Der gebrauchte Mann
Der gebrauchte Mann
Neue Liebe, neues Glück - aber die Ex hat immer noch Einfluß auf ihn. Und daran wird sich auch nichts ändern
http://morgenpost.berlin1.de/content/2005/09/11/biz/778664.html
Von Constanze Kleis
Doris Schröder-Köpf hat einen, Dagmar Koller, Julia Roberts, Steffi Graf, Camilla Parker-Bowles und auch Angelina Jolie teilen ihr Leben mit einem Mann, der (mindestens) eine Exfrau hat. Kein Wunder. Schließlich sind unbeschriebene Blätter männlichen Geschlechts - dank der hohen Scheidungsquote in Deutschland - so selten wie Kühlschränke in der Antarktis und eigentlich nur noch in Priesterseminaren zu finden.
Immerhin strömen jährlich allein in Deutschland 213 700 frisch Geschiedene auf den Single-Markt, nicht mitgerechnet jene, die aus eheähnlichen Langzeitbeziehungen kommen. Zieht man einmal die ab, die zu klein oder zu alt oder Heavy-Metal-Fans sind oder Boris Becker heißen, bleibt immer noch mehr als genug Auswahl. Zumal der Gebrauchtmann einige einschlägige Wettbewerbsvorteile gegenüber jenen besitzt, die noch bei Mutti wohnen und Langzeitbeziehungen lediglich zu ihrem Kicker-Abonnement pflegen.
So hat er bereits von einer anderen Frau die Basics des Zusammenlebens - also Einkaufen, Putzen, den Unterschied zwischen Koch- und Buntwäsche und auch den zwischen Klitoris und Vagina, sowie das Sitzpinkeln gelernt. Muß also kaum noch erzogen werden. Kommt dazu die Neugier des erotischen Widereinsteigers, kann so eine Mischung aus Beziehungsprofi und Eleve ziemlich verführerisch sein. Soweit die gute Nachricht. Die nicht so gute: So eine Liebe verlangt einem einiges ab. Zum Beispiel, daß man diesen Mann nie wirklich ganz für sich allein haben kann.
Nicht, daß seine Ex ständig auf dem Sofa sitzt oder unterm Bett liegt. Trotzdem ist sie immer irgendwie präsent, besonders, wenn er Kinder aus ersten Verbindungen und damit Besuchsrechte und Vater-Aufgaben zu erfüllen hat. Urlaube nur mit Kind. Wochenenden jeweils abwechselnd den Nachwuchs hüten, dazwischen die großen und kleinen Notfälle, wo er mal eben einspringen will und muß. Solche Verbindlichkeiten können sich dann zu einem ziemlich vollen Terminkalender auswachsen. Familiär-freundschaftliche Bindungen zu Ex-Schwiegereltern, -Schwagern oder -Schwägerinnen gar nicht mit gezählt. Kurz: Nie kann man für sich allein zu zweit planen.
Die Vergangenheit mischt in Gegenwart und Zukunft immer mit und beansprucht ihrerseits ein Stück vom Mann. Da braucht man viel Gelassenheit, Selbständigkeit und ein interessantes Eigenleben. Viele Freunde und Freude daran, auch mal ein Wochenende allein zu verbringen und es zu genießen, anstatt sich über Dinge zu grämen, die man nicht ändern kann: Daß man diesen Mann nie exklusiv haben wird.
Eine Haltung, die nicht jeder gegeben ist. Auch, weil sie so weit entfernt von dem liegt, wie man sich idealer weise eine harmonische Zweierbeziehung vorstellt: Eben zu zweit zu sein und ohne daß jemand abends um zehn noch anruft, weil der Wasserhahn tropft oder der gemeinsame Sohn partout nicht lernen will. Das kränkt. Um so mehr, als der Gebrauchtmann zwar total süß, aber in Konfliktsituationen oft keine große Hilfe ist. Er will keinen Streit, weil sich das ungünstig auf sein Umgangsrecht mit Kindern auswirken könnte.
Und er will sich schon gar nicht entscheiden müssen zwischen seiner Ex und seiner neuen Partnerin. Wie auch? Überhaupt verstehen sie nicht ganz, wo eigentlich das Problem ist. Wenn einer Streß hat, dann doch er. Und außerdem kann man doch mühelos die eine lieben und die andere mal geliebt haben. Für ihn sind das ganz klare Unterschiede und kein Grund, einen Konkurrenzkampf wie den zwischen Michael Schumacher und Fernando Alonso anzufangen. Recht hat er. Denn natürlich darf so ein Gebrauchtmann loyal, fürsorglich und für seine ehemalige Familie ansprechbar sein. Deswegen liebt man ihn ja. Theoretisch. Praktisch sagt sich das leicht und ist für die Nachfolgerinnen schwer zu ertragen. Die neigen oft dazu, ihren Vorgängerinnen fast mehr Platz in ihrem Gefühlshaushalt einzuräumen als der Gebrauchtmann selbst. Frauensolidarität? Nicht mit der Verflossenen. Die gilt als Sonderfall. Vor allem, wenn Unterhaltszahlungen geleistet werden müssen.
