Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

interessanter Artikel von Katharina Rutschky aus der "taz"

Frank, Monday, 08.08.2005, 16:51 (vor 7039 Tagen) @ Uli

Als Antwort auf: Mutter tötet ihre Kinder mit Kissen von Uli am 08. August 2005 11:41:

hier: http://www.taz.de/pt/2005/08/08/a0134.nf/text.ges,1

Einige Auszüge:

"Aber bis zum Beweis des Gegenteils behaupte ich, dass Sabine H. die Protagonistin einer Tragödie ist, die weibliche Potenz in aufgeklärten, gleichberechtigten Zeiten entgleisen lassen kann. Hat uns der Feminismus alter Schule mit den Entgleisungen der männlichen Potenz (Pornos, Vergewaltigung, Sexualmorde an Kindern, so genannte Familientragödien, bei denen ein Mann Frau, Kinder und sich selbst auslöscht et cetera) einigermaßen bekannt gemacht, so hat er die weibliche Potenz doch vollständig ausgeblendet. Was können Frauen, die nicht nur Opfer sind, mit ihrer spezifischen Fähigkeit zum Gebären der Kinder anrichten? Sie können, und das beweist der Fall der Sabine H., ihre weibliche Potenz genießen - und die Kinder töten."

...

"Man kennt die weibliche Potenz eben nur als biologisches, im Fall von Kindstötung nur als soziales Schicksal diskriminierter, armer und verzweifelter Mütter. Vor Augen steht uns, realitätswidrig, Fausts unglückliches Gretchen. Der familienpolitische Tenor lautet heute doch: Stimmten die Rahmenbedingungen, würden die Männer endlich mal zupacken und das Ihre in der Reproduktionsarbeit leisten - dann sähe die Geburtenquote doch anders aus!
Das Patriarchat ist zwar zu Ende, aber die weibliche Potenz ist nach dem Ende seiner langen Geschichte noch immer Terra incognita. Die Vorstellung, dass die Mutter, der man sein Leben verdankt, dieses auch hätte verwerfen können, selbst die Idee, dass reale Mütter gefährlich und böse sein können, widerspricht unserem Lebensinteresse mit einer Vehemenz, die Einsichten schwer macht. Entsprechend ratlos reagieren wir auf Mütter, die ihre weibliche Potenz wirklich realisiert haben."

...

"Sabine H. war eine exzellente Schülerin und lernte einen Beruf. Während sie neunmal schwanger war und tötete, ging sie arbeiten und führte ein unauffälliges Familienleben. Dumm war sie nicht und auch nicht verwahrlost. Die frühe Ehe war kein Erfolg, konnte es aber auch so wenig sein wie die hoffnungslosen Familiengründungen der männlichen Sexualmörder, die eigene Kinder hatten und andere trotzdem zum ratlosen Entsetzen der Öffentlichkeit barbarisch töteten. Ist Sabine H. eine Sexualstraftäterin? In einer Liga etwa mit Ronny Rieken, dem Familienvater mit der Obsession für sadistische Sexualmorde?

Weibliche Potenz und weibliche Sexualität stellt uns vor Denkaufgaben, denen wir ausweichen, weil wir alle eine mächtige Mutter hatten, auf die zu vertrauen eine anthropologische Notwendigkeit darstellt. Meistens geht es ja auch gut, aber Entgleisungen dieser Macht des Weiblichen wollen wir gerade heute nicht wahrhaben. Wo doch im Zeichen der Gleichberechtigung so viel für die Frauen getan wurde!"

...

"Frauen sind nicht gut. Frauen sind nicht friedlich. Sabine H. ist eine Sexualtäterin. Ein Einzelfall, der Anlass zu Erkundungen der weiblichen Potenz geben sollte. Sie hat auch schwarze Seiten."

Endlich mal keine bemühten Rechtfertigungsversuche. Rutschky sagt's mal wieder so, wie es ist.


gesamter Thread:

 

powered by my little forum