Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Die Linken und der Feminismus

Ridcully, Saturday, 06.08.2005, 03:55 (vor 7042 Tagen)

Liebe Mitmenschen und MitmenschInnen! ;)

Hier mal ein kleiner Denkanstoß dazu, was die typische, linke, basisdemokratische Gruppe unter Gleichberechtigung versteht.
War lange Zeit bei Attac aktiv. Die haben da aber ein sehr seltsames Verhältnis zur "Gleichberechtigung", was ich nicht aufführe, um Attac insgesamt schlecht zu machen, sondern mehr, weil es für mich stellvertretend für viele linke Gruppen ist.
Also:
" TOP 1
Es können von Attac-Bremen insgesamt 6 Delegierte zum Ratschlag nach Aachen gesandt werden. 50% von der Delegierten müssen Frauen sein. Können nur weniger Frauen delegiert werden, so dürfen diese Platze nicht von Männern eingenommen werden. Können weniger Männer delegiert werden, so können diese Plätze auch von Frauen übernommen werden."

Meiner bescheidenen Logik nach, läuft dies letztendlich darauf hinaus, dass aus Bremen immer 50% oder mehr(!) Frauen kommen, und immer 50% oder weniger Männer. denkbar sind laut obiger Regel folgende Kombinationen:
6 Frauen ,0 Männer
5 Frauen ,1 Männer
5 Frauen ,0 Männer
4 Frauen ,2 Männer
4 Frauen ,1 Männer
4 Frauen ,0 Männer
3 Frauen ,3 Männer
3 Frauen ,2 Männer
3 Frauen ,1 Männer
3 Frauen ,0 Männer
2 Frauen ,2 Männer
2 Frauen ,1 Männer
2 Frauen ,0 Männer
1 Frauen ,1 Männer
1 Frauen ,0 Männer
0 Frauen ,0 Männer

Es kommt also bestenfalls zu einer Parität von Frauen und Männern. Wenn man nun bedenkt, dass dies in allen Basisgruppen so gemacht wird, so ist es nahezu sicher, dass immer mehr als 50 % Frauen zum Ratschlag erscheinen.
Dies ist sicher, da aus vielen Basisgrupen gleichviel Männer und Frauen kommen, aus vielen, wo das geht aber auch mehr Frauen. Mehr Männer ist laut Regelung untersagt, so dass die Frauenüberhänge in manchen Gruppen nicht durch Männerüberhänge in anderen Gruppen ausgeglichen werden können. Mit nahezu 100% Sicherheit erzeugt man so im Nahmen der Gleichberechtigung eine Frauenübermacht.

Wer glaubt, dass dies eine Anekdote ist lese sich die Selbstbeschämungs- und Selbstkastrationsorgien der Männer der ganzen linken Unigruppen mal durch.
Grauenhaft.

Schade auch, dass Linke nicht rechnen können. Wer Marx im Herzen trägt braucht wohl keine böse, böse, konservative Logik.

Grüße
Ridcully

Re: Die Linken und der Feminismus

Beobachter, Saturday, 06.08.2005, 05:16 (vor 7042 Tagen) @ Ridcully

Als Antwort auf: Die Linken und der Feminismus von Ridcully am 06. August 2005 00:55:

Wieso hast du da überhaupt mitgemacht ?

B.

Re: Die Linken und der Feminismus

Ridcully, Saturday, 06.08.2005, 23:09 (vor 7041 Tagen) @ Beobachter

Als Antwort auf: Re: Die Linken und der Feminismus von Beobachter am 06. August 2005 02:16:

Hallo Beobachter!
[/link]Wieso hast du da überhaupt mitgemacht ?

B."