Dann teilt sich die Welt plötzlich in zwei Sorten von Frauen: Die Selbstständigen und die Schmarotzerinnen. Dann heißt es - "die" - kann doch arbeiten gehen, auch mit Kind. "Die" sollte der ungetrübten Zukunft des neuen Paares nicht länger im Wege stehen. Unzumutbar, daß der Mann jetzt immer noch zahlt, wo er doch eigentlich gar nichts mehr davon hat. Für das Kind, das würde man ja noch einsehen. Aber für sie? Nein. Das geht zu weit, finden Zweitfrauen, und führen dann gern noch das Argument an, daß Männer doch keine Versorgungsunternehmen seien. Als ob die erste Frau das nicht wüßte. Auch sie hatte sich das ja mal anders vorgestellt. Und wäre die zweite die erste, wer weiß, ob sie dann nicht auch...
Sicher, man kann den Ärger verstehen. Denn so eine finanzielle Verpflichtung verhindert ja nicht nur, daß uns so ein Gebrauchtmann mit Gucci-Täschchen, Diamanten oder Fernreisen überraschen kann. Oft bleibt nicht mal genug, um im Restaurant wenigstens gelegentlich die Rechnung zu übernehmen. Das hat Folgen. Etwa, daß er als Ernährer oft nicht mehr in Frage kommt. Und wer gehofft hat, seine Arbeit wenigstens zeitweise aufgeben zu können, um sich ein paar Jahre ganz dem Nachwuchs und dem Haushalt und dem Nestbau zu widmen, um später "stundenweise" etwas "dazuzuverdienen", wird umdenken und sich von seinen Prinzessinnenträumen verabschieden müssen.
Männer sind eben leider keine Lebensversicherungen. Es sei denn, sie heißen Franz Beckenbauer. Aber der und ein paar andere sind bloß die Ausnahmen, die die Regel bestätigen, daß der Gebrauchtmann nur etwas für Erwachsene und nichts für Feiglinge ist. Frauen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen und nicht gleich zusammenbrechen, wenn er sagt: Trauschein? Nein Danke! So wie der Schauspieler Helmut Zierl, der zwar schon lange in einer neuen Partnerschaft lebt, aber - wie er der "Bunten" sagte - nicht mehr heiraten möchte. Zugegeben, manchmal muß man da schon etwas schlucken. Und dann denkt man nach: Was einem eigentlich wichtiger ist - der Ehefrauen-Status oder der Mann? Die Versorgung oder eine partnerschaftliche Liebe? Augenhöhe oder Taschengeld? Und ob es nicht vielleicht sowieso besser, vernünftiger und auch spannender ist, sein ganzes Leben, seine Existenz, sein Selbstwertgefühl nicht allein nach einem einzigen Mann auszurichten, sondern noch ein paar andere Fixpunkte zu haben. Einen eigenen Beruf, eigenes Geld, eigene Freunde, ein eigenes Leben.
So gesehen ist der Gebrauchtmann schon fast so etwas wie ein Zukunftsmodell. Gerade, weil er eine Vergangenheit hat und damit ein paar Haken. Mit ihm kann man sich nicht mehr so viele falsche Illusionen machen und so entfällt oft auch das böse Erwachen. Leider spricht sich das mittlerweile ähnlich schnell bei den weiblichen Singles herum wie ein Räumungsverkauf bei Prada. Immerhin sind nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes 55 Prozent aller geschiedenen Männer binnen fünf Jahren wieder vom Markt, weil sie sich verheiratet haben. Und vom Rest geht die Hälfte wieder eine feste Beziehung ein.
gesamter Thread:
- Der gebrauchte Mann -
Odin,
12.09.2005, 02:55
- Re: Der gebrauchte Mann -
Moni,
12.09.2005, 03:04
- Re: Der gebrauchte Mann -
Odin,
13.09.2005, 01:43
- unsinniges Gegeneinander? -
Norbert,
13.09.2005, 01:59
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Odin,
13.09.2005, 02:20
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Norbert,
13.09.2005, 11:27
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Odin,
13.09.2005, 12:52
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Norbert,
13.09.2005, 16:55
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Odin,
13.09.2005, 17:29
- Re: unsinniges Gegeneinander? - Norbert, 13.09.2005, 17:34
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Odin,
13.09.2005, 17:29
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Norbert,
13.09.2005, 16:55
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Odin,
13.09.2005, 12:52
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Jolanda,
13.09.2005, 16:37
- Re: unsinniges Gegeneinander? - Odin, 13.09.2005, 17:35
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Norbert,
13.09.2005, 11:27
- Re: unsinniges Gegeneinander? -
Odin,
13.09.2005, 02:20
- unsinniges Gegeneinander? -
Norbert,
13.09.2005, 01:59
- Re: Der gebrauchte Mann -
Odin,
13.09.2005, 01:43
- Re: Der gebrauchte Mann - Nikos, 12.09.2005, 03:22
- Re: Der gebrauchte Mann - Lucius I. Brutus, 12.09.2005, 04:02
- Re: Der gebrauchte Mann -
Moni,
12.09.2005, 03:04