Anti-Gewalt-Kurse für prügelnde Männer
Anti-Gewalt-Kurse für prügelnde Männer
Bundesweit einmalig - Nach dem Platzverweis helfen Sozialdienste weiter
Stuttgart - Mit dem Platzverweis ist es nicht getan: Nach dem Rauswurf des prügelnden Partners durch die Polizei stehen den Opfern Beratungsstellen zur Seite. Die Täter sollen dagegen einen Anti-Gewalt-Kurs machen.
VON KATHRIN HAASIS
"Wenn geschlagen wird, ist eine Beziehung meistens am Ende", sagte Heribert Rech (CDU), Staatssekretär im Innenministerium. Und wer einmal schlage, schlage meist wieder. Dabei seien neben den Frauen auch Kinder Opfer der Gewalt - bei dem Modellversuch in den 86 Kommunen in 80 Prozent der Fälle. "Diese übernehmen die Verhaltensmuster, und dann dreht sich die Spirale. "Ziel des Platzverweises - eine Koproduktion von Justiz-, Innen- und Sozialministerium - sei es, diesen Kreislauf zu beenden", ergänzte Justizminister Ulrich Goll (FDP).
Deshalb ist es bei dem Modellprojekt mit dem Eingreifen der Polizei nicht getan: Die Beamten arbeiten eng mit Sozialdiensten zusammen und weisen die Opfer in manchen Kommunen auf Beratungsstellen hin. Zudem leiten die Staatsanwaltschaften Ermittlungsverfahren ein oder Familiengerichte werden tätig. Für die betroffenen Männer sollen Anti-Gewalt-Trainings veranstaltet werden. Die Landesregierung habe dafür 1,5 Millionen Mark zur Verfügung gestellt, gab Johanna Lichy (CDU), Staatssekretärin im Sozialministerium, bekannt.
Insgesamt wurden die Streifenwagen 2608-mal wegen häuslicher Gewalt gerufen. In etwa jedem dritten Fall haben die Polizisten dem Täter ein Hausverbot erteilt, weil sie die Gefahr weiterer tätlicher Streitigkeiten sahen. Nur einmal erging einer von den 803 Platzverweisen an eine Frau. Neun Männer gingen gegen den Rauswurf vor Gericht, zweimal wurde er aufgehoben. "Aber in keinem Fall hatten die Richter verfassungsrechtliche Bedenken", erklärte Goll.
Meistens gingen die Täter "lammfromm" mit den Beamten mit, berichtete er weiter. Nur 30 Täter wehrten sich bei der Abführung gegen die Polizisten. Ein "überschaubares Bußgeld" hindere sie am Zurückkommen. Knapp fünf Prozent hielten sich nicht an das Verbot. Die meisten Männer wohnten in dieser Zeit im Hotel oder bei ihrer Mutter. Baden-Württemberg stehe mit dem Platzverweis bundesweit an der Spitze, sagte Goll. Allerdings ist es keine eigene Erfindung: Die Idee kommt aus Österreich.
Die SPD-Landtagsfraktion kritisierte unterdessen, dass das Konzept zu kurz greife. Verbindliche Regeln für die Zusammenarbeit zwischen Polizei und den Behörden wie die Sozialämter seien nötig, sagte die frauenpolitische Sprecherin Rita Haller-Haid. Zudem müsse sich das Land an den Kosten für die Beratung beteiligen, anstatt dies auf die Kommunen abzuwälzen. Die Grünen begrüßten die Konsequenzen der Landesregierung aus dem Versuch: "Wir haben von vornherein eine Änderung des Polizeigesetzes gefordert, um flächendeckend gegen häusliche Gewalt vorgehen zu können", sagte Frauenpolitikerin Brigitte Lösch.