Warum fagst Du? Weil, um es zu beantwortén ich mich für deren Positionen interessiert habe. Ich wollte mal wissen, was die Für Welterklärungsmuster anzubieten haben, wie die gesellschaftliche Entwicklungen und Globalisierung einschätzen oder etwa die Relevanz des Geldes. Habe viel gehört, dem ich zustimmen konnte - Analyse der US-Außenpolitik, Analyse der Entwicklung an den Unis - aber auch vieles, was mir zu einseitig, dogmatisch erschien - Rückführung aller Probleme auf Geldwirtschaft, Forderung der Abschaffung der Tauschwirtschaft -.
Habe also vieles gelernt, etwa dass man durchaus mal alternative Positionen beziehen kann, zu dem was der Mainstream so denkt, grenze mich aber auch von vielen Aussagen ab, die die machen.

Grüße
R.

Re: Die Linken und der Feminismus

Beobachter, Sunday, 07.08.2005, 01:43 (vor 7041 Tagen) @ Ridcully

Als Antwort auf: Re: Die Linken und der Feminismus von Ridcully am 06. August 2005 20:09:

Hallo Ridcully !

Warum ich frage ? Nun, ich bin nicht sogleich darauf gekommen, daß du von den sexistischen Einstellungen nicht sofort Kenntnis haben konntest.

Insbesondere Bemerkungen wie die folgende wühlen mich immer wieder auf:

"Wer glaubt, dass dies eine Anekdote ist lese sich die Selbstbeschämungs- und Selbstkastrationsorgien der Männer der ganzen linken Unigruppen mal durch."

Davon kriege auch ich ein bißchen mit.

So eine zeitweilige Mitarbeit in einem Verein wie "Attac" ist sicher ein gutes Praktikum um zu erfahren, was so läuft. Ich war übrigens auch nahe daran, mich an deren Arbeit zu beteiligen, fand die Ideen dann aber doch etwas zu abstrakt bzw. einseitig, und habe mich schnell wieder davon abgewandt.

Grüße

B.

Re: Die Linken und der Feminismus

Joseph S, Sunday, 07.08.2005, 00:47 (vor 7041 Tagen) @ Beobachter

Als Antwort auf: Re: Die Linken und der Feminismus von Beobachter am 06. August 2005 02:16:

Hallo "Beobachter",

auch ich hatte viel Sympathie für Attac, weil sie zum Thema Globalisierung
durchaus beachtenswerte Standpunkte vertreten. Leider drohen die demnach genauso
wie der Umweltschutz bei den Grünen, für den ich diese durchaus wählen würde,
mit solch Regelungen hinter den Feminismus zurückzufallen. Und wieder steht
mann vor der Wahl der Qual. Entweder feministische Organisationen unterstützen,
oder Organisationen mit wichtigen Forderungen die Unterstützung verweigern.

Wenn die doch endlich mal kapieren würden, daß Frauen nicht die unterdrückten,
sanftmütigen Wesen sind, sondern genauso mies wie die Männer in gleichen Positionen,
und dazu alles andere als unterpriviligiert!

Gruß
Joseph

Re: Die Linken und der Feminismus

Beobachter, Sunday, 07.08.2005, 02:43 (vor 7041 Tagen) @ Joseph S

Als Antwort auf: Re: Die Linken und der Feminismus von Joseph S am 06. August 2005 21:47:

"Und wieder steht
[quote]mann vor der Wahl der Qual. Entweder feministische Organisationen unterstützen,
oder Organisationen mit wichtigen Forderungen die Unterstützung verweigern."
[/quote]

Hallo Joseph,

du hast völlig recht. Ich bin zu folgendem Ergebnis gekommen:

- Mitmachen dann, wenn die Möglichkeit besteht, sich auf die Bekämpfung des Sexismus innerhalb der betreffenden Organisation zu konzentrieren. D.h., man müßte in den internen Blättern publizieren können und/oder die Adressen aller Mitglieder haben, um sie anzuschreiben/anzumailen.

- Wenn eine Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen, nicht besteht, so würde ich der betreffenden Organisation unter Angabe des Grundes den Rücken kehren bzw. gar nicht erst mitmachen, und sei die Organisation ansonsten noch so förderungswürdig.

