Aus Verzweiflung die Kinder entführt
Aus Verzweiflung die Kinder entführt
Bewährungsstrafe für 34-jährigen Algerier
von Pauline Lindner
erlangen. Der Vater, der am 5. Juli dieses Jahres mittags seine Kinder vor dem Amtsgericht entführte, handelte aus Verzweiflung. Das konstatierte ihm in der gestrigen Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht Vorsitzender Richter Heinz Kuhmann. Dennoch erhielt der 34-Jährige ein Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung.
Der angeklagte Algerier legte ein umfassendes Geständnis ab und beleuchtete die Vorgeschichte. Seit 2001 ist seine Ehe mit einer Polin geschieden. Für die drei Kinder hatte er das Sorgerecht, sie lebten bei ihm und er versorgte sie ordentlich.
Bis im Juni das Jugendamt eingriff. Es verbrachte die Kinder zu Pflegeeltern, weil von der Ex-Frau ein Prozess um deren Aufenthalt angestrengt worden war. Deine Kinder sind weg, soll ihm eine Mitarbeitern des Amts einfach gesagt haben, als er die Kinder am Kinderhort abholen wollte. Der Vater sprach mehrmals beim Jugendamt vor; es konnte aber keine Lösung gefunden werden. Vielmehr musste er befürchten, dass ihm das elterliche Sorgerecht gänzlich entzogen wird.
So reifte in ihm der Plan, die Kinder beim Termin vor dem Familienrichter abzufangen und nach Algerien zu bringen. Am Tattag wartete er deshalb in seinem Auto, bis die Pflegemutter mit ihnen vor dem Gericht erschien. Die Kinder sahen ihn, liefen auf ihn zu und stiegen in sein Auto. Das wollte natürlich die Pflegemutter verhindern. Mit einem Reizgasspray wehrte der Vater sie ab.
Dadurch erlitt die Frau Haut- und Augenreizungen. Diese Aktion war als gefährliche Körperverletzung angeklagt, als das schwerere Delikt im Vergleich zur Entziehung Minderjähriger, wie die Entführung im Strafgesetzbuch bezeichnet ist.
Die Kinder brachte der Mann zuerst in eine Privatwohnung und dann in ein Gasthauszimmer. Dann schaltete er seine n Bruder ein, ihm zu helfen. Der war mit dem Vorgehen keineswegs einverstanden, machte dann aber doch so weit mit, dass er ihm sein Auto für eine Fahrt Richtung Frankreich überließ.
Das fremde Auto wählte der Vater, weil zwischenzeitlich sein eigenes und auch Bahnhof und Flughäfen von der Kripo observiert wurden. Über die Autobahn ging es nach Belfort und von dort mit der Eisenbahn weiter nach Marseille. Dort erwarb er für die Kinder einfache Fährtickets nach Algier, für sich eine Rückfahrkarte. Vor der Abfahrt nahm ihn aber die französische Polizei fest.
Ich wusste nicht, wie ich meine Kinder schützen sollte, sagte der Vater mehrmals, betonte aber auch, dass er sein Handeln als falsch erkannt habe. Sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter zeigten viel Verständnis für die emotionale Lage des Mannes. Richter Kuhmann legte ihm nahe, dass auch in einer solchen Extremsituation gerichtliche Entscheidungen, wie hier die Aufenthaltsbestimmung, zu respektieren sind. Ursprünglich sah es nach einer großen Tat aus, jetzt als die Tat eines verzweifelten Vaters, fasste Kuhmann in der Urteilsbegründung zusammen. Der Bruder wurde wegen Beihilfe zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu fünf Euro verurteilt.
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Odin,
28.09.2005, 17:17
- Re: Man muss sich wirklich die Frage stellen.... - Christian, 28.09.2005, 21:06
- Re:Leserbrief an die Redaktion! - Christian, 28.09.2005, 23:39