Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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@Flint - Re: @Ekki

Ekki, Sunday, 11.09.2005, 20:33 (vor 7005 Tagen) @ Flint

Als Antwort auf: @Ekki von Flint am 09. September 2005 05:18:19:

Hallo Flint!

Hallo Ekki,
sorry für die verspätete Antwort.

Hab mich ja sozusagen revanchiert, weil ich auch verspätet antworte *lol*

> > Ganz grundlegend: Stimmst du damit überein, daß die belebte Natur (Menschen, Tiere und Pflanzen) im materiellen Universum zu überleben (fortzubestehen) versucht? Und zwar als Art und als einzelnes Lebewesen?

Stimmst du damit überein oder nicht? [/i]
Nur mit den folgenden 2 Ergänzungen bzw. Relativierungen:
1) Wie "natürlich" der "Trieb zur Fortpflanzung" ist, kannst Du daran sehen, daß viele Religionen seit eh' und je zu Felde zieht gegen die "böse Lust", die nicht auf Zeugung ausgerichtet ist (künstliche Empfängnisverhütung, Selbstbefriedigung usw.).

Das verstehe ich nicht. Um zu sehen wie natürlich der „Trieb der Fortpflanzung“ ist, brauche ich nicht die Religionen anzusehen.

Weder um eine Bestätigung der Existenz des „Triebes zur Fortpflanzung“ zu finden, noch um das Gegenteil davon zu finden. Ich denke, die Religion hat damit gar nichts zu tun. Die Biene fliegt los, auch ohne daß eine Religion das beurteilt oder nicht.

Ob und in wieweit viele Religionen gegen eine „böse Lust“ zu Felde ziehen, ist ein anderes Thema.
Ich würde also vorschlagen, wir lassen die Religionen beiseite.

Ich hab' mir das mit der Religion ja nicht ausgedacht, sondern mußte und muß erleben, daß (a) die Religionsgemeinschaften, und in unseren Breiten eben besonders die katholische Kirche, nicht müde werden, zu betonen, jeder Geschlechtsakt müsse auf Fortpflanzung ausgerichtet sein, und (b) viele Menschen (vor allem Frauen) sich von diesem "Ideal" nicht freimachen können oder wollen, was entsprechende Auswirkungen auf das Leben von Menschen wie mir hat, die Geschlechtlichkeit anders verstehen und leben wollen: Sie finden viel zu wenig Gleichgesinnte. Die Verbreitung bzw. Langlebigkeit einer Haltung ist indessen kein Beweis dafür, daß diese Haltung positiv zu bewerten ist, beinahe im Gegenteil: Die selbstverständlichsten Freiheiten mußten im Laufe der Jahrhunderte mit unglaublich viel Leid und Blut erkämpft werden (Rassengleichheit, politische Freiheit usw.).

Wenn sich also der Gegner so genau "lokalisieren" läßt, dann ist das für mich kein Nebenaspekt.

Herrmann Hesse hat einmal gesagt (sinngem.) "Die wirklichen Gründe, die unserem Handeln, unseren Wünschen, Trieben, Abneigungen usw. zu Grunde liegen, kennen wir normalerweise überhaupt nicht. Wir haben einen Trieb –oder das [sogenannte] „Fehlen“ eines Triebes-, eine Abneigung, eine Vorliebe usw. und versuchen dann, es vernünftig und plausibel vor sich selbst und Anderen zu erklären und zu rechtfertigen."

Ich möchte Hesse hier widersprechen bzw. seine Aussage wie folgt modifizieren:

"Viele Menschen sind sich nicht über die wahren Beweggründe ihres Handelns im Klaren."

Das heißt aber doch nicht, daß man sich über diese Beweggründe nicht im Klaren werden könnte: Gnoti seauton! - Nosce te ipsum![/i] - diese Forderung ist aus der Antike auf uns gekommen, und ich halte es für wert, ihr nachzustreben.

2) Was mir als Mann in der Tat natürlich erscheint, das ist der Geschlechtstrieb, der zumindest beim Mann ausschließlich darauf ausgerichtet ist, durch den Körperkontakt mit einer Frau sexuelle Erregung zu erleben, und das, bitte schön, möglichst häufig und mit möglichst vielen verschiedenen Frauen.

Ist bei mir nicht so. Sobald ich z.B. weiß, daß eine Frau feministisch angehaucht ist, ist sofort Feierabend.

Das allerdings trifft auch auf mich zu.

Was heißt eigentlich ‚ausschließlich’?
Mir kommt das alles ein bißchen suspekt vor. Ich habe z.B. nicht so einen enormen Trieb, daß ich mit vielen, vielen Frauen möglichst oft Sex haben wollte. Ich verspreche mir persönlich davon auch nicht viel. Es würde mich weder weiterbringen, noch sonst irgend etwas bringen, daß mehr Nutzen hätte als es schadete. Ich empfinde da auch kein Minus. Im Gegenteil. Ich bin froh, daß ich nicht dauernd auf die Jagd gehen „will“ oder gehen wollen/sollen muß.... ;-)
Ich sehe es als wünschenswert an, von den heutigen Frauen so unabhängig (auch von Sex) zu sein, wie nur möglich. Keine Angst, bin nicht homosexuell oder bi.