Grüße

Beobachter

Re: Die Linken und der Feminismus

Ridcully, Sunday, 07.08.2005, 05:22 (vor 7041 Tagen) @ Joseph S

Als Antwort auf: Re: Die Linken und der Feminismus von Joseph S am 06. August 2005 21:47:

Hallo Joseph!
[/link]Wenn die doch endlich mal kapieren würden, daß Frauen nicht die unterdrückten,

sanftmütigen Wesen sind, sondern genauso mies wie die Männer in gleichen Positionen,
und dazu alles andere als unterpriviligiert!"

Du bringst das sehr gut auf den Punkt. Zum linken Ideologen gehört immer, dass er auch an die unterdrückten Klassen glaubt. Da wird letztlich völlig unlogisch in Bildern gedacht. Wenn du denen dann mit Argumenten kommst, die sie nicht wiederlegen können, tändeln die solange in ihrem vielfach vernetzten Gesamtbild rum, bis deine Argumente sich relativieren.
Merke: Nicht mit Dogmatikern diskutieren!

Gruß
Ridcully

Bei den Grünen ist das genauso!

Magnus, Saturday, 06.08.2005, 17:34 (vor 7041 Tagen) @ Ridcully

Als Antwort auf: Die Linken und der Feminismus von Ridcully am 06. August 2005 00:55:

http://www.gabnet.com/mw/lore2.htm <- altbekannter Link

Schade auch, dass Linke nicht rechnen können. Wer Marx im Herzen trägt braucht wohl keine böse, böse, konservative Logik.

Warum auch? Marx' Ideologie ist darin begründet, ausschließlich mit Gewalt die politischen Ziele erreichen zu können. Was will man also erwarten? Ein Hang zur Demokratie und Friedfertigkeit existiert bei überzeugten Linken selten, sondern nur eine Durchsetzung ihrer Ideologie - koste es was es wolle. Da kann man selbst über die 70 Mio Tote unter Mao hinwegsehen, ihn trotzem verehren und mit der Mao-Bibel unterm Kopfkissen einschlafen.

Magnus

Re: Bei den Grünen ist das genauso!

Andreas (d.a., Sunday, 07.08.2005, 14:07 (vor 7040 Tagen) @ Magnus

Als Antwort auf: Bei den Grünen ist das genauso! von Magnus am 06. August 2005 14:34:31:

Marx' Ideologie ist darin begründet, ausschließlich mit Gewalt die politischen Ziele erreichen zu können.

Entschuldige mal, aber das ist so ganz sicher nicht richtig: "Revolution" bedeutet im Marxschen Sinne in erster Linie eben nicht den gewaltsamen Umsturz einer politischen Ordnung, Aufruhr und Bürgerkrieg. Soziale Revolution ist statt dessen ein langer, historischer Prozess der gesellschaftlichen Umwälzungen, der revolutionär wie auch evolutionär - als friedliche Entwicklung - vor sich gehen kann.

Da kann man selbst über die 70 Mio Tote unter Mao hinwegsehen,

Der Große Sprung nach vorn war eine Katastrophe, aber man muss die Zahlen nicht noch weiter in die Höhe treiben, um das zu beweisen: 20 - 30 Mio. Tote sind schlimm genug, finde ich.

Andreas

Re: Bei den Grünen ist das genauso!

Magnus, Sunday, 07.08.2005, 19:25 (vor 7040 Tagen) @ Andreas (d.a.

Als Antwort auf: Re: Bei den Grünen ist das genauso! von Andreas (d.a. am 07. August 2005 11:07:

Marx' Ideologie ist darin begründet, ausschließlich mit Gewalt die politischen Ziele erreichen zu können.

Entschuldige mal, aber das ist so ganz sicher nicht richtig: "Revolution" bedeutet im Marxschen Sinne in erster Linie eben nicht den gewaltsamen Umsturz einer politischen Ordnung, Aufruhr und Bürgerkrieg. Soziale Revolution ist statt dessen ein langer, historischer Prozess der gesellschaftlichen Umwälzungen, der revolutionär wie auch evolutionär - als friedliche Entwicklung - vor sich gehen kann.[/i]

LOL. Lies das Kommunistische Manifest: Da steht unter anderem drin: "Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung.

