Ordnung zu bewahren. Und es ist ein Krieg, den
jeder Einzelne gegen jeden führt."
Dieser »Krieg aller gegen alle« (bellum omnium contra omnes), sei laut
Hobbes der »Naturzustand« des Menschengeschlechts.
Die "Wissenschaftlichkeit" dieser These besteht in Aussagen wie der
folgenden:
"Wozu jedoch brauchen die Menschen, die doch Verstand besitzen, noch mehr
Beweise, wenn selbst die Hunde zu verstehen scheinen, worum es geht: Sie
bellen jeden an, der ihnen über den Weg läuft: Am Tage jeden Unbekannten,
nachts aber alle."
Bei aller Hochachtung für Herrn Hobbes: Das ist natürlich mehr als
dürftig.
Vaclav Havel stößt 1992 ins gleiche Horn:
"Sosehr auch mein Herz schon immer links von der Mitte meiner Brust
schlug, habe ich immer gewußt, daß die einzig funktionierende und
überhaupt mögliche Ökonomie die Marktwirtschaft ist [...] Einzig eine
solche Ökonomie ist natürlich [...] Die Marktwirtschaft ist für mich etwas
so Selbstverständliches wie die Luft: geht es doch um ein jahrhundertelang
(was sage ich - jahrtausendelang!) erprobtes und bewährtes Prinzip der
ökonomischen Tätigkeit des Menschen, das am besten der menschlichen Natur
entspricht."
Das im Laufe der Jahrhunderte vielfach variierte, jedoch noch immer von
vielen behauptete Hobbes'sche Paradigma (siehe unseren "VWL-Experten")
kann lediglich als ein speziell in letzter Zeit verstärkt auftretendes
historisches Phänomen eingestuft werden, als "wissenschaftliche These" ist
diese Sicht jedoch in keinster Weise haltbar.
Längst haben Historiker, Ethnologen und Anthropologen tausendfach
erwiesen, daß die naßforsche Behauptung von z.B. Adam Smith über die
»natürliche Neigung« des Menschen zum Warentausch völlig haltlos und die
gesellschaftliche Funktionsteilung auf ganz andere Weise im Inneren
kleiner, nicht auf Warentausch beruhender Gemeinschaften entstanden ist.
Auch hier wieder: Sollte das ganze Gedöns von angeborenem Egoismus,
den "letztlichen Kapitalisten", die wir alle sind, tatsächlich die
"menschliche Natur" widerspiegeln:
Warum gibt/gab es dann Leute wie Mutter Theresa, warum engagieren sich die
Leute ehrenamtlich, warum setzen heutzutage überhaupt noch Leute
Kinder in die Welt (ein rein ökonommisch gesehen sehr schädliches
Verhalten), ....
Selbst ein Ur-Pessimist wie Schopenhauer hat dem Menschen die Fähigkeit
eingeräumt, so etwas wie "Mitleid" zu entwickeln und so die Menschlichkeit
über die Durchsetzung des je persönlich-egoistischen "Willens" hinaus
zu entwickeln. Alleine diese Fähigkeit hebt den Menschen aus dem
Tierreich heraus.
Manchmal fragt man sich, ob hier nicht Ursache und Wirkung verwechselt
werden: Nach hunderten von Jahren, in denen Egoismus, Macht,
Ellenbogengesellschaft, Vereinzelung (die ja in jüngster Zeit im Wort
"Ich-AG" auch ihren sprachlichen Ausdruck findet) kultiviert worden sind -
über alle Auf- und Widerstände hinweg -, könnte es da nicht sein, daß man
diese - wie gesagt: historisch relativ kurzlebigen - Phänomene quasi
nachträglich noch mit einer ebenso gearteten "Natur des Menschen"
begründet ?
Und eins ist klar: Die lautesten Verkünder dieser These sind diejenigen,
die am meisten davon profitieren...........
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Kurz gesagt:
Mit Aussagen der Art: "Der Mensch ist eben so!" oder auch "Männer/Frauen
sind eben so!" wäre ich sehr vorsichtig.
1. sind die Belege dafür äußerst dürftig und
2. fast noch wichtiger: Man beraubt sich mit dieser Herangehensweise
einer ganzen Menge Handlungsoptionen.
