Ein sehr erhellender Artikel...

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Wählten die Trümmerfrauen gegen die Emanzipation? [Geschichte /
Sozialwissenschaft]

Köln (Deutschland) - Als nach dem Zweiten Weltkrieg wieder demokratisch
gewählt werden durfte, wählten die Trümmerfrauen in Köln überwiegend
christlich und konservativ. Diese Erkenntnis überrascht insofern, als
die Adenauer-CDU jener Jahre sich nicht gerade die Gleichberechtigung
von Männern und Frauen auf die Fahnen geschrieben hatte. Haben die
Trümmerfrauen von Köln also gegen ihre eigenen Interessen gewählt? Eine
Historikerin der Universität Köln ist dieser Frage jetzt nachgegangen
und kommt zu dem Schluss: Die Trümmerfrauen standen nach dem Krieg unter
einer so enormen Mehrfachbelastung, dass sie sich geradezu danach
sehnten, sich einfach nur um die Familie zu kümmern. Insofern, so die
Forscherin, könne man den Kölner Trümmerfrauen heute nicht vorwerfen,
eine Chance vertan zu haben.

Das Frauenwahlrecht gibt es in Deutschland schon relativ lange. Während
etwa die Frauen in Frankreich erst ab 1944 wählen durften, hatten in
Deutschland die Männer der SPD das Frauenwahlrecht bereits 1918
durchgesetzt. Das bedeutete jedoch noch keine verfassungsmäßig
verankerte Gleichberechtigung. Je nach politischer Ansicht stritten in
den folgenden Jahrzehnten Politiker und Frauen-Gruppen um die weiteren
Rechte der Frauen. Die CDU strebte eine Wiederherstellung der
christlichen Ordnung sowie eine von christlichen Werten geprägte
Demokratie an, in der die Geschlechter ihre klar umrissenen Plätze
hatten. Die Union integrierte die Frauen offensiv in ihr Wahlprogramm
und formulierte deutlich positiv ihre Leistungen beim Wiederaufbau und
vor allem ihre Ansprüche an sie innerhalb der politisch angestrebten
Werteordnung.

Wie Birte Griesse in ihrer Untersuchung zeigte, kam dieses konservative
Programm den Trümmerfrauen durchaus gelegen. Da nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges ein großer 'Frauenüberschuss' bzw. 'Männermangel' in
Deutschland herrschte, erweiterte sich das Aufgabenspektrum der Frauen.
Außer der Erziehung der Kinder und der Besorgung des Haushalts waren
viele Frauen in diesen Jahren einzige Ernährerin der Familie. Fast alle
mussten für das tägliche Brot strapaziöse Maßnahmen ergreifen wie
"Hamstern" oder "Fringsen" (nach dem Kölner Kardinal Frings, der in
seiner Silvesterpredigt 1946 großes Verständnis für den Kohlenklau der
Kölner Bevölkerung gezeigt hatte). Alle Frauen wurden wie die
verbliebenen Männer zur Trümmerbeseitigung herangezogen und viele gingen
zusätzlich einer ehedem 'typisch männlichen' Erwerbsarbeit nach. Sehr
viele waren bei der Aussicht froh, sich beizeiten aus der Doppel- und
Dreifachbelastung der Monate und Jahre nach dem Krieg herausziehen zu
können. (wsa050916dm1)

Autor: Doris Marszk
Quelle: Universität Köln / Eigene Recherche