Das läßt nun mal keinen Spielraum für Interpretation. In Verbindung mit dem Historischen Materialismus ist der gewaltsame Klassenkampf fester Bestandteil dieser Ideologie. Das Faktum, dass die Ziele nur durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung erreicht werden kann, zeigt die Gefährlichkeit dieser Ideologie, die im Resultat in der Geschichte auch wiederzufinden ist. (Z.b. Kulturrevolution in China)

Da kann man selbst über die 70 Mio Tote unter Mao hinwegsehen,
Der Große Sprung nach vorn war eine Katastrophe, aber man muss die Zahlen nicht noch weiter in die Höhe treiben, um das zu beweisen: 20 - 30 Mio. Tote sind schlimm genug, finde ich.

Der Große Sprung nach vorn kostete 30 Mio Tote, davor gab es noch die Landreform und die Hinrichtungen von Grundbesitzern: 7 Mio. Dann noch die Verfolgung politischer Gegner, und in der Kulturrevolution sind auch and die 10-20 Mio gestorben, allein in Tibet ca. 1 Mio. Der Unnötige Einmarsch in Korea mit der sogenannten "Freiwilligenarmee" kostete nochmal an die Million. Insgesamt kommen 65-70 Mio Tote, Hingerichtet, Verhungerte etc. unter Mao Tse-Tung zusammen. Der Große Sprung nach vorn war schließlich nicht der einzige Fehler, der von Mao begangen wurde, sondern ist nur ein Glied einer Kette von durch Mao hervorgerufenen Katastrophen.

Magnus

Re: Bei den Grünen ist das genauso!

Andreas (d.a.), Sunday, 07.08.2005, 23:06 (vor 7040 Tagen) @ Magnus

Als Antwort auf: Re: Bei den Grünen ist das genauso! von Magnus am 07. August 2005 16:25:50:

LOL. Lies das Kommunistische Manifest:

Stimmt. Ich hatte mich auf Texte aus den gesammelten Werken von Marx und Engels bezogen. Dass die Theorie nicht durchweg widerspruchsfrei ist, okay. Allerdings hat er an Stellen, die weniger programmatisch und ausführlicher sind als das Manifest, eben gerade das erklärt, was ich oben ansprach. - Ausserdem sollte man wohl zwischen Marx und denen, die seine Theorien für ihr politisches Programm verreinnamt haben, unterscheiden. Das gilt auch an anderen Stellen.

Der Große Sprung nach vorn kostete 30 Mio Tote, davor gab es noch die Landreform und die Hinrichtungen von Grundbesitzern: 7 Mio. Dann noch die Verfolgung politischer Gegner, und in der Kulturrevolution sind auch and die 10-20 Mio gestorben, allein in Tibet ca. 1 Mio. Der Unnötige Einmarsch in Korea mit der sogenannten "Freiwilligenarmee" kostete nochmal an die Million.

Großer Sprung, Landreform: weiß niemand genau, da die Informationsstruktur zu der Zeit nicht ausreichend war (was für die Entstehung der Katastrophe selbst übrigens erheblich war) - Quelle?
Kulturrevolution: ebenfalls - Quelle?
Tibet: Es handelt sich um Zahlen, die die tibetische Exilregierung herausgibt, und die sind nachweislich falsch (s. z.B. Hoppe "Tibet Heute, Aspekte einer komplexen Situation" oder Goldner "Dalai Lama, Fall eines Gottkönigs"), bzw. absichtlich um das zig-fache übertrieben, um dem Anliegen des Dalai Lama Geltung vor der Weltöffentlichkeit zu verschaffen. (Falls Du Amnesty als Quelle zitieren möchtest: die stützen sich allein auf die Zahlen der tibetischen Exilregierung).

Wie gesagt - alles durch nichts zu rechtfertigen. Ich kritisiere nur einen allzu sorglosen Umgang mit den Zahlen.

Re: Bei den Grünen ist das genauso!

Garfield, Monday, 08.08.2005, 18:04 (vor 7039 Tagen) @ Magnus

Als Antwort auf: Re: Bei den Grünen ist das genauso! von Magnus am 07. August 2005 16:25:50:

Hallo Magnus!