3. das es auch anders geht, zeigen Tausende von Beispielen aus Geschichte,
Kultur und täglicher Praxis.
Das einzige, was es braucht: Man muss sich im Kopf halt etwas freimachen.
Das ist schwierig - zugegeben.
Sorry für die Länge, das ging kaum kürzer.
Grüße,
Q.
Re: ot: Menschenbilder
Als Antwort auf: ot: Menschenbilder von Querdenker am 25. Juli 2005 13:17:
Hallo Querdenker!
Zu deiner Analyse der Peases:
Gebe ich Dir grundsätzlich recht. Ein völlig überzeichnetes, stereotypes Bild von Mann und Frau. Und das muss ich sagen, obwohl ich von Soziobiologie an sich viel halte.
Zynischerweise muss ich aber auch anfügen: Da der generelle Diskurs über Geschlecht so sehr von der Kultur- und Genderstudies-Richtung geprägt wird, sehe ich jede Gegenposition - und sei sie auch holzschnittartig - als willkomennen Ausgleich. Die "Geschlecht-ist-nur-Kultur-Fraktion" argumentiert ja auch nicht immer sachlich sauber! Sehe das auch "politisch"!
Allerdings habe ich auch keinen Bock, von Frauen nur als eine Art Neandertaler gesehen zu werden. Viele Frauen scheinen ohnehin ein recht einfaches Männerbild zu haben, ohne das im detail hier ausbreiten zu wollen.
Grüße
Ridcully
Re: ot: Menschenbilder
Als Antwort auf: ot: Menschenbilder von Querdenker am 25. Juli 2005 13:17:
Hallo Querdenker!
Ja, es ist immer gefährlich, etwas zu absolut zu sehen. Aber macht man nicht auch denselben Fehler, wenn man behauptet, daß Instinkte für das menschliche Verhalten gar keine Rolle spielen, oder daß allen Menschen die Marktwirtschaft von Natur aus zuwider ist, oder daß Menschen nie egoistisch handeln, sondern von Natur aus dazu neigen, friedlich zusammen zu leben?
Nehmen wir nur mal das Letztere:
Natürlich wäre es nicht so, daß sämtliche Menschen sich sofort gegenseitig an die Gurgeln springen, wenn es plötzlich keine Regierung und auch keine Polizei und Justiz mehr gäbe.
Viele Menschen würden versuchen, einfach weiter friedlich mit ihren Nachbarn zusammen zu leben, wie bisher. Es gäbe aber überall einige, die das nicht für nötig halten und die die Abwesenheit von Recht und Ordnung dazu ausnutzen würden, sich auf Kosten anderer irgendwelche Vorteile zu verschaffen, was dann zwangsläufig mit Nachteilen für die betroffenen anderen Menschen verbunden wäre.
Die Kriminalität würde also ziemlich schnell ansteigen. Das kann man ja auch beispielsweise bei Naturkatastrophen oder Randalen immer wieder beobachten: Da gibt es dann auch immer wieder Menschen, die diesen Ausnahmezustand und die zeitweilige Abwesenheit von Recht und Ordnung ausnutzen, um beispielsweise Läden oder Wohnungen zu plündern.
Auf die Menschen, die so etwas nicht sofort tun würden, hat das zwei Wirkungen:
Erstens steigt ihre Angst davor, selbst zum Opfer zu werden. Sie werden also Fremden gegenüber mißtrauischer sein und auch eher zur Gewalt neigen, wenn sie sich irgendwie bedroht fühlen. Dann rammt man schon mal jemandem, der im Dunkeln hinter einem geht, ein Messer in den Bauch, weil man befürchtet, von ihm angegriffen zu werden.
Zweitens werden sie sehen, wie diejenigen, die sich rücksichtslos auf Kosten anderer bereichern, damit nicht nur ungestraft durchkommen, sondern auch noch prima damit leben. Dann werden sie sich fragen, wieso sie es selbst eigentlich nicht genauso machen. Wenn sie dann selbst auch mal Opfer von Kriminellen werden, dann werden sie noch eher dazu neigen, es diesen Kriminellen gleich zu tun, weil sie sich das, was man ihnen weggenommen hat, gern wieder holen möchten. Egal woher. Wenn dann also jemand feststellt, daß ihm nachts sein Autoradio geklaut wurde, dann klaut er sich eben anderswo auch eins. Und wenn dann auch noch ein paar gute CD's im Auto liegen, werden die bei der Gelegenheit auch gleich mitgenommen...