Letzteres habe ich auch nicht unterstellt. Ansonsten aber: Ich bin zu vielen im Wortsinne schein-heiligen Menschen begegnet. Es ist immer wieder umwerfend, wenn man herausfindet, welche Leute, die entweder wie Du behaupten, sie bräuchten gar nicht so viel Sex, oder aber penetrant Moral predigen, in Wirklichkeit die größten Bumser vor dem Herrn sind.

Nichtsdestoweniger:

Vielleicht stimmen bei Dir ja Reden und Handeln überein. Trotz aller Erfahrung kann und will ich nicht über einen Menschen urteilen, den ich nicht kenne.

Und in Einem stimme ich Dir zu:

Abhängigkeit - materiell und/oder emotional - von den Frauen darf einfach nicht sein. Es könnte uns nichts Besseres passieren, als wenn alle Männer den Frauen mit der Haltung gegenüberträten: Gebumst wird entweder kostenlos oder gar nicht.[/i][/u] Keinen Pfennig mehr für eine Nutte, kein Eheversprechen mehr für andere Frauen. Sex ist Selbstzweck - oder er ist gar nicht. Schließlich kann man(n) sich einen runterholen. Was meinst Du, wie die Frauen im Achteck springen würden, wenn dies die Haltung der Mehrheit der Männer wäre!

Ganz allgemein gesagt, mir imponieren Menschen die ihre Triebe einigermaßen im Griff haben oder dies anstreben.
Der hier z.B. gefällt mir, und der ist für mich ein richtigerer Mann als Don Juan (über den ich nur vom Hörensagen weiß): http://photos1.blogger.com/img/99/1034/640/india%20holy%20man%2003.jpg

Hier besteht zwischen uns ein klarer Gegensatz:

Triebbeherrschung und Askese sind für mich Unwerte[/u], und Leute, die dies pflegen, ziehen mich nicht an.

Ich bin hier sattsam bekannt als einer, der zu seiner gewollten Kinderlosigkeit steht, und ich nehme für mich in Anspruch, daß ich nicht nur kein Egoist, sondern ein sehr verantwortungsbewußt handelnder Mensch bin: Würde ich in dem klaren Wissen, kein Verhältnis zu Kindern zu haben, welche in die Welt setzen - ich würde mich an diesen Kindern auf das Schwerste vergehen. Vor allem aber: ICH WÜRDE AUCH GESAMTGESELLSCHAFTLICH KEINEN NUTZEN STIFTEN, DENN KINDERN, DIE NICHT WIRKLICH VON HERZEN ANGENOMMEN WERDEN, MÜSSEN IN DER EIN ODER ANDEREN WEISE TRAUMATISIERT WERDEN.
In allen Statements derjenigen, die das Kinderkriegen so hoch preisen und so vehement anmahnen, fehlt mir eben dies:
Die Unterscheidung zwischen biologischer Zeugungsfähigkeit und charakterlicher Eignung zur Elternschaft.

> > > Ich habe immer das Gefühl, daß du mit dem Begriff „Charakter“ daneben haust. Der Charakter hat hier eigentlich nichts zu suchen. Ich würde es eher als "Schwäche", oder vielleicht "Defizit" (beides nicht abwertend gemeint), bezeichnen. Jemand kann in Bezug auf irgendeinen (wichtigen) Aspekt des Lebens eine Schwäche aufweisen und trotzdem einen guten Charakter haben. Ob jemand einen starken Charakter hat, zeigt sich ja gerade auch daran, wenn derjenige trotz seiner Schwäche/seines Makels auf anderen Lebensbereichen sauber bleibt und sich nicht gehen läßt.

Hier habe ich eine Verständnisschwierigkeit:

Einerseits habe ich den Eindruck, daß Du das Fehlen eines Kinderwunsches als "Schwäche", oder vielleicht "Defizit" (beides nicht abwertend gemeint) qualifizierst.
Das ist richtig. Als das (im Augenblick) nicht-vorhanden-sein eines Ideals, daß sich auf die Natur gründet.
Andererseits habe ich doch gerade von der charakterlichen Nicht-Eignung vieler Eltern für ihre Aufgabe gesprochen.
Genau. Und hier verstehe ich dich auch nicht. Habe ebenso eine Verständnisschwierigkeit.
Ich beiße mich irgendwie an der Formulierung „charakterliche Nicht-Eignung“. Diese Benennung scheint mir versteckte Nebenbedeutungen zu haben, die das Ganze irgendwie im Unklaren sein läßt.
Ich frage mich, was hat der Charakter damit zu tun? Es gibt sicherlich üble Charaktere, die aber trotzdem kinderlieb sind und möglicherweise auch viele Kinder haben wollen. Genauso gibt es gute und starke Charaktere die aus irgendwelchen Gründen davor zurückscheuen oder ihnen der Trieb dazu einfach abgeht. Kann ja auch sein, daß der Trieb erst mit dem richtigen Partner denkbar wird und er bis dahin schweigt… ;-)
Ich glaube, ich hab’s: Das Wort Nicht-Eignung beinhaltet zumindest theoretisch, daß es unabänderlich wäre. Ich denke aber, daß jeder selbst für seinen Charakter verantwortlich ist, und ihn formen kann.