Man muß das alles im historischen Kontext sehen. Das "Manifest der Kommunistischen Partei" wurde 1848 veröffentlicht. Zu der Zeit gab es noch gar kein allgemeines Wahlrecht. Erst nach den Aufständen von 1848/49 bequemte man sich in den deutschen Staaten dazu, nach und nach ein zunächst noch eingeschränktes allgemeines Wahlrecht einzuführen. Das preußische Klassenwahlrecht beispielsweise galt ab 1849.

Als Marx also dieses Manifest geschrieben hat (Dezember 1847-Januar 1948), gab es für das einfache Volk de facto keine Möglichkeit, auf gewaltlosem Wege irgendetwas mitzubestimmen. Auch das eingeschränkte allgemeine Wahlrecht konnte nur mit Gewalt durchgesetzt werden. Hätte man überall darauf verzichtet, dann hätten wir heute noch überall Monarchien und nirgends ein Wahlrecht.

Und auch Mao und die chinesische "Kulturrevolution" muß man im historischen Kontext sehen. China war damals ein unterentwickeltes Land, das aber allein durch seine Bevölkerungszahl und seine geographische Ausdehnung ein großes Wachstumspotenzial hatte. China war zwar mit der Sowjetunion verbündet, aber die Sowjetunion befand sich zu der Zeit in einer ganz anderen Entwicklungsphase. Dort war (auch mit deutscher Technologie) mittlerweile viel erreicht worden. Man war den führenden westlichen Industriestaaten Mitte der 1950er Jahre auf einigen Gebieten durchaus voraus, beispielsweise bei der Raketentechnologie und damit auch auf dem Gebiet der Raumfahrt. Man hatte dort also viel erreicht, und so bemühte man sich trotz der Differenzen mit dem Westen doch um eine mehr konservative Politik.

In China dagegen wollte man erst noch viel erreichen, und dafür war man auch bereit, einen aggressiveren Kurs zu fahren. Der sowjetischen Führung war das unbequem, und allein deshalb verweigerte man den Chinesen zunächst auch die modernste Rüstungstechnologie, vor allem Langstreckenraketen und Atomsprengköpfe. Lästig war den Sowjets auch, daß die Chinesen zunehmend die Führungsrolle in den Entwicklungsländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas beanspruchten, mit dem Argument, daß diese Länder aufgrund ihres Entwicklungsstandes den sowjetischen Weg nicht gehen könnten und stattdessen den chinesischen Weg gehen müßten. Die Chinesen entwickelten die Lehren von Marx, Engels und Lenin in ihrem Sinne weiter, und sie bestanden darauf, daß Mao in einer Reihe mit Marx, Engels und Lenin zu nennen sei. Im Vorwort der zweiten Auflage der 1967 erstmals veröffentlichten "Mao-Bibel" hieß es dazu: "Genosse Mao Tse-tung ist der größte Marxist-Leninist unserer Zeit. In genialer, schöpferischer und allseitiger Weise hat Genosse Mao Tse-tung den MarxismusLeninismus als Erbe übernommen, ihn verteidigt und weiterentwickelt; er hat den Marxismus-Leninismus auf eine völlig neue Stufe gehoben."

Es gab dann schon in den 1950er Jahren wilde Experimente, um den technologischen Rückstand des Landes aufzuholen oder zumindest irgendwie auszugleichen. So hielt man Bauern dazu an, sich kleine Schmelzöfen zu bauen, um Metall verarbeiten zu können. Damit wollte man allen Ernstes große Fabriken ersetzen. Überhaupt versuchte man, die fehlende industrielle Basis durch Masseneinsatz von Arbeitskräften auszugleichen. Natürlich erlebte man dabei einen Mißerfolg nach dem anderen.