So läuft das in der Praxis. Und aus genau diesem Grunde wurden ja auch immer Regeln und später auch Gesetze geschaffen. Weil es anders noch niemals funktioniert hat.
Dieses Buch "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" habe ich noch nicht gelesen. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, daß die Autoren es nicht so absolut gemeint haben, wie es offenbar häufig verstanden wird, sondern daß sie einfach nur darlegen wollten, daß Männer wie Frauen durch ihre Instinkte eben dazu neigen, in bestimmten Situationen auf bestimmte Weise zu reagieren. Das muß nicht zwangsläufig heißen, daß sie diesen Neigungen immer nachgeben. Und es muß auch nicht heißen, daß alle Menschen diese Neigungen gleichermaßen haben oder ihnen gleichermaßen stark nachgeben. Es heißt nur, daß diese Neigungen eben immer mehr oder weniger stark vorhanden sind.
Freundliche Grüße
von Garfield
Hobbes war ein autoritärer Staatstheoretiker
Als Antwort auf: ot: Menschenbilder von Querdenker am 25. Juli 2005 13:17:
Hallo,
Wirtschaft: der Stammvater der liberalen Wirtschafts"ethik", Thomas Hobbes,
Ich höre zum ersten Mal, Hobbes sei Stammvater der liberalen Wirtschaftsethik. Er war ein Staatstheoretiker, wohl der erste, der in der Neuzeit eine Begründung und Rechtfertigung für die Existenz des Staates und von Herrschaft fand, welche nicht auf Gott rekurriert. Volkswirtschaftliche Theorien gibt es erst seit dem von Dir auch erwähnten Adam Smith (1723-1790).
Und Hobbes war auch kein bisschen liberal, er befürwortete unumschränkte, absolutistische Herrschaft. Wenn Du den Wirtschaftsliberalismus angreifen willst, musst Du Smith widerlegen, nicht Hobbes.
Längst haben Historiker, Ethnologen und Anthropologen tausendfach
erwiesen, daß die naßforsche Behauptung von z.B. Adam Smith über die
»natürliche Neigung« des Menschen zum Warentausch völlig haltlos und die
gesellschaftliche Funktionsteilung auf ganz andere Weise im Inneren
kleiner, nicht auf Warentausch beruhender Gemeinschaften entstanden ist.
Und warum entwickeln sich dann in allen Gesellschaften solche Verhaltensweisen?
Auch hier wieder: Sollte das ganze Gedöns von angeborenem Egoismus, den "letztlichen Kapitalisten", die wir alle sind, tatsächlich die "menschliche Natur" widerspiegeln: Warum gibt/gab es dann Leute wie Mutter Theresa,
Na hömma, die hat doch daran gut verdient: Sie hat gutes Gewissen an die Spender im Westen verkauft. In welchem anderen Wirtschaftszweig hätte sie ein solch auskömmliches Leben haben können? In ihrer Branche gehörte sie zu den Spitzenleuten.
warum engagieren sich die Leute ehrenamtlich, warum setzen heutzutage überhaupt noch Leute
Kinder in die Welt (ein rein ökonommisch gesehen sehr schädliches Verhalten), ....
Weil es ihnen Spaß macht, was es letztlich auch nur zu einer Form von Konsum macht. (Man schafft sich Kinder an.)
Nach Hunderten von Jahren, in denen Egoismus, Macht, Ellenbogengesellschaft, Vereinzelung [
] kultiviert worden sind, [
] daß diese historisch relativ kurzlebigen - Phänomene
Das sollen historisch kurzlebige Phänomene sein? Denkst Du da jetzt in geologischen oder kosmologischen Zeiträumen? Diese Phänomene dürften die Menschheit wohl durch ihre ganze Geschichte begleitet haben.
das es auch anders geht, zeigen Tausende von Beispielen aus Geschichte, Kultur und täglicher Praxis.
Ei welche denn?
Gruß, Daddeldu
das ist kein Widerspruch...
Als Antwort auf: Hobbes war ein autoritärer Staatstheoretiker von Daddeldu am 25. Juli 2005 19:50:21:
Hallo Daddeldu,
nur zu den "theoretischen Figuren". Das andere ist mMn Geplänkel und
würde in Dampfplauderei ausarten.