Ein ganz wichtiger Punkt der Diskussion!

Meines Erachtens müssen wir 2 Dinge auf das Penibelste auseinanderhalten:

1) Menschen können durch äußere Umstände verschiedener Art gezwungen sein, ein Verhalten an den Tag legen, das im Grunde genommen ihrem innersten Wollen und Wünschen diametral zuwiderläuft.

2) Menschen können etwas tun oder unterlassen, weil es ihrem innersten Wollen und Wünschen zutiefst entspricht.

Nur in dem letzteren Fall könnte man von einem dem Charakter entsprechenden Handeln reden.

Im ersteren Fall baut sich in dem betreffenden Menschen ein unbändiger Haß gegen den Zwang auf, dem er widerwillig gehorcht, und dieser Haß wird sich früher oder später in der einen oder anderen Form Bahn brechen.

Die charakterliche Veranlagung eines Menschen ist m.E. nur sehr begrenzt beeinflußbar, und das schon von einem ziemlich frühen Zeitpunkt an, im Guten wie im Bösen:

Es gibt Menschen, die schier nicht anders können, als andere zu hintergehen und heimtückisch zu handeln. Diese Menschen werden vielleicht bestrebt sein, Ehrlichkeit zumindest vorzutäuschen, vielleicht sogar in Situationen, in denen sie keine eigenen Interessen durchsetzen wollen, wirklich ehrlich handeln. Aber letzten Endes wird der Betrüger in ihnen immer wieder eine Möglichkeit zur Betätigung suchen.

Es gibt andererseits Menschen, die sind von Natur aus aufrichtig bis zur Tolpatschigkeit und merken gar nicht, wie sie von anderen hintergangen werden. Im Laufe ihrer Lebenserfahrung werden diese Menschen vielleicht mit großer Verbitterung den einen oder anderen Betrug durchschauen, sich dagegen zur Wehr setzen werden sie dagegen nur in den wenigsten Fällen können, und schon gar nicht werden aus ihnen gerissene Taktiker werden.

Auf meinen Fall angewandt, bedeutet dies:

Es wäre vielleicht denkbar, daß ich, sollte ich durch Zufall Vater werden, diese Rolle formal irgendwie ausfüllen würde. Das aber wäre in jedem Fall ein Handeln unter Zwang.

Von einer Änderung meines Charakters könnte man doch nur dann reden, wenn ich nach der Geburt eines Kindes wirkliche Vaterliebe in mir entdecken würde. Das aber halte ich - wenn ich meine Reaktionen auf anderleuts Kinder betrachte - für so gut wie ausgeschlossen.

Wenn also das Experiment Vaterschaft in meinem Leben schiefginge, dann ginge es zu Lasten aller schief:

Zu meinen Lasten, da ich einen verhaßten Lebensentwurf leben müßte.

Zu Lasten der Kindesmutter, die an mir mit Sicherheit nicht den Partner hätte, den sie sich wünscht.

Und vor allem zu Lasten des Kindes[/u], daß todsicher von frühester Kindheit an spüren würde, daß es von seinem Vater nicht wirklich angenommen wird. Was aus der Psyche solcher Kinder wird, dafür gibt es grausige Beispiele.

Um das Ganze zum Schluß noch einmal auf eine etwas abstraktere Ebene zu heben:

Der Kopulationstrieb ist in der Tat das Natürlichste von der Welt, der stärkste der Triebe. Und Kopulation kann eben zur Zeugung führen.

Der Brutpflegetrieb dagegen, der ist noch längst nicht jedem Menschen eingeboren - es sei denn, man faßt den Begriff "Brutpflegetrieb" so weit wie Ester Vilar, die darunter ganz allgemein das Bedürfnis verstand, sich einer Sache ganz zu widmen. Ein nicht uninteressanter Ansatz - danach würde sogar ein kinderloser oder sich um seine Kinder nicht kümmernder Parteipolitiker, der ganz seiner Karriere lebt, eben an der Partei seinen Brutpflegetrieb ausleben.

Nimmt man den Brutpflegetrieb dagegen wörtlich - lebenslange Fürsorge für die eigene Nachkommenschaft - dann bleibe ich dabei: Das will noch längst nicht jeder.[/u]

Gruß

Ekki


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