Trotzdem erregte dieser eigene chinesische Weg großes Interesse in den europäischen Ostblockländern und sogar in den westlichen Industriestaaten. In den Ostblockländern hoffte man, daß China in Zukunft ein Gegengewicht zur Übermacht der Sowjetunion bilden würde. Und weite Verbreitung fand ab Ende der 1960er Jahre die "Mao-Bibel" in linken Kreisen in den westlichen Industriestaaten. Wer nämlich mit der Sowjetunion sympatisierte, setzte sich immer dem Vorwurf aus, Stalins Machenschaften, von denen ja schon einiges bekannt war, zu befürworten. Über die Opfer von Maos Politik war aber noch kaum etwas bekannt. So schien der chinesische Weg tatsächlich der bessere zu sein.

Überhaupt war gerade sehr radikalen Linken die chinesische Konfrontationspolitik lieber als die mittlerweile zunehmend konservative Politik der Sowjetunion. Die Chinesen behaupteten, die USA und ihre Verbündeten wären nur "Papiertiger", die mit ihren bürgerlichen Systemen, in denen sich alles nur um Profit drehen würde, gar nicht fähig wären, einen Krieg gegen ein bevölkerungsreiches Land wie China zu führen. Es gab immer wieder Auseinandersetzungen mit sowjetischen Politikern, die vergeblich versuchten, den Chinesen klarzumachen, was ein Weltkrieg mit Atomwaffen bedeuten würde. So erschien radikalen Linken die Sowjetunion als schwach und feige, während die Chinesen offensichtlich bereit waren, die "kommunistische Weltrevolution" mit allen Mittel voranzutreiben. Daß sie sich ihren aggressiven Kurs nur durch den Schutz sowjetischer atomarer Langstreckenraketen leisten konnten, wurde nicht bedacht.

Die Chinesen holten dann zwar langsam auf und wurden dabei (und natürlich auch durch Maos Mißerfolge) auch wieder gemäßigter in ihrer Politik. Trotzdem hielten viele radikale Linke im Westen der "Mao-Bibel" weiterhin die Treue. Offensichtlich gefiel sie ihnen einfach besser als die Bücher von Marx oder Engels.

Freundliche Grüße
von Garfield

Re: Bei den Grünen ist das genauso!

Magnus, Thursday, 11.08.2005, 06:31 (vor 7037 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: Bei den Grünen ist das genauso! von Garfield am 08. August 2005 15:04:57:

Man muß das alles im historischen Kontext sehen. Das "Manifest der Kommunistischen Partei" wurde 1848 veröffentlicht. Zu der Zeit gab es noch gar kein allgemeines Wahlrecht. Erst nach den Aufständen von 1848/49 bequemte man sich in den deutschen Staaten dazu, nach und nach ein zunächst noch eingeschränktes allgemeines Wahlrecht einzuführen. Das preußische Klassenwahlrecht beispielsweise galt ab 1849.
[quote]Als Marx also dieses Manifest geschrieben hat (Dezember 1847-Januar 1948), gab es für das einfache Volk de facto keine Möglichkeit, auf gewaltlosem Wege irgendetwas mitzubestimmen. Auch das eingeschränkte allgemeine Wahlrecht konnte nur mit Gewalt durchgesetzt werden. Hätte man überall darauf verzichtet, dann hätten wir heute noch überall Monarchien und nirgends ein Wahlrecht.
[/quote]

Muss man nicht im historischen Kontext sehen, das ist Quatsch. John Locke hat es 150 Jahre vorher nämlich bereits geschafft, eine Abhandlung "Über die Regierung" zu schreiben die Grundlage für ein demokratisches System bilden. John Locke selbst hat den Weg der Gewalt nicht ausgeschlossen, ihn jedoch nur dann in Betracht gezogen, wenn es nicht anders möglich ist eine Veränderung herbeizuführen - deswegen ist die Möglichkeit der Abwahl einer Regierung das wichtigste eines Systems um Gewalt zu verhindern.

Marx ist da ein ganz anderes Kaliber. Für ihn bildet Gewalt Grundlage zur Erreichung seiner Ziele. Es ist bei Marx eine Gleichmacherei, wie wir ihn auch beim Feminismus zu finden ist und das ist auch der Grund, warum der Feminismus so linkslastig ist - es ist eine Verlagerung des Prinzips des Klassenkampfes auf den Geschlechterkampf. Wer den Kommunismus versteht, versteht auch den Feminismus - beide sind in ihrem Wesen gleich.