Ich höre zum ersten Mal, Hobbes sei Stammvater der liberalen Wirtschaftsethik.
Nicht alles, was Du zum ersten Mal hörst, muss Unsinn sein. Geschichte der Philosophie und
Geisteswissenschaften lassen eine gewisse Flexibilität der Interpretation zu.
Und nicht jeder, den ich als "Stammvater" bezeichne, muß sich dessen auch selber bewußt gewesen sein (und das stellt wieder den Bezug zu einem
bestimmten Forumsthema her...)
Er war ein Staatstheoretiker, wohl der erste, der in der Neuzeit eine Begründung und Rechtfertigung für die Existenz des Staates und von Herrschaft fand, welche nicht auf Gott rekurriert. Volkswirtschaftliche Theorien gibt es erst seit dem von Dir auch erwähnten Adam Smith (1723-1790).
Korrekt, ich sprach auch von "Ethik" und nicht von "volkswirtschaftlichen
Theorien". Eine Aussage wie die von mir zitierte:
"Das Zusammenleben ist den Menschen also kein Vergnügen, sondern schafft ihnen im Gegenteil
viel Kummer, solange es keine übergeordnete Macht gibt, die sie alle im Zaum hält."
ist klar ersichtlich keine wirtschaftstheoretische Aussage, sondern eine solche über die
die "Sozialfähigkeit" des Menschen. Auch die Aussagen über "Wettstreben, Argwohn
und Ruhmsucht" laufen in die gleiche Richtung. Ich muss davon kein Jota abgehen.
Und Hobbes war auch kein bisschen liberal, er befürwortete unumschränkte, absolutistische Herrschaft.
Könnte das eine gewisse Verwandtschaft zwischen beiden Denkrichtungen
anzeigen ? Nur mal so als Möglichkeit. Im übrigen verweise ich auf das
oben Gesagte. Was er befürwortete, spielt in diesem Zusammenhang nicht
die entscheidende Rolle; wichtig ist, für welches PROBLEM das die
LÖSUNG sein sollte.
Wenn Du den Wirtschaftsliberalismus angreifen willst, musst Du Smith widerlegen, nicht Hobbes.
Nein, daß muß ich nicht. Ich problematisiere auch keine "Funktionsweisen"
und auch direkt nicht den Wirtschaftsliberalismus, sondern Denkweisen und
Ethiken. Und letztlich war der von Hobbes befürwortete Absolutismus lediglich
die LÖSUNG für die Probleme, die sich aus seiner Analyse der angeblichen Natur
des Menschen ergaben. Letzteres habe ich diskutiert, nicht ersteres.
Nach Hunderten von Jahren, in denen Egoismus, Macht, Ellenbogengesellschaft, Vereinzelung [ ] kultiviert worden sind, [ ] daß diese historisch relativ kurzlebigen - Phänomene
Das sollen historisch kurzlebige Phänomene sein? Denkst Du da jetzt in geologischen oder kosmologischen Zeiträumen? Diese Phänomene dürften die Menschheit wohl durch ihre ganze Geschichte begleitet haben.
Nun, wenn Du von mir ein Datum als Markstein haben willst: Dann war das 1771 die
Erfindung der Baumwollspinnmaschine.
In England ging das schneller als in Deutschland.
Man lese diesbezüglich auch mal Goethes "Wilhelm Meisters Wanderjahre", um ein Gespür dafür
zu bekommen.
Gleichzeitig mit dem Aufstieg anonymer Märkte und anonymer Konkurrenz entwickelte sich die
entsprechende Ethik, als dessen "Stammvater" ich trotzdem noch Hobbes sehe (das andere das
nicht teilen mögen, stört mich wenig.)
Und um den Bogen von der Ethik weg zur wirtschaftlichen Verfasstheit zu schlagen:
Warum konnte die bis dahin niemals für möglich gehaltene Arbeitsersparnis
durch das Maschinenwesen nicht als Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt und als Lösung der sozialen Probleme in Erscheinung treten?
Das war (und ist bis heute) die große Preisfrage.
Womit wir wieder beim Ausgangspunkt der Diskussion wären.
Gruß,
Q.