Für Locke waren die Gleichheit und Freiheit der Menschen im Naturzustand begründet - was nichts andere bedeutet, dass jeder Mensch die gleichen Rechte besitzen soll, sonst aber individuelle Freiheit und Selbstverwirklichung genießt.

Mag sein, dass man Marx im historischen Kontext seiner Umgebung und Zeit betrachten kann. Aber seine Worte und Ideologien sind nicht entschuldbar. Große Denker dieser Welt zeichneten sich nämlich dadurch aus, eben nicht Gefangene ihres historischen Kontextes zu werden oder sich von dem allzustark leiten zu lassen, sondern sie gingen darüber hinaus und hatten Visionen und auch eine Achtung vor Menschen, die eben nicht Gewalt und Terror uneingeschränkt legitimiert. Deswegen ist Marx auch kein Philosoph, da er seiner Zeit völlig zum Opfer fiel, aber nicht seiner persönlichen Situation, denn er ließ sich ja vom Proletariat durchfüttern, denn Engels hatte für ihn gesorgt. Marx ist halt von seinem Wesen her das typsiche Schwein aus George Orwells "Animal Farm". Eine Schande, dass er unter die 10 größten Deutschen gewählt wurde.

Letzen Endes kann man es so sehen: Es ist richtig, wenn man immer und grundsätzlich auf Gewalt verzichtet hätte, gäbe es noch Monarchien. Allerdings muss man sich auch klar machen, dass wenn alle so wie Marx vorgeschrieben ihre politischen Ziele umzusetzen pflegen, es auch keine Demokratien geben würde, geschweige denn Menschenrechte. Wer das verstanden hat, hat auch den Feminismus verstanden.

Und was Demokratien angehen, so sehe ich das folgender Maßen (leider habe ich vergessen, wer das gesagt hat): Demokratie ist wie Sex. Ist sie gut, dann ist sie ausgezeichnet. Ist sie nicht so gut, ist sie immer noch gut.

Und auch Mao und die chinesische "Kulturrevolution" muß man im historischen Kontext sehen.
China war damals ein unterentwickeltes Land, das aber allein durch seine Bevölkerungszahl und seine geographische Ausdehnung ein großes Wachstumspotenzial hatte. China war zwar mit der Sowjetunion verbündet, aber die Sowjetunion befand sich zu der Zeit in einer ganz anderen Entwicklungsphase. [...]

Sehe keinen Zusammenhang zwischen Kulturrevolution und allem was danach kommt.

Über die Opfer von Maos Politik war aber noch kaum etwas bekannt. So schien der chinesische Weg tatsächlich der bessere zu sein.

Naja - es war bekannt, wurde nur geflissentlich von dem linken Klientel ignoriert, oder man hätte nur ein bisschen danach suchen müssen. Nachrichten über Vietnamkrieg etc. bestimmten allerdings das Medienbild.

[...]Die Chinesen holten dann zwar langsam auf und wurden dabei (und natürlich auch durch Maos Mißerfolge) auch wieder gemäßigter in ihrer Politik. Trotzdem hielten viele radikale Linke im Westen der "Mao-Bibel" weiterhin die Treue. Offensichtlich gefiel sie ihnen einfach besser als die Bücher von Marx oder Engels.

Kann ich nicht nachvollziehen, da von Marx bis Mao alles gegen die positiven wie negativen Grundbedürfnise der Menschen verstößt. Deswegen sind all dieses Systeme auch gescheitert oder existieren noch in Verbindung mit extremsten Repressalien weiter.

Magnus

Re: Marx etc.

Andreas (d.a.), Thursday, 11.08.2005, 13:42 (vor 7036 Tagen) @ Magnus

Als Antwort auf: Re: Bei den Grünen ist das genauso! von Magnus am 11. August 2005 03:31:14:

Hi Magnus, darf ich Dich was fragen: Was genau hast Du von Marx selbst (außer dem Manifest) gelesen?

Gruß, Andreas

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